Hallo Leute,
hier mal ein paar Gedanken von mir zumThemenkomplex „Politikverdrossenheit, Demokratie, Waffenrecht und Zukunft des Waffenbesitzes“.
Ich habe hier im Forum im Zusammenhang mit der diesjährigen Waffenrechtsnovelle viele Kommentare gelesen, die etwa folgenden Tenor hatten: „Die Politiker haben keine Ahnung, machen eh was sie wollen, kümmern sich nicht um die Bedürfnisse der Bevölkerung, wir leben in einer Anscheinsdemokratie und dieses marode System ist nicht mehr zu retten.“ Als überzeugter Demokrat und Humanist tun mir solche Äußerungen weh, und ich denke nicht, dass diese Einschätzungen zutreffen. Ich kann den Groll der legalen Waffenbesitzer verstehen, wenn plakative, wirkungslose Gesetze verabschiedet werden und unbescholtene Bürger gegängelt und in ihren Rechten eingeschränkt werden. Auch ich habe mich aufgeregt und werde mich auch weiterhin aufregen, über die unnötigen Beschränkungen und besonders über ein solch arrogantes Verhalten, wie es zum Beispiel MdB Ingo Wellenreuther (CDU) an den Tag gelegt hat. Aber dass deswegen gleich unsere Demokratie nicht mehr zu retten sein soll, kann ich nicht nachvollziehen. Meiner Meinung geht es darum, sich Gehör zu verschaffen, auf Missstände hinzuweisen, die schlecht informierte Öffentlichkeit und die schlecht informierten Politiker besser zu informieren und ganz generell unsere Demokratie zu verbessern. Nicht alles an dieser Republik ist schlecht und marode und ablehnungswürdig. Wir (zumindest wir Westdeutschen) leben seit mehr als 60 Jahren in einem funktionierenden Rechtststaat, dessen Verfassung auf universellen Menschenrechten fußt. Es geht uns materiell gut, wir haben ein funktionierendes soziales Netz, unterhalten freundschaftliche Beziehungen zu unseren Nachbarstaaten, und die Rechte des Individuums werden durch das Grundgesetz geschützt. Das ist alles nicht selbstverständlich, besonders dann nicht, wenn man sich die Geschichte dieses Landes anschaut.
Nicht alles, was in diesem Land in Waffenrechtsfragen schief läuft, haben die Politiker zu veranworten. Wir, das Volk, haben sie gewählt. Die allgemeine Hoplophobie der Mehrheit der Bevölkerung hat mit der Geschichte dieses Landes zu tun. Unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg war – aus verständlichen Gründen – alles, was mit Militär, Waffen und Krieg zu tun hatte, vollkommen verpönt. Es gab (zumindest in Westdeutschland) noch nicht einmal mehr Kriegsspielzeug. Softairs? Authentische Nachbildungen von Kriegswaffen als Kinderspielzeug? Absolut undenkbar! Erst mit der Gründung der Bundeswehr und der Wiederbewaffnung Mitte der fünfziger Jahre änderte sich das sehr langsam und zaghaft. Und die 68er-Generation mit ihrer Kritik am Vietnamkrieg und ihrer „Love, Peace & Happiness“-Ideologie schaffte es ein weiteres Mal, Militär und Waffen wirkungsvoll zu ächten. Wir müssen uns bei unserem Bemühen um eine nüchterne und sachliche Betrachtung des Themas „Waffen“ und einer daraus resultierenden angemessenen und gerechten Gesetzgebung diesen ungeheuren Widerständen einer breiten Masse der Bevölkerung bewusst sein. Nicht die aktuelle Politik hat diese Widerstände zu verantworten. Sie sind historisch gewachsen und in Form von Vorurteilen, Meinungen und irrationalem Denken in Fleisch und Blut einer breiten Masse der Bevölkerung übergegangen. Die Politiker, die heute plakative Waffenrechtsverschärfungen entwerfen und umsetzen, schöpfen dabei als Volksvertreter aus diesem unbewussten Pool von Stimmungen, Halbwahrheiten und Verkürzungen. Sie glauben zurecht, in diesem Punkt im Interesse des Volkes zu handeln. Der – wie auch immer zustandegekommene – statistische Anstieg der Gewaltkriminalität, die Berichterstattung in den Medien darüber und die mit einem verstärkten Sicherheitsbedürfnis einhergehende allgemeine Verunsicherung und Orientierungslosigkeit verstärken unglücklicherweise diese Trends.
Aus dieser Sachlage ergibt sich für uns Waffenbesitzer meiner Einschätzung nach im Interesse unserer Rechte die Notwendigkeit, verstärkt in die Öffentlichkeit zu gehen, aufzuklären und sachlich zu informieren. Nicht Politikverdrossenheit und antidemokratischer Fatalismus werden unsere Rechte und unser Hobby in Zukunft schützen, sondern im Gegenteil nur die aktive Beeinflussung der öffentlichen Meinung, die aktive Wahrnehmung unserer Bürgerrechte und die aktive Mitgestaltung unserer Demokratie.
In Brasilien gab es im Jahr 2005 ein Referendum, in dem sich 64 Prozent der brasilianischen Bevölkerung gegen ein Verbot von Waffenverkäufen in ihrem Land aussprachen. Auf die von der Regierung vorgelegte Frage: "Soll der Handel mit Waffen und Munition in Brasilien verboten werden?" antworteten fast zwei Drittel mit Nein. Nur 36 Prozent der circa 120 Millionen Teilnehmer des Referendums stimmten für ein solches Verbot. Alle Bürger zwischen 18 und 70 Jahren waren verpflichtet, an dem Volksentscheid teilzunehmen. Auch 16- und 17-jährige Jugendliche waren stimmberechtigt. Ist es vorstellbar, dass ein ähnliches Referendum, würde es heute durchgeführt, in Deutschland ein ähnlich deutliches Ergebnis „pro Waffenbesitz“ hervorbringen würde? Ich denke nein. Die Mehrheit der Deutschen hätte vermutlich für ein Verbot gestimmt. Angesichts der nationalen und internationalen Entwicklungen im Waffenrecht, die immer mehr auf ein Totalverbot sämtlicher Waffen in Privathand hinsteuern, ist die positive Beeinflussung der öffentlichen Meinung über Waffen langfristig unsere einzige Chance. Wenn wir uns verärgert in die Schmollecke zurückziehen und die Dinge einfach laufen lassen, wird die negative öffentliche Meinung über Waffen und Waffenbesitz langfristig dafür sorgen, dass wir – wie bei den Faustfeuerwaffen in England bereits geschehen - total entwaffnet werden.