Hallo,
ein gutes Gewehr ist hilfreich, wenn man bei einem FT-Wettbewerb möglichst zuverlässig treffen möchte.
Welcher finanzielle und zeitliche Aufwand wird betrieben, um die Streukreise der Waffe möglichst klein zu bekommen, damit man als Schütze etwas mehr in der Hitzone „rumwackeln“ darf!
Merkwürdigerweise sind viele Schützen bereit, sehr viel Geld und Zeit in die Waffentechnik zu investieren, aber nur wenige investieren in andere Ausrüstungsgegenstände, die meines Erachtens nicht weniger wichtig sind.
Bereits hier möchte ich anmerken, dass mir klar ist, dass sich nicht jeder FT-Schütze eine Ripley mit Paul Wilson Schaft leisten kann, dass für etliche Schützen mit einem einigermaßen FT-tauglichen Gewehr das finanzielle Ende der Fahnenstange erreicht ist und optimierte Funktionskleidung vom Etat her einfach kaum noch möglich ist. Vielleicht ist es aber auch gerade dann, wenn man sparen muss, wichtig, nicht dreimal das Falsche zu kaufen sondern möglichst direkt eine brauchbare Ausrüstung. Ich ärgere mich noch heute über meine Fehlinvestitionen in „preiswerte“ Zielfernrohre, bei Bekleidung habe ich zum Glück weniger Geld in den Sand gesetzt.
FT Wettbewerbe werden bei jedem Wetter, zu jeder Jahreszeit geschossen. Nur ein entspannter, relaxter Schütze hat einen optimal ruhigen Anschlag und es ist sehr schwer, entspannt und relaxt zu sein, wenn man bis auf die Haut durchnässt oder zitternd vor Kälte an den Lanes sitzt.
Ganz übel ist es auch, wenn man „im eigenen Saft schmort“, weil die Kleidung so atmungsaktiv ist wie eine Plastiktüte, oder wenn man von soviel „sperrigen“ Klamotten umgeben ist, dass man sich kaum noch bewegen kann und keine Chance hat, in den gewohnten Anschlag zu kommen.
Das erste Foto zeigt drei regen- und winddichte Jacken. Die hellgrüne Jacke (ca. 10 Euro) rechts unten stammt aus einem Geschäft für Berufsbekleidung, besteht aus PVC/Polyester, wirkt „gummiert“, ist sehr schwer, schränkt die Bewegungsfreiheit ein und ist absolut kein bisschen atmungsaktiv. Sie wärmt nicht und muss bei tieferen Temperaturen über der anderen Kleidung als reiner Regenschutz getragen werden. Das Teil habe ich einen Tag lang auf der WM 2006 in Polen über den Parcours geschleppt, dann gab es zum Glück als Werbegeschenk eine Jacke von Schmidt&Bender (nicht auf dem Foto), zwar nicht regendicht, aber wind- und regenabweisend, federleicht und atmungsaktiv. Wirklich nicht schlecht gegen den kleinen Sommerregen. Die hellgrüne Jacke kommt ins Auto, falls ich mal bei Regen einen Reifen wechseln muss, schade, dass sie nicht orange ist.
Für die Irish Open habe ich mir dann von Frankonia einen „Shellbrook Rainsuit“ (ca. 25 Euro) zugelegt, die Jacke ist auf dem Foto links unten abgebildet, die Hose kommt später. Der Überzieh-Anzug besteht aus 100% Polyester/PVC, macht einen wertigen Eindruck und ist recht leicht. Kaum in Irland angekommen, wurden wir von feinem Nieselregen begrüßt. Ich streife die Jacke über, nach zwei Minuten muss ich sie wieder ausziehen. Unerträglich! Ich hatte das Gefühl, ich ersticke unter dem Ding, absoluter Hitzestau. An den nächsten Tagen im Wettbewerb bin ich lieber nass geworden, als das Teil noch einmal anzuziehen. Vielleicht wird’s besser, wenn man die Kombi in der Waschmaschine wäscht. Möglicherweise wird eine Schmidt&Bender Qualität draus, nicht mehr wirklich dicht, aber dafür tragbar.
