Warum ist der Lauf meines Kipplaufluftgewehrs nicht gehärtet?

Es gibt 18 Antworten in diesem Thema, welches 2.253 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (22. Mai 2014 um 23:08) ist von Supra42.

  • Hallo allerseits,

    ich habe neulich bei einem Reperaturversuch festgestellt, dass der Lauf meines Kipplaufluftgewehrs nicht gehärtet ist. Mich würde einfach mal rein technisch interessieren, ob das etwas mit der Fertigungsqualität zu tun hat (weil der Härteverfahrer eventuell aufwendig und kostspielig ist) oder die Läufe der Luftdruckwaffen allgemein nicht gehärtet werden? Andererseits wie ist es eigentlich mit Feuerwaffen? Werden ihre Läufe überhaupt gehärtet?

    Danke
    Waldläufer

  • Hallo,
    ein Lauf muss Schwingen können....

    Wäre ein Lauf nun sehr hart, ist der auch spröde und wird schlecht schwingen.

    Bei scharfen kommt noch dazu die Belastung des enormen Druckes. Ein harter Lauf wird da zur Splitterbombe, ein etwas weicherer pilzt wie eine Blume auf...

    Gehärtet sind die schon, aber nicht total hart ;)

    Ich hoffe das stimmt so, da gibt's Leute die kennen sich besser damit aus ;)


    Gruß, David

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  • Ganz einfache Antwort auf die Frage: Weil es nicht sein muss.
    Durchgehärtet sein muss es eh nicht, wenn nur Oberfläche.
    Aber selbst das, warum unnötig Geld ausgeben :)

  • Hi,
    bitte auch bedenken, dass Härten ein sehr dehnbarer Begriff ist. Ich brauche bei Stahl ja kein rein Martensitisches Gefüge um von gehärtet zu sprechen. Es gibt also bei gehärteten Stahl viele verschiedene Härten, je nach Abkühlgeschwindigkeit.
    Ich denke aber auch, dass ein Lauf nicht extra gehärtet wird, er soll ja auch schwingen.
    MfG Nick

  • Hallo Leute
    Was bitte hat die Härte eines Stahles mit seinem Schwingungsverhalten zu tun... :?:
    und vor allem. warum sollte ein "billiger" (unlegierter, ungehärteter) Stahl "schwingen" und ein gehärteter nicht... ;(
    wann schwingt ein Lauf überhaupt und warum...Fragen über Fragen... ?(

    Gruß Wolf...

  • Mal eine anderr Frage. Wie hast du denn festgestellt das der Lauf nicht gehärtet ist? Und ein Stahl der gehärtet ist kann natürlich schwingen. Seht euch mal Messer an wie die schwingen bzw. Sich biegen lassen obwohl sie gehärtet wurden. Es kommt auch auf den Härtegrad an und auf den vetbauten Stahl. Einfacher Kohlenstoffstahl ist viel robuster als ein hochlegierter Stahl. Da die Luftpusten allesamt rosten wird es also kein hochlegierter Stahl sein. Dieser ist dann auch nicht so verschleißfest und lässt sich leichter bearbeiten. Daher meine Frage wie du das festgestellt hast.

