Nothilfe und der eigene Hals (Aus: Zoraki 906 Problem mit Laufgewinde)

Es gibt 33 Antworten in diesem Thema, welches 5.587 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (4. Januar 2018 um 10:47) ist von Esti.

  • @pak9,
    genau so schaut es aus. Dass Du als verantwortungsbewußter Geschützmeister nur gesetzeskonform agieren darfst und das auch solltest, steht wohl außer Frage.
    Wie ich am Anfang meiner Frage formulierte, handelt es sich hier lediglich um eine fiktive Situation. Der Große und auch der Jagdschein beinhalten keinesfalls den Kleinen. Das ist vielleicht etwas schwer nachzuvollziehen, wenn man bedenkt, dass ein Führen von SSW vor noch gar nicht allzu langer Zeit einfach so möglich war.
    Ich denke des öfteren schon darüber nach mir eine kleine SSW zur Selbstverteidigung zu kaufen, schrecke aber im Augenblick noch davor zurück, weil ich Angst habe vor'm Staatsanwalt habe und diese scheint auch begründet zu sein, sehe ich zuweilen wie man verantwortungsvolle Polizisten vor Gericht auseinander zu nehmen versucht, nur weil sie zur Selbstverteidigung und Gefahrenabwendung ihre Schußwaffe eingesetzt hatten. Achtung! Das kriminelle "Verbrecherpack" hat verdammt gute Anwälte!
    Ich konstruiere mal einen neuen Fall: Ich führe verdeckt eine gesicherte Schreckschußpistole, geladen mit grünen und roten Häubchen. Dummerweise werde ich nun Zeuge einer beabsichtigten Vergewaltigung. Ich werde helfend einschreiten und wende unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit meine Schreckschußwaffe an. Ich sehe hier keinesfalls einen Notwehrexzes, denn auf mein lautstarkes Geschimpfe wollte der augenscheinlich viel stärkere mutmaßliche Vergewaltiger nicht reagien und eine lose Zaunlatte war auch nicht in der Nähe. Ich schieße also dem vermeintlichen Vergewaltiger gezielt eine rote Ladung (120mg Pfeffer) ins Antlitz. Der böse Mensch läßt nun von seinem Opfer ab und läuft schnurstracks zu seinem Anwalt und dieser macht dann eine Anzeige gegen mich, wegen vorsätzlicher Körperverletzung und unterlassener Hilfeleistung (!).
    Und nun beginnt ein Kuriosum, vor dem sich scheinbar auch sehr viele pflichtbewußte Polizisten fürchten. Moralisch war man zwar verpflichtet dem wehrlosen Vergewaltigungsopfer zu helfen, aber rechtlich gesehen scheint es wohl nicht ganz so zu sein und man findet sich vor Gericht wieder!.
    Nun weiß ich nicht, ob dieses Thema schon einmal vorher behandelt war (ich hab eben noch nicht alles gelesen), wenn ja bitte ich um Hinweis und ich werde diesen Beitrag korrigieren, danke!
    Meine Frage, wie hättet ihr reagiert und wie seht ihr das Thema "erste Hilfe" nach Einsatz von z.B. Pfeffer im Notfall? Ihr seht, hier bewegt man sich als bewaffneter User auf verdammt dünnem Eis und irgendwie tun mir unsere Beamten, die als Polizisten ihren Dienst durchführen, verdammt Leid!.
    LG Arny.

  • Genau das Szenario spielt sich immer in meinem Kopf ab, da ich das in ähnlicher Form schon erlebt hatte. Zum Glück waren noch andere Passanten bei und wir konnten das zusammen klären. Was wär aber, wenn der Schutzsuchende, der zuvor wilde Sau gespielt hat, die Verkäuferin im Imbissstand angespuckt und beschimpft hat, weiterhin sein Unwesen hätte treiben könne, ohne das ihn jemand stoppt (hier war extreme aggression im Gange)? Zugegeben, ich wäre dann früher eingeschritten mit der geladenen Knarre in der Jackentasche und hätte bei Bedrohung von mir eine Armlänge Abstand gehalten und abgedrückt...was dann ?? Wahrscheinlich hätte ich mich danach dünne gemacht, um genau nicht in diese Rechtsituation zu gelangen und zum Täter zu werden.

