Restaurierung Weihrauch HW55S

Es gibt 6 Antworten in diesem Thema, welches 2.300 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (19. April 2020 um 16:49) ist von verodog.

  • Hallo alle miteinander,

    heute mal wieder ein Bericht zu einer bereits fertiggestellten Restauration:

    Nachdem ich monatelang vergeblich die bekannten Auktionsportale beobachtet habe, ist es mir vor kurzem gelungen, endlich ein Weihrauch HW55S-Matchgewehr zu ergattern. Dieses Modell hatte es mir irgendwie angetan, die Suche gestaltete sich jedoch langwierig.
    Ich hatte aber das Glück, ein Modell ohne Diopter aber dafür mit verstellbarer Kimme und Pellkorn zu ergattern. Da sich bereits ein orginal Weihrauch-Diopter in meiner Sammlung befindet, den ich mir seinerzeit mal für mein HW53 Luxus ersteigert hatte, bieten sich nun alle Möglichkeiten der Visierung an!
    Hier mal ein paar Bilder des Ausgangszustands:

  • Lauf und Systemhülse hatten leichten Flugrost, die Brünierung ist allerdings für das Alter ( das Gewehr ist Baujahr 1964) gut erhalten.
    Eine vorsichtige Behandlung mit feiner Stahwolle in Verbindung mit Balistol haben den Flugrost schnell beseitigt.
    Anders sah es mit dem Schaft aus. Wie man auf den Bildern erkennen kann, hatte dieser tiefe Kratzer, besonders im Bereich der Schaftbacke. An der Fischhaut am Griffstück war die Beize fast vollständig abgegriffen. Bedauerlicherweise hatte wohl jemand versucht, den Schaft mit einer Klarlackschicht zu schützen, daher war einfaches Abschleifen nicht möglich.
    Ich habe mich daher entschieden, erstmalig bei einem Gewehrschaft Abbeizer zu verwenden, um zunächst diese Lackschicht zu entfernen. Dazu hatte ich ein Produkt der Fa. Clou gewählt, welches erstaunlich gut funktioniert hat. Danach ging ich daran, mit Schleifpapier der Körnung 60 zunächst die tiefen Kratzer aus dem Schaft zu schleifen. Nachdem ich hier zufrieden war, wurde mit Schleifpapier der Körnungen 120, 180, 240 und 320 geschliffen, bis alles schön glatt war. Nach jedem Schleifdurchgang wurde der Schaft leicht gewässert und durfte über Nacht trocknen. Hier das Ergebnis nach dem Schliff. Bitte entschuldigt die schlechte Bild- qualität, meine kleine Nikon-Digicam, die ich in der Werkstatt verwende, ist scheinbar defekt, habe ich aber zuspät gemerkt.

  • So, als nächstes stand das Beizen an. Ich habe mich für Pulverbeize in der Farbe Nussbaum mittel entschieden.
    Der Schaft sollte einen dunklen Ton haben, ohne die feine Maserung des Holzes vollständig zu überdecken. Wie man auf den folgenden Bildern sieht, hat das ganz gut funktioniert. Nach einer Trockenzeit von 2 Tagen habe ich dann mit dem Ölen begonnen.
    Dieses Mal wollte ich mal Danish Oil probieren, das dieses ähnlich wie TruOil eine feinen Glanz gibt und sich gut verarbeiten lässt.
    Insgesamt wurden 5 Schichten Öl hauchdünn aufs Holz aufgetragen und kreisend eingearbeitet. Überschüssiges Öl nach 10 Minuten abgewaschen. Dann durfte der Ölfilm 24 Stunden aushärten. Vor dem nächsten Durchgang habe ich den Schaft dann jeweils nochmal mit Schleifvlies abgerieben, damit er nicht zu glänzend wird.
    Hier die Bilder nach dem Beizen:

  • Als nächstes habe ich das System komplett zerlegt und alle Teile gründlich gereinigt. Die Feder war ziemlich krumm, die Kolbendichtung aus Leder dichtete zwar am Rand noch gut ab, hatte sich in der Mitte aber bereits zerlegt, daher wurde in Gotha eine neue Feder sowie eine Kolben- und eine Laufdichtung bestellt. Außerdem fehlten die dünne Gleitscheiben zwischen Lauf und Systemhülse. Da diese für dei HW55 nicht mehr lieferbar waren, habe ich welche von der HW35 bestellt, sie passten einwandfrei.
    Eigentlich versuche ich bei der Aufbereitung alter Waffen den Originalzustand zu erhalten bzw. wieder herzustellen. Daher hätte ich auch hier wieder eine Kolbendichtung aus Leder verbauen müssen. Da es diese aber im Original nicht mehr gibt (lediglich Nachbauten) habe ich mich zur Umrüstung auf eine Kunststoffdichtung entschieden.
    Im Rekord-Matchabzug befand sich klumpenweise verharztes und eingetrocknetes Fett. Daher wurde auch dieser nach der tollen Anleitung vom Forumskollegen @Unfallchirurg komplett zerlegt, gereinigt, teilweise poliert und wieder zusammengesetzt.
    An diese Stelle einmal vielen Dank an @Unfallchirurg!!!
    Ich habe drei Gewehre mit dem Rekord-Abzug unterschiedlichster Jahrgänge. Dieser hat nach der Behandlung das beste Abzugsverhalten. Da were ich wohl die Abzüge in der HW30 und HW35 auch noch bearbeiten müssen :D
    Nachdem die Teile aus Gotha geliefert waren, wurde alles wieder zusammengesetzt.

  • Hallo,

    ...gratuliere! Ist prima geworden. :thumbsup:

    Ein sehr schönes, schweres und präzises Gewehr, auch
    Dank des Perlkorns.

    Mir lief ein HW55 Lizenzbau Burgsmüller zu, mit einem
    völlig verwurmten Schaft.
    Habe das hergerichtet und dazu einen weiteren HW55
    Schaft gekauft, als Ersatz.

    Dieser Schaft war ebenso besonders, als auch vom Vor-
    besitzer verpfuscht worden. Den habe ich aufwendig auf-
    gearbeitet und mir dazu ein Weihrauch HW55-System
    geholt.

    Jetzt habe ich zwei. Beide mit offener Visierung und dem
    Perlkorn, dazu noch der Diopter vom Burgo.
    Für das Burgo ist inzwischen ein Ersatzschaft dazugekommen.

    Tolle Gewehre. Was für's Leben.

    liebe Grüsse ... Patrick