Es gibt 25 Antworten in diesem Thema, welches 5.721 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (3. März 2016 um 22:10) ist von Zündnadel.

  • Die sehr detaillierte Zinnfigur zeigt eine Szene in der Achterbordecke des Achterdecks einer Fregatte Mitte des 17. Jahrhunderts.
    An die Reling gelehnt ein Hellebardier mit der Hellebarde in der Hand. Vor ihm auf einem Relingpfosten eine Drehbasse.
    Anhand der Rüstungsteile und des Morion Helms läßt sich nicht festmachen welche Nationalität vorliegt. Der hochgezogene Harnisch und die Form des Morion waren damals in mehreren Ländern Europas anzutreffen.

    Interessant die Drehbasse.
    Der Detailreichtum dieser Figur zeigt eindeutig das es sich um ein Kammergeschütz handelt.
    Hinter dem eigentlichen Rohr in einem daran befestigten viereckigen Gestell befindet sich die an einem Griff einsetzbare Pulverkammer, die nach dem Einsetzen mittels eines Keils ( der leider am Modell fehlt ) zur hinteren Rohröffnung hin verkeilt wurde.
    Geladen wurde diese Pulverkammer außerhalb des Geschützes, und man hatte im Gefecht mehrere fertig geladene Pulverkammern bereitstehen, wodurch sich eine kürzere Schußfolge ergab.
    Geladen wurden diese Drehbassen meißt mit kleingekacktem Metall, denn eingesetzt wurden sie auf geringe Entfernungen kurz vor dem Entern und sollten unter der gegnerischen Mannschaft den größtmöglichen Schaden anrichten. Mitunter wurden durch die verschossenen glühenden Eisenteile auch Segel in Brand geschossen.

    Diese Kammergeschütztechnik wurde auch bei den großkalibrigeren Schiffsgeschützen eingesetzt.
    Sie brachte zwar eine höhere Schußfolge, hatte aber auch einen entscheidenden Nachteil.
    Die damalige Guß - und Schmiedetechnik ließ die eigentlich erforderliche Dichtigkeit der Puverkammer zum Geschützrohr selten zu, sodaß Gas entwich und manchmal Geschütze auseinder gesprengt wurden, was erheblichen Schaden am eigenen Schiff und an der eigenen Mannschaft verursachte. Deshalb ging man später von dieser Kammertechnik ab.

    Kammergeschütze sind zur Hälfte Vorderlader und zur anderen Hälfte Hinterlader, denn geladen wurde nach dem Einsetzen der Puverkammer von vorne über die Rohrmündung wie bei normalen Vorderladerkanonen.

    Das zweite Bild zeigt den Seefund einer hundertfünfzig Jahre älteren Drehbasse. Zu der Zeit wurde das Rohr noch aus mehreren Teilen geschmiedet die dann durch eiserne Ringe zusammengehalten wurden. Hier sieht man dann auch die Verkeilung der Pulverkammer.



    freies Bild

    Den Kopf nicht nur zum Haare schneiden nutzen

  • Ja, das Fundstück fasziniert mich auch. An Bord der Hansekogge der Stadt Wismar, der Wissemara befinden sich auf dem Achterdeck zwei Nachbauten dieses Kammergeschützes. Natürlich mit modernen Mitteln gefertigt und beschossen. Da kommt echt Neid auf, die Geschütze sind wirklich prächtig und haben auch einen beeindruckenden Knall.


    Ich hatte letztes Jahr das Glück, die Dinger mal aus der Nähe sehen zu können. Vorher habe ich sie nur auf dem Hansetag in Lübeck gehört und gerochen  :thumbsup:

    Bis denn,

    Markus

    malum pro malo

  • @ Zündnadel, was nhaben die den vor dem Gefecht gefuttert: Geladen wurden diese Drehbassen meißt mit kleingekacktem Metall

    Sorry der musste jetzt sein :D

    wirklich ein sehr schönes Teil

    Ich kam , sah und schoss vorbei :cry:

    Carpe Diem
    Si vis pacem para bellum

  • @ Zündnadel, was nhaben die den vor dem Gefecht gefuttert: Geladen wurden diese Drehbassen meißt mit kleingekacktem Metall

    Sorry der musste jetzt sein :D

    wirklich ein sehr schönes Teil


    Na, bei den oft schwersten Verletzungen und unglaublichen Verstümmelungen die nach so einem Beschuß auftraten hat man sich sicher über das vorher Gegessene keine Gedanken gemacht, grins.
    Man hat in diese Drehbassen alles an Eisen - Bruchteilen reingeschoben was vom Durchmesser her paßte.
    Seeschlachten gehörten zum Fürchterlichsten und Grausamsten was die damaligen Epochen zu bieten hatten.

