Ich möchte zuerst meine Bestürzung zum Ausdruck bringen. Mein Mitgefühl gilt allen Angehörigen und Betroffenen. Ich bin entsetzt und erschüttert.
Mein Wunsch ist, dass man nun endlich die Gelegenheit nutzt, um die wirklichen Auslöser dieser Tat sachlich zu diskutieren. Aber aus meiner Sicht werden immer die gleichen Fehler gemacht:
Punkt 1:
Es wird sehr medienwirksam über den Vorfall berichtet, ohne überhaupt genau recherchiert haben zu können. Es laufen ja noch alle Ermittlungen der Polizei. Hauptsache man hat eine Sondersendung im Programm. Der Zuschauer könnte ja sonst umschalten. Hier sollte man bei solch einem tragischen Thema erst berichten, wenn es gesicherte Ergebnisse gibt. Mutmaßungen und Spekulationen sind hier fehl am Platz! Diese Art der Medienberichte animiert meiner Meinung nach auch die diversen Trittbrettfahrer (siehe gestern in Halberstadt).
Punkt 2:
Sofort wird das Ereignis von Gegnern des legalen Waffenbesitzes ausgenutzt, um weitere Verschärfungen des Waffenrechtes zu fordern. Das Ereignis wird in einer schamlosen Weise populistisch ausgeschlachtet! Logisch betrachtet müsste man genau in die andere Richtung argumentieren:
Nach Erfurt wurde das Waffengesetz extrem verschärft. Amokläufe wie in Emsdetten und Winnenden passieren trotzdem. Somit hat eine Verschärfung des Waffengesetzes in dieser Beziehung nichts genutzt! Man sollte diesen Sachverhalt auch in der Öffentlichkeit so klar kommunizieren.
Wenn jemand (aus welchen Gründen auch immer) so etwas durchführen möchte, macht er es auch. Zur Not besorgt er sich eine Waffe aus dem nichtlegalen Bestand in Deutschland. Daran kann eine Verschärfung des Waffengesetzes nichts ändern! Eine Diskussion in diese Richtung lenkt nur von den eigentlichen Ursachen ab.
Gegenbeispiel:
Sollte jemand betrunken mit dem Auto mit 70km/h in eine Bushaltestelle rasen, in der 20-30 Schulkinder auf den Bus warten, würde eine vergleichbar schreckliche Tragödie passieren. Aber kein Mensch würde über eine Verschärfung der Straßenverkehrsordnung nachdenken oder gar diese fordern! Alle würden ein menschliches Fehlverhalten des Autofahrers feststellen.
Punkt 3:
Waffen können nicht böse sein! Waffen sind nur leblose Gegenstände. Der Mensch gebraucht oder missbraucht diese Gegenstände.
Daher ist es notwendig, dieses Thema gesellschaftspolitisch zu betrachten. Die Frage müsste eigentlich sein, was in den Köpfen solcher Menschen vorgeht? Was löst solch ein Ereignis aus? Wieso gibt es keinerlei Respekt mehr vor dem menschlichen Leben? Wird eine solche Tat durch einen generellen Werteverfall in unserer Gesellschaft begünstigt? Wenn ja, was verursacht diesen Werteverfall?
Diese Diskussionen müssen sachlich durchgeführt werden und sind oft unangenehm und mühselig. Daraus abzuleitende Maßnahmen kosten sicherlich auch Geld, welches der Staat lieber für andere Zwecke ausgeben will ... .
Aber vielleicht sind genau solche Diskussionen unsere einzige Möglichkeit ...
In tiefer Anteilnahme,
Woodman