"Frontal 21" zum Thema Notwehr (24. AUG '10)

Es gibt 39 Antworten in diesem Thema, welches 3.471 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (3. September 2010 um 16:57) ist von -HC-.

  • Am letzten Dienstag wurde das Thema Notwehr bei Frontal 21 (ZDF) behandelt.

    Rück betrachtet wurden drei Fälle von Notwehr/ Nothilfe, bei denen die Zivilcourage zeigenden Menschen dafür auch noch bestraft wurden:


    Nachzusehen in der Mediathek:
    http://frontal21.zdf.de/ZDFde/inhalt/8…8104680,00.html


    Schön, dass es auch noch Juristen gibt, die bei Verstand sind und es auch so sehen, wie man es alleine aus dem Bauch raus, mit reinem Gerechtigkeitssinn entscheiden würde und wie es laut Notwehrparagraph eigentlich auch gedacht und erlaubt ist.

    Auch wenn ich sonst kein Freund von Frontal21 bin, aber der Filmbeitrag ist gut und sehenswert!

    Fördermitglied des VDB.

  • Ohne Frage ein guter Bericht,
    nur ist es sehr Schade das es für einen normalen Bürger wirklich so schwer ist in einer Notsituation zu Helfen.

    Wer hat denn allen ernstes Lust sich zu unrecht eine Straftat bezichtigen und dann noch rechtgültig verurteilen zu lassen?
    Für den Inhaber einer WBK würde das den Verlust selbiger bedeuten, an die Folgen im Arbeitsleben mag ich garnicht denken.

    Mich persönlich stimmt das sehr nachdenklich und ich bin mir nicht sicher ob ich in so einer Situation noch helfen könnte.

    Wie Steve Lee in seinem Song "I give up my gun" schon sang: The scumbags got lawyers and rights so the law let´s them be.
    Die Mistkerle haben Anwälte und Rechte daher lässt sie das Gesetz in Ruhe.

    Traurig aber wahr.

    Gruß Nico

    AGB:
    1. Da der Autor dieses Schrifstückes Künstler ist fallen alle ortographischen Fehler unter die Künstlerfreiheit.
    2. Betreffend der Grammatik - siehe 1.

  • Willkommen in Deutschland - lächerlich.

    Edit: Gerade den letzten Fall des Berichtes gesehn und bin echt geschockt, dass er dafür in Gefängnis musste.
    In Amerika hätte er den Angreifer sogar niederschiesen dürfen, ohne Konsequenzen für ihn, aber hier kommt man sogar ins Gefängnis, weil man seine körperliche Unversehrtheit und sein Leben verteidigt.
    Wobei ich verstehe nicht, warum Staatsanwälte Anklage erheben.
    Es ist ganz klar geregelt:
    Eine Notwehrhandlung, die diesen gesetzlichen Kriterien entspricht, ist ein gerechtfertigter Eingriff in die Rechtsgüter des Angreifers und damit kein strafbares Unrecht. Sämtliche Individualrechtsgüter (etwa die unter § 34 StGB aufgeführten Rechtsgüter Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum) werden vom Notwehrparagraphen abgedeckt.

    Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Notwehr

    Einmal editiert, zuletzt von balux (29. August 2010 um 17:31)

  • Tja, da hilft dann nur noch wegschauen und hoffen das es einen nicht selbst trifft....arm für eine Gesellschaft, echt arm...und falls man nicht drumherum kommt lädt das echt dazu ein den Angreifer kalt zu machen (Tote klagen nicht hieß es schon beim Bund) und sich zu entfernen ohne Polizei oder Notarzt zu verständigen und zu hoffen das man nicht irgendwie gesehen wurde...

    Da passt es wohl gewissen Leuten nicht wenn die Leute sich wehren oder das anderen Leuten die in Gefahr sind geholfen wird. Gewaltmonopol liegt ja immerhin beim Staat, kann ja nicht sein. Dafür aber dann bei der Polizei sparen, die sind gar nicht so schnell da, da muss also im Endeffekt durch Leute die in der Nähe sind geholfen werden. Das wird ja auch immer gefordert nicht wegzuschauen, aber wenn mal einer hinschaut und was macht ist er auf gut deutsch der A*sch und wird vielleicht noch höher bestraft als der eigentliche Täter!

