Hallo,
Viele Hersteller sind untrennbar mit einem Modell verknüpft. Wer z.B. VW sagt, denkt automatisch an
den Käfer. Und das obwohl die meisten von uns schon lange keinen mehr gesehen haben.
Genauso verhält sich das mit der Marke HAENEL. Wer HAENEL sagt meint meistens das Modell 310,
das allseits bekannte und beliebte Schießbudenmodell.
Und genau zu diesem Modell kommen auch die meisten Fragen, immer dieselben Fragen übrigens.
Darum möchte ich hier einmal einen kleinen Führer zum HAENEL 310 einstellen.
Hier sollen die meist gestellten Fragen erklärt sowie die Besonderheiten und kleinen Gemeinheiten behandelt werden.
Ich werde auch eine bebilderte Zerlege-Anleitung einstellen, wo man die einzelnen, für eine Reparatur notwendigen Schritte
beschrieben bekommt. Dies wird hoffentlich helfen, gerne gemachte Fehler nebst
den daraus resultierenden Folgeschäden bei der Zerlegung des Mod. 310 zu vermeiden.
Als Beispiel hierfür dient dieses HAENEL 310:
Das war mein allererstes HAENEL. Ich habe das seinerzeit bei eGun ersteigert. Lt. Verkäufer war das
Gewehr frisch überholt und mit neuer Standardfeder und Kolbendichtung ausgestattet. Es funktioniert
einwandfrei, schießt und trifft recht ordentlich.
Aus diesem Grund blieb das auch mein einziges HAENEL, welches ich noch nie auseinander hatte.
Allerdings hat mich schon immer interessiert, ob es wirklich überholt wurde.
Und genau dafür werde ich es nun auseinander nehmen. Dann weiß ich endlich, wie’s da drinnen
aussieht und kann gleichzeitig den Ablauf dokumentieren.
Es handelt sich um ein HAENEL 310-9 mit Stempelung und Schichtholz-Schaft.
Dies ist gleich die Gelegenheit, auf die erste, oft gestellte Frage einzugehen.
„Wie unterscheiden sich die 310er“ bzw. „Was für ein 310 habe ich?“
Eigentlich ganz einfach. Dafür gibt es eine eigene Nomenklatur:
310-2: Standard-Schaft mit Feinabzug und Sicherung
310-3: Standard-Schaft mit Feinabzug und Sicherung, mit Tragegurt
310-4: sog. Sport-Schaft mit Standardabzug und Sicherung
310-4.1: sog. Sport-Schaft mit Standardabzug und Sicherung, mit Tragegurt
310-5: Standard-Schaft mit Standardabzug, keine Sicherung (selten!)
310-6: Standard-Schaft mit Standardabzug, keine Sicherung, mit Tragegurt (auch selten!)
310-8: Standard-Schaft mit Standardabzug und Sicherung
310-9: Standard-Schaft mit Standardabzug und Sicherung, mit Tragegurt
Doch gerade bei HAENEL, gibt es zu fast jeder Regel eine Ausnahme. Oder wie ich einmal schrieb:
„…ist keines wie das andere.“
Dies ist der langen Bauzeit und der zeitweise mangelnden Verfügbarkeit einzelner Bauteile ge-
schuldet. So findet man viele unterschiedliche Details, unabhängig von der Modell-Zuordnung.
Jedenfalls unterscheidet sich das 310-4 nicht nur durch den Sport-Schaft von seinen Kollegen, es
ist generell auch kürzer (kürzerer Lauf) und hat immer eine Höhen- und Seitenverstellbare Kimme.
HAENEL 310-4.1 Sportmodell
Visier Höhen- und Seitenverstellbar
Standardkimme, nur Höhenverstellbar
Es gibt allerdings auch die Standardmodelle 310-8 und -9 mit diesem kurzen System. Diese ver-
fügen dann auch über einen Schaft mit lediglich zwei Befestigungsschrauben.
Oben Dreilochschaft (langes System) unten Zweilochschaft (kurzes System)
Und ‚…ist keines wie das andere‘, so habe ich ein kurzes 310-9 mit einem Dreiloch-Schaft. Gibt es,
nicht, gibt es aber doch.
Neben den üblichen, lackierten Buchenschäften, gibt es auch Schichtholzschäfte für alle Modelle
außer dem 310-4. Dies ist aber Ausstattungssache und schlägt sich nicht in einer eigenen Modell-
Bezeichnung nieder.
Apropos Bezeichnung. Das hier gezeigte Modell verfügt über eine Kennzeichnung.
Das bedeutet, es wurde für den westdeutschen Markt gemacht und dort nach 1970 vertrieben.
Der Verkauf erfolgte zumeist über die Versandhauskataloge von Neckermann und Quelle.
Und hier greift gleich ein Gerücht aus HAENELS-Märchen.
„Kein Mod. 310 kaufen, dass gestempelt ist. Die wurden mit schwächerer Feder ausgestattet,
damit sie in der BRD legal sind.“
Falsch. Entgegen aller Gerüchte und Erzählungen, gab und gibt es nur einen Kolben- und Federsatz
für alle Mod. 310.
