Field-Target-Weltmeisterschaft 2004 in Ebern, Unterfranken
Ein persönlicher Rückblick von Andreas Scholz
Schießsportlich betätige ich mich schon mehr als mein halbes Leben lang in verschiedenen Disziplinen mit mehr oder weniger Erfolg - nach meiner Selbsteinschätzung bin ich ein ambitionierter Durchschnittsschütze. Als vor 2 Jahren mein Freund Peter erzählte, er interssiere sich für Field-Target, habe ich zunächst das gedacht was viele Andere wohl auch denken: Eine andere Art von "Plinking". Bei näherer Beschäftigung damit erkannte ich aber, daß es sich hier um eine interssante, anspruchsvolle Schießsportart handelt, bei der man nicht einmal einen Gehörschutz braucht.
Da ich WBK-Inhaber bin, konnte ich mir gleich ein entsprechendes LG kaufen und mich sofort in die "Long-Range-Klasse" stürzen. Das war vor knapp einem Jahr. Peter und ich beteiligten uns an einigen kleinen FT-Veranstaltungen in Spijk und Dorsten. Seit Beginn 2004 sind wir Mitglieder im 1.DFTC2000. Da die WM dies Jahr in Deutschland stattfand, meldeten wir uns an. Nicht um zu siegen, sondern um dabei gewesen zu sein - wann hätte man sonst wohl die nächste Chance?
An meiner HW97 hatte ich bereits voriges Jahr einige "Verschlimmbesserungen" vorgenommen - hauptsächlich die spezielle Montage für das ZF und der spezielle Abzug. Vor der WM hätte ich noch so vieles daran machen wollen, besonders ein wenig "optische Aufwertung" meiner Arbeiten und natürlich trainieren, trainieren, trainieren. Es kam aber anders. Wichtige andere Projekte (Umzug...) hielten mich davon ab. Ich konnte kurz vor der Abfahrt gerade noch mal ein paar Kontrollschüsse machen und die V-null kontrollieren.
Donnerstag, der 22. Juli:
Am Nachmittag kamen Peter und ich in Ebern an. Die veröffentlichte Wegbeschreibung und die Beschilderung waren super. Der Empfang und die Einquartierung in der Kaserne auch. Von der Eröffnungsveranstaltung im Rathaus der Stadt Ebern war ich überwältigt und gut eingestimmt auf die kommenden Tage. Besonders ein Teil aus einem vom Damenchor vorgetragenen Lied hat sich mir eingeprägt: "Vive l'amour, vive la compagnie!". Ein gutes Leitmotto für's Leben!
Den Abschluß des Tages bildete das Abendessen, zu dem sich viele Teilnehmer beim Italiener getroffen hatten. Wir waren fröhlich und ausgelassen. Eines der Highlights war Jörg's Kunststück mit den Zähnen.
Freitag, der 23. Juli:
Der Wecker meldete sich um 6.20 Uhr. Das hätte er sich sparen können, denn ich war eh seit Stunden wach. Frühstück um 7.00 und dann ging es auch schon zum Schießgelände, denn Peter und ich waren in der Gruppe A, die die Vormittagsrunde hatte. Das Wetter war - naja. Der Himmel war dunkel und es grummelte in der Ferne.
Briefing um 8.30 durch Volker. Scorecard und Squad-Partner (Bill Yallop, UK) gesucht und dann ging es zu unserer Startlane 10. Gleich knieend - na Klasse! Für mich zwei Missings. Inzwischen hatte es angefangen zu regnen und das Donnern kam näher. Ich war nervös und zittrig und traf auch bei den folgenden Lanes nur wenig. Die Härte war die Lane 17 (?), wo stehend gefordert war. Durch den Regen waren die Zweige schwerer geworden und so war das weitere Ziel nur für kleiner gewachsene Leute sichtbar. Wieder 2 Missings.
Der leichte Regen hatte aufgehört und es pladderte jetzt. Sorgen machte ich mir um die Elektronik in meiner Waffe (Abzug, eigene Bastelei). Aber es ging gut. Ich selbst war bis auf die Haut naß. Aber so schlimm war das nicht, denn es war wenigstens nicht kalt und tiefer als bis zur Haut kommt der Regen ja nicht.
Bei den Lanes auf der rechten Seite des Weges wurde es besser. Der Wald war offener und so waren die Ziele besser sichtbar. Meine Zittrigkeit hatte sich einigermaßen gelegt und ich konnte ein paar Lanes komplett holen. Die letzten 2 Stunden unserer Runde kam die Sonne durch. Einfacher wurde es dadurch allerdings auch nicht gerade, denn nun rauschten die Windböen durch. Und dauernd beschlug die Optik. Bill mußte sogar seine Sonnenblende abschrauben, um die Linse abzutrocknen. Am Ende war ich mit 26 Hits mehr als zufrieden. Bill holte mit seiner Daystate 32 Punkte. Für einen Parcours, der es mit seinen winzigen Hitzones in großen Entfernungen und "spezieller" Geländenutzung wirklich in sich hatte, war das nicht schlecht.