    Aber bei Juristen gilt ja oftmals eine eigene Auslegung der Gesetze, die leider sehr weltfremd ist und absolut nichts mit dem eigentlichen Gedanken zu tun haben den die Leute hatten die diese Gesetze erlassen haben. So grundlegende Aussagen wie "Das Recht braucht dem Unrecht nicht zu weichen" kennen diese Leute auch nicht...

    Zitat

    In Amerika hätte er den Angreifer sogar niederschiesen dürfen, ohne Konsequenzen für ihn, aber hier kommt man sogar ins Gefängnis, weil man seine körperliche Unversehrtheit und sein Leben verteidigt

    Und in Deutschland wäre das auch legal, allerdings würde dann in einem separaten Verfahren geklärt warum man eine Schusswaffe dabei hatte. Aber der eigentliche Einsatz würde, wenn gerechtfertigt, nicht bestraft. Und in den USA ist das auch nicht überall so, die haben kein einheitliches Waffenrecht wie wir, sondern da hat jeder Bundesstaat sein eigenes Gesetz, also in den USA hat man 52 Waffengesetze...

    "Was unterscheidet letztendlich den freien Menschen vom Sklaven? Geld? Macht? Nein! Der freie Mensch hat die Wahl, der Sklave gehorcht!"
    -Wenn du im Sarg liegst, haben sie dich das letzte Mal reingelegt!-

    Einmal editiert, zuletzt von germi (29. August 2010 um 18:56)

  • Mich persönlich würde einfach mal interessieren, ob auch nur eine(r) diese(r) Staatanwält(e)/-innen genug Hintern in der Hose hätte, jemandem zu helfen.
    Wahrscheinlich nicht.
    Diese Art Paragraphenreiter stellt Kleingeist und innovations-/emotionslose Mittelmäßigkeit dar. Eigentlich m.E. mit das Erbärmlichste, was die Gesellschaft zu bieten hat.

    Siehe der Fall Sven G. Hier wird der Täter auch noch rehabilitiert und entschädigt. Mit dem Segen des Gerichtes und mehr als €12.000. Hat sich ja richtig für ihn gelohnt.
    Was mag er jetzt daraus gelernt haben?

  • Tja, Germi

    das sag ich mir auch immer, wegschauen, aber ich glaube nicht, daß ich es könnte wenn wirklich not am Mann ist und dich schätze ich auch nicht so ein, daß du einfach weitergehen würdest wenn die Situation ganz offensichtlich brenzlich ist.

    Das blöde bei solchen Sachen ist ja, daß man so oder so am A*sch gekriegt werden kann, entweder weil du eingegriffen hast und einen Agressor zurückgehalten hast oder wegen unterlassener Hilfeleistung.

    Wenn selbst schon Juristen sagen, das Recht nichts mit Gerechtigkeit zu tun hat, dann will ich doch lieber dafür verurteilt werden, daß ich etwas getan habe. Ist ja auch nicht das Schlechteste, man kann sich wenigstens aussuchen welchen Tod man stirbt ;)

    Liebe Grüße

    Celtic

    Gott schütze meine Freunde, denn um meine Feinde kümmere ich mich selbst. ;D

  • Siehe der Fall Sven G. Hier wird der Täter auch noch rehabilitiert und entschädigt. Mit dem Segen des Gerichtes und mehr als €12.000. Hat sich ja richtig für ihn gelohnt.
    Was mag er jetzt daraus gelernt haben?

    Das geschäftsschädigendes Verhalten wie Notwehr für Kriminelle vom Staat streng verurteilt wird und für finanziellen Ausgleich für die geschäftlichen Verluste gesorgt wird!

    Wenn ein Staat, vertreten durch seine Judikative, auf Seiten des Verbrechens steht, sollte man wissen, wie man sich zu verhalten hat! Im Ernstfall sollte man als ehrlicher Bürger seinen Gegner ausschalten/wirksam stoppen und keinesfalls seine uniformierten Komplizen informieren - die kümmern sich sowieso lieber um Leichen und ihre Spuren ( gut gekühlt sind die auch noch nicht zu Staub zerfallen, bevor die Spurensicherung fertig ist :whistling: ).

    Mal ohne Ironie:
    Wer angegriffen wird, sollte so hart wie möglich dem/den Angreifer/n Paroli bieten und dann schnell das Weite suchen. Weiter nichts, denn alles Weitere reitet einen nur rein und hilft dem Kriminellen. Leider hat das mit einem Rechtsstaat wenig zu tun, ist aber die Realität.

