Selbständigkeit. Frage an die Gelehrten

Es gibt 45 Antworten in diesem Thema, welches 5.347 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (28. Dezember 2020 um 14:35) ist von Technixx.

  • ... alles fein zu lesen hier:

    Die alles entscheidenden Fragen sind:

    1. Wie viel Stunden möchte man am Tag arbeiten?

    2. Was kosten die Räumlichkeiten und notwendige Ausstattung und Verbräuche inkl. Steuer und Abgaben sowie Versicherungen auch für den Unternehmer, bspw Krankenversicherung

    3. Wie viel Geld soll nach Abzug aller Kosten pro Monat verbleiben?

    4. Welcher resultierende Stundenlohn muss veranschlagt werden?

    Mit dem Ergebnis von Punkt 4 fällt die Entscheidung. Ich unterstelle das ein Stundenlohn von ca. 70-80€ veranschlagt werden muss bei einer 50h Woche.

    Nun kommt Geiz ist geil ... ähm, neu kaufen ist meistens günstiger als reparieren lassen. Und so lange wie das in den Köpfen der Leute steckt, ist Service fast nicht als Business lohnenswert bei Waffen und Co. - außer, man hat sehr günstige Einstiegsmöglichkeiten, sehr viel Laufkundschaft und ein breites Angebotsfeld mit Aufnahme der Trends. Das schafft man als ohne men Show nicht und benötigt ein Team von 2-4 Mannen und Damen.

  • 1. Wie viel Stunden möchte man am Tag arbeiten?

    Gerade zu Anfang nicht zu kalkulieren. Wenn man das ernst nehmen will, muss man auch überproportional Stunden bringen. Allerdings ist anfänglich gar nicht sicher, ob man genug Aufträge bekommt, so dass man auch genug Stunden damit verbringen könnte.

    2. Was kosten die Räumlichkeiten und notwendige Ausstattung und Verbräuche inkl. Steuer und Abgaben sowie Versicherungen auch für den Unternehmer, bspw Krankenversicherung

    Wichtiger Punkt, der gern unterschätzt wird. Allerdings ist das oft so, dass man Gewerberäumlichkeiten nicht auswählen kann. Man muss das akzeptieren, was in geeigneter Lage (!) vorhanden ist und was man bereit ist an Pacht zu bezahlen.
    Viele vergessen auch die nicht unerheblichen Kosten für den Steuerberater, so wie die Berufsgenossenschaft.

    3. Wie viel Geld soll nach Abzug aller Kosten pro Monat verbleiben?

    Wird man zu Beginn kaum beziffern können. Gerade zu Anfang eher ein Zuschussgeschäft? Finanzierungskosten? Bekommt man Fördergelder von der KFW?

    4. Welcher resultierende Stundenlohn muss veranschlagt werden?

    Wenn der Stundenlohn für Rechnungsstellung der Kunden gemeint ist, so sollte man den nicht zu hoch ansetzen. schließlich braucht es eine Weile, bis man sein Gewerbe etabliert hat.

    Abschließend:
    Es kommt auf die Geschäftsidee an. Zumal einige Gewerbe einen Meisterzwang haben und somit nicht von Quereinsteigern ausgeübt werden dürfen. Heutzutage ist es schwierig mit einer neuen Geschäftsidee eine Marktlücke erfolgreich zu füllen. Dazu gehört auch eine Portion Mut und Glück.

    Komfortabel und mit größtmöglicher Sicherheit kann derjenige agieren, der vorerst als Arbeitnehmer mit Festanstellung ein Nebengewerbe betreiben kann. Das hilft auch den Markt einzuschätzen. Wenn das tatsächlich lohnend abzeichnet, kann dann später der Schritt in die alleinige Selbstständigkeit folgen.
    Allerdings muss der Arbeitgeber die Nebentätigkeit dulden. Das wird schwierig, wenn das angestrebte Gewerbe in Konkurrenz zum Arbeitsplatz steht oder wenn die Nebentätigkeit über ein gewisses Maß Arbeitsstunden verschlingt. Denn der Arbeitgeber hat ein Anrecht auf einen ausgeruhten und somit arbeitsfähigen Arbeitnehmer.

  • Ja, es wäre interessant zu erfahren wie die Geschichte ausgegangen ist.
    Der Internethandel hat sich zum Tod des Ladengeschäfts heraus gestellt.
    König Kunde surft durchs Net und kauft beim günstigsten Anbieter, egal von wo.