Das Abendprogramm im Festzelt mit Musi, Bier und Buffet war prima und entschädigte für die Strapazen des Tages.
Samstag, 24. Juli:
Der Wecker schon wieder um 6.20 - oh Mann und dies blöde Gefühl im Kopf! War was mit dem Bier gewesen? Nach dem Frühstück kamen die Lebensgeister zurück. Peter und ich hatten erstmal keinen Streß, denn wir waren nun in der Nachmittagsrunde. Ein Glück für uns, denn es schiffte den ganzen Vormittag wie aus Kübeln. Als wir um halb zwei zum Schießgelände kamen, sahen wir, was uns (zunächst) erspart geblieben war: Die Schützen der Vormittagsrunde sahen aus, als hätte eine Schlammschlacht stattgefunden.
Meine Partner waren diesmal Piotr Polak (PL) und Richard Moore (GB). Richard schoß eine AA-Pro Target und Piotr eine AA TX 200, die er selbst getuned hatte - eine prächtige Waffe! Piotr schoß fast alle Lanes knieend, weil er das besser konnte als sitzend. Für mich völlig unverständlich. Wir waren in der selben Klasse und daher direkte Konkurrenten. Zeitweise hatte das offenbar ein wenig die sonst gewohnte Lockerheit gestört. Aber wir erreichten beide wieder ein gutes Ergebnis: Er 30 Hits und ich 26. Richard erreichte 32 Hits. Der Parcours war gegenüber dem Vortag noch ein wenig geändert worden (noch schwieriger!) und so waren wir alle recht zufrieden.
Am Abend gab es kein festes Programm. Peter und ich begaben uns ins Festzelt, wo Nahrhaftes angeboten wurde. Leider waren wenige der Kameraden da, denn in Ebern war Altstadtfest. Um zur Sonntags-Vormittagsrunde wieder einigermaßen fit zu sein, gingen wir früh zu Bett.
Sonntag, 25. Juli:
Ich hatte nicht gut geschlafen und stand mit leichten Kopfschmerzen auf. Aber der Tagesablauf war inzwischen eingespielt und wir hatten keine Probleme mit dem Timing. Scorecards gab es wieder um 8.30 und ich suchte mir meine Squadpartnerinnen zusammen. Ja, diesmal waren es zwei Frauen: Davinia Wainwright (GB) und Sylvia Striegl (A). Startlane war 9. Davinia hatte wegen ihrer Knie-Probleme Michael Hackmann als Assistenten zum Ausrüstung tragen zugeteilt bekommen.
Mir ging es nicht gerade super - zittrig und nervös traf ich zunächst so gut wie nichts. Meinen Partnerinnen ging es kaum besser. Am Wetter gab es nichts auszusetzen - es war trocken, windstill und es war überwiegend sonnig. Irgendwas oder -wer störte. Das Problem konnte ich glücklicherweise in den Griff bekommen und auf Lane 15 kam dann endlich eines von meinen geliebten Zielen: Der Spatz in kurzer Distanz. Manche mögen den nicht, aber ich hatte ihn an den Vortagen relativ häufig getroffen und so kam die Zuversicht wieder zurück. Und er fiel! Juhu! Nun konnte ich hin und wieder mal eine Lane leer räumen. Zumindest ein Ziel fiel fast immer. Bei Lane 25 wieder zweimal Null - grrrrr! Und das bei gar nicht mal so schwierigen Zielen. Aber mir war klar geworden, was ich falsch gemacht hatte: Der Anschlag war etwas unruhig und ich hatte "geknipst" - eine Todsünde bei der Feder-Kolben-Waffe. Es ist ähnlich wie beim Pistolenschießen: Halten und ziehen verspricht einen Treffer.
Ok, bei der nächsten Lane (01) mache ich es besser! Und tatsächlich: Obwohl sehr schwierig, traf ich doch ein Ziel. Und dann begann der Traum: Von Lane 02 bis 08 (der letzten) keinen einzigen Fehler mehr! Und die Lanes waren nicht gerade einfach. Selbst die Ratte auf Lane 07 in 50m, leicht bergauf, fiel. Schwierig war die Lane deshalb für mich, weil das Gefälle an der Schießlinie für Rechtsschützen in die falsche Richtung verlief - man hatte das Gefühl, hintenüber zu fallen. Den krönenden Abschluß bildete die Stehend-Lane 08. Mein geliebter Spatz stand auf knapp 10m - also zu schaffen. Und er fiel! Das weite Ziel wieder mit kleiner Hitzone eigentlich für mich zu schwierig. Aber man versucht es und manchmal hat man auch mal Glück - auch das fiel.
