Fußball und Waffen, dafür konnte sich Rainer M. so richtig begeistern. Jetzt wurde dem 48-Jährigen, der als Sachbearbeiter für Waffenangelegenheiten im Altöttinger Landratsamt seine Leidenschaft zum Beruf machen konnte, der Tick für Waffen offenbar zum Verhängnis. Am Mittwoch durchsuchte die Polizei bei einer Razzia zunächst Räume im Landratsamt und dann auch in der Privatwohnung von M. in Kirchweidach. Dort entdeckten die Ermittler rund 150 vorwiegend halbautomatische Waffen, die vermutlich aus dem Arsenal des Landratsamtes in Altötting entwendet worden waren. Rainer M. wurde deswegen am Mittwoch vorläufig festgenommen, am Donnerstag erließ ein Ermittlungsrichter in Traunstein Haftbefehl gegen Rainer M. Seither sitzt der Mann in Untersuchungshaft.
Die Vorgesetzten von Rainer M. waren am Mittwoch aus allen Wolken gefallen, als ein Großaufgebot der Polizei im Landratsamt anrückte, um Büros und weitere Räume aber auch Computer zu durchsuchen. Wie Landratsamts-Pressesprecher Klaus Zielinski bestätigte, sei von den Ermittlern Beweismaterial gesichert worden. Es soll sich dabei vorwiegend um Datenträger und Karteikarten handeln. Landrat Erwin Schneider zeigte sich von den Vorgängen schockiert: „Ich bin geplättet“, sagte er in einer ersten Reaktion. Natürlich habe er den Ermittlern größtmögliche Kooperation bei der Aufklärung zugesagt. Und das „obwohl wir über die konkreten Vorwürfe nicht informiert wurden“.
Rainer M., der seit mehr als 20 Jahren im Landratsamt Altötting beschäftigt ist, galt in all den Jahren als zuverlässiger und pflichtbewusster Mitarbeiter. „Wir hoffen, dass sich die Vorwürfe gegen ihn nicht bestätigen“, sagte Klaus Zielinski. Ob der fromme Wunsch des Pressesprechers in Erfüllung geht, ist indes mehr als fraglich. Zwar hatte Rainer M. als Sammler eine Waffenbesitzkarte und einen Waffenschein, Waffen aus dem Landratsamt hätte er aber dennoch weder mit nach Hause nehmen, noch sie auf privater Basis weiterverkaufen dürfen.
Und dass die bei M. in Kirchweidach gefundenen Waffen verkauft werden sollten, das steht für die Ermittler offenbar außer Frage. Mehr als ein Drittel der Waffen soll nämlich gereinigt, geölt und feinst säuberlich verpackt worden sein.
Außerdem fanden sich Fotos und detaillierte Beschreibungen der einzelnen Modelle, sogar der Verkaufspreis soll zum Teil schon aufgelistet gewesen sein. „Die sollten auf dem Schwarzmarkt angeboten werden“, schließt ein Insider daraus. Rainer M. hatte einen Zugang zu einem Waffenhandelsforum im Internet.
Von der Polizeidirektion Süd in Rosenheim gibt es zu der ganzen Angelegenheit keine Auskünfte, Pressesprecher Franz Sommerauer verweist auf die Staatsanwaltschaft in Traunstein, die sich das alleinige Auskunftsrecht vorbehalten habe. Dort wiederum beruft sich Matthias Forster auf eine Entscheidung der Amtsleitung, die beschlossen habe, derzeit im Hinblick auf die noch laufenden Ermittlungen keine Auskünfte zu erteilen. In Schweigen hüllt sich auch der Burghauser Strafverteidiger Erhard Frank, er soll angeblich Rainer M. anwaltlich vertreten, wollte das gestern aber weder bestätigen noch dementieren.
Das Landratsamt Altötting hatte im vergangenen Jahr nach dem Amoklauf von Winnenden hunderte von Waffen eingesammelt für die ihre Besitzer keine ausreichende Erlaubnis vorweisen konnten. „Das war ein ganzer Lastwagen voll“, erinnert sich ein Mitarbeiter. Die Waffen sollten vernichtet werden. Angeblich diskutierte man mehrfach über die Vorgehensweise: Verbrennen, schreddern und plattwalzen fasste man ins Auge. Bevor es zu der Vernichtung der Waffen kam, dürfte Rainer M. die interessantesten Stücke zur Seite geschafft haben.
Quelle: http://www.chiemgau-online.de/portal/lokales…rid,207771.html