Rundkugeln, und gezogene Läufe: wie passt dies denn zusammen ?!?

Es gibt 29 Antworten in diesem Thema, welches 6.656 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (20. Juni 2020 um 22:50) ist von Rechkalov.

  • Der Import nach Deutschland aber nicht!

    Ich habe keine Probleme mit Lactose und Gluten. Als Ausgleich leiste ich mir ein paar Intoleranzen im zwischenmenschlichen Bereich.

  • Auch der Import von Treibladungsmitteln ist selbst schon erlaubnispflichtig. Dazu kann man (als Berechtigter) eine Verbringungsgenehmigung beantragen.

  • Flobert gab es zumindest in 6 mm auch mit gezogenem Lauf.
    Da könnte man prima Versuche machen, was ist bis welche Entfernung wie genau.

    Laut dem sehr empfehlenswerten Buch von Jan Boger über den US Bürgerkrieg wurden nach der Schlacht von Gettysburg 37.000 Gewehre aufgesammelt, davon 24.000 noch geladen und davon 18.000 mit mehr als einer Ladung! Die Soldaten haben einfach mechanisch immer wieder neu geladen und konnten kaum einen logischen Gedanken fassen.

    Da werden ganz andere Theorien gehandelt als reine Verwirrung.
    Man hat genommen was rum lag, hatte aber nicht den richtigen Ladestab
    um zu gucken, ist da schon eine Ladung drin?
    Bei Gettysburg weiss ich es nicht.
    Aber in Europa war es so, der Soldat hat geladen und geschossen.
    Ging die Waffe nicht hat er halt angegriffen.
    Er hätte sich auch in Deckung legen können.
    Dann war das aber sein Todesurteil.

    Also hat man so lange es ging nur so getan als würde man laden und schießen.

    Oder man hat die Waffe zum Laden gegeben und der der die Waffe geladen hat
    wusste auch nicht sofort ob schon eine Ladung drin ist die nicht gezündet hat.
    Aber damit kenne ich mich überhaupt nicht aus. Können wir woanders nachlesen.

  • Hallo Floppyk,

    als belesener Mensch habe ich in meiner Bibliothek die gesammelten Originalwerke der Artillieristischen Monatshefte zu Büchern gebunden. Diese Abhandlungen stammen immer jeweils zur Erscheinung der jeweiligen Waffe und vorher schon. Das geht bis zur Neuvorstellung von Feldkanonen, Steilfeuer und Marine Geschützen und die jeweiligen Neuerungen. Auch aus dem Ausland. In einem dieser Bücher wird der Schritt von Glatt zu Gezogen abgehandelt. Dem Verständnis halber würde ich gerne einmal Auszüge daraus einstellen mit Bild der entsprechenden Seiten. Dabei werden auch Kurzläufige Waffen und Infanteriegewehre behandelt. Es ist ersichtlich das der gezogene Lauf ausschließlich als Neuerung dem "Langgeschoß" dient. Gezogen kann ich mir bei der Rundkugel nicht als Präzisionsfördernd vorstellen. Eher hat eine Abkehr von der Rundkugel statt gefunden. Zuerst bei der Kanone im Direktbeschuß und Gezogen und Langgeschoß und einige Jahre später beim Gewehr als Scharfschützen Gewehr. Dann bei allen Gewehren und Kurzwaffen. Der Präzision auf mittlere Distanzen geschuldet. Da die späteren Fertigungen unisono nur noch gezogen waren wurden auch Rundkugeln daraus verschossen. Darüber sagen diese Bücher aber mehr aus. Es wurden von den entsprechenden "Kammern" und Stellen alle Beschußvarianten untersucht. Auch für US Varianten die ja alle an Europääische Erfindungen angelehnt waren. Interessant dabei das Lorenz, Enfield usw. stets als Vorlage für Springfield gedient haben. Nicht wenige Gewehre im Amerikanischen Bürgerkrieg waren aus Europa. Ich laboriere gerade damit mit meinem Volunteer 1861 Target Rifle, Withworth Rifle, Lorenz und 1858 Navy.

    Ganz Spät sind wir dann beim recht simplen 3 Linien Zar Nikolaus. Das Ding ist sehr präzise. So simpel wie es daher kommen mag. So wie das M 1903/8 Springfield. Absolut Scharfschützen tauglich in 30-06. Natülich mit einem Originalen Unertl oder Ajak Glas. Das bessere ( in meinen Augen ) Gegenstück zum G98 mit dem Zielvier. Heute immer noch.

    Gruß
    Michael

  • In der Geschichte wurde gesagt, dass der gezogene Lauf eher eine Zufallserfindung war. Schwarzpulver hinterlässt in der Waffe eine Menge Rückstände. Nachfolgende Ladungen ließen sich wegen den Rückständen immer schwerer verladen. So hat man Längsrillen in den Lauf eingebracht, damit Pulverreste sich darin ansammeln können, was ein leichteres laden ermöglichen sollte. Nach der Geschichte gelang das aber nicht besonders gleichmäßig in Längsrichtung, so dass die Rundkugel einen Drall bekam. Man merkte schnell, dass sich die Präzision verbesserte.
    Langgeschosse kamen m.W. erst später. Sicher ist aber, dass man schon dort auf Poligonläufe kam und auch spezielle Withworthgeschosse dafür entwickelt wurden.