Die oliv/braune Jacke oben mittig im Bild und auch im unteren Foto habe ich mir gestern gekauft, um das Thema „Regenjacke“ definitiv für mich zu beenden. Ein anderer Schütze und Freund hatte in Irland genau diese Jacke und mich voll davon überzeugt, dass man eben manchmal etwas mehr investieren sollte. Danke Willi. Es ist eine Fjäll Räven Jacke, Modell Brenner (299 Euro). Diese Jacke ist so gut, dass man sie gar nicht mehr ausziehen möchte und hat mich dazu gebracht diesen Beitrag hier zu schreiben.
Bis auf den Hochsommer kann man sie praktisch das ganze Jahr über tragen, da das wärmende Innenleben dank Reißverschluss herausgenommen werden kann. Die Jacke ist leicht, schränkt die Bewegungsmöglichkeit kaum ein, besteht aus unkaputtbarem „G-1000“ Gewebe (65% Polyester, 35% Baumwolle) und zusätzlich einer absolut regendichten aber dennoch atmungsaktiven Membran, die irgendwie ein „Wohlfühlklima“ erzeugt. Ich will jetzt hier keine Werbung für Fjäll Räven machen, sicher gibt es auch von anderen Outdoor-Kleidungsfirmen wie Jack Wolfskin vergleichbare Produkte. Wirklich gut an dieser Jacke finde außerdem, dass man sie nicht nur zum Schießen anziehen kann, sondern auch im normalen Alltag. Damit relativiert sich der hohe Preis für mich etwas.
Das Foto zeigt drei Funktionshosen. Links die regendichte Hose des „Shellbrook Rainsuit“, in der Mitte eine nicht regenabweisende „Jagdhose“ aus 100% Baumwolle (ca. 50 Euro) und rechts die absolut regendichte und atmungsaktive Fjäll Räven Hose (149,- Euro), aus dem gleichen Materialmix wie die Jacke. Jagdhose und Fjäll Räven Hose besitzen beide Abnäher an den Knien. Diese „Vorformung“ erleichtert sowohl den Kniend-Anschlag als auch die FT-Sitzend-Position, sind aber aus diesem und anderen Gründen leider nicht alltagstauglich. Die einfache Hose ist prima für den Hochsommer (auch wenn die Beine mal nass werden sollten), Die Fjäll Räven Hose für den Rest des Jahres, bei tiefsten Temperaturen eben mit Thermo-Unterwäsche.
Ich zeig hier einfach mal meine Unterwäsche , zwei lange Thermo-Hosen und ein Thermohemd. Die linke Thermohose und das Hemd sind von Patagonia, die Hose in der Mitte von Lowe Alpine. Diese Thermo-Wäsche habe ich mir vor etwa 3 Jahren gekauft, vor meinem ersten FT-Winter. Ich war geschockt von dem Preis, den ich damals bezahlt habe, aber diese Sachen sind jeden Cent wert. Dazu kamen noch zwei Paar Thermo-Socken und die Thermoweste auf dem nächsten Foto. Diese Unterwäsche ist die Basis für entspanntes Schießen bis -20° Celsius.
Das ist meine geniale Thermo-Unterjacke, die ich eigentlich fast das ganze Jahr als Überjacke trage. Sie wiegt nichts, man spürt sie nicht, sie schafft ein perfektes Wohlfühlklima von +17°C bis kurz unter den Gefrierpunkt. Nichts stört den Anschlag, absolut perfekt. Mir ist es ein Rätsel, wieso diese Jacke von Mammut ( 100% Polyamidstoff mit Membrane und auch sehr teuer) über einen so großen Temperaturbereich immer ein angenehmes Gefühl gibt. Daneben eines dieser üblichen Fleece-Shirts, die superleicht sind, sich prima tragen und schön wärmen ohne dick aufzutragen.
