Sind bewaffnete Leute friedlicher??

Kentucky

Ich war dieses Wochenende wieder mal auf einer größeren Mittelalterveranstaltung mit Lagerleben, Markt, etc., eben allem was dazugehört.

Dieses Jahr war ich zum ersten Mal in Gewandung dort und habe mich zu einem Lager gesellt die mich gleich sehr freundlich aufgenommen haben.

Durch diesen Umstand kam ich dieses Jahr in den Genuss, den Bereich zu erkunden der nur für das lagernde Volk zugänglich ist.

Es wurde gefeiert, getrunken und ausgelassen getanzt.
Einer Schätzung nach hatten dabei ca.90% der Gäste entweder ein Schwert, ein etwas längeres Messer, oder sonst irgendeine Bewaffnung am Gürtel baumeln.
Ok, die Schwerter waren zum Großteil Schaukampfwaffen, aber die Messer waren zu 100% scharf und spitz.

Es kam die ganzen 4 Tage der Veranstaltung zu keinem einzigen Zwischenfall der Gewalt.
Weder mit Fäusten, noch mit Waffen.

Nun verhält es sich so, daß neben dieser Mittelalterveranstaltung ein Volksfest oder Kirmes stattfand.
Dort wurde genauso gefeiert, getrunken und ausgelassen getanzt.

Der einzige Unterschied lag darin, daß dort jeden Abend durchschnittlich drei Schlägereien stattfanden.

Nun frage ich mich natürlich woran das liegen mag.

Kann es sein daß es einfach ein anderer Schlag Menschen ist, der in einem Mittelalterlager zu finden ist?
Eben Menschen mit etwas mehr Respekt und Ehrgefühl?

Oder könnte es sein, daß tatsächlich die "sichtbare Bewaffnung" der Meisten eine Rolle spielt?

Ich weiß daß hier auch Einige öfters auf solche Veranstaltungen gehen, wie sind eure Erfahrungen diesbezüglich?

Gruß K.

ALFHA1802

Vermutlich weil gerade durch den häufigen, fast gewohnheitsmässigen Umgang mit Waffen (Messern) 2 Faktoren eintreten:

1. Werden die Waffen als etwas ganz Normales....... einen Gebrauchsgegenstand angesehen. Eher zum Apfelschälen, Brotschneiden oder absäbeln eines Stück Grillfleisches geeignet.

2. Wird gleichzeitig der umsichtige Umgang damit "eingeübt". Jeder der eine Waffe kennt, weiss wie gefährlich es sein kann ! Deshalb wird er niemals leichtfertig einen Streit damit austragen!

Denke an einen Schützenverein, dort ist eine Anhäufung Waffen und Muniton und treffsicheres "Bedienpersonal" vorhanden.
Schon mal von einer Schiesserei im Streit dort gehört? Nein, denn im Gegensatz zu "Möchtegern-Rambo`s" werden Waffen als nichts besonders Herausragendes angesehen, mit denen man allerdings äusserst Verantwortungsbewusst umgehen muss. Vermutlich läuft Alles auf den Begriff "Verantwortung" hinaus.

Kentucky

Ja, daß der Umgang dort mit großen Messern etc. als ganz normal angesehen wird, kann ich nur bestätigen.
Als ich mein "großes Messer" wieder ablegte, vermisste ich direkt die nächsten Stunden etwas am Gürtel.
Bei jeder Mahlzeit ging der Griff reflexartig in Richtung Gürtel.

Ich hatte gestern auch echt Sehnsucht nach den Leuten und dieser friedlichen Geselligkeit im Lager.

Die Atmosphäre "hier draussen" ist im Vergleich dazu echt mies.
Dort gab es z.B. keinen "Stilzwang", sogar der abgerissenste Typ wurde mit Respekt behandelt und niemand wurde schief angesehen nur weil er dick, dünn, groß, klein oder sonst was war.

Auch die Sprache mit der man sich begrüßte oder kennenlernte hat mich beeindruckt. Da wurde nicht gefragt "Ey was guckst du so blöd?".
Sondern da wurde z.B. gefragt. "Seyd gegrüßt,edler Herr, gefäjllt euch meine Gewandung?"
Und schon war man im Gespräch und konnte die Bekanntschaft ausbauen.

