Handböller-Eigenbau: Wie ist der rechtliche Rahmen?

Es gibt 42 Antworten in diesem Thema, welches 9.156 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (8. Juni 2022 um 11:01) ist von Floppyk.

  • Ich überlege, ob ich mich mal am Selbstbau eines Handböllers versuche - gemeinsam mit einem Bekannten, der einen kleinen Maschinenbau-Betrieb besitzt und ebenfalls Gefallen an der Idee hat.

    Natürlich ist mir klar, dass es einen Böller-Beschuss braucht und den Pulverschein ebenfalls.

    Aber ansonsten ist mir nicht so recht klar, was man darf und was man nicht darf beim Bau eines Böllers. Einige Quellen meinen, Böller fallen in keiner Weise unter das Waffengesetz, weil eben kein Geschoss durch einen Lauf getrieben wird. Lediglich das Beschussgesetz und die zugehörige Verordnung sind relevant. https://www.waffenrechtslupe.de/paragraphen-bollern-726

    Die Böller, die ich bisher gesehen habe, sind eigentlich meist überdimensionale Vorderlader-Pistolen, Gewehre oder Kanonen. Es gibt keine Sperren gegen das Laden eines Geschosses. Ich gehe also davon aus, dass es hier auf die Zweckbestimmung (Böller) ankommt und nicht auf die technische Möglichkeit, einen Böller mit einem Geschoss zu laden. Die Beschussverordnung erwähnt, dass der Beschuss eines Böllers wie bei einer glattläufigen Vorderladerwaffe durchgeführt wird. Auch das deutet darauf hin: Die Zweckbestimmung zählt.

    Wenn für Böller das Waffengesetz nicht gilt, dann gilt wohl auch nicht die Erfordernis eines historischen Vorbilds. Bedeutet das, dass ich frei bin, was das Design betrifft? Wäre auch ein futuristisch aussehender Böller möglich?

    Auch mehrschüssige Perkussions-Böller scheinen legal zu sein, ich habe mehrere dreischüssige Exemplare gesehen. Die Beschussverordnung schreibt vor, dass der Zündkanal eines Handböllers maximal 2mm Durchmesser haben muss und natürlich das ganze Teil den Beschuss überstehen muss, aber ansonsten sind keine Anforderungen erkennbar. Die Zündung muss "sofort erfolgen", also keine Steinschloss-Böller - es muss Perkussion sein.

    Eine Replika der "Tri Barrel Plasma Gun" aus "Men in Black" in einer Perkussions-Böller-Version wäre doch mal eine coole Sache, oder? Würde bei einer Schau-Böller-Veranstaltung sicher Aufsehen erregen.

    Könnte ich sowas machen, oder habe ich etwas übersehen?

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  • der Beschuss eines Böllers wie bei einer glattläufigen Vorderladerwaffe durchgeführt wird. Auch das deutet darauf hin: Die Zweckbestimmung zählt.

    Das ist, in mehrfacher Hinsicht, ein ziemlich heißes Eisen. Nicht nur, dass ich solche Böller ziemlich interessant finden würde..

    Böller auf VL-Basis gingen ja immer auf Miniaturvarianten von Kanonen oder auf echte VL zurück und ich fürchte, dass dort die gleichen Maßstäbe angelegt werden, die auch auf "normale" VL Verwendung finden. Bedeutet: einschüssig und ohne Nachlade- oder Mehrfachfunktion, vom ganzen Hickhack der Historie, der Nachweisbarkeit ebensolcher Traditionsgeräte in dieser neuen Form und dem gesetzestreuen und störrischem Beschussamt mal abgesehen, das völlig innovationsfrei und beratungsresistent ist.

    Das wird ein schwerer Gang, falls du das anstrebst. Aber es könnte auch bahnbrechend sein, falls du durchkommst. :thumbup:

    Keine Ahnung ob Klaus Kinski genial war. Eines seiner berühmten Zitate jedoch absolut. Danke, Max Giermann.

