Man hat mich gebeten, mal etwas zum Thema Vorderlader zu schreiben. Auch umso vielleicht etwas von der Faszination des Schießens mit Waffen aus vergangenen Zeiten herüber zubringen und eine generelle Neugier zu wecken. Da in der kürzlichen Fragestellung im Forum ausdrücklich das „echte“ Vorderladerschießen gemeint war, spare ich das sog. Indoorschooting mit dafür umgerüsteten VL ohne Schwarzpulver aus. Zum echten VL-Schießen gehört nun einmal das Schwarzpulver dazu.
Fangen wir mit den gesetzlichen Voraussetzungen an.
Das Schießen mit Vorderlader bedarf eines dafür zugelassenen Schießstandes. Nicht alleine eine Zulassung für Großkaliberwaffen genügt, sondern die Abluftanlagen in Raumschießanlagen müssen dafür ausgelegt sein, wie auch zusätzliche Einrichtungen. Leider bemühen sich nicht alle Standbetreiber um eine solche Zulassung, obwohl die Anlage das prinzipiell zulassen würde. Wer ein für VL zugelassenen Schießstand in der Nähe hat, sollte sich glücklich schätzen.
Da das VL-Schießen keine Ausnahmen in der Alterserfordernis wie KK und Flinte zulassen, muss der Schütze volljährig sein. Ein sog. Pulverschein ist zum eigentlichen Schießen und zum Kennenlernen nicht zwingend erforderlich. Nur das Laden muss ein Erlaubnisinhaber durchführen. Der Schütze bringt dann das Anzündmittel kurz vor dem Schießen selbst an und macht die Waffe damit schussfähig.
Es gibt zwei Wege um das nötige Schwarzpulver zu bekommen, bzw. es auch verwenden zu dürfen. Der erste Weg ist der sog. Pulverschein. Die weniger bekannte Möglichkeit ist für Sportschützen mit gelber WBK vorbehalten. Man kann sich darauf eine mehrschüssige Kurzwaffe mit Perkussionszündung – also einen Revolver - eintragen lassen. Die gelbe WBK inkludiert automatisch den Munitionserwerb für alle darin eingetragene Waffen. Nun kommt der Umstand hinzu, dass fertig portioniertes und kalibergroß gepresstes Schwarzpulver als sog. Pulverpresslinge als Munition gelten. Leider hat die Sache gleich drei Nachteile: Da man die Presslinge nicht bearbeiten darf, kann man die Ladung nicht zur Verbesserung der Schussgenauigkeit an der Waffe anpassen. Weiterhin gelten sie als nicht ganz so zündfreudig, wie loses SP. Letztlich sind sie schweineteuer. Schon vor 10 Jahren hat eine Packung mit 48 Presslingen 24 € gekostet. Also genau 50 ct. Pro Schuss. Das ist auch der Grund, warum diese schwer zu bekommen sind.
Daher strebt man recht schnell zur Erlaubnis nach § 27 Sprenggesetz oder einfach Pulverschein, wie er unter den Schützen genannt wird. Diese Erlaubnis regelt den Umgang mit Treibladungsmitteln, wie das (Schwarz)Pulver offiziell genannt wird. Um diesen Pulverschein beantragen zu können, schreibt der Gesetzgeber einen Fachkundelehrgang vor, der mit einer Prüfung abschließt. Hat man das Zeugnis in Händen, benötigt man einen Bedürfnisnachweis. Der Jäger ist fein raus, denn das reicht aus. Der Sportschütze benötigt eine formlose Bestätigung, dass er als mindestens 6 monatiges ordentliches Mitglied dem Verein angehört und regelmäßig am Trainingsschießen teilnimmt.
Diese Erlaubnis regelt den Umgang mit den erlaubten Treibladungsmitteln, wie auch die erlaubten Mengen, die man innerhalb des Gültigkeitzeitraumes von 5 Jahren erwerben darf. Meist sind 5 bis 10 Kg als Kontingent eingetragen. Der Handel trägt nun jede gekaufte Pulverflasche in diesem Pulverschein ein, damit die Mengen nachvollziehbar sind. Endet die Gültigkeit, so muss man den Pulverschein einfach verlängern lassen. Dazu sind kein neuer Lehrgang oder andere Nachweise erforderlich.