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  • Hm,ich sehe keine Bilder ?(

    Hat sich erledigt,hatte noch Adblock an. :anon:

    StGB §328, Absatz 2.3

    Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine nukleare Explosion verursacht.

  • Zitat


    Zitat von »Zündnadel«

    Na, bei den oft schwersten Verletzungen und unglaublichen Verstümmelungen die nach so einem Beschuß auftraten....
    Seeschlachten gehörten zum Fürchterlichsten und Grausamsten was die damaligen Epochen zu bieten hatten.

    Die decks wahren nicht nur Rot gestrichen es wurden auch 2 Finger Breit Sand auf den Boden gestreut damit man nicht auf den Innerreien usw ausrustscht......


    Die Zeit der "Wooden Ships and Iron Men" finde ich ziemlich interesant....
    Ein Linienschiff erster Klasse wie die Victory hatte 800 Mann Besatzung... Ne Handvoll Segler,ne handvoll Marines,und 7 Mann pro Geschütz
    Also 7/10 der Mannschaft war nur zum schießen da...ansonsten hatten die nichts zu tun wenn nicht grade Deckschrubben angesagt war.


    Unten auf dem untersten Deck wahren die schweren Geschütze,16 oder 24 Pfünder,das mittlere Deck hatte die mittleren,normal so 12 oder 9 Pfünder und oben auf dem obersten Deck wahren die kleinen 6 oder 9 Pfünder.
    Auf dem Deck selbst war dann noch eine riesige 64 Pfünder mit der man aus nächster Nähe schräg durch das feindliche Schiff geschossen hat,vom Deck bis durch den Kiel.
    Ein guter Treffer mit der Carronade konnte den Kampf beenden.


    Stellt euch mal die Gewaltige Menge an Schwarzpulver vor die gebraucht wird um nur eine einzige volle Breitseite zu geben...die müssen bestimmt eine Tonne oder mehr in der Pulverkammer haben.
    Die war übrigens hermetisch versiegelt und innen komplett aus Kupfer (keine Funken) und ausserdem stand sie immer unter Wasser,der Boden war immer mit Wasser bedeckt.
    Licht kam durch Fenster,vor denen Laternen standen,von ausserhalb der Kammer


    Wenn man auf dem mittleren Deck war...ich frag mich wie die überhaupt nocht atmen konnten...als VL Schütze versteh ich ja ein bischen was von Schwarzpulverqualm ;) ,wenn ich mich recht erinnere gibt 1 Gramm Pulver mehr als 4 Liter Gas im geschloßenen,erhitzen Raum
    Bei 0 Grad und offen verbrannt würden schon 3,7 Liter entstehen.
    Also wenn da 100 Kilo oder so auf einmal verschossen werden wenn ein ganzes Deck gleichzeitig schießt...bleibt nicht mehr viel luft ;)
    Und dann kommt ja auch noch Qualm von oben und unten ;)
    Und auch die Ohren...die habhen Stofffetzen und Wachs miteinander verknetet und sich in die Ohren gesteckt....kann ich gut verstehen
    Waffen sind viel lauter als die meisten Leute denken...selbst ne 22er hat ja schon 140 db oder so...
    In Filmen wird das ja immer normalisiert,die Schüsse werden später zum Ton hinzugemischt und dann angepasst.
    Sonst würden den Leuten im Kino aber die Ohren Bluten...
    Ich hab letztens mal den Fehler gemacht mit einer Hand die Standtür zu öffnen und mit der anderen mein Gehörschütz abzunehmen.weil es nicht meiner War sondern vom Club und deshalb wollte ich den wieder an die Haken vor der Tür hängen.....also nächstes mal mache ich die Tür vorher zu...Es waren Jäger da und einer davon hat mit 7mm Magnum geschossen....boah das hat richtig weh getan...nicht nur "fies laut" sondern "aua" ;)

  • Am schlimmsten war ja ne Breitseite genau aufs Heck des Gegners.