  • Was an inhabergeführten Geschäften noch übrig ist, kämpft jetzt mit der Corona-"Logik".
    Der Spielzeugladen muss im Lockdown schließen. Die gleich große Spielzeugabteilung im Supermarkt bleibt geöffnet. Zugleich betreibt die dahinter stehende Handelskette eine Versandplattform mit zusätzlichem Marktpatz.
    Deshalb immer an die wichtigsten Nebenkosten des Existenzgründers denken: Parteispenden und Beraterverträge. ;)

  • ...und mittlerweile hat der Internethandel ganz andere Dimensionen angenommen. Die Frage des Threaderstellers stammt von Anfang 2010. ;)

    Hat deshalb aber nichts an Aktualität verloren, sondern eher das Gegenteil ist der Fall.

    Übertragen auf das nun zu Ende gehende Jahr 2020 kann ich, auf mehr als 30 Jahre Selbständigkeit zurück blickend, jedem nur eindringlich davor warnen, allzu blauäugig in eine Unternehmensgründung hineinzugehen.
    Ohne schlüssges Unternehmenskonzept, einer realistischen Bedarfsanalyse und einem realistischen Finanzierungskonzept, ist es heute nicht mehr möglich, erfolgreich zu agieren.
    Das war auch früher nicht anders, ist allerdings zur Zeit noch um ein vielfaches risikovoller als je zuvor.

    Bezogen auf dieses Jahr sollte jedem klar geworden sein, dass man als Unternehmer keinerlei Sicherheit im Falle eines Scheiterns gibt, man vollumfänglich haftbar für alle Verluste ist.
    Hierzu gäbe es noch zahlreiche Anekdoten zu berichten, über vollmundige Ankündigungen stattlicher Soforthilfen ( die nie an jene geflossen sind, die sie sofort brauchten ), oder großzügiger Kredite, die die KFW gewähre, um laufende Kosten zahlen zu können (Betriebswirtschaftlicher Schwachsinn :wogaga: ) und vieles mehr.

    Die Botschaft dieses Jahres kann nur lauten: Macht euch nicht selbständig!!! Verlasst euch auf nichts und niemanden!

    Leider ist es so, dass in dieser Gesellschaft das Narrativ der Gleichmachung, der Umverteilung vorherrschend ist.

    Unternehmertum ist die Gegenprojektion in dieser Gesellschaft geworden und so ziemlich mit allen negativen Klischees behaftet, die man sich denken kann. Also keine erstrebenswerte Perspektive.

    Fiskalisch betrachtet, steht man zunächst unter Generalverdacht der Steuerhinterziehung; es sei denn, man beweist seine Unschuld! Das hört sich sehr ketzerisch an, ist allerdings bei genauerer Betrachtung gängiger Praxis der Steuerprüfung tägliche Realität. Viele schon recht kleine Unternehmen werden durchgängig und regelmäßig geprüft ( Lohnprüfungen, etc.), und an dieser Stelle werden tatsächlich "Erbsen gezählt".

    Jezt zum unternehmerischen Teil:
    Unternehmer sind Unternehmer und keine Unterlasser! Das liegt schon im Wortsinn begründet, was nichts anderes bedeutet, dass eine Unternehmung immer!!! mit Risiko behaftet ist.
    Dieses Risiko muss!!! sich immer mit der Aussicht auf einen adäquaten Gewinn wiederspiegeln.
    Diesem Prinzip wird in meien Augen von staatlicher Seite nicht die gebührende Anerkennung und Wertschätzung geschenkt, die es verdient hätte.

    Schlussendlich komme ich noch zu einem allzuoft vernachlässigten Thema, nämlich die leidigen "Überstunden" des Unternehmers und somit der oftmals tabuisierten unternehmerischen Selbstausbeutung.
    Das bedeutet: Wochenendarbeit, Verzicht auf Feierabend, Freundschaften und abendliche Treffen, oftmals auch das Risiko der Scheidung - gleichbedeutend mit Verschuldung und Liquidierung der Firma.

    Noch irgendwelche Fragen?

    Sicher, es kann auch gut gehen, wie bei mir. Aber ich habe sehr viele scheitern sehen - zu viele. Neben dem Können gehört auch eine Portion Glück dazu, etwas Bescheidenheit und ganz häufig ein starker Partner oder Partnerin.

    Gruß, Technixx

    Ein Weg entsteht, wenn man ihn geht.

    Einmal editiert, zuletzt von Technixx (28. Dezember 2020 um 17:03)