Heute Abend (21.30 Uhr) im Radio auf Bayern 2:
ZitatAlles anzeigenQuerschüsse und Fehlschüsse
Der Streit um das Waffenrecht
Ein drastisch verschärftes Waffenrecht forderten deutsche Politiker unisono nach dem Amoklauf von Winnenden, bei dem ein 17-Jähriger im März 15 Menschen und sich selbst tötete. Herausgekommen ist lediglich ein Minimalkompromiss, was viele dem Einfluss der Waffenlobby zuschreiben. Noch vor der Sommerpause soll der Gesetzentwurf im Bundestag verabschiedet werden.
Der Kompromiss "verhindert es, den Schießsport und die Jagd in unnötiger Weise zu belasten". So sagt es der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach. Unumwunden gibt er zu, dass es derzeit einen nicht unerheblichen Widerstand der betroffenen Kreise gebe. Damit meint er Schützen, Jäger und Waffenliebhaber. Zehn Millionen legale Schusswaffen sind in Deutschland in Privatbesitz, die Zahl der illegalen dürfte mindestens doppelt so hoch sein.
Waffen zu leicht zugänglich?
Deutschland – ein Land der Waffen. Und ein Land, in dem es viel leichter ist, an diese Waffen heranzukommen, als viele denken. So kritisieren Fachleute, dass zum Beispiel im Schützenverein grundsätzlich großkalibrige Waffen zugelassen sind, obwohl diese nicht als Sportwaffen für normale Wettkampfdisziplinen vorgesehen sind.
Der Vater des Amokläufers von Winnenden hatte fünfzehn Waffen bei sich zu Hause. Vierzehn hatte er ordnungsgemäß weggesperrt, die Tatwaffe und mehrere hundert Schuss Munition lagen frei zugänglich im Schlafzimmer.Zitat
"Das Problem sind nicht die Traditionsschützen mit Tracht und Gewehr und nicht die aktiven Sportler. Das Problem sind die vielen Leute aus den Vereinen, die unbedingt eine Waffe zu Hause haben wollen. Und denen machen wir es viel zu leicht."
Jürgen Brennecke, ehemaliger Referatsleiter für Waffenrecht im Bundesinnenministerium.Künftig sollen Behörden verdachtsunabhängig kontrollieren dürfen, ob die Waffen vorschriftsmäßig aufbewahrt werden. Doch wie viele Kontrollen können überhaupt durchgeführt werden? Wie wirkungsvoll ist dieses Instrument?
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Gesetzentwurf schützt nicht vor Amokläufen
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) bewertet den Gesetzentwurf als Einknicken vor der Waffenlobby. Der BDK-Vorsitzende Klaus Jansen kommentiert die Pläne der Großen Koalition mit den Worten: "Das ist Alibi-Politik und wird nicht verhindern, dass es zu einem neuen Amoklauf kommen wird."
Ähnlich sieht das der Vorsitzende des "Aktionsbündnisses Amoklauf Winnenden", Hardy Schober. Er spricht von "wahlpolitischer Kosmetik" und fordert unter anderem, Waffen in Tresoren in Schützenheimen einzuschließen.
Für das geplante "Paintball-Verbot" hat er überhaupt kein Verständnis. Denn damit werde ein Spiel verboten, "wo man sich mit Farbe beschießt. Aber die scharfen Waffen, die Menschen töten, die werden nicht verboten". Schober verlor beim Amoklauf von Winnenden seine 15-jährige Tochter Jana.
Waffenrecht in Japan und Großbritannien
Der tatsächliche Nutzen eines scharfen Waffenrechts bleibt grundsätzlich umstritten, wie man an den Beispielen Japan und Großbritannien sehen kann. In Japan ist Privatpersonen der Besitz einer Schusswaffe grundsätzlich verboten, generell spielen sie, auch kulturell bedingt, eine untergeordnete Rolle. Das jedoch lässt keinen unmittelbaren Rückschluss auf die Zahl der Gewalttaten zu.
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Das Gleiche gilt für Großbritannien. Auch dort ist seit einigen Jahren der private Besitz von Pistolen und Revolvern verboten. Doch die Kriminalitätsrate ist nach wie vor hoch - unter manchen Jugendlichen gilt es geradezu als Statussymbol, eine Waffe zu tragen.
Dossier Politik - 27.5.2009, 21:30 Uhr auf Bayern2
Studiogast:
Wolfgang Dicke, Waffenrechtsexperte der Gewerkschaft der PolizeiThema:
Querschüsse und Fehlschüsse: Der Streit um das WaffenrechtRedaktion:
Andrea Kister, Ingo LierheimerModeration:
Andrea Kister
Die Themen im Einzelnen:
Spaß an der Waffe – Reportage aus Schützenverein
Im Visier: Der Druck der Waffenlobby auf die PolitikNur Farbspiele? Ein Nachmittag beim Paintball
Freiwillige Abrüstung: Städte bitten um Waffenabgabe
Keine Schusswaffen = keine Gewalt? Ein falscher Schluss, wie das Beispiel England zeigt
http://www.br-online.de/bayern2/dossie…43187688618.xml
Die Sendung kann man auch via Livestream anhören:
http://www.br-online.de/br/jsp/seitent…p?welle=bayern2
Das hört sich erst einmal etwas ausgewogener an als vieles, was in den letzten Wochen über uns hereingebrochen ist.