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    \m/ :new14: \m/

  • Auch wenn es ein paar Jahre her ist, das ich mit Wärmebehandlung von Stählen zu tun hatte....aber beim 'Härten' muss man sehr genau unterscheiden, Laien hauen da alles mögliche durcheinander.
    - Es gibt 'Durchhärten', bei entsprechenden Stählen mit passendem Kohlenstoffanteil. Hab die Werte gerade nicht im Kopf, aber es gibt ein sehr spezielles Fenster für den Gehalt.
    - Randschichthärten, was häufiger verwendet wird. Entweder wird ein grösseres Werkstück was theoretisch 'Durchhärtbar' wäre nur kurz, aber sehr stark im Randbereich erwärmt und dann abgeschreckt (wenn ansonsten die Kosten für das 'Durcherhitzen' zu hoch zum gewonnenen Vorteil wären), oder das Werkstück ist ein Werkstück mit geringem Kohlenstoffgehalt, was und zum....
    - Aufkohlungshärten bringt. Ein Werkstück aus Stahl mit geringem Kohlenstoffgehalt wird in eine Kohlenstoff abgebende 'Packung' gegeben, dabei werden 2 Methoden verwendet (hauptsächlich), es gibt auch eine dritte, die ich aber nicht so genau kenne.
    Bei der ersten wird das Werkstück in Kohlenstoffgranulat eingepackt (nicht 'Steinkohleschrot', sondern feine Holzkohlenpellets, zur damaligen Zeit), anschliessend wird es für eine gewisse Zeit erhitzt. Faustregel war damals, in meiner Lehre: Sobald das Werkstück und der Kohlenstoff auf Temperatur ist, 1 Stunde pro 0.1mm aufgekohlter Schicht. Dabei wird das Werkstück NICHT grösser, sondern der Kohlenstoff dringt in das Werkstück ein.
    Das zweite Verfahren, das in grossen, spezialisierten Unternehmen vorgenommen wird, ist praktisch das selbe, nur wird ein anderes Medium verwendet. Statt Kohlenstoffgranulat wird eine Cyansalz-Schmelze verwendet (Achtung, extrem giftig!) , die Temperatur beim 'Aufkohlen' ist auch nicht so hoch.
    Das dritte Verfahren wäre ein Gasbasiertes, welches ich aber nicht kenne

    Bei jedem der 'thermischen' Härteverfahren wird also der Kohlenstoff in das Materialgefüge eingefügt und durch das 'Abschrecken' in Luft (Gebläse, für filigrane Teile), Öl oder Wasser (sehr schroff, kann bei Ranschichtgehärteten Teilen zu Sprüngen im Gefüge führen) dort 'gefangen'. Im Anschluss muss jedoch, bei geringerer Temperatur als der Härtetemperatur, das Werkstück nach vollständigem Abkühlen noch 'angelassen' werden, um dem Werkstück etwas Härte zu nehmen, damit eine gewisse Restzähigkeit vorhanden ist.

    Ein weiteres 'Härteverfahren' das bei Läufen für scharfe Waffen genutzt wird, ist das 'Hämmern'. Genau genommen kein 'Härten' sondern ein verdichten des Materials. Der Lauf hat zuerst eine Bohrung ohne Züge/Felder, welche übermassig ist (aka Projektil würde lose durchfallen, ohne stecken bleiben), und auch die Aussenkontur ist grösser. Dann wird er über einen Dorn gesteckt, welcher das gewünschte Profil hat, und schliesslich KALT von mechanischen Hämmern um den Dorn herum verdichtet, dabei bildet sich innen der Dorn ab, das Material wird schlicht und einfach 'dichter' (und somit 'härter' wie der Laie es sagen würde). Somit bleibt die Zähigkeit (welche beim thermischen Härten sinkt) erhalten, aber das Metall wird widerstandsfähiger.
    Da eine Druckluftwaffe mit weniger aggressiven Treibgasen und Energien belastet wird, ist ein härten nicht oder nur bedingt nötig.
    Eine weitere Sache ist: Thermisch gehärteter Stahl ist grauenhaft zu bearbeiten, also müssten Felder/Züge vor dem Härten eingebracht werden. Das Härten jedoch, durch erwärmen, abschrecken, anlassen, lässt üblicherweise selbst die geradesten Werkstücke krumm und schief werden (Beispiel, simpler, rechteckiger Stahlblock, zum unterlegen unter ein Werkstück. Vor dem Härten, nur durch Fräsen, sauber parallel an allen Stellen, nach dem Härten jedoch, auf einer Planfläche? Am kippeln ohne Ende, da der Block innerlich verzogen und verdreht ist). Sowas ist bei grossen Teilen einfach nachzuarbeiten, aber bei einer tiefen, langen Bohrung, die ein spezielles Innenprofil aufweisen soll? Nope. Keine Chance.