  • Als ich den Bericht sah, hat sich mir der Magen umgedreht.

    Ich habe für mich folgende Konsequenz gezogen: wenn ich in eine solche Situation kommen sollte, versuche ich die Chancen einzuschätzen, nicht erkannt zu werden: entweder dem Angreifer ein volles Ding verbraten, daß er sicher liegen bleibt, auch für länger, oder mich unerkannt entfernen.

    Ich werde jedenfalls nicht meinen Ar.ch riskieren, damit mich irgendein realitätsfremder Richter verknackt.

    Da stellen sich Politiker hin und schwadronieren von "nicht wegsehen" und "Zivilcourage" und dann sowas. Da wird mir schlecht.

    Na klar, wenn die Polizei schon wenig außer Falschparker aufschreiben und Geschwindigkeitsüberschreitungen messen hinkriegt, kann man ja versuchen, die Arbeit auf die Bevölkerung abzuwälzen.

    Sonst ist ja auch kaum Geld zu machen.

    Gruß

    Wolfgang

    Es ist das edelste Privileg des Starken, sich auf die Seite der Schwachen zu stellen.

  • Wie sagte schon Mark Twain: Man muss die tatsachen kennen, bevor man sie verdrehen kann.


    Zitat

    § 33 StGB
    Überschreitung der Notwehr
    Überschreitet der Täter die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken, so wird er nicht bestraft.


    In Verbindung mit dem Grundsatz "in dubio pro reo" kann kein Richter der Welt nachweisen, dass man zu dem Zeitpunkt nicht verwirrt oder erschreckt war.

  • Auf Galileo sah ich vorhin zufällig, dass man Pfefferspray offenbar doch nur gegen Tiere benutzen und mitführen darf. Also auch nicht in Notwehr. :D

    Lasst denen ihre Seifenblase.

    "Why carry a gun? Cause a whole cop would be too heavy."

  • Auf Galileo sah ich vorhin zufällig, dass man Pfefferspray offenbar doch nur gegen Tiere benutzen und mitführen darf. Also auch nicht in Notwehr.


    In Rechtsfragen würde ich mich dann doch lieber an Prof. Volker Erb wenden und mich nicht auf die Aussagen dieser reißerischen Boulevard-Magazine des Privatfernsehens.

    Fördermitglied des VDB.

  • Auf Galileo sah ich vorhin zufällig, dass man Pfefferspray offenbar doch nur gegen Tiere benutzen und mitführen darf. Also auch nicht in Notwehr. :D

    Lasst denen ihre Seifenblase.


    In jedem Fall ist der Einsatz von Pfefferspray gegen einen Menschen als gefährliche Körperverletzung strafbar.[10] Die Strafbarkeit entfällt jedoch, wenn ein Rechtfertigungsgrund wie Notwehr vorliegt.
    Soviel zu Gallileo.

  • Auf Galileo sah ich vorhin zufällig, dass man Pfefferspray offenbar doch nur gegen Tiere benutzen und mitführen darf. Also auch nicht in Notwehr. :D

    Benutzen - in einer Notwehrsituation - wie schon gesagt, Ja.
    Mitführen zum Einsatz gegen Menschen, Nein.
    Bei Kontrollen nie sagen, dass man es auch gegen Menschen benutzen würde.

    Eine Notwehrhandlung, die diesen gesetzlichen Kriterien entspricht, ist ein gerechtfertigter Eingriff in die Rechtsgüter des Angreifers und damit kein strafbares Unrecht. Sämtliche Individualrechtsgüter (etwa die unter § 34 StGB aufgeführten Rechtsgüter Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum) werden vom Notwehrparagraphen abgedeckt.

    Hätte nicht gedacht das Ehre dazuzählt. Was bedeutet das nun in der Praxis? Eine Person beleidigt mich heftig und ich dürfte... mich verbal verteidigen ? Körperlich verteidigen/angreifen?

  • Die in dem Filmbeitrag gezeigten Fälle wurden hier ja auch schon in so manchem Thread über Selbstverteidigung, Notwehr und Zivilcourage genannt.

    Ganz sicher werden mich diese richterlichen Urteile nicht beeinflussen, mich im Falle eines Falles zu entscheiden - wegzulaufen, wegzusehen; nur die Polizei zu benachrichtigen oder beherzt einzuschreiten.