Lagerung des Pulvers ist immer ein besonderes Thema. Die Lagerung ist grundsätzlich nur in unbewohnten Nebenräumen oder Nebengebäuden gestattet, die nicht zum dauernden Aufenthalt von Personen dienen. Somit sind Küche, Büro, Schlafzimmer usw. tabu. Aber die Besenkammer, die Waschküche oder ähnliches sind zulässig. Das hat nun nicht jeder zur Verfügung, insbesondere die Mieter kleiner Wohnungen. Dann kann der Sachbearbeiter auch einen Pulverschrank im Badezimmer zulassen. Man ahnt es damit, man muss den vorgesehenen Lagerraum bei der Beantragung der Erlaubnis angeben.
Nun zu den zulässigen Mengen. Hat der Raum eine Druckausgleichsfläche in Form eines Fensters zur Verfügung, dürfen maximal 1 Kg SP oder (!) 3 Kg NC-Pulver gelagert werden. In Nebengebäuden erhöhen sich die Mengen auf 3/5 Kg. Es gibt aber zwei Ausnahmen: Ist das SP in sog. Safe Tubes gekauft worden, wird es der Lagergruppe von NC zugehörig. Safe Tubes ist normales SP, jedoch in 16 Einzelröhrchen aus Kunststoff a‘ 62,5 g verpackt. Ebenso Schwarzpulverersatzstoffe, wie Tripple Seven oder Pyrodex sind lagermäßig wie NC. Allerdings ist auf Schießständen des DSB nur richtiges SP zugelassen und die Ersatzstoffe darf nur derjenige erwerben, der dafür auch den Eintrag im Pulverschein hat.
Was kostet der Pulverschein?
Neben der nötigen Mitgliedschaft in einem Schützenverein, braucht man zur Teilnahme an einem Fachkundelehrgang eine Unbedenklichkeitsbescheinigung. Das stellt die Waffenbehörde nach Prüfung der Zuverlässigkeit für ca. 50 € aus. Dieser Bescheinigung ist ein Jahr gültig und ist eine zwingende Voraussetzung für die Teilnahme an einem Lehrgang. Die Kurse nur für VL liegen bei 100 €, in Kombination mit Wiederladen sind um die 180 € üblich.
Kann jeder den Lehrgang mitmachen?
Der Sportschütze muss mindestens 21 Jahre alt sein, bei Jägern kann man eine Ausnahme erwirken, die ihm eine Teilnahme ab 18 Jahren zulässt. Bei Sportschützen macht der Pulverschein nur Sinn, wenn dieser auch Vereinsmitglied mit entsprechenden Schießmöglichkeiten eines Vereines ist. Jedoch ist die Mitgliedschaft keine Voraussetzung zur Teilnahme an einem Pulverlehrgang, wie auch keine WBK vorhanden sein muss.
Zu den Waffen.
Erlaubnisfrei im Erwerb und Besitz sind alle einschüssigen Waffen, die entweder im Original oder dem Nachbau einer Waffe entsprechen, die vor dem 1871 entwickelt worden ist. Deswegen ist der Revolver oder der besondere Tingle vollumfänglich erlaubnispflichtig. Letztere muss sogar auf der grünen WBK, was ein Einzelbedürfnis erforderlich macht. Was keine WBK bedarf, darf auch wie die sonst üblichen Waffen gelagert werden. Also unter Einschluss, wie auch das „F“ Luftgewehr oder Opas Bajonett.
Auch die Vorderlader z.B. den günstigen spanischen Hersteller Ardesa zünden einwandfrei. Allerdings sind das keine wettkampftauglichen Waffen. Verarbeitung und insbesondere der Abzug sind einfach gehalten. Aber zum Kennenlernen reicht das völlig aus. Neue Vorderladerpistolen mit Perkussionsschloss fangen ab etwa 150 € an. Wettkampftaugliche Waffen beginnen ab etwa 500 €.
Vorsicht bei Gebrauchtkäufen. Unbedingt bei Perkussionswaffen nach Gängigkeit des Pistons, sowie Rostfreiheit fragen. Ungepflegte Waffen sind vielfach vergammelt oder haben ein vernudeltes oder festgebackenes Pistongewinde. Anfängern rate ich zu Waffen mit Perkussionszündung. Sie sind einfacher handzuhaben, zu schießen und zu reinigen.