  • Ich teile Deine Befürchtungen, aber eine rechtliche Grundlage dafür habe ich nicht gefunden. Es gibt nur diese wenigen Anforderungen im Beschussrecht, ansonsten ist rein gar nichts zu finden. Es sei denn, ich habe etwas übersehen.

  • Anforderungen im Beschussrecht, ansonsten ist rein gar nichts zu finden. Es sei denn, ich habe etwas übersehen.

    Naja, sie unterliegen dem Waff-Recht der "Heißgaser" und hier auf dem Gebiet des ziemlich schwierigen Themas "VL" im öffentlichem Gebrauch. Böller genannt. Das könnte durchaus mit dem Anspruch im WaffG kollidieren, dass es sich nur um Modelle handelt, die bis 1871 im Gebrauch gewesen sein dürfen. Das ist rein rechtlich sehr vakant. und mit extremen Widerstand von Betonköpfen und Verfechtern des WaffG-Manifestes ist da zu rechnen.

    Keine Ahnung ob Klaus Kinski genial war. Eines seiner berühmten Zitate jedoch absolut. Danke, Max Giermann.

  • Wenn für Böller das Waffengesetz nicht gilt, dann gilt wohl auch nicht die Erfordernis eines historischen Vorbilds.

    Leider ist es aber doch so. In beiden Aussagen.

    Keine Ahnung ob Klaus Kinski genial war. Eines seiner berühmten Zitate jedoch absolut. Danke, Max Giermann.

  • Böller unterliegen nicht dem Waffenrecht, schließlich wird kein Geschoss durch einen Lauf getrieben und sie sind daher keine Schusswaffen. Ein historisches Vorbild ist nicht erforderlich. Es gibt sogar Böller zum Verschießen von Kartuschen, es ist nicht mal nötig, dass sie zwangsweise von vorne geladen werden müssen. So wie ich das WaffG und BeschG verstehe, sind Kartuschenböller aber nur erlaubt, wenn sie "nicht tragbar" sind (§2 Absatz 3 BeschG).

    Am Markt gibt es ein paar Modelle zu kaufen und das BKA hat auch einen Feststellungsbescheid dazu erlassen.

    https://www.hermann-salut.de/willkommen/pro…erladerkanonen/

    https://www.stopper.de/3497/kartusche…artuschen-u.s.w.

    https://www.bka.de/SharedDocs/Dow….html?nn=119028

    VDB Fördermitglied - Damit die Lethargie der Waffenbesitzer endlich ein Ende hat.

  • Da ist nicht viel zu ersehen, was dazu beiträgt, vom Thema hjer auch nicht.

    Es gibt sogar Böller zum Verschießen von Kartuschen, es ist nicht mal nötig, dass sie zwangsweise von vorne geladen werden müssen.

    Das halte ich für ein Gerücht. Das sollte mal gezeigt werden, hier und ganz offen uind im ganz offenen Beispiel. Das wäre der Befreiungsschlag für alle VL-Schützen, die auch gern gesetzeskonform hinterladen möchten.

    Keine Ahnung ob Klaus Kinski genial war. Eines seiner berühmten Zitate jedoch absolut. Danke, Max Giermann.

  • Entschuldige, aber Du hast offenbar überhaupt nicht verstanden worum es hier geht. Böller sind nur dafür da eine Schusschknall zu erzeugen. Das steht im, von mir genannten, §2 Absatz 3 BeschG:


    "Böller im Sinne dieses Gesetzes sind Geräte, die ausschließlich zur Erzeugung des Schussknalls bestimmt sind und die keine Feuerwaffen oder Geräte zum Abschießen von Munition sind".

    Das hat mit dem Schießen von Vorderladern absolut nichts zu tun, denn dort werden Geschosse durch einen Lauf getrieben, das sind Schusswaffen und das WaffG ist auf sie anzuwenden. Beide Themen haben nichts miteinander zu tun und Vorderladerschützen können mit diesen Rechtsgrundlagen nicht das Geringste anfangen.