    Zumindest kann ich die Handlungsweisen der Nothelfer/ Notwehrer in den genannten Fällen nachvollziehen und würde ein ähnliches Vorgehen für mich nicht ausschließen.
    Jedoch hat auch der Fall Brunner leider gezeigt: ganz oder gar nicht!
    Man trifft heutzutage immer seltener auf Täter/ Verbrecher, die noch einen Hauch von Gewissen und Anstand haben und auch den Mut, sich Fehler einzugestehen und zumindest noch soviel Ethik und Menschlichkeit besitzen, von einem am Boden liegenden Opfer abzulassen.

    Sofern sich die Möglichkeit bietet, die Situation nicht auf sich zukommen zu lassen (z.B. Straßenseite wechseln), ist dies mein vorderstes Ziel. Wenn ich befürchten muss, dass ich mich in große Gefahr begebe (z. B. einer gegen zehn), werde ich auch eher versuchen, mittels Handy, o.ä. Hilfe zu holen. Und im schlimmsten Fall der Fälle werde ich auch konsequent vorgehen. Da wird es auch kein "Vorsicht, ich beabsichtige Sie mit Pfeffer einzusprühen. Das kann im Falle der Einnahme von Kokain zu letalen Wechselwirkungen führen. blablabla... wir ham uns doch alle lieb... blablabla" geben.


    Auch wenn man sich vor Richtern wie in München scheinbar mehr hüten muss, als vor den Schlägern selbst, kann und wird dies nicht mein Handeln bestimmen!

    Wie ich tatsächlich - im Fall des Falles reagieren werde, kann ich natürlich nicht verbindlich sagen.

    Doch wie heißt es so schön:
    "Vor Gericht und auf hoher See, da hilft Dir nur Gott!"

    in diesem Sinne...!

    Fördermitglied des VDB.

  • Schön, dass es auch noch Juristen gibt, die bei Verstand sind und es auch so sehen, wie man es alleine aus dem Bauch raus, mit reinem Gerechtigkeitssinn entscheiden würde und wie es laut Notwehrparagraph eigentlich auch gedacht und erlaubt ist.


    Toll und was kann man sich dafür kaufen, wenn man zu Unrecht im Bunker sitzt? NIX!


    Wer als Attackierter sich erfolgreich wehrt muß *mindestens 3 Messerstiche und 2 Schußverletzungen* vorweisen können um juristisch ungeschoren aus der Bretouille zu kommen. Normal in (D)eppenland, einmalig in der Welt!

    Nur soviel, wenn man angegriffen wird ist de facto niemals Polizei da und hinterher... :cry: Siehe Video!
    http://frontal21.zdf.de/ZDFde/inhalt/8/0…8104680,00.html

    Die 1. Flucht ist vor dem Angreifer (wenn möglich), nach evtl. Abwehr beginnt die 2. Flucht vor anklagewütigen StA-schaften.
    Ist der Angreifer weg, sollte man besser verschwinden, auch wenn man selbst Blessuren davonträgt
    Die Polizisten freut´s, kein Papierkram und selbst erspart man sich Ärger.

    Wer im naiven Glauben auf Hilfe wartet, wird neue Erkenntnisse gewinnen.
    Bei Frauen hingegen sieht es wieder anders aus....

    Frdl. Gruß!

