Ich habe mich rein aus Langeweile heraus mal mit dem Thema "Bogenjagd" beschäftigt, obwohl das für mich irrelevant ist. Ich habe keinen Jagdschein und will auch keinen.
Ich habe - auch hier - nun schon oft gelesen, dass die Bogenjagd in Deutschland verboten sein soll. Aber wo genau steht das? Das Waffengesetz gibt nichts her, im Bezug auf Jäger allgemein wird auf das Bundesjagdgesetz verwiesen (im § 13 WaffG). Also habe ich im Bundesjagdgesetz nachgelesen. Dort steht im §19:
"(1) Verboten ist
1.
mit Schrot, Posten, gehacktem Blei, Bolzen oder Pfeilen, auch als Fangschuß, auf Schalenwild und Seehunde zu schießen;"
OK, mal abgesehen davon, dass es peinlich ist, in aktuellen deutschen Gesetzen noch die alte Rechtschreibnorm zu finden (es muss natürlich "Fangschuss" heißen und nicht "Fangschuß") - die Jagd mit Bolzen und Pfeil ist also gar nicht verboten, sondern steht auf einer Stufe mit Schrot?
Darf man in Deutschland also wirklich mit Pfeilen auf Füchse etc. schießen, als Jäger?
Das BJagdG verweist auf die Ländergesetze, die durchaus den §19 erweitern dürfen. In Bayern jedenfalls finde ich aber keine entsprechende Passage. Anders dagegen in Baden-Württemberg, hier wird im Landesgesetz "JWMG" tatsächlich eine Abgrenzung zwischen Schrot und Pfeilen gezogen. Schrot ist in BW sogar für den Fangschuss auf Schalenwild OK, entgegen der ausdrücklichen Formulierung im Bundesgesetz. Bolzen und Pfeile sind dagegen in BW generell nicht für die Jagd zugelassen.
"(1) Verboten ist im Rahmen der Jagdausübung,
2.
mit Schrot auf Schalenwild zu schießen, ausgenommen ist der Fangschuss,
3.
auf Wildtiere mit Bolzen oder Pfeilen, Posten oder gehacktem Blei zu schießen"
In anderen Bundesländern (ich habe nur ein paar untersucht) findet sich diese Formulierung nicht.
Wie sonst könnte die Bogenjagd verboten sein? Vielleicht bei den "Allgemeinplätzen".
Das BJagdG fordert in §1 die Einhaltung der "Weidgerechtigkeit" (wieder so ein Artefakt der deutschen Sprache, das wird mittlerweile mit "ai" geschrieben).
"(3) Bei der Ausübung der Jagd sind die allgemein anerkannten Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit zu beachten."
Okay, hier könnte der Hase im Pfeffer liegen. Aber wer bestimmt, welche Grundsätze das sind? Eine Google-Recherche bringt mich zum DJV, der dazu ein "Positionspapier" veröffentlicht hat.
https://www.jagdverband.de/sites/default/…keit%202000.pdf
Zunächst wird auch hier betont: Das Gesetz verbietet es, mit Schrot auf Schalenwild zu schießen. Niederwild wird nicht erwähnt. Aber es wird dann weiter von den "ungeschriebenen Regeln" geredet. Diese sind ganz bewusst schwammig ohne Ende.
"Welche Handlungen insoweit Waidgerecht sind und welche nicht,
kann nicht allgemein und erschöpfend im Detail festgelegt werden."
"Jedenfalls ist keineswegs alles erlaubt, was
nicht ausdrücklich verboten ist."
Oha, jetzt wird es aber wirklich spannend. Was sind denn das für Rechtsgrundsätze? Normalerweise ist es eben DOCH so, dass erlaubt ist, was nicht verboten ist. Sonst säße man ja jederzeit mit einem Bein im Knast und die Richter könnten ihre eigenen Gesetze schreiben, Gewaltenteilung ade.
Ich kenne solche "allgemein anerkannten" Regeln auch aus dem Rechnungswesen, die "Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung" zum Beispiel. Hier gibt es ellenlange, jährlich aktualisierte Standardwerke, die SEHR GENAU ausführen, wie die Situation eben ist. Das fehlt im Jagdrecht anscheinend komplett. Schwammiger geht's nicht.
Das BJagdG hat also verboten, mit Pfeilen auf Schalenwild und Seehunde zu schießen. Wenn es ebenfalls verboten sein soll, auf anderes Wild mit dem Bogen zu jagen - warum hat man dann bewusst diese Formulierung gewählt? Man hätte doch ganz einfach sagen können: Mit Pfeilen und Bolzen darf nicht gejagt werden. Die Absicht des Gesetzgebers ist klar: Man will bestimmte Wildarten vor dem Beschuss mit "wirkungsarmer" Munition schützen, andere aber nicht.
Der DJV verweist auf die ständige Anpassung der "ungeschriebenen Regeln" an die aktuelle Situation und das ist natürlich ein guter Punkt. Aber gerade HIER muss man doch klar sagen: Durch den technischen Fortschritt in der Bogen- und Armbrustbranche seit 1976 (so alt ist das Gesetz in der Tat) sind Bögen und Armbrüste viel eher in der Lage, ein Stück (Nieder)Wild waidgerecht zur Strecke zu bringen. 1976 war die Compound-Technik noch "neu" und total unüblich, zum Beispiel. Das eine starke Jagdarmbrust heute ähnlich präzise ist wie ein Kleinkalibergewehr und dabei deutlich mehr Trefferwirkung erreicht, das ist doch einfach nur Tatsache. Warum man mit dem KK Hasen und Füchse jagen darf, das aber mit der Armbrust verboten ist - das versteht man vor diesem Hintergrund nicht mehr.
Wer entscheidet denn jetzt, ob das Jagen auf Niederwild mit dem Bogen waidgerecht ist? Im Zweifel wohl ein Gericht. Der arme Richter.
Aber nochmal: Das ist eine rein theoretische Abhandlung, ich töte keine Tiere und habe das auch nicht vor. Weder mit dem Bogen noch mit sonst irgend etwas (Fliegenpatsche mal ausgenommen).
Wir halten fest: Zumindest theoretisch könnte die Bogen/AB-Jagd auf Niederwild in einigen Bundesländern erlaubt sein. Oder habe ich hier etwas übersehen?