Coil guns beschleunigen Geschosse elektromagnetisch. Im Prinzip handelt es sich um Spulen, die nacheinander an- und abgeschaltet werden, und die auf diese Weise ein Eisen- oder Stahlgeschoss beschleunigen. In Zeiten der "grünen Elektrifizierung" eigentlich voll im Trend.
Die Technologie ist nicht neu, schon vor Jahren gab es die ersten Versuchsaufbauten, zu schwer zum Tragen und daher auf Werkbänke geschraubt. Aber so gaaaanz langsam entwickelt sich die Technik, und seit geraumer Zeit gibt es kommerzielle Waffen zu kaufen (in den USA).
https://arcflashlabs.com/_accelerators/fully-assembled-guns/#
Ich habe mich gefragt, wie so eine Waffe rechtlich einzustufen ist.
Dabei stellt sich als erstes die Frage: Handelt es sich um eine Schusswaffe?
Dazu müsste "ein Geschoss durch einen rohrförmigen Lauf" getrieben werden. In der Anlage 1 zum WaffG findet sich genaueres:
"der Lauf ist ein aus einem ausreichend festen Werkstoff bestehender rohrförmiger Gegenstand, der Geschossen, die hindurchgetrieben werden, ein gewisses Maß an Führung gibt, wobei dies in der Regel als gegeben anzusehen ist, wenn die Länge des Laufteils, der die Führung des Geschosses bestimmt, mindestens das Zweifache des Kalibers beträgt;"
Bei den Coil Guns fliegt das Geschoss durch das Mittelloch der Spulen, wobei jede Spule möglicherweise schmaler ist als das 2fache des Kalibers. Durch die Magnetkraft wird dem Geschoss Führung verliehen, soviel ist klar. Hier haben wir die erste Unklarheit - gilt jede Spule an sich als "Lauf" oder muss man die Gesamtheit der Spulen als EINEN Gegenstand ansehen? Ist eine Spule oder eben eine Reihe von Spulen "rohrförmig"? Das wären Fragen für das BKA. Ich kenne die Antwort nicht. Kann man so oder so sehen.
Die rechtliche Einordnung teilt sich hier also. Sieht man eine "Coil Gun" als Schusswaffe an, dann benötigt man ab 0,5 Joule Geschossenergie eine WBK. Es handelt sich nicht um eine Luftdruck- oder Federdruckwaffe und es werden auch KEINE Gase (egal ob heiß oder kalt) zum Antrieb verwendet. Also greift die Erlaubnisfreiheit für 7,5 Joule Waffen hier NICHT. Obwohl die im Link angebotene Waffe weniger als 7,5 Joule erreicht ist sie NICHT frei und kann auch nicht (legal) mit F-Zeichen ausgestattet werden. Also: Sieht man die Spulen als "Lauf" an - WBK-Pflicht.
Was aber, wenn man die Spulen NICHT als Lauf ansieht? Nun, in diesem Fall könnte es sich um eine den Schusswaffen gleichgestellte Waffe handeln. Die Definition findet sich ebenfalls in der Anlage 1 zum WaffG:
Den Schusswaffen stehen gleich tragbare Gegenstände,...
bei denen bestimmungsgemäß feste Körper gezielt verschossen werden, deren Antriebsenergie durch Muskelkraft oder eine andere Energiequelle eingebracht und durch eine Sperrvorrichtung gespeichert oder gehalten werden kann (zum Beispiel Armbrüste, Pfeilabschussgeräte).
Unstreitig ist hier: Eine Coil Gun verschießt bestimmungsmäßig feste Körper und die Antriebsenergie wird durch eine Energiequelle eingebracht. Fraglich ist aber, ob eine Coil Gun eine "Sperrvorrichtung" aufweist, so wie das Schloß/Abzugssystem einer Armbrust. Klar ist: Die Waffe hat eine Batterie bzw. einen Akku - aber die in diesem Teil der Waffe gespeicherte Energie wird NICHT unmittelbar als Antriebsenergie eingebracht. Vielmehr werden auf dem Bild klar erkennbare Kondensatoren geladen, die dann ihrerseits die Spulen befeuern. Jetzt wird es spannend, denn diese Situation ist mit den "Steambow" Armbrüsten vergleichbar - hier hatte das BKA zuletzt entschieden, dass eine Armbrust auch dann eine (freie) Armbrust bleibt, wenn die Wurfarme nicht per Muskelkraft gespannt werden (sondern durch Druckluft aus einer Kartusche). https://www.bka.de/SharedDocs/Dow…5.html?nn=51260
Nun müsste man sich genau anschauen, WIE die Coil Gun im Link arbeitet. Wird bei Druck auf den Abzug das Laden der Kondensatoren eingeleitet und wird diese Energie dann UNMITTELBAR nach dem Laden in die Spulen geleitet (also wie bei einem Blasrohr), dann handelt es sich NICHT um eine Sperrvorrichtung. Werden die Kondensatoren dagegen nach jedem Schuss automatisch aufgeladen und erst beim Druck auf den Abzugsschalter entladen, dann muss man von einer Sperrvorrichtung ausgehen - was technisch Sinn macht und deshalb aller Wahrscheinlichkeit gegeben ist.
Mein Ergebnis: Eine Coil Gun ist dann erlaubnisfrei, wenn man die Spulen NICHT als rohrförmigen Lauf ansieht UND wenn die Kondensatoren erst bei Druck auf den Abzug geladen+entladen werden.
Also: Wahrscheinlich WBK-pflichtig. Seufz.