So, wollte diesen Artikel aus dem Kölner Stadtanzeiger mal posten, ist recht interessant!
Gruß, Lui
Köln
Polizei befürchtet eine Flut von Anträgen
Jeder, der eine so genannte Reizstoff-,
Schreckschuss- oder Signalwaffe außerhalb der eigenen vier Wände bei sich trägt, braucht ab diesem Zeitpunkt einen ?Kleinen Waffenschein?.
Ein früher Sonntagmorgen im Januar vor einer Disco in Godorf: Ein Jugendlicher raubt einem 18-Jährigen das Handy und feuert ihm aus kurzer Distanz mit einer Schreckschusspistole ins Gesicht. Mit schweren Augenverletzungen muss das Opfer in einer Spezialklinik operiert werden. Die Attacke hätte auch tödlich enden können.
?Der Gasstrahl erreicht das Neunfache der Schallgeschwindigkeit und kann, aus nächster Nähe abgegeben, tödlich sein. Die Zerstörungskraft ist ähnlich wie bei scharfer Munition?, weiß Professor Markus Rothschild (40), Leiter der Kölner Rechtsmedizin.
Am 1. April tritt das verschärfte Waffengesetz in Kraft, verabschiedet von der Bundesregierung, wenige Monate nach dem Amoklauf in einem Erfurter Gymnasium. Dann braucht jeder, der eine so genannte Reizstoff-, Schreckschuss- oder Signalwaffe außerhalb der eigenen vier Wände bei sich trägt, einen ?Kleinen Waffenschein?. Kauf und Besitz der Pistolen, die mit Platz-, Gaspatronen oder Feuerwerkskörpern wie Raketen bestückt werden können, ist weiterhin ab 18 Jahren möglich.
Schätzungen zufolge besitzen in Köln mehr als 50000 Menschen eine Schreckschusswaffe. Die Kölner Polizei steht vor einer Flut von Anträgen: ?Ich mag lieber nicht daran denken?, klagt eine Beamtin aus der zuständigen Dienststelle. Um die Eignung und Zuverlässigkeit des Antragstellers zu überprüfen, muss die Polizei Erkundigungen unter anderem beim Bundeszentralregister, bei der Staatsanwaltschaft, dem Jugendstrafregister und der örtlichen Polizeidienststelle einholen - ein aufwendiges Prüfverfahren. Saß der Antragsteller in den vergangenen fünf Jahren mehr als einmal wegen einer Gewalttat im Polizeigewahrsam, kann der Schein verweigert werden. ?Außerdem wissen wir noch immer nicht, wie der Kleine Waffenschein überhaupt aussehen soll?, so die Beamtin.
In den vergangenen 15 Jahren wurden bundesweit mehr als zehn Millionen der so genannten PTB-Waffen (benannt nach dem Prüfsiegel der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt) verkauft, Tendenz steigend. ?Das größte Problem ist, dass Schreckschusswaffen echten Waffen sehr ähnlich sehen?, sagt Rechtsmediziner Rothschild. Diesen Effekt machen sich Straftäter zu Nutze. Mehr als die Hälfte aller Überfälle werden in Deutschland mit Schreckschusswaffen verübt.
Das neue Gesetz verbietet auch den Verkauf von Wurfsternen, Stahlruten (so genannte Totschläger), Springmessern, deren Klingen nach vorne hervorschnellen, und Butterflymessern. Waffenhändler, die gegen das Verbot verstoßen, machen sich strafbar. Ein Kölner Waffenverkäufer, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, sagt: ?Als braver Staatsbürger begrüße ich die Novelle. Als Unternehmer befürchte ich schmerzliche Umsatzeinbußen und einen florierenden illegalen Waffenhandel im Internet und auf Schulhöfen.? Es seien vor allem junge Männer bis 25, die bei ihm Schreckschusswaffen kauften; viele, um damit zu protzen, einige wohl auch mit dem Vorsatz, Überfälle zu begehen, vermutet der Händler. ?So eine Waffe gehört heutzutage in bestimmten Kreisen zum Schick?, weiß die Polizeibeamtin. ?Aber wir haben auch schon Waffenschein-Anträge von KVB-Fahrern und Krankenschwestern vorliegen, die die Waffen zum Selbstschutz bei sich tragen.?[B]