  • Bevor ihr undifferenziert auf Juristen und Juristerei eindrescht: Gesetze sind notwendig abstrakt-generell und bedürfen im Einzelfall der Auslegung. Diese wird durch Menschen entsprechend ihrer Sozialisierung vorgenommen. Sie sind ein Spiegel der Gesellschaft. Ändert die Gesellschaft bzw. die Erziehung dere Mitglieder, dann wird sich auch die Rechtsanwendung ändern. Es ist ein Irrglauben, daß es "richtig" und "falsch", "gut" und "schlecht" absolut geben würde. Natürlich maßen "wir" uns an, vor allem retrospektiv alles besser zu wissen und über die einzig gültigen Werte zu verfügen. In 100 Jahren wird man über unser Gesellschaft auch anders denken als wirheute. Aber auch eher alltäglich gibt es beständigen Wandel - wenn ihr euch die bspw. in 60er Jahren zu Fragen der Sittenwidrigkeit und Notwehr ergangenen Urteil anseht, werdet ihr deutliche Unterschiede zu heute erkennen. Auch die Strafbarkeit von Homosexualität und sog. Kuppelei war nicht nur eine Frage des Gesetzes sondern auch der gesellschaftlichen Akzeptanz bzw. Bewertung. Derzeit schlägt das Pendel eben in eine Richtung aus, die hier mehrheitlich als falsch angesehen wird. Ist das aber auch nur die Mehrheit der Bevölkerung? Es gibt aber genügend "unverdächtig" wirkende Mitglieder der Gesellschaft, die bspw. jede Art von Gewalt egal zu welchem Zweck ablehnen (schwierig wird es aber dann, wenn sie dazu äußern sollten, ob der Kampf gegen die Nazis "richtig" war und ob man gegen Hitler bzw. das Nazireich nicht schon hätte früher Gewalt anwenden müssen).
    Also: Die Notwehrregelungen gibt es seit über 100 Jahren, ihre Auslegung und Anwendung erfolgt aber im wesentlichen entsprechend des Zeitgeistes. Es sind letztlich keine juristischen sondern (gesellschafts)politische Entscheidungen und Einflüsse, die - davon bin ich überzeugt - auch zu einer Verurteilung des Herrn Brunner geführt hätten, wenn er gesiegt und die beiden Täter nachhaltig zu Boden hätte schicken können. Denn er hat ja nicht "deeskaliert", ein "gutes Gespräch" geführt, auf die "Polizei gewartet" sondern im Gegenteil zuerst zugeschlagen.

    mfg, Dr.K.

  • Ich teile die Meinung von 5-atü, will heißen - wegschauen gilt nicht. Es könnte der Tag kommen da ich der Hilfe Dritter bedürfte. Sich von Fehlurteilen abschrecken zu lassen wäre so als würde man wegen der hohen Scheidungsraten nicht mehr heiraten oder wegen mancher unsinniger Verkehrskontrolle kein Auto mehr fahren. Für den Helfenden gilt aber, dass er einen kühlen Kopf behält. Notwehr hat nicht zum Ziel vorweggenommen zu bestrafen. Sie dient nur zur Beendigung eines gegenwärtigen Angriffs. So gut ich nachvollziehen kann, dass der Helfer in der U-Bahn dem Angreifer eine Abreibung verpassen wollte (ich will nicht ausschließen, dass auch ich einmal zuviel hingelangt hätte) sobald der Täter vom Opfer ablässt (sich abwendet) ist keine Notwehrsituation mehr gegeben. Daran gibt es nichts zu rütteln! Insoweit ist das Gesetz eindeutig.

    Im Übrigen ist es ausgesprochen schwierig einen Sachverhalt ohne dezidierte Faktenkenntnis beurteilen zu wollen. Der FRONTAL-Beitrag ist - wie so oft bei diesem Magazin festzustellen - recht oberflächlich. Details erfährt der Zuschauer nicht. Ich möchte hier den gravierendsten Fall, den von Sven G., aufgreifen. Nach dem Beitrag war ich auch überrascht. Drei Schläger, ein bereits am Boden liegendes Opfer. Was sollte G. in dieser Situation wohl noch tun? Der Messereinsatz schien gerechtfertigt zu sein, umso mehr als doch der Prof. der Uni Mainz das Urteil massiv kritisierte. Zu eben diesem Fall war in der Süddeutschen Zeitung am 10.01.09 folgendes zu lesen:

    „In diese Situation kann jeder einmal geraten - und deshalb sind diese Fragen auch von solcher Brisanz: Es geht um das Recht zur Notwehr. Und es geht darum, wo die Notwehr endet und wo die Phase beginnt, in der man selber damit rechnen muss, auf der Anklagebank zu landen. Knapp einen Monat lang hat das Schwurgericht genau diesen Fall verhandelt. Und am Ende hat es hervorgehoben, dass bei der Wahl der Notwehr-Mittel stets die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben muss. Und deshalb hat es am Freitag Sven G. wegen versuchten Totschlags verurteilt. Die Strafe: Drei Jahre und neun Monate Haft.

    Sven G. ist gebürtiger Münchner und noch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Er wirkt bedächtig und abgeklärt, dazu passt auch sein Hobby, das Angeln. In seinem Informatik-Studium hat er sich viel Zeit gelassen. Obwohl bereits 30 Jahre alt, war er erst im elften Semester. Wenn es eine Auffälligkeit gab im Leben des Sven G. dann vielleicht die seiner neben dem Angeln zweiten Passion: das Sammeln von Messern.