    Airsoft: Umarex Beretta 96 A1 Co2 Kal. 6mm BB ; Double Eagle M56AL (Benelli M3 Replika) Kal. 6mm BB
    SSW: PTB 778 Umarex/Walther P22 Kal. 9mm PAK ; PTB 927 GSG/EKOL Viper 2.5" Kal. 9mm/.380 R Knall
    Druckluft: Umarex Smith & Wesson 586 6" Co2 Kal 4.5mm Diabolo, Walther LGV Challenger Pro Kal. 4.5mm Diabolo

  • Läufe werden normalerweise nicht gehärtet.
    Ausnahmen gibt es da wo besonders beanspruchte Stellen
    teilgehärtet oder vergütet werden. Sie bestehen, je nach
    Verwendungszweck aus Stahl von sehr unterschiedlicher Qualität.
    Ich kann einen LG Lauf aus billigem Automatenstahl mit geringer
    Festigkeit herstellen, weil es einfach und schnell geht, oder kann
    hochfestes, Werkzeugstahl ähnliches Material benutzen. Dann
    muss ich anders schmieren und habe bei den Werkzeugen zur
    Bearbeitung geringere Standzeiten. Nun legt es beim Hersteller
    und seiner Preiskalkulation, was er für einen Knicker verwendet.
    Oberflächen werden gern gehärtet, damit der Lauf verschleißfester ist.
    Der Lauf selber kann aber dann trotzdem verbiegen. Oder die
    Oberfläche innen und außen ist durch ein spezielles Bearbeitungsverfahren
    (Hämmern) verdichtet.
    Bei Feuerwaffen ist eine genaue Auswahl der verwendeten Güte
    nötig. Während zB Vorderlader mit Schwarzpulver geladen, vieles
    wegstecken, würden sie beim Laden mit Nitropulver wegen des
    anderen Druckverhaltens, sofort die Grätsche machen.
    Bei Luftgewehren ist es mehr eine konstruktive Überlegung. Wenn
    der Lauf als Spannhebel genutzt wird, muss das bei der Dimensionierung
    und Festigkeit berücksichtigt werden.
    Es gehört immer auch etwas Gefühl dazu... Ich kann einen Knicker gefühlvoll
    bis zum Einrasten einknicken, oder aber auch darüber hinaus weiterziehen.
    Der klügere gibt dann nach ;^)

    Gruß Klaus

  • Zitat carabinasypistolas.com:


    Herstellung des Laufs: Carabinas Cometa ist sich bewusst, dass der Erfolg eines Luftgewehrs maßgeblich von der Qualität des Laufs abhängt. Deshalb wird bei jedem Gewehr der Herstellungsprozess strengstens kontrolliert, angefangen bei der Auswahl der Materialien bis hin zur Verarbeitung. Die Läufe werden hochpräzis gebohrt und danach mit Spezialmaschinen kalt gehämmert. Das Hämmern garantiert eine spiegelbildliche Fertigstellung der Innenseite der Läufe der Luftgewehre und härtet das Material. Schließlich werden die Läufe genauestens gerichtet. Aufgrund dieses Verfahren und der Qualitätskontrolle zeichnen die Cometa Gewehre sich insbesondere durch die erstklassige Qualität ihrer Läufe aus.

  • Zur Erhöhung der inneren Verschleißfestigkeit von Läufen ohne komplexe Härteverfahren wird auch gerne mal hartverchromt.

    Davon mal ab:
    Günstig ist ein Laufstahl mit den Qualitäten, die auch ein Schraubenschlüssel hat:
    Weich genug, um sich noch mit einer Feile bearbeiten zu lassen (wer schonmal aus einem 15er einen 16er gemacht hat oder ein Loch zum Aufhängen reingebohrt hat, der weiß, was ich meine), gleichzeitig aber "hart" genug, damit seine Oberfläche nicht von der Mutter beschädigt wird, dabei in seiner Gesamtheit elastisch (hart genug um zu federn, weich genug um nicht zu brechen, kurz: zäh).


    Was das Spannen betrifft:
    Es gibt wohl mehr LGs mit nach oben gebogenem Lauf, wenn keine Rastsperre das Zuschnappen bei einem unvollständigen Spannvorgang verhindert und der Lauf federgetrieben zuklappt.
    Der Schlag überwindet viel leichter die Streckgrenze des Stahls als die menschliche Spannkraft.


    Stefan

  • Ich denke, es ist eine reine Kostenfrage. Mit Laufschwingungen dürfte das wenig zu tun haben, denn auch ein gehärteter Lauf wird schwingen. Ein LG Lauf braucht keine Härtung um dauerhaft Maßhaltig zu bleiben. Bei scharfen Waffen könnte auch die manchmal notwendige Nacharbeit ein Grund sein. So ist der Aufwand bei einem gehärteten Lauf ein SD Gewinde, ein Aufreiben des Patronenlagers oder eine Laufkürzung ungleich höher. Letztlich ist zwar ein Lauf generell ein Verschleißteil, jedoch ist der Verschleiß im Regelfall gering und nur die wenigsten Waffen bekommen ausgeschossene Läufe. Daher dürfte eine Nachbehandlung der Läufe eher unwirtschaftlich und wenig sinnvoll sein.
    So denke ich zumindest.