Ich freu mich schon wieder auf nächstes Jahr und werde sicher in Zukunft öfter auf solche Veranstaltungen gehen.
Allein schon wegen der Menschen dort......

Gruß K.

dagger

Meiner Erfahrung nach sind die meisten "Mittelalter-Begeisterten" sehr nette und friedfertige Leute (ausserhalb der Schaukampf-Arena zumindest *lol*).

Ist meist echt eine entspannte Atmosphäre und man kommt sehr schnell mit Leuten ins Gespräch. Macht echt Laune. War am Wochenende in Telgte, herrlich.

dagger

Fubke

Liegt auch einfach daran, dass da eine große Gruppe Menschen mit gleichem Hobby (das ja auch nicht alltäglich ist) zusammen kommt. Man freut sich Gleichgesinnte zu sehen, mit Ihnen Zeit zu verbringen etc

Dagegen verbindet Leute, die ohne Kinder auf die Kirmes gehen, hauptsächlich der Drang sich zu betrinken und Zeit tot zu schlagen (im wahrsten Sinne des Wortes).

Ich denke eigentlich ist das ganz logisch

Vogelspinne

Ich habe in 20 Jahren Reenactment ( US-Bürgerkrieg, Napoleonic, 30-jähriger Krieg ) nicht einmal jemanden erlebt, der im Streit oder Zorn eine Waffe zur Hilfe genommen hat. Streitereien und ähnliches kam sehr selten vor und dann meist von Leuten, die gewaltig einen über den Durst getrunken hatten. Und solches Fehlverhalten kam dann auch nur einmal vor, da diese Herrschaften nach den historisch überlieferten Strafen wie Gassenlauf etc. abgestraft wurden ( zum Vergnügen der Anderen ).

Aber insgesamt ist es schon so, wie Kentucky und Alpha1802 es sagen - der ständige Umgang mit Waffen macht diese zu alltäglichen Gegenständen, um deren Gefährlichkeit jeder weiß und deshalb sich zurückhält.
In solchen Kreisen herrscht ein im normalen Alltag verlorengegangener Respekt untereinander, der es niemals zuläßt, daß die Würde eines Einzelnen mit den Füssen getreten wird.

skardas

Zitat

Original von dagger
Meiner Erfahrung nach sind die meisten "Mittelalter-Begeisterten" sehr nette und friedfertige Leute (ausserhalb der Schaukampf-Arena zumindest *lol*).
Ist meist echt eine entspannte Atmosphäre und man kommt sehr schnell mit Leuten ins Gespräch. Macht echt Laune.

Genauso ergeht es mir. Freunde von mir sind auch "Mittelalterbegeistert" und nehmen sehr häufig an so Treffen teil. Und egal wo ich bisher dabei war: es war immer harmonisch! Mit viel Freude wurde/wird seinem Hobby nachgegangen, ohne Zwischenfälle. Jedensfalls sind mir keine bekannt.

MAFRI

jeden den ich kenne der eine "legale" waffe hat ist äußerst friedfertig...

aus meienr schulzeit kenne ich auch leute mit illegalen waffen ( war auf einer nicht so tollen schule mal vor langer zeit) bei denen würd ich immer ausm weg gehn...

Bierbauch_Baer

Wenn man Waffen respektiert, verwendet man diese auch nicht leichtfertig!

wenn mich einer anstänkert, oder meint er muss Körperlich tätig werden, dann lass ich die Waffe auch stecken, dann gibts eins auf die Rübe und gut ist. Was jetzt aber NICHT heissen soll das ich der Schläger Typ bin!!!!

Was mir auch schon aufgefallen ist, das in interressengemeinschaften viel weniger Streit entsteht, als wie z.B. auf Massenveranstalltungen ala´ Kirmes o.ä.

In der Interressengemeinschaft verfolgt die person in erster Linie sein Interresse, was in der Regel mit den anderen übereinstimmt!

ABER auf der Kirmes auch! Das gibts zum einen den Kampftrinker, der versucht möglichst voll zu werden. Dann gibts gerne die rumlungernden Jugendlichen die gerne rumstänkern und Stress machen und nebenbei mal einen über den Durst heben. Dann gibts noch den Durchschnittsbürger der einfach nur Spaß haben will.

Gruß BbB

kleinIvan

Zitat

Original von Vogelspinne
In solchen Kreisen herrscht ein im normalen Alltag verlorengegangener Respekt untereinander, der es niemals zuläßt, daß die Würde eines Einzelnen mit den Füssen getreten wird.

Würdevoller Umgang mit anderen, Respekt vor anderen Leuten, Toleranz und dazu waren sogar noch alle bewaffnet und trotzdem hatten alle Spass und es gab keine Keilerei und ähnliches und das ganze noch im Mitteleuropa des 21. Jahrhunderts!
Wenn ihr nicht geschrieben hättet das ihr "nur" auf einer Mittelalterveranstaltung gewesen seid hätte ich geglaubt ihr seid auf einem anderen Planeten oder in einer anderen Dimension gewesen.

skardas

Zitat

Original von kleinIvan
Würdevoller Umgang mit anderen, Respekt vor anderen Leuten, Toleranz und dazu waren sogar noch alle bewaffnet und trotzdem hatten alle Spass und es gab keine Keilerei und ähnliches und das ganze noch im Mitteleuropa des 21. Jahrhunderts!
Wenn ihr nicht geschrieben hättet das ihr "nur" auf einer Mittelalterveranstaltung gewesen seid hätte ich geglaubt ihr seid auf einem anderen Planeten oder in einer anderen Dimension gewesen.

Es gibt es wirklich! Als ich das erste Mal dabei war: ich kam aus dem Staunen nicht heraus! Sicher, es gab auch Meinungsverschiedenheiten, die aber wurden ohne Zoff beseitigt. Aus dem "normalen" Leben kenne ich sowas eher selten.

Kentucky

Ach ja,.... irgendwie war es schon beruhigend und frustrierend zugleich mit einem großen Messer am Gürtel durch den Markt zu schlendern, ohne schiefe Blicke kassieren zu müssen.
Beruhigend weil man dort nicht als Freak gilt wenn man ein Schneidwerkzeug am Gürtel trägt, frustriedend deshalb weil dieses Soziale Verhalten auf die Veranstaltung beschränkt ist und sobald man die Tore durchschreitet gilt man wieder als Halbkrimineller mit einem Stichwerkzeug.

Ich bin jetzt nicht der Typ der einen Dolch als Penisverlängerung braucht (wirklich nicht ;-)), aber ich weiß echt nicht wie man ohne ein, zumindest Taschenmesser, im Alltag klarkommt.
Sooft wie ich mein Taschenmesser am Tag brauche......

Und da will mir eine Regierung, die nahezu nichts auf die Reihe bringt, erzählen, ich dürfe nicht mit einem Messer vor die Tür?

Es ist einfach praktisch wenn man ein Messer bei sich trägt. Das wird immer mal benötigt. Wie oft musste ich von sog. "Waffengegnern" schon hören. "Hat jemand mal ein Messer, ich krieg das nicht auf".

Ich bin dann immer versucht zu sagen "Ja, ich hab eins, warum du nicht?"
"Mach doch deinen Schei.. mit den Zähnen auf!"

Ok, das bedeutet wohl jetzt daß ich eine neue Leidenschaft für mich entdeckt habe, nämlich Mittelalterfeste!

Gruß K.

aandykf

Ich weiß nicht...

Also wenn ich in nen Schützenverein gehe, dann trink ich erst mal ne Apfelschorle oder ein leichtes Radler...

Da ich mit leeren Taschen besser schieße, lasse ich Handy, Portmonnaie, Schlüssel einfach auf dem Tresen liegen und gehe auf dem Stand. Im Vereinshaus sind immer ne Menge Leute, aber noch nie wurden meine Sachen auch nur angerührt. Zu den Leuten im Schützenverein habe ich wirklich ein riesiges Vertrauen, fast so wie zu meiner Familie. Die würden niemals irgendetwas stehlen.

Ein Vereinskollege den ich nicht mal kannte hatte ausversehen mal die Zigaretten verwechselt und hat meine mit genommen und aufgeraucht. In der Schachtel waren vielleicht noch 3 Kippen drinnen. Irgendwann hat er es wohl bemerkt, und beim nächsten mal hat er mit ein volles Päckchen zurück gegeben. Deswegen fühle ich mich auch grade dort so wohl, weil die Leute bodenständig sind und man ihnen vertrauen kann. Ohne Ausnahmen.

Ich habe schon viele Hobbys gehabt, und war schon in vielen Mannschaften. Aber die Atmosphöre im Schützenhaus ist unvergleichbar.

Gruß
andy

WarLord

aber ob das jetzt ausgerechnet am schützenverein liegt das hört sich fast so als seien nur bewaffnete leute vertrauenswürdig...

ich bin in vereinen wo tatsächlich sport getrieben wird, z.b. rudern. da lasse ich meine geldbörse, telefon und autoschlüssel auch einfach in der umkleide im rucksack liegen, da ist bisher niemals etwas abhanden gekommen.

das liegt wohl eher allgemein am vereinswesen und die art des vereins bzw. welche art von menschen dem verein angehören.

Bierbauch_Baer

Auf der Arbeit lass ich auch immer Geldbörse und Schlüssel auf dem Schreibtisch liegen wenn ich im Innendienst bin, da ist noch nie etwas weggekommen, bis auf Bonbons , die Futtert mein Chef immer.

Gruß BbB

aandykf

WarLord:
Wie erklärst du dir dann, dass dieses Forum so friedlich ist?

In anderen Foren geht es ganz anderes zu. War noch nie so lange wie hier in einem anderen Forum ,geschweige denn habe ich mehr als 100 Beiträge verfasst.

Gruß
andy

Kentucky

Schützenheim ist ja wieder was Anderes. Da hat ja keiner seine 1911er im Holster und sitzt am Tisch. Schätze mal da würden die berühmten "schiefen Blicke" ganz schnell in der Runde Einzug halten.

Ich rede jetzt eigentlich davon daß die Leute ganz offen und bei den alltäglichsten Tätigkeiten "bewaffnet" sind.

Wobei sich ein Mittelalterfan wahrscheinlich schieflachen würde wenn man sein 20cm- Messer am Gürtel als Waffe bezeichnen würde.
Für die ist so ein Gegenstand genau das was es eigentlich auch ist: Ein Werkzeug!

Was noch intressant zu beobachten war, die Polizei war innerhalb der Veranstaltung GARNICHT vertreten! Es fuhr nur draußen ab und zu mal eine Streife vorbei.

Die Friedfertigkeit kann also auch nichts mit der Präsenz der Ordnungsmacht zu tun haben. Die Leute waren von selber so.
Es gab auch sonst keine Security im klasische Sinn. Ein paar Wächter in Mittelalterlicher Tracht waren vor der Taverne postiert, das aber auch nur zur Show.

Ich weiß daß es in dieser Zeit nicht wirklich so friedlich zuging. Nur in der heutigen Zeit kann man es bei sowas zivilisierter angehen lassen, aber trotzdem weiterhin sein Schneidwerkzeug bei sich tragen.
So jedenfalls lautet meine Meinung, edle Herren.

Gruß K.

hessel007

Zitat

Original von Kentucky
Und da will mir eine Regierung, die nahezu nichts auf die Reihe bringt, erzählen, ich dürfe nicht mit einem Messer vor die Tür?

Kentucky du hast einen Fehler in deinem Satz!
Einen unverzeihlichen! Großen, fast nicht "wiedergutzumachenden"!
Ich klär dich mal auf!
Das klitzekleine Wort "nahezu" muss weg! Dann ist er stimmig!
Frau Merkel ,dieses vergebliche Objekt jeglicher Hairstylelistik, gibt mir bestimmt Recht.

Kentucky

Oh, Entschuldigung, mein Fehler. Ich bin einfach noch so gut gelaunt vom Wochenende und hab das Ganze etwas beschönigt.

Kommt nicht wieder vor.

Gruß K.

kleinIvan

Ich verstehe aber trotzdem irgendwie nicht das wildfremde Leute auf einer Mittelalterveranstaltung oder im Schützenverein freundlich zu einem sind und die Leute die einem im Alltag so begegnen sich wie die größten und asozialsten Ar...löcher der Welt aufführen.
Wo sind dann diese Leute im Alltag?
Wie verhalten sich den die netten Menschen vom Schützenverein oder von der Mittelalterveranstaltung im Alltag?
Sind die dann immer noch nett oder gehören sie dann zur Masse der durchschnittlich frustrierten Bürger an die einem wegen jeder Kleinigkeit gleich anschnautzen und rumpöbeln?