    Sturzbetrunken

    Ein kleines Messer hatte er auch dabei, als er an jenem verhängnisvollen 14. März vorigen Jahres mit Freuden zu einer Feier aufbrach. In der Nähe des U-Bahnhofes Garching trifft die Gruppe auf eine Jugendclique um Mergim S. Der 17-Jährige ist sturzbetrunken, führt sich auf wie ein Halbstarker. Nur kurz zuvor hatte er eine Prügelei mit einem anderen Jugendlichen, nun ist er offensichtlich auf weiteren Ärger aus.

    Auch Sven G. ist nicht mehr nüchtern, 1,8 Promille werden später ermittelt. Es kommt zu einem Wortwechsel, Mergim S. schlägt einen Freund von Sven G. zu Boden. Dann wendet er sich an Sven G und fragt: "Was schaust du so?" Sven G. ist 1,85 groß und wiegt 95 Kilo, Mergim S. ist 1,75 und 20 Kilo leichter. Er schubst den Älteren und versucht nach ihm zu schlagen. Sven G. weicht aus, greift zum Messer und sticht es Mergim S. unvermittelt in den Hals. Der Stich geht knapp an der Halsschlagader vorbei, S. überlebt dank sofortiger Notoperation. "Nur zwei Zentimeter weiter und er wäre tot gewesen," sagt Richter Manfred Götzl.

    Ob Sven G. dies bewusst war, ist fraglich. Er fühle sich nicht als Täter, sondern als Opfer, hatte er zu Beginn des Prozesses gesagt. Obwohl er diese Äußerung im Laufe der Verhandlung revidierte, lag sie wie ein Schatten über dem Verfahren. "Dass man sich vom Täter zum Opfer macht, haben wir hier noch nicht erlebt", meinte ein sichtlich verärgerter Richter Götzl.

    Aber war G. denn nicht das Opfer, als ihn S. attackierte? Für die Strafkammer liegt der Fall klar: Der "körperlich deutlich überlegene und zudem bewaffnete" Sven G. habe mit dem Stich "überzogen" gehandelt. "Es gab zwar eine Notwehrlage", so Richter Götzl, doch der Einsatz des Messers sei unverhältnismäßig gewesen. "Sie sind über das zulässige Maß weit hinausgegangen", wirft er dem Angeklagten vor.

    Er habe den Jugendlichen mit keinem Wort gewarnt und auch das Messer so versteckt gehalten, dass dieser es nicht bemerkt habe. Schließlich habe er auch gegen den Hals gezielt und nicht gegen Arme oder Beine. Auch das Argument des Angeklagten, er habe in "panischer Angst" reagiert, lässt die Kammer nicht gelten. Nach dem Strafgesetzbuch (StGB) wird nicht bestraft, wer "aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken" die Grenze der Notwehr überschreitet (siehe unten). Doch dafür gibt es aus Sicht der Richter keine Anhaltspunkte.

    Sven G. habe "zielgerichtet" zugestochen und auch sein überlegtes Verhalten nach der Tat lasse nicht erkennen, dass er in Angst gehandelt habe. Denn Sven G. hatte nicht etwa die Polizei informiert oder Hilfe geholt - was möglicherweise sogar als strafbefreiender Rücktritt von der Tat gewertet worden wäre. G. war vielmehr in seine Wohnung geflüchtet, wo er Messer und einen Baseballschläger bereit gelegt hatte, um gegen einen Angriff der Jugendlichen gewappnet zu sein.

    In der "Gesamtschau" stufen die Richter die Tat als "minder schweren Fall" ein. Der Ankläger hatte sogar vier Jahre und sechs Monate gefordert. Die juristische Bewertung ist eindeutig - die menschliche umso schwieriger. Letztere scheint etwas auf der Strecke geblieben zu sein in diesem Fall, der eben grundsätzlich jedem passieren kann, der sich gegen einen Angreifer wehrt. Die Verteidigung wird daher wohl Revision gegen das Urteil einlegen.