    VDB Fördermitglied - Damit die Lethargie der Waffenbesitzer endlich ein Ende hat.

  • Das WaffG ist wie jedes andere Gesetz auch, man schaut ob es anwendbar ist und dann in die Definitionen.

    § 1 Gegenstand und Zweck des Gesetzes, Begriffsbestimmungen

    (1) Dieses Gesetz regelt den Umgang mit Waffen oder Munition unter Berücksichtigung der Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.

    (2) Waffen sind

    1.Schusswaffen oder
    ihnen gleichgestellte Gegenstände und
    2.tragbare
    Gegenstände,
    a)die i....

    Jetzt schaut man in die Anlage 1 (Begriffsbestimmungen):

    Schusswaffen sind Gegenstände, die zum Angriff oder zur Verteidigung, zur Signalgebung, zur Jagd, zur Distanzinjektion, zur Markierung, zum Sport oder zum Spiel bestimmt sind und bei denen Geschosse durch einen Lauf getrieben werden (ist also nicht anwendbar).

    Gleichgestellte Gegenstände: Den Schusswaffen stehen gleich tragbare Gegenstände,.... (Wenn der Böller tragbar ist und Kartuschen verwendet, wäre das WaffG anwedbar).

    JMBFan

    Jedermann darf Böller herstellen, das steht z.B. auch in dem Schreiben des BMI von 2012, das man hier runterladen kann:

    http://schwarzpulverfreunde.de/gesetzliches/dual-use/

    VDB Fördermitglied - Damit die Lethargie der Waffenbesitzer endlich ein Ende hat.

    3 Mal editiert, zuletzt von Airgunshooter (20. Mai 2022 um 11:23)

  • Nur so aus Interesse: Technisch betrachtet entspricht ein Böller doch einer Kanone, die man aus rechtlichen Gründen nicht mit einer Kugel laden darf, oder?

    When any nation mistrusts citizens with guns it's sending a clear message that the government has evil plans.

    - George Washington -

  • Ja, genau so ist es, technisch sind Böller und Kanone (oder Stangenbüchse) das gleiche, lediglich Definition und Verwendungszweck sind anders.

    Bei mehrläufigen Böllern wird es bei Perkussionszündung vermutlich Stress geben. Zumindest sind einläufige Vorderladerwaffen generell erlaubnisfrei, bei mehrläufigen bzw. -schüssigen wird eine WBK benötigt, wenn es nicht Funkenzündung (Lunte, Steinschloss), sondern Perkussion ist.

    Diese Howdah Hunter benötigt EWB:
    https://www.waffen-hege.de/de/pedersoli-p…-58-u-20ga.html

    Die Steinschloßvariante hingegen nicht.

    Kartuschenböller sind zulässig, genauso wie z. B. mittelalterliche Kammergeschütze, aber die Abstimmung mit den Beschussämtern kann spannend sein. Einfach mal eine technische Zeichnung einsenden und mit denen reden, in z. B. Suhl haben die eigentlich Spaß an solchen Sachen.

    Für unsere Gruppe wurden Stangenbüchsen und ein Mörser gebaut, das ging recht geschmeidig. Haben natürlich beide historische Vorbilder und sind Vorderlader, daher nur bedingt zu vergleichen.

    malum pro malo

  • Ganz Einfach (ich habe schon mehrere Böller gebaut und beschießen lassen. Ruf beim Beschußamt an (Suhl kann ich empfehlen), und erkläre , was Du zu bauen beabsichtigst. Schicke denen eine Zeichnung. Das Beschußamt wird Dir dann antworten, das das Gerät als Böller beschußfähig ist (oder nicht, oder was technisch geändert werden muss) und das Du es so bauen und zum Beschuß einschicken kannst. In dem Moment hast Du den Nachweis, dass Du einen Böller baust, und keine glattläufige Vorderladerwaffe (Die Du ja mit Perkussionszündung ohne Herstellerlaubnis nicht bauen darfst).

  • Genau.