Die heute angebotenen ‚Exportfedern‘ gab es seinerzeit nicht. Der einzige –auch in HAENEL-Unter-
lagen vermerkte- offizielle Weg ein Mod. 310 stärker zu machen, war die Montage einer Feder des
Mod. 311.
Natürlich war auch in der DDR dem Erfindergeist und Basteldrang der HAENEL-Schützen keine Grenze
gesetzt und es gab entsprechend diverse Umbauten, manchmal gar abenteuerliche Art.
Werksseitig waren aber alle Mod. 310 gleich ausgestattet.
Hier kommen wir auch gleich zu der zweiten, häufig gestellten Frage:
„Welche Feder nehmen für das Mod. 310?“ oder „310 stärker machen, wie?“
Die Antwort ist einfach:
Standardfeder nehmen!
Es macht überhaupt keinen Sinn, ein Mod. 310 mit einer stärkeren Feder auszustatten.
Eine stärkere Feder in ein LG einzubauen hat zum Ziel, das Gewehr leistungsfähiger zu machen.
Ein schneller fliegendes Geschoss fliegt präziser und weiter und sollte somit konstanter treffen. Auch
weiter entfernt liegende Ziele.
Doch dafür war ein Mod. 310 nie gemacht. Das Gewehr wurde für das Schießen auf kurze Distanzen
ausgelegt. Typisch: Schießbuden. Hier liegen die Ziele um die 2-4 Meter maximal entfernt. Bei Wett-
kämpfen lag die Entfernung für das Mod. 310 bei sieben Metern.
Man darf nie vergessen, mit dem 310 werden keine Diabolos verschossen, sondern Rundkugeln.
Schon hier ist einer konstanten Genauigkeit Grenzen gesetzt. Gerade auf weitere Entfernungen.
Technisch macht eine starke Feder auch keinen Sinn. Das Mod. 310 hat einen starken Prellschlag.
(Wir kommen beim Zerlegen noch auf das ‚Warum‘ zurück)
Dieser Prellschlag wird mit einer stärkeren Feder noch verstärkt und das 310 beginnt unharmonisch
zu schießen. Große Streukreise und oftmals eine niedrige Trefferlage sind die Folge. Außerdem
belastet der Prellschlag System und Schaft. (Wieso? Auch das zeige ich beim Zerlegen)
Vor allem, verliert man schnell den Spaß beim Schießen, wenn eine starke Feder verbaut ist. Das
Spannen wird stark erschwert und man handelt sich rasch blaue Flecken ein. Außerdem ist der
Spannhebel durch die starke Feder hoch belastet und wer Pech hat, reißt sich das Spannhebel-
Oberteil am Gelenk ab. Nicht umsonst wurde der Haltestift des Spannhebel-Oberteils im Laufe der
Jahre von drei auf vier Millimeter Durchmesser verstärkt.
Spannhebel. Der Zylinderstift ist ein hoch belastetes Bauteil.
Doch nun widmen wir uns meinem ‚Patienten‘, welcher nun zerlegt werden soll.
Wie geht man vor?
Als erstes nimmt man den Schaft ab. Bei diesem Exemplar sind dafür drei Schaftschrauben
abzuschrauben.
Schaft von unten. Die vordere, die mittlere und die vordere Schraube des Abzugsbügels sind zu entfernen.
Die Schaftschrauben.
Hier sehen wir gleich eine der ‚Gemeinheiten‘, die einem das Leben mit einem Mod. 310
erschweren können.
Der Schaft ist dort wo er verschraubt ist, nämlich mit Gummipuffern unterlegt. Diese werden
oftmals nicht wieder montiert. Entweder man vergißt es, sie gehen einfach verloren, oder sie sind
so verschlissen, dass man sie einfach weglässt.
In der Folge, liegt das System tiefer im Schaft, wenn man das Gewehr später wieder zusammen
schraubt. Dadurch liegt aber auch das Blechdreieck tiefer im Schaft. Dieses Blechteil dient als
Abdeckung der unteren Spannhebel-Lagerung. Ohne die Gummipuffer, liegt diese Abdeckung nun
aber direkt am Schaftholz auf und überträgt jeden Prellschlag direkt auf das –an dieser Stelle
recht dünn ausgefrästen- Holz. Dieses reißt dann mit der Zeit gerne zwischen Abdeckkappe und
Abzugsbügel.
Die Gummipuffer
Deutlich sichtbare Risse von der Abdeckkappe in Richtung Abzugsbügel ausgehend.
Diese Risse lassen sich gut von oben reparieren, bleiben aber als Schadstelle sichtbar. Gerade
bei Schichtholzschäften, kann so ein Riss aber wandern, wenn er nicht repariert wird.
Wichtig also: Stets die Gummipuffer wieder montieren, nötigenfalls austauschen. Schaftschrauben
gut festschrauben, aber nicht zu fest anknallen und bei Bedarf die Lage der Abdeckkappe manuell
korrigieren. (ist verschiebbar)