Ich wollte da noch etwas differenzieren.
"Ab Werk" haben wir alle seit Jahrtausenden so ziemlich die gleichen Startbedingungen, was die zukünftigen Möglichkeiten unseres Gehirns betrifft, ich gehe sogar soweit, dass man ein Neugeborenes aus dem Mittelalter entführen könnte (Gesundheit und genetische Diversität der Eltern vorausgesetzt!) und dieses würde in unserer Zeit zu einem dem Jetzt entsprechenden Intelligenszstandard heranwachsen.
Meine Aussage, dass ich der neuen Generation gewisse kognitive Defizite unterstelle, bedeutet nicht, dass ich ihnen unterstelle, daran auch tatsächlich selbst und vorallem bewusst Schuld zu tragen. Auf Pellets Erklärung bin ich übrigens nicht gekommen, aber ja, das ist ein großer Faktor!
Schon zu meiner Kindeszeit war oft zu beobachten, dass Eltern ihren Nachwuchs nicht selten bespaßen und berieseln ließen, das ist halt so schön einfach. Die nachfolgende Generation (meine) zeigte also schon stärkere Auswirkungen dessen, dies setzte sich weiter verstärkend fort.
Schnelle Befriedigung stellt Kinder halt recth fix ruhig, wenn auch nicht für lange. Nun ist seitdem einiges passiert - mehr Fernsehsender, mehr simple Unterhaltung, mehr bunte Bilder, viel Content, immer schneller wechselnde Ablenkungsmöglichkeiten.
All´ dies drängte dann die echten Erfahrungen, die man in verbaler und physischer Interaktion und grundsätzliicher Aktivität machen konnte, eher zurück. Schön war es für die Kinder dennoch, Endorphin ist Endorphin, die Quelle ist recht egal. Fast. Ohne Erfahrungen, auch und gerade schlechte, entwickeln sich gewisse Denkprozesse nicht. Selbst tolle und gut gemachte Kinder-Abenteuerserien (die ordentlichen, von früher) können nur zeigen, dass sich jemand einen Kratzer holt und den Knöchel verstaucht, aber die Erfahrung, von der man in Zukunft profitieren könnte, die fehlt halt. Kinder, und das sagen nicht wenige Psychologen, müssen spielen, rausgehen, sich bewegen und Fehler machen dürfen. Für die Eltern ist das natürlich Stress, vorallem wenn so eine gemachte Erfahrung zu Zeit- und Arbeitsaufwand führt. Dies heute auch wieder mehr denn je, weil heutzutage wird man ja schnell abgestraft, wenn dem Kind was passiert, auch was total lächerliches. Sich selbst davor schützen spart vermeintlich eben Energie.
Kurzum - wir werden immer mehr zu einer gepamperten und bequemen Gesellschaft. Und da mache ich nicht den Kids den Vorwurf, sondern der Generation vorher, die Kids sind nur Produkte dieser und können nichts dafür!
Denn, wie Pellet sogar mit unserer Physiologie erklärte - bequem und einfach spart Energie.
Und da sind wir wieder bei meinem Thema, die Kinder lernen heutzutage Dinge von denen wir, wenn wir uns nicht dafür interessieren, keine Ahnung haben. Und da ist wieder der Knackpunkt, wir verstehen überhaupt nicht mehr was Kinder lernen und da ist es eben wieder einfach zu sagen die können ja nichts.
Ich kann da jetzt nur aus meiner Perspektive reden.
Mit 56 bin ich nun schon zwei Generationen von der heutigen Jugend entfernt. Trotzdem bekomme ich durchaus hin und wieder mit, was da jeweils so gerade angesagt ist. Da ich beinahe online lebe, sehe ich durchaus einiges, bei YT, FB, Insta und Tiktok bekommt man ja nicht immer nur die perfekt auf einen zugeschnittenen Vorschläge. Ich höre auch aktuelle Musik, manches gefällt, manches nicht, vieles ist ja auch irgendwie in ähnlicher Form schon dagewsen, aber gerade das macht möglicherweise neue Interpretationen vielleicht sogar interessanter.
Ich schaue auch nicht selten mal Content von aktuellen Influencern, ja sogar Mode und so war schon dabei und könnte, falls Titel oder Thumbnail interessant erscheinen oder etwas Neues vermuten lassen, durchaus wieder angeklickt werden.
Gleichzeitig bin ich aber auch extrem geschichtsinteressiert, deshalb sind mir viele Ereignisse, aber auch deren Vorgeschichte und Ursachen, recht bekannt. Manches sollte Allgemeinwissen sein, manchmal ist dieses aber um wichtige Aspekte beraubt, viele historische Sachen sind aber auch eher Randnotizen. Trotzdem - jede einzelne Begebenheit ermöglicht einen Einblick, wie wir Menschen so ungefähr ticken, das erlaunt Rückschlüsse auf das allgemine Verhalten jetzt und auch in Zukunft.
Weiterhin interessant sind, auch wenn etwas morbide klingt, historische Kriminalfälle und Katastrophen, dort speziell die mit menschlichen Ursachen oder Begleitfaktoren. Ich bin kein Ingenieur, aber schon die nichtaufklärende Einleitung eines Videos lässt mich meist zum richtigen Schluss kommen, wobei ich aber doch oft genug sehr überrascht bin ob der Rücksichtslosig- oder Dämlichkeit der Beteiligten (meistens ausgebildete Profis...).
Ich wage also zu behaupten, dass ich inzwischen eine halbwegs brauchbare Vorstellung davon habe, was wie funktionieren dürfte und was nicht, sein es nun technisch, politisch oder gesellschaftlich.