  • Richtig durchsetzen sollten sich Langgeschosse eigentlich erst im Sezessionskrieg, mit verheerenden Konsequenzen. Okay, im Krimkrieg gab es die auch schon vereinzelt, aber erst die Minie-Bauart gab den Ausschlag...

    Christopher Hitchens, Sam Harris, Lawrence Krauss

    and Richard Dawkins are those, who rock the Boat!

  • In der Geschichte wurde gesagt, dass der gezogene Lauf eher eine Zufallserfindung war. Schwarzpulver hinterlässt in der Waffe eine Menge Rückstände. Nachfolgende Ladungen ließen sich wegen den Rückständen immer schwerer verladen. So hat man Längsrillen in den Lauf eingebracht, damit Pulverreste sich darin ansammeln können, was ein leichteres laden ermöglichen sollte. Nach der Geschichte gelang das aber nicht besonders gleichmäßig in Längsrichtung, so dass die Rundkugel einen Drall bekam. Man merkte schnell, dass sich die Präzision verbesserte.
    Langgeschosse kamen m.W. erst später. Sicher ist aber, dass man schon dort auf Poligonläufe kam und auch spezielle Withworthgeschosse dafür entwickelt wurden.

    Moin Floppyk,

    ja da bist du schon sehr nah dran. Was du schreibst stimmt so. ( fast, ausser der Zufallserfindung ? ) Was Magnum Opus dazu anmerkt, ergänzt mit zeitlichem Abstand das Ganze noch. Der gerade gezogene Lauf war scheinbar eine gewollte Erfindung aus Deutschland gegen Ende des 15. Jahrhunderts. Dabei hat man auf das Prinzip der ersten Geschütze zurück gegriffen. Also kleinere Pulverkammer. Das Ergebnis war aber auf große Distanzen nicht befriedigend. Als Vorläufer zum Withworth würde ich das Ovalgeschoß bezeichnen wollen. Zumindest waren das die ersten Gehversuche in Richtung Präzision, große Distanzen und leichtes Laden. Man muß ja im Hinterkopf behalten das diese Gewehre nicht Sportlichen Zwecken dienten. Das kam erst sehr viel später. Vorher sind wir beim Krieg und evtl. noch bei der Jagd. Alle Jagdwaffen im ursprünglichen Sinn sind weiterentwickelte Kriegswaffen für einen anderen Zweck würde ich sagen.

    Vergessen wir aber mal die eigentliche Frage nicht. Rundkugeln und gezogene Läufe. Wie passt das zusammen. Eigentlich nach meiner Meinung überhaupt nicht. Warum ? Dazu müssten wir wieder die Geschichte bemühen. Kein Problem. Es gibt noch genug alte Literatur darüber. Und wer hätte das gedacht. Gerade Friedrich Engels ( genau der ) hat sich mit den grundlegenden Fragen der militärischen Bewaffnung und deren Konzepte und Entwicklungen ausgiebig beschäftigt. Für eine schnelle Ladegeschwindigkeit der Linieninfanterie war der glatte Lauf und die Rundkugel von Vorteil. Kurze Distanz wohlgemerkt. Bei den ersten weittragenden Distanzen wie von Opus angemerkt ( Krimkrieg ) ging es schon nicht mehr ohne Minie Bauart. Der Grund war recht simpel. Wer "führt". Der Offizier. Immer leicht erkennbar an seinen Tressen. War der beim Sturm "herausgeschossen" dann war der ganze "Haufen" planlos im Felde und der Angriff kam ins stocken. War noch so bis in den 1.WK hinein.

    Das Problem der Rundkugel im gezogenen Lauf liegt daran das das Geschoß beim setzen etwas gestaucht wird. Dadurch und durch die zu geringe seitliche Auflagefläche in den Zügen reisst die Rotation ab und die Kugel fliegt nicht mehr präzise. Deshalb musste zwangsläufig das Langgeschoß her. Im Moment je nach Zeit experimentiere ich damit auf dem Stand. Und zwar im Kaliber 54 und 58. Rundkugeln sind in Arbeit dazu. Selbst gegossen und auch fertige Ware. Was ich aber bis jetzt ausprobieren konnte an Rundkugeln mit meinem Enfield 1858 2- Band Gewehr bis 100-150 Meter war nicht sehr präzise. Mit den Langgeschossen sind 300 Meter kein größeres Problem. Okay 838 Lauflänge. Aber der Kollege mit der 3-Band und 991 Lauflänge liegt auch nicht besser. Aus der Sharps mit Walzblei bis 100 Meter steht das Gewehr modernen Gewehren in nichts nach. Aber da wird auch mit Hülse und Blockverschluss von hinten geladen. Nettes Experimentierfeld.