    Die Kugeln sind dann der Länge nach durchs Schiff gerast, haben Holzsplitter und sogar Kanonen durch die Gegend gefetzt...

  • .boah das hat richtig weh getan...nicht nur "fies laut" sondern "aua"

    Ich hatte mal das Vergnügen auf einer Reenactment-Veranstaltung in den Niederlanden, wo nach einer eher lapidaren Warnung ein 10cm-Geschütz abfeuert wurde. Das Publikum stand mitunter nur 15 Meter entfernt und teilweise sogar seitlich der Kanone. Da konnte man panisch schreiende Kinder sehen, die sich von ihren Eltern losgerissen haben und weggerannt sind. Die waren auch 20 Minuten später noch am Weinen. Auch Erwachsene haben sich tüchtig erschrocken und sind mitunter weggegangen.
    Als Sport- und Böllerschütze kann ich mir sehr gut vorstellen, wie es allen Leuten ging, die nicht die Finger in den Ohren hatten. Gott sei dank haben in unseren Breitengraden ja mittlerweile die wenigsten Erfahrungen, wie laut ein Schuss sein kann. Von daher echt unverantwortlich.  :cursing:
    Aber diese Schlachtdarstellung wird in der Form nie wieder aufgeführt, wurde im nächsten Jahr verkündet.
    Wie es auf einem Geschützdeck zugegangen sein mag, möchte man sich gar nicht vorstellen. Habe durch diese Thread wieder ein paar Dinge gelernt. Gut, dass die Zeiten vorbei sind...

    Alles Gute,

    Markus

    malum pro malo

  • Ja, das Fundstück fasziniert mich auch. An Bord der Hansekogge der Stadt Wismar, der Wissemara befinden sich auf dem Achterdeck zwei Nachbauten dieses Kammergeschützes. Natürlich mit modernen Mitteln gefertigt und beschossen. Da kommt echt Neid auf, die Geschütze sind wirklich prächtig und haben auch einen beeindruckenden Knall.....

    So sieht es aus wenn eins dieser Geräte abgeschossen wird.



    Copyright: http://www.poeler-kogge.de

    Den Kopf nicht nur zum Haare schneiden nutzen

  • haben Holzsplitter und sogar Kanonen durch die Gegend gefetzt...

    Ich habe mal in Dänemark im Museum über die Fregatte Jütlandso eine Holzwand gesehen, auf die mit so einer alten Kanone geschossen wurde. Da konnte man sehen, wie viele Splitter da durch die Gegend geflogen sein müssen.

  • Ein Wunder, dass aus dem Weltkrieg Soldaten noch mit Gehör nach Hause kamen. Ich Habe mal einen K98 geschossen, zum Glück mit Ohrschutz. Denke der normale Soldat hat sich nicht sonderlich schützen können, den er muss ja auch Befehle hören können.

    Wie schon vorher geschrieben, ein Glück, dass wir diese Geräusche nicht bei uns hören.

    Gruß

    Carsten :rolleyes:

    Einmal editiert, zuletzt von Bogenschuetze (26. Februar 2016 um 09:48)

  • Junge Junge, hier lernt man fürs Leben: Erst wird Metall kleingekackt und dann auch noch mit nem K 98 geschissen !!

    Da muß man sich wirklich nicht wundern, wenn heute keiner mehr was für Waffen übrig hat.

    :P

  • Habe in den frühen 60ern am Schiffsgeschütz 85mm als Richtschütze gedient. Der Knall beim abfeuern des Geschützes war extrem, man musste schon den Mund weit aufreißen um die Trommelfelle zu schützen. Beim ersten Schuss dachte ich die Welt geht unter, habe nie vorher einen so lauten Knall gehört, die Erschütterung des Geschützes und der Feuerschein sowie der Pulverdampf taten ihr übriges.
    Gruß Hein.