Stichwort Gesellschaft oder "die Mitmenschen":
Auch wenn ich dank Homeoffice und natürlich gewisser äußerer Einschränkungen in den letzten Jahren dem Anblick weniger ausgesetzt war, so habe ich doch die "Horden von Smombies" gesehen, deren Leben von der Kachel in den Händen bestimmt war, die Umwelt wurde nur marginal wahrgenommen. Scheint etwas weniger geworden zu sein, aber ich bin ja auch nicht mehr zur Rushhour innerstädtisch unterwegs und sehe weniger die dann naturgemäß vollen Haltestellen. Dafür gibt es andere Zombies: Leute, gerne im Supermarkt, aber auch auf der Straße, die voll in ihrer eigenen Blase unterwegs sind, durch die Gegend schlurfen. Ich bin allgemein nun recht zielstrebig unterwegs, folge also auch nur einem Plan, aber ich schaue doch bewusst auf die Umegbung. Ich sehe die Modesünden, ich sehe die Ursachen in manchen Einkaufswagen, warum die Person hintendran so aussieht.
Der weitere und teilweise ehemalige Bekannten-, Freudes- und Kollegenkreis konnte ähnliche Bilder liefern - Leute Mitte/Ende 30, die innerlich irgendwie schon tot waren. Total fixe Interessen und Ansichten, einfach weitermachen wie bisher (vielleicht weil es vermeintlich bequem ist?). Sogar bei Jüngeren zu beobachten, Mitte 20, und irgendwie schon im Endstadium.
Und dann ist der damals 54-jährige, mit dem sich die Azubis von Anfang/Mitte 20 fast am liebsten unterhalten haben, denn ich kombiniere eben alte Erfahrungen im Job mit dem Jetzt, ich weiß, was funktioniert und was nicht. Andere, auch schon Jahre dabei, haben sich nur auf die Standardantworten und -abläufe verlassen, selber denken? Eher nein. Schlimm ist es dann, wenn nicht an diejenigen gedacht wird, die im jeweiligen Ablauf nachfolgen, ich würde soweit gehen, dass alleine dadurch 10-20% Arbeitszeit verschwendet wurde, weil nicht an die weiteren Abläufe gedacht wurde.
Unabhängig von den Kreisen sehe ich aber es auch, gerne mal in Videos. Man sieht schon vorher die Fehler, das Nicht-auf-die-Umwelt-achten, die Ignoranz, Unwissenheit oder das Egal! im Verhalten. Klar ist das irgendwie auch oft nur Bequemlichkeit, aber der darauffolgende eigene oder fremde Stress wird wesentlich mehr Aufwand und Energie verbrauchen.
Mal zurück zur "Jugend" und dem Verhalten durch die Zeit:
Jedem jungen Menschen ist gemein, das Alte in Frage zu stellen, neues auszuprobieren und eigene Wege zu gehen, in den letzten 2-300 Jahren mehr und mehr (Feudalsystem weg, Aufklärung, Arbeitsmöglichkeiten woanders dank industrieller Revolution, usw, usw.). Nun ist ein Kind, welches tatsächlich eigenes und selbstverantwortliches Verhalten erlernen kann (draußen spielen, live interagieren und so) immer seltener, denn schon früh wird es mit (An-)Reizen zugepflastert, es braucht sich diese nicht mehr suchen. Also sucht es was anderes, aus eben diesen fremdbestimmten Reizen, was dann gerne auch mal fragwürdige und oft gefährliche Trends einschließt, bei denen ich vor 40 Jahren noch gewusst hätte, dass das nicht gut ausgehen muss. Warum aber wird überhaupt gesucht? Wir brauchen von Zeit zu Zeit anscheinend einen Stressmoment, also Adrenalinausschüttung mit anschließendem -abbau. (Lässt sich im Tierreich genauso beobchten, Hunde- und Katzenbesitzer kennen die "verrückten fünf Minuten", wo das Fellknäuel der Wahl ohne Grund wie bescheuert durch die Bude tobt.)
Wir müssen und also hin und wieder stressen und danach abreagieren, wenn es zu lange angenehm gelaufen ist. Was passiert nun, wenn das Leben immer bequemer wird?
Aber die Balance ist auch sonst wichtig, Dauerstress, auch vermeintlich angenehmer (ständig neuer Content, neue Mode, neue Trends...), also Dauerstimulation, braucht auch irgendwann eine Abbauphase körperlicher Natur.
Nun kommt ein weiteres Werkzeug, was uns sogar das Selberdenken abnimmt.
Hier sehe ich übrigens einen klaren Unterschied zu früheren technischen Erleichterungen - Dampfmaschine, Webstuhl und die vielen anderen Dinge nahmen uns am Ende die Arbeit nicht wirklich ab, sie erhöhten nur unsere Produktivität! Sicher, alle führten auch zu neuen Denkweisen (wobei auch Griechen und Römer in vielen Dingen schon sehr industriell dachten und handelten, es ging halt nur vieles verloren), aber es war immer noch unser Denken, unsere Art der Interpretation des Neuen, die sich entsprechend angepasst haben, wir haben aber nicht für uns denken oder gar handeln lassen.
Stefan
ps: Ich bin in manchen Dingen stockkonservativ, in anderen aber ultraprogressiv, einfach weil sich aus dem bisher gesammelten Wissen und der Erfahrung das herauskristallisiert hat, was am wahrscheinlichsten, auch in der Interaktion untereinander, funktioniert und längerfristig tragfähig sein dürfte. Dass ich in der Hinsicht oft eine wandelnde Idiosynkrasie bin... Tja, muss die Umwelt mit klarkommen. Wenigstens versuche ich, halbwegs kompatibel und rücksichtsvoll zu handeln, auch wenn mein Denken und Handeln eben nicht jeder versteht.
Leider schränke ich mich da auch viel zu oft selber ein, eben weil die Umwelt vieles nicht versteht oder verstehen will.