Übrigens sind auch sogar Kanonen im Originalkaliber frei ab 18 Jahren erwerbbar und prinzipiell zum Schießen zulässig. Allerdings findet sich zumindest in Deutschland nur schwerlich ein zugelassener Schießstand für Kanonen.
Was braucht man sonst noch?
Ich empfehle ein Set aus kombiniertem Putz- und Ladestock. Die Spitzen lassen sich wechseln und als Set liegen alle benötigten Spitzen, wie auch Reinigungsbürsten bei, wie acu der wichtige Mündungsschutz aus Kunststoff. Im Moment finde ich nichts Besseres als das Set von Frankonia, hier als Set für Kal. .36 bis .45.
https://www.frankonia.de/p/stil-crin/pu…query=ladestock
Wer mag kann auch gern das Luxus-Set von Pedersoli zum 4-fachen Preis kaufen. Aber dort liegt eine Pulverflasche bei, dessen Verwendung auf allen deutschen Schießständen (aus gutem Grund) verboten ist und zwar sowohl als Schwarzpulverbehälter, wie auch als Füllflasche für Zwischenmittel. Weiterhin sind Röhrchenbox für 50 od. 100 Pulverröhchen zwingend, wie auch eine Schutzbrille und Gehörschutz. Ein Pistonschlüssel sollte auch nicht fehlen.
Kugeln – in allen VL-Kurzwaffen werden Rundkugeln aus Weichblei verschossen. Diese werden mit einem sog. Patch, oder Schusspflaster verladen. Der sorgt für die Abdichtung und Übertragung des Laufdralls. Die Auswahl des richtigen Kugelmaßes und der Schusspflasterdicke sind ein wenig kniffelig, weil das Setzen auch nicht zu stramm erfolgen sollte. Da muss man sich beraten lassen und ggf. probieren. Ich habe meine Ardesa lange Zeit mit einer 11,15’er Kugel mit 0,10 mm Patch, bzw. 11,05 mm mit 0,2 mm Patch geschossen. Zusammen mit 1,3 g SP rumst das schon ordentlich.
Außer Kugel und Patch wird noch eine Befeuchtung und Ölung für das Patch benötigt. Puristen können auch das Patch mit Spucke anfeuchten.
Der Ladevorgang ist einfach. Hahn in den Laderast und aus zu Hause in Röhrchen portionierten Pulvers wird das Pulver in der senkrecht gehaltenen Waffe eingeschüttet. Auf der Laufmündung wird das Patch so gesetzt, dass die folgende Kugel möglichst genau zentriert liegt. Dann kann die Kugel mitsamt des Patches in den Lauf auf das Pulver geschoben werden. Es ist sehr wichtig, dass zwischen Kugel und der Ladung kein Hohlraum ist. Das kann die Waffe beschädigen.
Übrigens, man soll nicht annehmen bloß weil das Schwarzpulver, wie auch die Waffenkonstruktion mehrere Jahrhunderte alt sind, haben die weder Leistung noch Präzision. Eine Rundkugel aus einer Kurzwaffe geschossen erreicht durchaus 200 Joule. Ein VL-Gewehr ab Kal. .54 mit strammer Ladung wäre sogar als Hochwildwaffe zugelassen, die eine Mindestenergie von 2000 Joule in 100 m (!) haben muss. Das hat die Fachzeitschrift DWJ mal ausführlich getestet.
Was die Präzision betrifft, so las ich mal einen Vergleich. Angetreten war eine Sig Sauer X-Five im Kal. .45 ACP und ein Unterhammer VL im Kal. .36. Schussentfernung übliche 25 m. Ratet mal wer als Sieger hervorging?
Zurück zum Schießen. Es ist Vorschrift, dass der Schütze seinen VL auf einen dafür vorgesehenen Tisch auf dem Schießstand lädt und auch schon Schutzbrille und Gehörschutz aufgesetzt hat. Dieser Tisch ist in der Regel der Schützenlinie abgewandt. Erst an der Schützenlinie macht der Schütze auf Anweisung der Schießstandaufsicht seine Waffe durch Aufbringen des Zündmittels schussfertig. Den Schuss selbst würde ich als kanonengleich tiefgründig und kräftig beschreiben. Kurzwaffen bis Kal. .45 schießen mit deutlichen, aber ohne kräftigen Rückschlag. Vorderlader werden stehend und einhändig geschossen, ähnlich wie die KK-Kurzwaffendisziplinen.