Mit Sylvia, die sonst auch Pistole schießt, hatte ich bei Lane 25 über meine Einschätzung bzgl des Abziehens gesprochen. Offenbar gab das auch für sie einen Aha-Effekt. Wie sie sagte, hatte sie sich danach auch auf sauberes Abziehen konzentriert und entsprechend besser wurde ihre Ausbeute. Am Ende war ich mit 31 Hits überglücklich. Sylvia war mit ihren 17 Treffern auch recht zufrieden. Davinia war über ihre 27 Treffer aber sehr enttäuscht. Wir haben uns nachdem ausgiebig darüber unterhalten. Wir waren uns darüber einig, was besonders sie so gestört hatte.
Der Nachmittag war für mich ausgesprochen entspannend. Keine Belastung mehr, nur noch ein wenig herumlungern und den Schützen der Nachmittagsrunde zuschauen. Irgendwo hatte ich schon gehört, daß ich in der Feder-Kolben-Klasse wohl einen guten Platz erreicht hatte. Daher brachte ich die Waffe lieber noch nicht in die Unterkunft, sondern war auf ein Stechen gefaßt. Glücklicherweise blieb mir das erspart. Bei dem Stechen um den zweiten Platz in der offenen Klasse zuzuschauen, war wirklich schöner! Beeindruckt war ich von der Ruhe, die Andy Calpin zeigte. Er gewann das Stechen mit 2 zu Null.
Die Stimmung bei der Siegerehrung war unbeschreiblich! Die Freude und der Applaus kam von allen Teilnehmern - auch von den jeweils fremden Nationen. Echte Sport-Kameradschaft eben! Vive la compagnie!
Zunächst wurden die besten Junioren, Ladies und Veteranen der offenen und der Feder-Kolben-Klasse geehrt. Dabei rief Volker auch meinen Namen auf. Ich bekam für den Titel des besten Verterans in der Spring Gun Class eine hübsche kleine Holzschachtel mit der entspr. Beschriftung. Dann kamen die Mannschaften. Daß die Briten wieder mal das Rennen machten, war nicht überraschend. Aber unsere Jungs konnten ihren Vizemeistertitel verteidigen, gefolgt von den Polen.
Dann kam die Ehrung der besten 10 Einzelschützen in den beiden Klassen, zunächst die "Springer". Für den zweiten Platz war ich aufgerufen worden. Wer nun den Ersten haben sollte, weiß ich nicht mehr, aber der Schütze hatte nicht wie gemeldet in der Springerklasse geschossen, sondern mit Preßluft. Den Pokal für den 2. Platz mußte ich deshalb nach links an Andrew Kays weitergeben, der seinen für den 3. an Arne Legernes, beide Norwegen. Ich - sichtbar verdutzt über die Änderung - bekam den Meister-Pott. Ein Johlen im Saal, nicht nur von meinen deutschen Kameraden. Und dann noch die HW97 und das Simalux-ZF - kaum zu schleppen das alles. Die Stimmung hielt an, bis auch die Sieger der offenen Klasse geehrt waren.
Wieviel Bier es an dem Abend noch gab, weiß ich nicht mehr. Wer mir alles einzeln gratuliert hat, weiß ich auch nicht mehr genau, aber außer meinen Dorstener Kameraden (besonders Kurt, Jörg, Jörn, Uwe - ach, alle!) auch Peter O'Hagan aus Nordirland, Nathan Reeve aus England, Ray Apelles aus USA, alle Norweger und und und. Oh Mann! Und mein Freund Peter natürlich! Dabei habe ich es versäumt, selbst den Siegern der anderen Klassen zu gratulieren. Schande!
Es wurde spät an dem Abend.
Montag, der 26. Juli:
Das Aufstehen fiel schwer. Schön war es, beim Frühstück nochmal mit den Kumpels zusammen zu sitzen.
Dann das ganze Geraffel eingepackt und die 700km wieder Richtung Norden.
Und nun habe ich ein Problem. Von wegen mal nur so zum Spaß an der WM teilnehmen - nun muß ich zur nächsten WM wohl auch hin. Aber der Pflicht werde ich gerne nachkommen. Auch aus Dankbarkeit all Jenen gegenüber, die dieses großartige Ereignis erst möglich machten.
edit: Einige Schreibweisen berichtigt.