Da in einem anderen Thread dieser hier quasi als Referenz angegeben wurde, möchte ich zum Thema Gehörschutz gerne Folgendes ausführen:
Der Lärm, welcher beim Abfeuern einer Waffe entsteht, ist kein Dauerlärm (wie z.B. Straßenlärm), sondern Impulslärm. Gegen Impulslärm ist unser Gehör sehr viel schlechter geschützt. Durch die sehr kurzen Schalldruckspitzen im Millisekundenbereich greifen die physiologischen Schutzmechanismen nicht. Die Lärmempfindung nimmt bei solch kurzen Impulsdauern ebenfalls sehr stark ab. Man könnte auch sagen: ein Schuss hört sich leiser an, als er eigentlich ist. Und das heißt, er ist deutlich schädlicher für das Gehör, als vielen klar ist.
Wer sich ohne Nachzudenken ein paar einfache Ohrstöpsel in die Ohren schiebt, wird zwar das Schussgeräusch als gedämpft und damit angenehmer empfinden, es können aber nach wie vor Gehör schädigende Schalldruckpegel erreicht werden. Auf das subjektive Empfinden kann man sich also kaum verlassen. Vielmehr muss man sich vergewissern, dass der verwendete Hörschutz auch tatsächlich eine ausreichende Schutzwirkung gegen Schalldruckspitzen gerade im Mittelfrequenzbereich bietet. Hier kann man sich am Schalldämmungswert M des jeweiligen Gehörschützers orientieren. Neben Auswahl des richtigen Gehörschutzes muss auch auf dessen exakten Sitz geachtet werden. Nur so kann die vom Hersteller angegebene Dämmleistung auch tatsächlich erreicht werden. In der Praxis ist die tatsächliche Lärmdämmung durch Anwendungsfehler oft erheblich reduziert. Die gilt für Kapselgehörschützer und Gehörschutzstöpsel gleichermaßen.
Man muss sich vor Augen halten, dass Waffen (auch SSWs) am Ohr des Schützen 160 dB und mehr erreichen können und eine Reduktion der Spitzenpegel auf unter 140 dB anzustreben ist. Manche Mediziner fordern gar Werte unter 120 dB. Es wird schnell klar, dass gerade im Extremfall Schusswaffengebrauch die Verwendung des richtigen Gehörschutzes unbedingt notwendig ist. Möglicherweise wird man in manchen Fällen sogar zur Kombination aus Kapselgehörschutz und Gehörschutzstöpsel raten müssen. Dabei gilt es zu beachten, dass sich die Lärmdämmung bei Kombination nicht einfach addiert. Erfüllen beide Gehörschützer für sich alleine die Anforderung nicht, kann es trotz Kombination zu einer zu hohen Lärmbelastung kommen.
Bei der Auswahl eines Gehörschutzes ist also sorgfältiges Vorgehen gefragt. Einen Anhaltspunkt liefern hier die Regeln für den Einsatz von Gehörschützern, BGR 194, herausgegeben von den Berufsgenossenschaften. Hier wird zur Abschätzung einer ausreichenden Schutzwirkung vor dem Impulslärm einer Waffe der Schalldämpfungswert M des Gehörschutzes vom Spitzenpegel abgezogen. Das Ergebnis muss unter 140 dB liegen. Bei einem Spitzenpegel von z.B. 160 dB muss der Gehörschutz danach mindestens einen Schalldämpfungswert M von 20 dB aufweisen, bei 170 dB mindestens 30 dB.
Kritisch anmerken möchte ich, dass es sich hier lediglich um eine Abschätzung für die Mindestanforderungen handelt. Der Grendwert von 140 dB entstammt den Arbeitsschutzrichtlinien. Die gängige medizinische Literatur sieht bereits Spitzenpegel von 120 dB als gefährlich an. Nicht umsonst verläuft wohl die Schmerzgrenze unseres Gehörs im Frequenzbereich von 2-4 kHz bei ca. 120 dB und nicht bei 140 dB.
Dazu kommt noch die Unsicherheit bei der Einschätzung des tatsächlich vorhandenen Spitzenpegels sowie das Problem der herabgesetzten Dämmwirkung bei suboptimalem Sitz des Gehörschutzes.
Im Zweifelsfall wird man eher eine Überprotektion anstreben, anstatt eine Unterprotektion zu riskieren. Als interessante Alternative bieten sich speziell für Impulslärm entwickelte elektronische - also aktive - Systeme an. Diese dämpfen laut Herstellerangabe den Schalldruckpegel zuverlässig auf unter 85 dB - weitgehend unabhängig vom Spitzenpegel. Ein weiterer Vorteil dieser Systeme ist, dass leise Geräusche nicht gedämpft bzw. sogar verstärkt werden. Das hilft bei der Verständigung z.B. auf der Schießbahn.
Also: verlasst euch nicht auf eure Ohren, sondern schützt sie richtig!
Noch ein Wort zu den "leiseren" Disziplinen inklusive Softair-Schießen:
Lärmschutz ist nie verkehrt. Der Maximalwert von 140 dB wurde so gewählt, weil selbst eine nur kurzzeitige Exposition oberhalb dieser Grenze das Gehör physikalisch schädigen kann - unabhängig von der persönlichen Wahrnehmung. Psychoakustische Hörbeeinträchtigungen wie zum Beispiel ein Tinnitus können auch durch explosionsartige Geräusche unterhalb dieser Schwelle ausgelöst werden. Hier spielt die subjektive Wahrnehmung wieder eine Rolle. Deswegen schütze ich persönlich mein Gehör auch beim Softair-Schießen. Und mal ehrlich: wer von uns weiß schon zuverlässig, wie laut seine Waffe wirklich ist?
(Als Quellen verweise ich auf Herrn Prof. Dr. med. Zenner, Ärztlicher Direktor der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohren-Heilkunde der Universität Tübingen sowie auf die BG-Regeln zum Einsatz von Gehörschützern, BGR 194, des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften)