Das Armbrust-Orakel 2023: Versuch einer Prognose

Es gibt 3 Antworten in diesem Thema, welches 1.062 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (2. März 2023 um 19:15) ist von Leerschuss.

  • Ich beobachte den Armbrust-Markt nun schon ziemlich lange und meine Sammlung ist mittlerweile recht ansehlich. Es ist ganz schön Dynamik reingekommen in den Markt, in allen Richtungen.

    Wie geht es weiter? Ich wage mal eine Prognose. Ihr dürft gern widersprechen oder weitere Punkte beisteuern.

    1. Jagdarmbrüste

    Hier haben wir mit den neuen Ravins gesehen: Ja, Jagdarmbrüste werden immer noch schneller und kompakter. Aber wir sehen auch: Es wird dünn am "Gipfel". Die Entwicklungszeiten werden länger, die Testphasen schwieriger. Werden wir die 600 fps Grenze knacken? Wahrscheinlich. 700 fps? Schwierig. Sehe ich nicht, im Moment.
    Als Spannsystem scheint sich die Winde immer mehr zu etablieren. Elektrische und druckluftbetriebene Systeme sind zu teuer und haben nicht den "Autarkie"-Charme einer muskelkraftbetriebenen Waffe. Alle bisherigen Versuche waren wirtschaftlich erfolglos.

    Die Bedeutung in Deutschland wird aber sinken. DIe "Joule-Riesen" lassen sich nirgendwo mehr problemlos schießen. Die meisten Bogenplätze erlauben KEINE Armbrüste, und die wenigen Armbrust-Plätze bzw. Hallen wollen diese Zielscheiben-Zerstörer auch nicht wirklich. Zudem werden die Top-Armbrüste immer teurer, die 3000-€-Grenze ist längst gefallen. Es sind einige wenige Sammler, die sich die neuesten Modelle kaufen werden, hier in Deutschland.

    Recurve-Armbrüste (Excalibur etc.) werden weiter erhältlich sein, wegen der einfacheren Wartbarkeit und wegen des "Prepper"-Aspekts. Hier sehe ich Weiterentwicklungen insbesondere im Bereich der "Faltbarkeit", aber auch bei den Spannsystem (integrierte Winde etc.).

    2. Repetier-Armbrüste

    Keine Sparte hat in den letzten Jahren so einen Aufwind bekommen wie die Repetierarmbrüste. Adder und Stinger sind ganz sicher absolute Rekordhalter, was den Umsatz betrifft. Eine ganz neue Kategorie, die "taktische" Armbrust, die neben dem hohen Spaßpotential auch den Aspekt "Heimverteidigung" bedient. Ob eine Armbrust tatsächlich für die HV geeignet ist und ob man in Deutschland eine Waffe zur HV überhaupt braucht, das sei dahingestellt. Aber die Nachfrage ist ganz klar vorhanden, wie Umfragen in den einschlägigen Facebook-Gruppen zeigen.

    Hier prognostiziere ich eine deutliche Zunahme an Herstellern und gleichzeitig neue Modelle der "alten" Hersteller. Der Markt steht vor einem Generationssprung. Wir werden schnelleres Repetieren, größere Magazine, höhere Schussenergie, wesentlich bessere Präzision, noch martialischeres Design und andere Munitionskonzepte (Kugelarmbrüste, Wuchtbolzen etc.) sehen. Treiber dieser Entwicklung sind auch die vielen 3D-Designer, die Konzepte wie die MiniAdder, Slinghammer und Bolthammer eingeführt haben und laufend weiter verbessern. Wechselmagazine, doppelreihige Magazine, alles Dinge, die schon bald Stand der Technik sein werden.

    Automatische Spannsysteme für diese Kategorie sind ebenfalls "lose" angekündigt, durch Steambow zum Beispiel. Technisch ist das machbar, mit Druckluft, mit Co2 oder mit e-Motor. Aber es wird nicht billig und es wird auch nicht kompakt, vor allem dann nicht, wenn das Spannen schnell gehen soll. Bei Druckluft und Co2 muss man das System vor dem erneuten Spannen entlüften, was viel Zeit kostet. Zudem wird die "Luft" nicht weit reichen, nicht bei einer High-Cap-Repetierarmbrust. E-Motoren müssen ganz schön Power haben wenn der Spannvorgang mit der Geschwindigkeit eines manuellen Spannvorgangs mithalten soll. Die "MiniAdder" kann in weniger als einer Sekunde wieder schussbereit sein. Da bleibt kein Raum für lange Übersetzungen im Getriebe. Drehmomentstarke Motoren sind aber teuer, klobig und schwer.

    Die "alten" Modelle werden nicht vom Markt verschwinden, sondern viel preiswerter weiter im Angebot bleiben. Sie werden den Einsteiger- und Freizeitmarkt bedienen. Magazin-PABs wird man demnächst ab 100 € bekommen, von etlichen Herstellern. Aber eben mit "Sehnenschubser" Schloss und Low-Cap-Magazin.

    3. Pfeilgewehre

    Hier werden wir vor allem in den USA den Erfolg der neuen mehrschüssigen Varianten sehen. Die ersten Prototypen wurden schon vorgestellt und die Leistung ist beeindruckend. Über 500 fps und schnelle Schussfolgen, das wird für einige Nachfrage sorgen. Umarex, AEA, FX Airguns werden schon bald die ersten Ankündigungen herausbringen.

    In Deutschland werden wir VIELLEICHT 7,5 Joule Versionen sehen, obwohl selbst bei sehr leichten Pfeilen da der Spaß doch sehr eingeschränkt sein dürfte.