    Gruß
    Michael

  • Hier mal ein 58. Minie. Rundkugeln sind in Arbeit am Wochenende. Dann sieht man auch mal die seitliche Auflage. Ich treibe/setze mal beide Sorten bis auf Laufmitte bzw. unteres Laufdrittel ( ohne Pulver natürlich ) ein und hole sie mit dem Piston "Ausbläser" wieder raus. Dabei sieht man die Riefen der Züge besser. Am Stand müsste ich etwas experimentieren am Sandwall um die abgeschossenen Projektile irgendwie brauchbar einzufangen ohne das sie deformiert sind. Da sieht man es am besten. Ich habe auch das Withworth und das Volunteer Target Rifle in 451. Die scheiden natürlich aus für solche Versuche. Da geht nur noch mein Lorenz Infanterie Gewehr und mein 1857 Württembergisches Mauser Infantriegewehr. Beide im Kal. 54. Dafür habe ich Rundkugeln und Minie hier. Sieht nach schwarzen Händen aus die nächste freie Zeit. Mit einem Revolver kann ich auch dienen für einen Versuch.

  • Zur Eingangsfrage. Rundkugeln und gezogene Läufe: wie passt dies denn zusammen?

    Kugeln und Gezogene Läufe passen sehr gut zusammen. Nur aus einem gezogenen gedralltem Lauf kann die Kugel zu ihrer Höchstform auflaufen.

    Geschichtlich sind wir erst mal bei Steinschlossgewehren /-Musketen mit Rundkugeln, dann erst bei unterkalibrigen Miniégeschossen mit dem expandierendem Hohlboden. Stauch- bzw. Langgeschosse (-mit mehr Masse, besseren ballistischen Eigenschaften auf größere Distanzen-) kamen erst mit der schnelleren Perkusionszündung zum Einsatz.

    Glattläufige Musketen mit Rundkugeln hatten bezüglich Präzision und Reichweite eine beschränkte Feuerwirkung. Mit den unterkalibrigen und unrunden Kugeln musste man froh sein sprichwortlich ein Scheunentor zu treffen. Militärischer Ladedrill (schnelles Laden) in streng geschlossener Linienformation um zwei bis drei Salven pro Minute abzugeben stand im Vordergrund. Viele Kugeln sind des Hasen Tod.

    Anders der Jägerstutzen mit gezogenem Lauf, er galt schon damals als gefürchtete Militärwaffe. Die damals rekrutierten Jägertruppen mit ihren gezogenen Läufen galten als elitäre Spezialeinheit und darf als erste Scharfschützentruppe der Militärgeschichte bezeichnet werden.

    Rundkugeln werden auch heute noch aus Vorderladergewehren und -Pistolen verschossen. Richtig abgestimmt hält sie auf 50m ohne weiteres einen Streukreis von 5cm oder weniger.

    Als aktuelles Beispiel einer Kugeldisziplin sei auch das Zimmerstutzenschießen erwähnt bei dem ausschließlich eine 4,5mm große Kugel (im gezogenen Lauf) zum Einsatz kommt.
    https://www.falke-steinfischbach.de/training/diszi…merstutzen.html

    Gruß HdR

  • Was an Präzision mit Rundkugel und gezogenen Läufen so möglich ist:
    In den 80zigern habe ich viele DSB- Wettkämpfe mit Vorderladern geschossen.
    Meine damalige Perkussionsbuechse stehend 50 Meter war eine spanische Hawken, mit 1 Zoll (Schluesselmass) 33 Zoll Lauflaenge im Kaliber .45 mit 160 cm Drallaenge, Gewicht 4,5 kg. Hersteller Ardesa.
    Der Bausatz kostete bei Jacobi- Iserlohn im Jahr 1987 exakt 279 DM.
    Mit einem DSB zugelassenen Diopter habe ich auf Wettkämpfen durchweg 94 bis 98 Ringe geschossen.
    Aufgelegt auf 50 Metern schiesst die Hawken 3 Schuss Streukreise von 20 bis 25 mm, bei 5 Schuss 25 bis 30 mm. In den 80zigern hing bei Jacobi eine Scheibe an der Wand, bei der ich aufgelegt die 10 herausgeschossen hatte, mit 13 Schuss.
    Hochwertige Perkussionspistolen mit Pflasterkugeln leisten das gleiche, dann allerdings auf 25 Meter. Ich habe zu der Zeit eine Pedersoli LePage im Kaliber .36 geschossen.

    Der Vorteil bei Rundkugeln ist das geringstmögliche Geschossgewicht bei gegebenem Kaliber. Daher geringer Rückstoss, geringer Material- (Blei) verbrauch.
    Langgeschosse bringen ihre Vorteile erst mit steigender Entfernung, jenseits von 50 Metern, zum tragen. Und schiessen nur präzise wenn Geschossform, Kalibrierung und Pulverladung ganz genau mit dem Lauf harmonieren.
    Plasterlaeufe sind nach meiner Erfahrung weitaus toleranter, was die Ladung angeht.
    Ich denke zudem das die ersten, gezogenen Läufe aus der Beobachtung entstanden, das Pfeile, die einen leichten Drall durch die Federn erzeugen, genauer fliegen.