Feinwerkbau 300S komplette Restaurierung-Dokumentation

Es gibt 60 Antworten in diesem Thema, welches 6.451 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (17. Juli 2023 um 22:54) ist von Muehlix.

  • Ich habe zwei alte 300S, einmal die „normale“ und eine Junior.

    Als erstes werde ich die „normale“ Restaurieren und auf meine Körpergröße anpassen.
    So sah sie bis vor einer Woche aus:


    Die Metalteile sollen heiß brüniert werden.

    Das macht der Chris770 hier aus dem Forum.

    Also das Ding erst mal komplett zerlegt:


    HW30 (2019), Hw35 (1975), HW97KT (2022), FWB 300S Junior (1982), FWB 300S (1978), Walther LG 300 XT (2001)

  • Diagnose:

    Beide Federn jeweils am Ende gebrochen.

    Kolbenpuffer zerbröselt.

    Sonst alle OK.

    Da mir das Laden, durch das Zielfernrohr direkt über dem Ladeport, zu fummelig mit meinen dicken Fingern war, habe ich die linke Seite 4,5mm vertieft.

    Das habe ich bei meiner HW97KT genauso gemacht.

    Bis max.5mm ist absolut OK, das kostet null Stabilität, mehr würde ich mich aber auch nicht trauen:


    Nachdem das fertig gefeilt war habe ich die komplette Brünierung runter geschliffen.

    120/400/800/1200/2000 Körnung

    Anschließend noch poliert.

    Chriss770 meinte umso feiner die Oberfläche vorbereitet ist umso glänzender wird die Brünierung.

    Man kann es auch bei Ihm Glasperlen strahlen lassen, aber dann wird die Brünierung matt.

    Da der Laufmantel und darauf das Laufgewicht nur geklebt sind, musste ich diese auch noch entfernen. Die Verklebung hätte das heiße Brünierungstauchbad nicht überstanden:


    Das Ende/der Übergang vom Laufgewicht, gefiel mir so Stufig nicht!

    Also einen Konos an der Drehbank gedreht.



    Den Kornhalter habe ich entfernt und ein passendes Stück auf der Drehbank angefertigt.

    Beide Enden habe ich geplant so das sie 100% exakt voreinander stehen.

    Wenn alles wieder schwarz ist, sieht man dadurch fast keinen Übergang.


    HW30 (2019), Hw35 (1975), HW97KT (2022), FWB 300S Junior (1982), FWB 300S (1978), Walther LG 300 XT (2001)

  • Zum guten Schluss noch der Spannhebel.

    Den habe ich erst mal in meiner Strahlkabine mit ganz feiner Glaskörnung gestrahlt.

    Man kommt nicht überall zum schleifen dran!

    Anschließend die Sichtbaren Oberflächen poliert:

    Das ganze habe ich dann mit Balistol konserviert und zu Chriss770 geschickt.

    Dann habe ich mir den Schaft zur Brust genommen.

    Dieser sah nach den vielen Jahren echt arg angegriffen aus:

    Erst mal mit 120er maschinell vorgeschliffen:

    Erstmal die Punzierung geschützt:


    Da mein kleiner Finger keine Auflage am Schaft hatte, habe ich den Pistolengriff verlängert.

    Erst mal ein Stück aus dem großen Block geschnitten

    Die Verbindung mit zwei Schrauben hergestellt, aufgemalt und grob zugesägt:

  • Das gleiche habe ich hinten für den Schaft gemacht:


    Als nächstes habe ich mir Alu Abstandshülsen angefertigt:



    Fertig montiert sah es dann so aus:


    Gefiel mir nicht, sah irgendwie öde aus.

    Also hin und her überlegt und einfach mal noch Zwischenplatten aus Alu angefertigt:

    Das gefällt mir schon besser. Dachte mir mit dem dunklen Schaft wird das später richtig gut aussehen.

    HW30 (2019), Hw35 (1975), HW97KT (2022), FWB 300S Junior (1982), FWB 300S (1978), Walther LG 300 XT (2001)

  • Dann habe ich den Schaft weiter bearbeitet.

    erst 240er und dann 400er von Hand geschliffen.

    Den Schaft auf gehangen, mit dem Pumpzersteuber und klarem Wasser eingesprüht.

    So das die ganzen Flächen benetzt sind. 15min gewartet und noch einmal eingesprüht.

