Schönes für kleines Geld...

Es gibt 12 Antworten in diesem Thema, welches 1.994 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (4. Mai 2007 um 15:42) ist von Thommy82.

  • München, 03.05.2007 - Mit sensationellen Ergebnissen konnte gestern die Auflösung einer Sammlung Windbüchsen und Windpistolen (Los-Nr. 344-401) bei der Hermann Historica oHG, München, versteigert werden. Bis zu 38.000 Euro waren die seltenen Stücke den Bietern aus aller Welt wert. Alle Versteigerungsergebnisse des gestrigen Tages sind bereits auf der Website einsehbar.

    http://www.hermann-historica.de/auktion51/on_kat_S.htm

    und Erlöse unter http://www.hermann-historica.de/auktion52/ergebnis_kat_S.txt


    Los Nr.358
    Österreichische Militär-Repetierwindbüchse M 1779, System Girandoni.

    Achtkantiger, zwölffach gezogener Lauf im Kal. 11,5 mm, Lauflänge 830 mm. Eingeschobenes, eisernes Standvisier und Messingkorn. Über der Kammer eingeschlagener Doppeladler. Gefederter Keilverschluss, seitliches Röhrenmagazin für 20 Kugeln. Mittelstück (gestempelte Seriennummer "1153" und "G" für Girandoni) und Beschläge aus Messing, eiserne Riemenbügel. Sparsam beschnitzter Nussholzschaft mit Ausbesserungen, insbesondere um das Schloss und an der Mündung, ergänzter Ladestock. Lederbezogene, eiserne Luftflasche ("1183", "G" und Doppeladler). Länge 122 cm.
    Äußerst seltene, ordonnanzmäßige Windbüchse. Im Krieg gegen die Türken 1788/1789 standen 1300 Büchsen zur Verfügung, später nahm die Zahl immer stärker ab, da die Herstellung äußerst aufwändig war. 1801, nach nur 21 Jahren schied die legendäre Windbüchse aus dem Militärdienst aus.
    Vgl. Erich Gabriel, Die Hand- und Faustfeuerwaffen der habsburgischen Heere, S. 41 und Kat. Nr. 109.
    Zustand: II-
    Limit: 1800 EURO [Zuschlag] 38000 EURO


    Ich bin der Keith Richards dieses Forums und immer noch hier...

  • So viel Kohle für ein Luftgewehr. Und das noch von einem Konstrukteur, der sich mit einer seiner Luftdruckaffen die linke Hand abgespreng hat... ne, danke ;)

    Sollte ich mich in einer meiner Behauptungen irren,
    nehme ich alles zurück und behaupte das Gegenteil.

    Einmal editiert, zuletzt von Thommy82 (3. Mai 2007 um 19:25)

  • Zitat

    Original von Thommy82
    So viel Kohle für ein Luftgewehr. Und das noch von einem Konstrukteur, der sich mit einer seiner Luftdruckaffen die linke Hand abgespreng hat... ne, danke ;)

    Nein, hat er nicht. Nicht einfach irgendwelche Stammtischparolen nachbeten. Die Hand verloren hat der Sohn von Bartolomeo Girandoni, und das nicht mit einer Windbüchse, sondern mit einer explodierenden Pulverwaffe (wobei man mit einer "Luftdruck"waffe gar nichts verlieren kann: Luftdruck macht das Wetter, nur Druckluft macht die Windbüchse aus)

    Zur Leistung einer Girandoni: Dr. Beeman hat in den USA gerade die erste Runde von ballistischen Tests mit dem 1:1-Museumsnachbau der Girandoni absolviert, mit dem offenbar die Amis 1803 bis 1806 durch den Wilden Westen gezogen sind (exakter: die Lewis & Clark-Expedition, siehe VISIER 1/2007).

    Das Gewehrchen wurde mit puren Bleirundkugeln im Kaliber 0.464” (11.86 mm) gefüllt, Gewicht je 154 grains (10.01 gramm). Der Fülldruck des Gewehrs war nur 55 bar.