    Liest man den Artikel aufmerksam so wird man - bei objektiver Betrachtung - nachdenklich. Es ist aus juristischer Sicht tatsächlich unverhältnismäßig wenn ein 30jähriger, 185cm großer und 95 kg auf die Waage bringender Mann einem 17jährigen Milchbubi, 10cm kleiner und 20 kg leichter ohne Vorwarnung ein Messer in den Hals rammt. Ob das dem ein oder anderen hier gefällt oder nicht - sowas läuft nicht. Der besoffene Jugendliche war offensichtlich unbewaffnet. Sven G. hätte ihm mit der zur Verfügung stehenden Körpermasse eins in die F... hauen können wobei vermutlich schon ein Teil des Beißwerks von M. herausgefallen wäre (95kg lassen grüßen; auch bei einem Untrainierten). Spätestens wenn der "Kleine" seine Zähne hätte sortieren müssen wäre Ruhe gewesen. G. hätte noch zugebilligt werden können das Messer zu ziehen, zu zeigen und M. klarzumachen, dass er für den Fall der Fortsetzung seines Tuns mit der Klinge nähere Bekanntschaft machen könnte. Nach dem Sachverhalt hat G. aber ohne Warnung und ohne die Waffe auch nur zu zeigen, unmittelbar zugestochen. Dabei stach er zu allem Überfluss auch noch in den Hals, eine relativ kleine Trefferfläche sodass von einem Zufallstreffer - auch vor dem Hintergrund des übrigen Verhaltens des. G. (s.u.) - schwerlich ausgegangen werden konnte. An einer Verurteilung kann in diesem Fall kein Weg vorbeiführen!

    Allerdings hätte ich mir von dem erkennenden Richter etwas mehr Fingerspitzengefühl erwartet. Da M. keine bleibenden Schäden davongetragen haben dürfte wäre eine Bewährungsstrafe ausreichend gewesen. Ein Freispruch hingegen war ausgeschlossen. Zu diesem Ergebnis sollte man anhand der Faktenlage sogar ohne juristische Ausbildung kommen.

    Zur Beruhigung der Gemüter. Wäre G. erst 21 Jahre jung gewesen, gleiche Gewichtsklasse wie M., vielleicht etwas kleiner und hätte er mit dem Messer zuerst ein bisschen herumgefuchtelt - G. hätte nach meiner Einschätzung - auch bei Anlegung eines strengen Maßstabes - als freier Mann den Gerichtssaal verlassen. Vielleicht sollte man einmal eine Statistik ausgraben wie viele Freisprüche aufgrund attestierter Notwehr p.a. erfolgen anstatt sich auf Einzelfälle zu stürzen die zudem, wie der von Sven G., schlussendlich als Beleg für den ach so gefährdeten Notwehrenden ungeeignet sind.

    In diesem Sinne wünsche ich uns allen, dass wir möglichst nicht in eine vergleichbare Situation kommen und wenn schon, dass wir abgeklärt genug bleiben ANGEMESSEN zu reagieren.

    Gruß

    HuBo

    :schiess1:

  • Der Bericht stimmt mich nachdenklich. Es war mir zwar vorher auch schon klar, wie schnell man vom Helfer zum Täter wird, doch hier wird ganz deutlich gezeigt, wie man sich nur verhalten kann:

    Wenn eine fremde Person angegriffen wird, ist es für einen selbst - sowohl physisch als auch juristisch - viel zu gefährlich, dort einzugreifen. Was bleibt, ist sich zu verstecken und die Polizei zu rufen.

    Wird man selbst angegriffen, sind einem die juristischen Folgen natürlich egal. Wenn man die Wahl zwischen Gefängnis und Grab hat, entscheidet man sich - natürlich unbewusst - für ersteres.

    Kompliziert wird es meiner Meinung nach, wenn ein Bekannter oder Freund angegriffen wird. Man muss dann für sich vorab schon entschieden haben, was man in einer solchen Situation machen wird, um am Ende nicht für den Nachbarn im Gefängnis zu sitzen, während der Angreifer womöglich weiterhin auf freiem Fuß ist.

    Die hier oft beschriebene SV-Taktik des Weglaufens nach Einsatz von Spray/SSW um der Situation überhaupt entkommen zu können und dabei nicht die Polizei zu rufen ist wohl die juristisch „beste“. Natürlich können sich dadurch auch Folgeprobleme ergeben, gerade wenn es Zeugen gibt. Andererseits kommen die Angreifer so ohne jegliche Strafverfolgung und tränenden Augen davon.

    Wenn mir an unserem Rechtssystem etwas nicht gefällt, dann die ineffizienten Methoden, die einem zum Schutz gegeben werden und der nicht vorhandene Schutz durch die Polizei, die diesen Mangel nicht ausgleicht.