    Über Nacht trocknen lassen und am nächsten Tag wieder mit 400er von Hand drüber.

    Das ganze musste ich 4 X wiederholen, erst dann haben sich keine Fasern mehr hochgestellt.

    Ich wollte gerne wieder einen dunklen Schaft haben, also habe ich mich für die Beize von AQUA CLOU entschieden. Farbton: 2530 Nussbaum dunkel.

    Die Beize habe ich zwei Mal im Abstand von 15 min. mit einem Beize Pinsel aufgetragen.

    Sah dann so aus:

    Die Punzierung habe ich nicht mit gebeizt.

    Dafür hatte ich mir extra die schwarze Beize auch wieder von Clou geholt.

    Die habe ich nach 3 Tagen Trocknungszeit ganz vorsichtig mit einem Minipinsel aufgetragen.

    2 Mal bis die Punzierung wieder tief schwarz war.

    HW30 (2019), Hw35 (1975), HW97KT (2022), FWB 300S Junior (1982), FWB 300S (1978), Walther LG 300 XT (2001)

  • Interessant: Hat es einen Grund, dass du bei diesem recht groben 400er geblieben bist? Oder wirst du später nachschleifen? Ich frage deshalb, weil ich bei meiner 150 und jüngst auch der Diana 25, welche ich beide geölt habe, bis auf 2000er hochgegangen bin. Bei der FWB bin ich zufrieden, bei der Diana eigentlich nicht so richtig. Hier warte ich aber ab, bei der bin ich gerade mit Leinölfirnis zugange.

  • 400er kann man nicht wirklich als grob bezeichnen. Wenn du zu fein vorschleifst, nimmt das Holz das Öl schlechter an.

    Wenn man mal nach Tipps zum Schleifen und ölen googelt, gehen die Empfehlungen eher in Richtung 240er Korn.

    Und man bekommt auch eine glatte und - für mein Empfinden angenehm natürliche - Oberfläche hin.

    Wenns noch glatter sein soll, ohne eine fühlbare Maserung, würde ich mit Bimsmehl als Porenfüller arbeiten, direkt nach dem Ölen "nass" nachschleifen oder etwas schichtbildendes wie TrueOil verwenden.

    Wobei ich persönlich es mag, wenn man am Holz die Maserung noch leicht fühlt.

    "Büchsen kann man nie zuviele haben!" Pippi Langstrumpf

    "A shotgun, in my opinion, must have three things: Boom, Boom, Boom." Phil Robertson

  • Clou Schelllack hat mir genauso gut gefallen wie das Trueoil kostet aber bei weitem nicht so viel.

    Nach dem beizen der Schäfte schleife ich alles mit Schleifwolle ab und Beize gegebenenfalls nochmal und schleife wieder. So wird's nach dem ölen, wo ich zwichendrin auch noch mehrmals mit feinster Schleifwolle schleife, fein wie Babyhaut.

    Die geschliffene Oberfläche vom System bei Dir sieht perfekt aus, das wird ein top Ergebnis geben beim brünieren. Ich gehen nämlich zum gleichen Brünierer.


    Schöne Arbeit die Du hier zeigst.

    Egal wie dicht du bist Goethe war Dichter

  • Ja das mit dem Holz und schleifen ist so eine Sache……….

    Ich musste des Öfteren feststellen das es da keine Allround Lösung gibt!

    Parallel mache ich noch meine 300S Junior fertig.

    Da ist das Holz komplett anders.

    Das gleiche war bei meinen Hw35, eine von 1969 und eine von 1975.

    Komplett verschiedenes Holz, optisch mit dem dicken Kleister von Weihrauch drauf fast gleichaussehend.

    Die „Normale“ musste ich 4-mal wässern bis keine Fasern mehr hoch kamen.

    Und nach dem beizen mit dem Pinsel kamen wieder ganz leicht Fasern hoch.

    Also mit dem feinen Schleifflies drüber und noch mal nachbeizen und ein letztes mal mit dem Flies geglättet.

    Die „normale“ war mit 400er glatt wie ein Kinder Po.

    Die „Junior“ fühlte sich mit 400er noch an wie Schmirgelpapier oder Sandgestrahlt.

    Da musste ich bis 1000er gehen.

    Die hat beim ersten mal wässern nur ganz leicht Fasern aufgestellt.

