Aus dem Hamburger Abendblatt.de
Kleiner Waffenschein - das Projekt ist gescheitert
Flop: Die Innenbehörde hatte mit 88 000 Anträgen gerechnet. Bis jetzt sind es aber nur 2257.
Von Kristina Johrde
Das Projekt "kleiner Waffenschein" ist gescheitert. Seit 1. April 2003 muß der Schein für gefährliche Messer, Gasschußwaffen und Wurfsterne erworben werden. Die Innenbehörde der Hansestadt hatte mit 88 000 Anträgen gerechnet, doch bis Dezember 2004 sind nur 2257 kleine Waffenscheine beantragt worden. Dadurch sind der Behörde geplante Gebühreneinnahmen von einer Million Euro entgangen - und Innensenator Udo Nagel (parteilos) muß befürchten, daß in Hamburg mehr als 85 000 illegale "kleine" Waffen im Umlauf sind.
Dazu kommt: In der Zentralstelle für Waffenangelegenheiten will die Innenbehörde demnächst sieben von 29 Stellen streichen. Betroffen sind die Angestellten, die dort bislang für die Registrierung der kleinen Waffenscheine zuständig waren. "Auf Grund der wenigen Anträge gibt es dort keinen Bedarf mehr", so Innenbehördensprecher Reinhard Fallak. Die Angestellten würden auf anderen Posten in der öffentlichen Verwaltung untergebracht werden.
"Die Stellenstreichungen sind ein Skandal", kritisiert der Innenexperte der SPD, Andreas Dressel, die Pläne der Innenbehörde. "Statt Personal abzubauen, sollten in der Zentrale für Waffenangelegenheiten eher mehr Stellen geschaffen werden, damit illegaler Waffenbesitz aufgedeckt werden kann." Die Waffensituation in der Hansestadt sei "bedrohlich", das Kontrollnetz müsse enger werden.
Der Flop mit dem kleinen Waffenschein ist laut Fallak kein spezielles Hamburger Problem. "Das Waffengesetz gilt bundesweit, auch in anderen großen deutschen Städten ist die Antragsflut ausgeblieben." So seien in Berlin statt der 100 000 erwarteten Anträge nur 2930 eingegangen, in Bremen statt 75 000 nur 551. Die sieben Angestellten, die nun aus der Zentralstelle abgezogen werden sollen, könnten nicht einfach für Waffenkontrollen eingesetzt werden. "Das sind Verwaltungsleute, dafür braucht man aber Vollzugsbeamte", so Fallak.
In den ersten sechs Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes wurde in Hamburg bei der Polizei eine Vielzahl verbotener Waffen abgegeben - insgesamt 1735. Darunter 196 scharfe Schußwaffen, 33 Luftdruckwaffen, 193 Butterflymesser, zwei Kilo Schwarzpulver, 115 Wurfsterne - und zwei Schwerter sowie ein Baseballschläger. Zu diesem Zeitpunkt galt noch eine Amnestie. Wer entweder offiziell einen Schein beantragte oder die Waffen abgab, ging straffrei aus. Wer dagegen jetzt eine illegale "kleine" Waffe besitzt, macht sich ebenso strafbar wie der Besitzer eines scharfen Revolvers und muß mit einem Verfahren rechnen.
Insgesamt sind in Hamburg nach Schätzung von Experten 400 000 illegale Waffen im Umlauf. Auf dem Schwarzmarkt ist eine scharfe Pistole schon für 300 Euro zu bekommen. Der Kauf von Butterfly-, Faustmessern, Wurfsternen und anderen Waffen, für die ein kleiner Waffenschein erforderlich ist, ist zwar offiziell seit April 2003 nur für Inhaber des Scheins erlaubt - doch in kaum einem Waffengeschäft wird dies auch kontrolliert