  • Ein Wunder, dass aus dem Weltkrieg Soldaten noch mit Gehör nach Hause kamen. Ich Habe mal einen K98 geschossen, zum Glück mit Ohrschutz. Denke der normale Soldat hat sich nicht sonderlich schützen können, den er muss ja auch Befehle hören können.

    Wie schon vorher geschrieben, ein Glück, dass wir diese Geräusche nicht bei uns hören.

    Tut das nicht weh? :D

    Ich denke die Soldaten haben sich schon zu helfen gewusst mit irgend welchen Ohr-Pfropfen. Befehle wurden ja eh geschrien um über den Lärm hinweg verständlich zu sein. Damals warn ja eh die Feinde entweder vor einem oder so nahe dass man sie auch sehen konnte. Ging ein mal das geschiesse los war wohl eh klar, dass man weiter feuert bis man tot ist oder zum Rückzug geblasen wurde. So stell ich mir das zumindest vor.

    Btw. die Mauser K98 ist an sich schon ein relativ modernes Gewehr und die Munition unterscheidet sich nicht sonderlich von moderner, obwohl gerade die Munition der K98 eigentlich nur noch jagdlich eingesetzt wird. Das Russische Pendant 7.62x54 mit ähnliche Treibladung ist aber bis heute in Verwendung. Gerade im Scharfschützenbereich. Was du also gehört hast war der Knall eines starken Gewehrs ;) Mag erschreckend sein, aber so klingt schiessen :D Ja in den Filmen klingt das anders  :D

  • Habe in den frühen 60ern am Schiffsgeschütz 85mm als Richtschütze gedient. Der Knall beim abfeuern des Geschützes war extrem, man musste schon den Mund weit aufreißen um die Trommelfelle zu schützen. Beim ersten Schuss dachte ich die Welt geht unter, habe nie vorher einen so lauten Knall gehört, die Erschütterung des Geschützes und der Feuerschein sowie der Pulverdampf taten ihr übriges.
    Gruß Hein.

    Kleiner Fakt am Rande. Auf den Schlachtschiffen, musste die Mannschaft unter Deck wenn die Drillingstürme geschossen haben. Alleine der Druck der beim schiessen entstand hätte Menschen verletzen und/oder von Board ziehen können.

    Sieht man auf dem Bild hier von Wikipedia gut:


  • Um nochmal auf die Kammergeschütze zurück zu kommen...

    Hier das Video über eine Feldschlange mit Kammerrohr.
    Ganz so schnell war damals die Schußfolge wie hier beim Böllern natürlich nicht.


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    Den Kopf nicht nur zum Haare schneiden nutzen

  • Was ich mich bei den Kammergeschützen frage:
    Ist nicht damals schon jemand auf die Idee gekommen, die Kugel (oder sonstiges zu werfendes Material) gleich in die Kammer einzubringen?
    Es hätte die Schussfolge massiv erhöht und es für die Mannschafft auch sicherer gemacht, vor dem Rohr ist man ja näher am gegnerischen Feuer.


    Stichwort Schusslärm:
    In den USA war ich mal auf einem völlig offenen Outdoorstand.
    Ein paar Meter hinter der Schützenline war es erstaunlich erträglich, auch wenn da so ziemlich alles bis .30-06 geschossen wurde.


    Stefan

  • Was ich mich bei den Kammergeschützen frage:
    Ist nicht damals schon jemand auf die Idee gekommen, die Kugel (oder sonstiges zu werfendes Material) gleich in die Kammer einzubringen?
    Es hätte die Schussfolge massiv erhöht und es für die Mannschafft auch sicherer gemacht, vor dem Rohr ist man ja näher am gegnerischen Feuer.
    ....

    Aus heutiger Sicht wäre das eine logische Schlußfolge, es gibt aber in der Literatur keinen Hinweis darauf.
    Ebensowenig ob diese Entwicklung der höheren Schußfolge gestundet war, oder man mit der Pulverkammer der Gefahr des Ladens bei heißgeschossenem Rohr ausweichen wollte.

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