    Und bei dem zweiten mal musste ich nur noch einmal kurz mit dem ganz feinem Flies drüber streicheln.

    Ich bin der Meinung das jeder Schaft individuell behandelt werden muss.

    Wenn man beizen will darf man nicht so fein schleifen.

    Da wird oft 180-240 empfohlen. Die Beize muss schön tief eindringen können.

    Ich habe es mit 240 gemacht, 2-mal hintereinander gebeizt, 24 Stunden trocknen lassen und dann mit 400er nachgeschliffen und noch einmal dünn mit einem Baumwolltuch nachgebeizt.

    Schön glatt, aber nicht wie eine lackierte Oberfläche und die Maserung des Holzes kommt schön raus.

    Beim Ölen oder Hartwachsöl ist wieder alles anders!

    Die Beize habe ich 4 Tage trocknen lassen.

    Als Schutz habe ich Hartwachsöl von OLI Natura farblos aufgetragen.

    Das erste mal dick mit dem Pinsel, 10 min gewartet und das überschüssige Zeug mit dem Baumwolltuch einmassiert und abgetragen.

    Die Oberfläche war dann matt, aber das Zeug schön in die Poren einmassiert.

    Hätte nicht gedacht das das gebeizte Holz es noch so aufsaugt.

    24 Stunden einziehen lassen und noch mal eine Schickt mit dem Baumwolllappen in Faserrichtung aufgetragen.

    Danach war es glänzend, aber nicht wie lackiert!

    Hier das Ergebnis nach 5 Tagen Trocknungszeit:


    HW30 (2019), Hw35 (1975), HW97KT (2022), FWB 300S Junior (1982), FWB 300S (1978), Walther LG 300 XT (2001)

  • Es ist wirklich so: Man muss jeden Schaft individuell behandeln. Die beiden von mir gemachten Holzschäfte saufen das Öl regelrecht nach dem 2000er - Schliff. Die Diana behandele ich auch mit Leinöl - Firnis, die FWB nicht. Auch die Firnis zieht gut ein - trotz langem vorherigen Ölen.

  • Egal wie, wieder sehr schöne Stücke Kulturgut für die Nachwelt erhalten. :new11: :new11: :new11:

    Für mich die Hauptsache. Die Schaftverlängerung verwundert mich ein wenig. Bin knapp 1,90 m und brauche keine. Sieht aber so aus als wenn Du weißt was Du machst.

    Liebe Grüße Udo

    Die friedlichsten Menschen,
    die mir bis jetzt begegneten,
    waren bewaffnet!

  • Ich schieße meine 300s ja aufgelegt stehend, und ich habe zwei der originalen Schaftverlängerungen eingesetzt. Nur so passt es bei mir.

  • Ich bin 1,98 groß und sehr bullig, Schuhgröße 51,5 und dementsprechend auch die Hände. 8)

    Mit Diopter bin ich ohne Verlängerung klar gekommen.
    Diese bekommt aber jetzt ein Glas montiert.

    Vor dem zerlegen habe ich das Glas Probemontiert und mit Unterlegscheiben die benötigte Schaftlänge ermittelt.

    HW30 (2019), Hw35 (1975), HW97KT (2022), FWB 300S Junior (1982), FWB 300S (1978), Walther LG 300 XT (2001)

  • Hallo und guten Abend,

    vielen Danke für die unglaublich feine Doku. Das Ergebnis ist hervorragend. Sehr schöne Arbeit.

    Ich werde mich auch an meinen ersten Schaft machen. Ebenfalls eine 300s.

    Was mir am Schaft nicht gefällt ist die etwas wuchtige Form im vorderen Bereich.

    Frage an dich: spricht etwas dagegen die Form zu verändern und Material wegzunehmen?

    Viele Grüße und nochmals danke für die Klasse Doku...

    Beste Grüße Sascha

  • Man könnte auch nach einer FWB 150 Ausschau halten. Die ist von vornherein schlanker im Schaft.

    "Büchsen kann man nie zuviele haben!" Pippi Langstrumpf

    "A shotgun, in my opinion, must have three things: Boom, Boom, Boom." Phil Robertson

  • HW30 (2019), Hw35 (1975), HW97KT (2022), FWB 300S Junior (1982), FWB 300S (1978), Walther LG 300 XT (2001)