Also, das war doch schon immer so in Deutschland. Ich zitiere mal Horst Decker aus seinem Text "Entwicklung des Waffenrechts":
Kein deutscher Verwaltungsjurist kann sich vorstellen, dass jede neue Verwaltungsvorschrift seitens der Betroffenen zu einer Gegenreaktion führt, die darauf hinzielt, die Vorschrift zu umgehen und letztlich die Grundvoraussetzung der Vorschrift so zu ändern, dass die Vorschrift leer läuft. In der Physik sagt man, jede Reaktion erzeugt eine Gegenreaktion.
Aus der mathematischen Logik kann man folgern, jedes neue Gesetz schafft eine neue Lücke, ebenso wie sich zwischen zwei Zahlen eine Lücke befindet und man dadurch, dass man eine Zahl zwischen diese beiden schieb, anschließend zwischen 3 Zahlen zwei Lücken hat, also eine neue Lücke geschaffen hat.
Schon immer haben die Anbieter solche Lücken gefunden. Diejenigen, die dann auch noch den Mut hatten, die entsprechenden Produkte aggressiv anzupreisen, haben dann viel Geld verdient. Die "Vorsichtigen" dagegen konnten in dem kleinen Zeitfenster bis zur Verschärfung der Gesetze nur Brosamen aufsammeln.
Ich erinnere mich noch an die aggressive Werbung für den "Kropatschek" Karabiner, der nach 1972 weiterhin frei verkäuflich war - weil das Kaliber zuvor in Europa unbekannt war und deshalb die Waffe nicht unter die Erlaubnispflicht fiel. Vier Jahre verkaufte man das Ding wie geschnitten Brot, bis 1976 - in jedem DWJ aus der Zeit findet man die Anzeigen.
Ebenso ging das mit den 4mm Waffen weiter. Danach kamen dann die "Deko-Teilesätze", im Prinzip auf Deko umgebaute Vollautomaten, die aber eben NICHT zusammengebaut verkauft wurden. Dann die Deko-Pistolen, deren Rahmen weiterhin brauchbar war. Man fuhr in die Schweiz, kaufte dort eine 1911er, der Verkäufer baute ALLE Teile ab, behielt den Rahmen und man konnte mit dem Rest nach Hause fahren. Zack. Als nächstes kamen die LEPs an die Reihe, ebenfalls eine gute Basis für die "Scharfmacher". Bestimmte SRS-Waffen, wie der "Little Joe" in .22 und der "Twinny" in 9mm Knall, konnten ebenfalls recht leicht umgebaut werden. Solche Modelle mit den frühen PTBs erzielen heute irre Preise. Warum wohl?
Salutgewehre, die als einzige Änderung NUR einen verbohrten Lauf hatten, konnten innerhalb eines Nachmittags von jedem Drehbankbesitzer wieder flott gemacht werden. Sie verkauften sich rasant. Bei eGun füllten die Angebote regelmäßig mindestens sechs Seiten. Es gab sogar ein "Walther GSP Gewehr" als Salut in .22, welches eigentlich eine Pistole war und ziemlich leicht wieder zu einer solchen gemacht werden konnte. Von der GSG "MP5" in .22 - samt 30 Schuss Magazinen - ganz zu schweigen. Man kaufte sich einen Lauf für eine .22er Weihrauch HW35 (frei ab 18) und drehte sich ein neues Läufchen. Fertig. Solche Waffen finden sich immer noch zu Hauf in den Asservatenkammern.
Dann die Pfeilgewehre, und jetzt eben die "Big Bore" PCPs. Deren "Erfinder" übrigens nicht JS war, sondern Umarex. Mit der HDS68 und auch den Revolvern in .50 und .68 kamen auch die "Exportkits" - mittlerweile holen manche bis zu 40 Joule aus so einer Plempe. Die HDS68 kann man NUR MIT DEM SCHRAUBENDREHER auf 16 Joule bringen, wie man auf YouTube sehen kann.
Unterwasser-Harpunengeräte sind auch im Trend, und wieder gibt es etliche "Player". Repetier-Armbrüste und Bögen sind mit den eigentlich vom Gesetzgeber gemeinten Waffen nicht mehr vergleichbar. Der hatte eher Robin Hood und Wilhelm Tell Modelle vor Augen, nicht diese kompakten, leicht zu bedienenden Schnellfeuerwaffen. Das sind alles "Lückenprodukte" und schon fordert Faeser entsprechende Vorschriften zur Regulierung.
Piexon hat die Lücke der "Tierabwehrgeräte" gefunden und verkauft die "JPX" Modelle wie verrückt. Dasselbe Modell OHNE den Aufdruck "Tierabwehrgerät" ist nicht nur im Prinzip eine WBK-pflichtige Schusswaffe, sondern sogar ein verbotener Gegenstand (wegen des Lasers). Aber für die "Tierversion" braucht man keine WBK, keinen "kleinen Waffenschein" und muss nicht einmal volljährig sein. Es ist eben rechtlich KEINE Waffe. Das BKA hat den Schweizern eine Lizenz zum Gelddrucken ausgestellt, bis zur nächsten Gesetzesänderung.
Am Horizont tauchen die nächsten "Lücken" auf - "Böllergeräte" sind im wesentlichen unreguliert, dürfen auch mehrere Läufe haben und können NATÜRLICH auch feste Geschosse verschießen. Solange der Hersteller sie als Böller verkauft und entsprechend bewirbt ist das alles kein Problem. "Geborene" LEPs stoßen die alte Lücke wieder auf, denn - wie es Horst Decker sagt - jede Reaktion in Form einer Vorschrift führt zu einer Gegenreaktion, welche eben diese Vorschrift leer laufen lässt.
Es gab auch "Lückenprodukte", die NICHT aggressiv beworben wurden und deren Anbieter NICHT reich geworden sind. Da gab es zum Beispiel dieses Pfeilgewehr, das mit .22er Knallpatronen funktionierte... frei verkäuflich, aber NIE ein Erfolg geworden. Die Taser-Pistolen, die eine lange Zeit frei verkäuflich waren, aber vom Anbieter "unter dem Radar" angeboten wurden. Ich habe vor Jahren sogar mal eine mehrschüssige Vorderlader-Pistole mit Piezo-Zündung gesehen, damals, bevor die Waffen mit Funkenzündung ein historisches Vorbild brauchten. Vielleicht kommt sie bald wieder zurück, verkauft als Böllergerät... sah geil aus, das Ding. Keine Spur von "Piratenpistole". Eher wie "Star Wars".
Was wir daraus lernen?
a) Es wird IMMER Lücken im Waffenrecht geben, weil jedes "Stopfen" neue Lücken schafft.
b) Clevere "Lückenprodukte" sind für die Kunden hochinteressant, da sie nur begrenzte Zeit verfügbar sind und nach Freiheit schmecken
c) Die Reaktion (Gesetzesverschärfung) kommt garantiert, egal wie zaghaft die Anbieter vorgehen
d) Nur Anbieter, die extrem aggressiv und provokant vorgehen, können reich werden - weil das Zeitfenster kurz ist