  • @ artor:

    durch das Kalthaemmern wird der Lauf nicht gehaertet sondern es findet eine Materialverdichtung statt. Durch diese Gefuegeveraenderung kann eine geringfuegige Erhoehung der Haerte
    stattfinden, Haerten im wirklichen Sinn ist es nicht (Haerte = Zeit + Temperatur + evtl. Anlassen u. Abschrecken).

    Gruss
    pak9

  • Richtig!
    Ich vergaß noch: Einige Läufe werden zur besseren Haltbarkeit und leichteren Reinigung innen hartverchromt. Aber wohl nicht bei LG Läufen.

  • Interessant. Anzumerken ist vielleicht noch, dass im Bericht mit einem automatisches Sturmgewehr magazinweise geschossen wird. Jedoch kenne ich auch als Sportschütze, dass man den Lauf einer Langwaffe im "normalen" sportlichen Schießbetrieb so heiss wird, dass man ihn zumindest nicht mehr anfassen kann und die Spucke kocht. Das insbesondere bei Nutzung von ein paar Schützen hintereinander, obwohl nach 20 Schuss eine Auswertepause einschließlich hinlaufen zu den Scheiben erfolgt.
    Aber das wird dem Lauf nichts ausmachen.

  • Hallo,
    ein Lauf muss Schwingen können....


    Jein, so ist das nicht, zumindest wurde mir das anders erklärt.

    Bei Druckluftwaffen will man das schwingen des Laufes eigentlich Verringern. Eine hartes Material gibt Schall bzw. Schwingungen besser weiter als ein weiches. Deswegen sind die Läufe nicht gehärtet damit sie weniger Schwingen.

  • Fachlich sehr schöne Beiträge bisher.

    Für ein besseres Schwingungsverhalten muss ein Lauf nicht gehärtet werden. Ganz im Gegenteil, ein gehärtetes Hohlrohr schwingt,
    eins aus Weicheisen oder Guss schwingt fast gar nicht.

    Und Luftgewehrläufe sind, wie bemerkt, nicht gehärtet sondern verdichtet. Lassen sich leicht bearbeiten aber schlecht biegen.

    Was mich wundert ist daß ein Luftgewehrlauf eines Knickers so enorme Kräfte aushält. Ein weiches Rohr wäre da schon lange verbogen.
    Das Gamo 1250 Hunter lässt sich nur sehr schwer spannen.
    Angenehmer sind da Hatsan 125 oder 135 oder 85. Trotzdem verstehe ich nicht warum sich der Lauf nicht verbiegt und auch nicht nachfedert wie
    es harte Stähle machen würden. Der Innenlauf ist übrigens rauh, ohne daß sich das auf die Präzision negativ ausgewirkt hat. Eher im Gegenteil.
    Beim rauhen Innenlauf würde ich vermuten der ist nicht gehämmert sondern gebohrt und echt gezogen.

    Den Lauf manch einer Heißgaswaffe verbiegt man wahrscheinlich leichter als den eines Prellers.

    Und,
    mit den frei schwingenden Läufen ist was ganz anderes gemeint als Eigenschwingungen durch das Material.

  • Hi Büroklammer,
    also ich möchte vorweg sagen, dass ich mir nicht sicher bin mit wem was ich jetzt schreibe, da ich mich noch kein bisschen auf die Klausur vorbereitet habe.

    Aber durch die einbringungen von Druckeigenspannungen an der Oberfläche, kann der Lauf dort höhere Spannungen aushalten. Beim Knicken des Laufs wird dieser auf Biegung beansprucht. Die am stärksten belasteten Fasern dabei sind die Randfasern, welche durch das Hämmern eine höhere Spannung aushalten.
    Hoffe mal das stimmt soweit:)

    MfG Nick

    Einmal editiert, zuletzt von Supra42 (23. Mai 2014 um 23:19)