    Und dann werden genau diese Projekte zu unkontrollierten Augenrotationen und spontanen Herzstillständen beitragen. Aus dem Thread des Erstellers genommen:

    Keine Ahnung ob Klaus Kinski genial war. Eines seiner berühmten Zitate jedoch absolut. Danke, Max Giermann.

  • Ruf beim Beschußamt an (Suhl kann ich empfehlen), und erkläre , was Du zu bauen beabsichtigst. Schicke denen eine Zeichnung.

    Das ist wirklich der beste und einfachste Weg.

    Es gibt Bauvorschriften, die betreffen aber hauptsächlich die Sicherheit und nur wenige davon sind von den Webseiten der Beschussämter abrufbar.

    Kartuschenböller kenne ich nur in Form von Böllerkanonen. Dabei muss auch jede einzelne Kartusche beschossen werden und es darf keine existierende scharfe Patrone geladen werden können.

    Was auf jeden Fall geprüft wird und häufig auch bei Wiederholungsprüfungen zum Durchfallen führt ist die Sicherheitsrast. Dort darf der Hahn auch bei kräftigem Druck auf den Abzug nicht ausgelöst werden.

    Böller dürfen ja, im Gegensatz zu Vorderladern, in der Öffentlichkeit abgefeuert werden. Deswegen sind auch die Prüfungen strenger und nur 5 Jahre gültig. Als Vorlage wird z.B. Schrot verwendet. Das könnte bei den gezeigten Wandstärken zu Problemen führen.


    "There is only one good, knowledge, and one evil, ignorance." - Socrates

  • Danke für die vielen Rückmeldungen! Das ist sehr hilfreich.

    Ich werde also eine Zeichnung anfertigen und auf der Basis mal mit dem Beschussamt sprechen.

    Es soll eine einfache, dreischüssige Konstruktion werden mit Inline-Perkussionsschlössern und drei getrennten Abzügen. Optisch soll sich der Böller an der "Men In Black" Waffe orientieren, das ist ja gerade der Reiz dabei. Aber natürlich werden die drei Rohre eine ganz andere Wandstärke aufweisen müssen. Mal sehen ob das in einer halbwegs "tragbaren" Gewichtsklasse enden kann.

    Vielleicht muss ich mir doch einen BüMa als Partner suchen, denn ich würde schon ganz gern sichergehen, dass die Endversion beim Beschussamt nicht in tausend Stücke zerspringt. Ich sehe keine andere Möglichkeit, Tests legal durchzuführen, bevor der Beschuss erfolgt ist.

  • Keine Ahnung, wie sich die Legalität bei mehrschüssigen Böllern mit Perkussionszündung so verhält. Bei scharfen Waffen wie gesagt nur mit EWB. Ich kenne hier nur Orgelgeschütze mit Zündschiene, also Funkenzündung. Aber auch das werden sie dir beim Beschussamt vermutlich erklären können. Auch wenn die örtlichen Waffen- bzw. Sprengstoffbehörden mitunter unterschiedlicher Meinung sind. Bei meiner letzten Verlängerung der 27er wurden auch Beschussbescheinigungen verlangt, was Suhl überhaupt nicht nachvollziehen konnte.

    Bitte halte uns auf dem Laufenden über dein Projekt und die bestehenden Vorgaben, ist sehr interessant! :thumbsup:

    malum pro malo

  • Vielleicht muss ich mir doch einen BüMa als Partner suchen, denn ich würde schon ganz gern sichergehen, dass die Endversion beim Beschussamt nicht in tausend Stücke zerspringt. Ich sehe keine andere Möglichkeit, Tests legal durchzuführen, bevor der Beschuss erfolgt ist.

    Ein Büchsenmacher darf (und wird) auch keine Tests durchführen, bevor der Beschuss erfolgt ist.


    Es soll eine einfache, dreischüssige Konstruktion werden mit Inline-Perkussionsschlössern

    Bekommst du da Sicherheitsrasten unter? Ansonsten wird das kritisch mit dem Beschuss.


    "There is only one good, knowledge, and one evil, ignorance." - Socrates