Zwar ist das Schießen mit VL-Revolvern, Steinschloss oder gar Luntenwaffen ähnlich, aber da der Beginner höchstwahrscheinlich mit den in jeder Hinsicht einfacheren Vorderladerpistole mit Perkussionszündung anfangen wird, spare ich mir weitere Ausführungen. Alles Weitere wird sich dann ja ergeben, so man ein neues Hobby gefunden hat.
Nach dem Schießen
sollten die Vorderlader unbedingt möglichst schnell gereinigt werden. Die Schwarzpulverrückstände sind sehr korrosionsfördernd, aber, und das ist das Praktische, sie sind leicht wasserlöslich. Üblicherweise hakt man den Lauf aus der Schäftung, schraubt das Piston raus und spült den Lauf dann gründlich mit heißem Wasser durch. Man kann auch gerne eine Bronze- aber nicht Messingbürste, verwenden. Anschließend möglichst schnell trocknen und danach gründlich einölen. Das Piston wird mit einem Pfeifenreiniger gereinigt und mit temperaturbeständigem Fett wieder eingeschraubt. Das verhindert ein Festbacken des Pistons. Direkt vor dem Schießen jedoch nicht vergessen den Lauf wieder zu entölen.
Mancher Schütze kommt nicht direkt nach dem Schießen zum Reinigen der Waffe und hält es für eine gute Idee Waffenöl in den Lauf zu sprühen. Es hemmt natürlich den Rostansatz, aber leider auch die immer noch notwendige Reinigung. Die Rückstände des Schwarzpulvers saugen sich mit dem Öl voll und das macht sie wasserabweisend. Zusammen mit dem Umstand, dass man bei VL den Lauf nicht „durchputzen“ kann, erschwert das die Reinigung enorm. Wenn man nicht zum baldigst zur Reinigung kommt, kann man besser sog. Reinigungssolvente speziell für Schwarzpulver kaufen und nach dem Schießen einbringen und ein paar Tage später reinigen. Nach meiner Erfahrung kann man schon in ein paar Tagen nach dem Schießen ohne Reinigung ersten Flugrost sehen.
Übrigens – Schwarzpulver erzeugt 54 % Rückstände, die auch noch wasseranziehend sind. Die Rückstände fliegen während des Schusses zum Großteil aus dem Lauf, aber es verbleibt dennoch ein großer Anteil im Lauf. Man merkt das schon beim Setzen ab der 5. bis 7. Kugel, die sich dann fühlbar schwerer in Lauf schieben lässt.
Schießkosten
Fertige Rundkugeln liegen im „Alle-Welt-Kaliber“ .45 so etwa bei 14 € pro 100 Stk. 100 Schusspflaster kosten 5 – 8 €. Loses Schwarzpulver in 1 Kg Gebinden ab etwa 30 €. Ein Kilo SP reicht für gut 700 Schuss (20 Grain als Standard für .45). Zündhütchen für Perkussion etwa 8 € pro 100. Verschleiß oder Ersatzteile werden so gut wie nie gebraucht, allenfalls das Piston brennt mit der Zeit aus. Das dauert aber sehr lange und kostet dann im Ersatz ca. 5 - 7 €. Bei Steinschlosswaffen muss der Flintenstein so alle 20 - 30 Schuss überarbeitet oder ersetzt werden.
Man muss bedenken, dass man mit einem VL wesentlich weniger Schüsse am Schießabend abgibt, als mit einer Patronenwaffe, wo dann am Abend auch durchaus mal 2 – 3 Packungen weggeschossen werden. Insgesamt bleiben die Kosten im sehr überschaubaren Rahmen. Aber wie bei jedem Hobby muss eine Anfangsausstattung her, die nicht für ein paar Zehner zu haben ist.
Ich möchte meine Ausführungen mit der Empfehlung schließen, sich einfach mal in der Wohnumgebung nach Schützenvereinen umzuschauen. Gäste sind immer willkommen, zuschauen darf jeder und meistens auch mal unter Aufsicht und Anleitung schießen. Vielleicht entdeckt der Eine oder Andere ein neues Hobby, was seine eigene Faszination ausübt. Letztlich lieben wir alle den speziellen Geruch des Schwarzpulvers, was wohl jeder spontan an Silvester erinnern wird. Wer will kann das dann jede Woche haben.
In diesem Sinne
Allzeit Gut Schuss