    4. Waffengesetz

    Die immer besser werdenden Produkte werden einerseits natürlich Bestrebungen zur Verschärfung der Gesetze weiteren Vorschub geben. In dieser Legislaturperiode sehe ich aber keine solche Verschärfung. Die FDP stellt sich klar gegen eine Waffenrechtsnovelle und fordert zunächst "Evaluierungen" der alten Gesetze. Das wird dauern. Zudem gibt es noch viel größere Streitpunkte in der "Ampel", was hinreichend bekannt sein dürfte. Ich will diese Themen hier gar nicht ansprechen, aber man streitet sich im Moment um wichtigeres als um Armbrüste in der Koalition.

    Meine Prognose: Wenn nicht etwas Schlimmes passiert mit Armbrüsten (HOFFENTLICH NICHT), dann werden wir in den nächsten paar Jahren keine relevanten Verschärfungen sehen.

  • Ich ergänze Mal noch ein bisschen, wenn erlaubt :)

    Bei Jagdarmbrüsten werden sich Reverse Cams immer weiter durchsetzen und auch bei den absoluten Einsteigerserien öfter vertreten sein.

    Nicht 2023, aber in den nächsten Jahren läuft wohl Scorpyds Patent auf Reverse Draw (Reverse Limbs) aus und die Lizenzgebühren für Modelle mit Reversed Limbs fallen weg.

    Dann wird diese effizientere Bauweise schlagartig Überhand nehmen und nahezu alle Hersteller werden diverse Reversed Limb + Reversed Cam Modelle vorstellen. Außer wohl Excalibur :D

    Dadurch wird dann glücklicherweise das Auszugsgewicht vieler Modelle wieder sinken (eine Deathstalker LT erreicht beispielsweise über 400 FPS bei 400 Grain mit "nur" 160 LBS, eine Flatline 460 hat aber rund 300 LBS da keine Reversed Limbs und natürlich auch mehr Speed).

  • Für mich ist vor allem relevant, dass wir nicht aufgrund von Verschärfungen des Waffenrechts von der technischen Entwicklung im AB-Bereich abgekoppelt werden oder dass es zu einer Registrierungspflicht kommt.

    When any nation mistrusts citizens with guns it's sending a clear message that the government has evil plans.

    - George Washington -

  • JMBFan

    Als Armbrustsammler interessiert mich natürlich, was sich so bei anderen Sammlern an Exoten und Besonderheiten angesammelt hat. :S

    zu 1. Ich denke der need for speed wird weitergehen. 600 Fps sind ja bereits gefallen, 700 Fps sind auch möglich, es stellt sich nur die Frage ob das auch in der Großserien passieren wird. Wie haltbar werden solche Geräte im Alltag sein und wie aufwendig in der Wartung? Schon heute sind die Intervalle für Sehnen und Kabelwechsel im Hochleistungsbereich teilweise kurz. Dieser ganze Trend steht und fällt mit dem nordamerikanischen Markt und den gesetzlichen Vorgaben für die Jagd. Deutschland und Europa, genau wie die sportliche Neutzung von ABs spielen dafür kaum eine Rolle.

    Ziele sehe ich nicht als Problem, selbst Pfeile mit über 500 Fps lassen sich gut ziehen. Bei Preisen von 3000-5000€ für AB und ZF ist ein Ziel für 300€ oder ein AroJac nicht das Hindernis.

    Die Möglichkeiten solche Geräte zu nutzen sind auch nicht besser oder schlechter als für eine 380 Fps Armbrust, wenn man sich nicht mit 50 Meter zufrieden gibt. Das ist Hop oder Top entweder man hat die Entfernung zur Verfügung oder nicht, ob es um 100 oder 150 Meter geht macht da nicht den Riesenunterschied. Interessant ist viel mehr welche Interpretation des WaffG sich in Behörden durchsetzt, wenn es schlimm kommt ist nicht mal die PAB im Keller erlaubt.

    zu 2. Da sehe ich in Teilen ähnlich, Schade nur das es bisher keine wirklich hochwertigen Modelle auf dem Niveau von Tenpoint o.ä. gibt, der Markt ist vermutlich zu klein. An den technischen Limitationen der MagazinABs sehe ich leider keine Fortschritte, 2 Vanes, geringe Genauigkeit usw.

    Ohne sehr hohe Sicherheit vor Leerschüssen sind auch der Leistung Grenzen gesetzt. Mehr Leistung = geringe Kadenz, da kann man auch eine normale AB nehmen oder hohe Kadenz und Leistungen im/knapp über dem F-LG Bereich. Vielleicht weicht das in Zukunft auf? Mit steigendem Preisniveau dürfte die Hauptkäuferschicht abnehmen, das setzt Grenzen in Leistung, Qualität und Genauigkeit.

    zu 3. mehrschüssige Pfeilgewehre könnten ein neuer Trend werden aber ich glaube sie werden den „Erfolg“ der Twinstrike teilen. Der jagdliche Mehrwert ist gering, man hat fast immer eine Chance, nicht zwei oder sechs. Bleiben die Freizeitnutzer aber warum sollte man sich das antun, wenn eine .22 viel günstiger und unkomplizierter zu Nutzen ist? Man darf nicht vergessen das Pfeilgewehre trotz der eindeutigen Vorteile bisher in Nordamerika mehr ein Nischenprodukt sind obwohl sie z.T. zur Jagd freigegeben sind.

    zu 4. ich sehe das Veto der FDP nur als Aufschub, es wird weitergehen mit Versuchen das WaffG zu verschärfen, vielleicht nicht dieses oder nächstes Jahr aber es werden sich Politiker finden die gefühlte Sicherheit „verkaufen“, ironischerweise ein Spiegelbild von Teilen der Magazinarmbrustszene.