Schuhe, ganz wichtig. Ich habe zwei Paar, die ich zum Schießen, aber auch sonst im Winter trage. Die Meindle Schuhe (rechts) sind mit GoreTex ausgerüstet und schon sehr warm, ich trage sie nur im Winter. Die Lowa links sind stabile Trecking-Leder-Schuhe ohne jede Membran, die ich mir für den Sommer gekauft habe. Entsprechend gewachst oder gefettet sind sie absolut wasserdicht. Bei den Irish Open jetzt im August war der Schlamm manchmal knöcheltief, da geht es einfach nicht ohne derartiges Schuhwerk. Die Schuhe stabilisieren außerdem das Fußgelenk und damit den Anschlag in jeder FT-Schieß-Position. Im Sommer schieß ich auch gerne in ganz normalen Halbschuhen, bequem und easy - und wenn ich entspannt bin, wahrscheinlich auch nicht schlechter - aber in einem Wettbewerb geben die abgebildeten Schuhe einfach mehr Halt (vielleicht auch nur für die Psyche?).
Wenn einen die Sonne blendet, wird der Blick durchs Zielfernrohr zur Qual! Ohne Schirmkappe geht dann kaum noch etwas, außer man blickt durch einen dieser Gummi-„Enhancer“, die das ZF dicht mit dem Ziel-Auge koppeln (und das andere Auge bleibt geschlossen). Beim einem Prellschlaggewehr kann es aber mit einem Enhancer schwierig werden . Ganz übel ist auch das Seitenlicht, deshalb habe ich mir eine Kappe zugelegt, an der seitlich über Klettverschlüsse „Scheuklappen“ angebracht werden können. Das Auge stellt sich auf das Umgebungslicht ein (Adaption). Sitzt man im Hellen und schießt ins Dunkle (von der hellen Wiese in den dunklen Wald) sind die Augen auf „hell“ adaptiert und können somit im Dunklen kaum etwas erkennen. Da hilft nur Abschatten…Abschatten ..Abschatten
Im Winter darf die Schirmmütze ruhig auch etwas wärmer sein, mit Ohrenschützern ausgerüstet. Und dann brauch man auch Handschuhe, ein tiefgefrorener Abzugsfinger fördert nicht das entspannte Schießen, und wenn die Finger so klamm sind, dass man kaum noch den Diabolo einführen kann, hört der Spass am Schießen auf. Ich habe mir meine (normalen) Handschuhe so präpariert, dass Daumen und Zeigefinger meiner Abzugshand vorne so geschlitzt sind, dass ich die Finger zum Laden und Abziehen rausstrecken kann. Ein breites Gummi schließt nachher den Schlitz wieder.
Tja, natürlich bin ich von all dem, was ich oben geschrieben habe überzeugt ……
Aber andererseits habe ich mein bisher bestes Ergebnis in einem Wettbewerb ohne all diese HighTech Klamotten erzielt und es hat geregnet, heftig geregnet. Ich war den ganzen Wettbewerb klatschnass, meine 97k bis hin zur Hauptfeder am nächsten Tag angerostet, zwei Schüsse gingen daneben, weil sich das Laufgewicht (der Lauf vielleicht auch) mit Regenwasser gefüllt hatte. Aber alles andere hat an diesem Tag wohl gestimmt, ich war klatschnass aber entspannt und konzentriert.
Sehr oft denk ich an Andy Calpin, ehemaliger FT-Weltmeister und einer der besten englischen Schützen überhaupt. Andy hat die letzte Weltmeisterschaft in Polen in Shorts und „Sandalen“ geschossen. Locker, lässig und erfolgreich.
Hmmm, Stuart Hancox ist auf der Irish Open im kompletten Fjäll Räven Tarn-Jagd-Outfit erschienen ... und hat gewonnen.
Es kommt also nur darauf an, dass man als Schütze wirklich entspannt sein kann, egal wie. Gute Kleidung kann dabei helfen.
Viele Grüße
Musashi