    Übrigens: Falls die boardinterne Suchfunktion nicht das gewünschte Ergebnis liefert, versucht es einfach mal mit der seitenspezifischen Google-Suche

    ▪▪▪ E V I G I L A T E

  • Es ist aus juristischer Sicht tatsächlich unverhältnismäßig wenn ein 30jähriger, 185cm großer und 95 kg auf die Waage bringender Mann einem 17jährigen Milchbubi, 10cm kleiner und 20 kg leichter ohne Vorwarnung ein Messer in den Hals rammt.


    Problem an dieser Sache ist: Man hat so selten nachts im Ausgang eine Waage dabei um das Kampfgewicht zu bestimmen und im Halbdunkel läßt sich der Trainingszustand sowie Körperfettanteil etc auch nur schwer schätzen. +- 10 bis 20kg könne da auch schonmal im Rauschen respektive der Kleidung untergehen und ich persönlich würde das keinem zumuten da irgendeine zutreffende oder auch nur ansatzweise verläßliche Schätzung abzugeben. Wie überlegen, bzw ob man dies überhaupt ist, weiß man in der Regel erst wenn es bereits handgreiflich wurde. Dabei können massige Menschen überraschend schlecht abschneiden, anders herum teilen drahtige manches Mal derart aus wie man es nicht für möglich gehalten hätte. Kurzum, man steckt nicht drin, bis man drin steckt...

    Der besoffene Jugendliche war offensichtlich unbewaffnet.


    Das war G. offensichtlich auch bis er ganz offensichtlich nicht mehr war. Es hätte ebenso gut der offensichtlich unbewaffnete Jugendliche sein können der ebenfalls ohne Vorwarnung ein Messer in der Hand hat. Rückblickend ist man natürlich immer gescheiter. Aber ob man es in einer Situation die bereits eskaliert ist und die körperliche Unversehrtheit auf dem Spiel steht darauf ankommen lassen möchte?

    G. hätte noch zugebilligt werden können das Messer zu ziehen, zu zeigen und M. klarzumachen, dass er für den Fall der Fortsetzung seines Tuns mit der Klinge nähere Bekanntschaft machen könnte.


    Womit er einen taktischen Vorteil aufgegeben hätte. Das Überraschungsmoment ist dann dahin und falls der Angreifer sich dann trotz Messer entschließen sollte weiter zu gehen ist er gewarnt... da muß man dann schon einiges an Selbstvertrauen in die eigenen Fertigkeiten haben. In einer Situation in der ich versuche bestmöglich davonzukommen (also möglichst ohne auch nur einen Kratzer) würde ich den taktischen Vorteil der offensichtlichen Waffenlosigkeit auch nicht hergeben wollen. Sollte der alkoholisierte (= enthemmte, unberechnbare) Angreifer weitermachen wollen würde er das dann im Fall schon noch rausfinden ob und wenn ja was man noch in der Hinterhand hält.
    Meiner Meinung nach muß ein Angreifer, welcher das Ziel hat ein Opfer wirklich zu verletzen, damit rechnen daß er auch auf teils heftige bzw äußerst effektive Gegenwehr stößt.

    Jugend ist beständige Trunkenheit - sie ist das Fieber der Vernunft

    Francois de la Rochefoucauld ( französischer Moralist des 17. Jhdt )

  • Sven G. habe "zielgerichtet" zugestochen und auch sein überlegtes Verhalten nach der Tat lasse nicht erkennen, dass er in Angst gehandelt habe. Denn Sven G. hatte nicht etwa die Polizei informiert oder Hilfe geholt - was möglicherweise sogar als strafbefreiender Rücktritt von der Tat gewertet worden wäre. G. war vielmehr in seine Wohnung geflüchtet, wo er Messer und einen Baseballschläger bereit gelegt hatte, um gegen einen Angriff der Jugendlichen gewappnet zu sein.


    Hm Bitte?
    Genau das sind für meines Erachtens ziemlich eindeutige Anzeichen von Angst und irrationalem Handeln.
    Nicht anders herum.

    Hätte er rational gedacht, hätte er eben die Polizei gerufen oder Hilfe geholt.
    Stattdessen hatte er so die Hosen voll, dass er sich in seiner Wohnung noch zur SV eingerichtet hat.

    Sehr merkwürdige Logik der Süddeutschen Z.
    Kann ich nicht nachvollziehen, sorry.