    Der 1. Schuß hatte 128 m/s, was immerhin 81 Joule ausmacht.
    Der 20. Schuß lag noch bei 100 m/s und 50 Joule (zum Test waren je 20 Kugeln in jeder Magazinröhre)

    Magazinwechsel, gleicher Restdruck
    Schuß/ v0
    21-25 = 92 m/s
    26-30 = 83 m/s
    31-35 = 77 m/s
    36 -40 = 66 m/s und noch 21 Joule

    erst der 52. Schuß aus einer Füllung blieb im Lauf stecken, Schuß 51 hatte noch 57 m/s und 16 Joule.


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  • So spät noch auf? Du mußt doch schon längst wieder im Heim sein. Die mit der weißen Jacke suchen dich schon... :new11:

    Don't feed the troll, ist sowieso nicht mehr lange hier...


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  • das ist der Beweis, das Luftgewehr wurde schon vor dem Fahrrad mit Pedalantrieb erfunden. Und dann erst die kombinierten Steinschloß/Windbüchsen,
    hergestellt schon so lange vor der industriellen Revolution.
    Die 38.000 Euro Büchse find ich nicht so schön fürs Geld, da würd ich mir lieber ein paar andere auf der Seite aussuchen. Aber ich bin ja auch nicht spezialisiert auf solche Waffen. Das ist wirklich ein schöner, informativer Link mit seltenen Bildern.

  • Zitat

    Original von Ulrich Eichstädt
    Nein, hat er nicht. Nicht einfach irgendwelche Stammtischparolen nachbeten. Die Hand verloren hat der Sohn von Bartolomeo Girandoni, und das nicht mit einer Windbüchse, sondern mit einer explodierenden Pulverwaffe...

    Ich habs anders gelesen, vll war in meinem Buch ein Fehler.

    Zitat

    Air Guns by Eldon G. Wolff
    The dangerous character of this mechanism exemplified in simple Fashion by the fact that Girandoni himself lost his left hand in an explosion of the magazine which was the occasion for the cancelation of an order of 1000 arms of this type.

    Sollte ich mich in einer meiner Behauptungen irren,
    nehme ich alles zurück und behaupte das Gegenteil.

  • Wow, danke jedenfalls für das Belegen der Herkunft des Gerüchts. Wir sind bei den Arbeiten zum Girandoni-Artikel alle englischen und deutschen bekannten Texte durchgegangen, mit Beemans Hilfe, der (natürlich) die umfassendste Bibliothek zu Druckluftwaffen besitzt, und haben für Beemans geplantes Buch wirklich jede Behauptung versucht, wissenschaftlich zu hinterfragen:

    - ob Napoleon wirklich alle gefangenen Windbüchsenschützen hinrichten ließ (nein)

    - ob die bewußte Girandoni, da ohne Markenzeichen, illegal aus der Werkstatt verkauft wurde (eher nein)

    - ob die weltweiten Kaliber-Angaben von 13 mm stimmen (nein, es sind nur 11,75 mm)

    - ob es Waffen-Explosionen gab (eher nein, meist flogen die Pumpmaschinen, die man extra gebaut hatte, in die Luft)

    und auch, welche persönlichen Angaben es über den Erfinder Girandoni gibt. Nämlich kaum etwas.

    Beeman zahlt jedem, der ein (beweisbares!) Bild/Zeichnung/Gemälde beibringt, ein hübsches Sümmchen, aber so prominent war der gute alte Bartolomeo wohl nicht, daß ihn jemand gemalt hätte. Das Verletzungsgerücht hat Wolff wohl wieder aus europäischer Literatur übernommen, vermuten andere Autoren. Er wird zwar viele Mitarbeiter gehabt haben, um über 1000 bis 1500 Waffen herzustellen, aber bald gingen die Aufträge, auch für die Tanks usw. ohnehin an andere Heereslieferanten. Es sind also nicht alle manuell in der Wiener Werkstatt zusammengeschraubt worden...


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  • Hab nochmal nachgeschaut. Wolff gibt als Quelle einen gewissen Tiehrbach an.

    Zitat

    Thierbach M., Die Geschichtliche Entwicklung der Handfeuerwaffen, Dresden 1899

    Sollte ich mich in einer meiner Behauptungen irren,
    nehme ich alles zurück und behaupte das Gegenteil.