  • Alle un-/moeglichen Einsatzszenarien durchzuspielen ist interessant und nur bis zu einem bestimmten Grad lehrreich. In der Sache fuehrt es nicht weiter.
    Wenn man eine SSW im Notwehr- oder Notstandsfall einsetzt hat man nachher vermutlich die schlechteren Karten.
    Auf einmal wird der Taeter zum Opfer, die Justiz verhandelt einen halben Tag darueber, wie sich der Schuetze in einem kurzen Augenblick verhalten hat/haben koennte/muessen/haette.
    Bei der aktuellen Waffenphobie und der teilweise unverstaendlichen Rechtsprechung muss ein Waffeneinsatz (in einer Ausnahme-/Stresssituation!?) schon gut ueberlegt und nachher begruendet werden.
    Einerseits erwartet man vom Buerger Zivilcourage/Hilfsbereitschaft, laesst ihn danach aber voll im Regen stehen und verkehrt die Sache mit juristischen Winkelzuegen und fragwuerdigen Rechtsauslegungen in ihr Gegenteil. Opfer und Helfer mutieren zu Taetern.
    Man darf sich nicht wundern, wenn potentielle Helfer lieber wegsehen oder wegen unterlas-sener Hilfeleistung statt wegen eines Waffeneinsatzes auf der Anklagebank sitzen wollen.
    Gruss
    pak9


  • Ich schieße also dem vermeintlichen Vergewaltiger gezielt eine rote Ladung (120mg Pfeffer) ins Antlitz. Der böse Mensch läßt nun von seinem Opfer ab und läuft schnurstracks zu seinem Anwalt und dieser macht dann eine Anzeige gegen mich, wegen vorsätzlicher Körperverletzung und unterlassener Hilfeleistung (!).

    Ich halte es für keine gute Idee, einen bei der bösen Tat befindlichen Vergewaltiger einzupfeffern. Da wohl Körperkontakt bzw. -nähe zum Opfer besteht, pfefferst Du es gleich mit ein. Und schon steht die zweite gefährliche Körperverletzung im Raum.

    Greif dem Sittenstrolch doch von hinten kräftig in die K*ö*e*, dann gefährdest Du sowohl das Opfer als auch Dich nicht.

    Oder noch besser. Zücke Dein Handy, rufe die Polizei und bitte andere Leute, mit Dir zusammen den Bösewicht zu vertreiben.

    Ansonsten ist alle Theorie ganz grau.

    P.S.: Gibt es auch unbeabsichtigte Vergewaltigungen? 8|

  • Man darf sich nicht wundern, wenn potentielle Helfer lieber wegsehen oder wegen unterlas-sener Hilfeleistung statt wegen eines Waffeneinsatzes auf der Anklagebank sitzen wollen.

    und das ist bitter und endet dann zwangsläufig irgendwo im Chaos, denn diese Feststellung betrifft ja nicht nur Zivilisten =O
    LG Arny.

  • Du konstruierst da ein paar Fakten in deinen hypothetischen Fall rein, die ich so nicht nachvollziehen kann.

    Du leistest Nothilfe, und du hast mit dem potentiellen Opfer der Vergewaltigung auch mindestens eine Zeugin dafür. Das ist doch eigentlich schon mal ne ziemlich klare Sache. Natürlich kann der Anwalt der Gegenseite eine Anzeige gegen dich stellen, das kann ja jeder immer tun, aber warum sollte er damit durchkommen? Dazu müsste erstmal der Staatsanwalt entsprechend Anklage erheben und zweitens dann der Richter dem folgen.

    Du unterstellst, dass sowohl der Staatsanwalt als auch der Richter hier die Lage falsch beurteilen.

    Aber wenn man davon ausgeht, kann einem auch jeder Verkehrsunfall zum Verhängnis werden. Deswegen bei einer Vergewaltigung nicht zu helfen, weil man sich sagt, man könnte ja unter Umständen hinterher einem Justizirrtum zum Opfer fallen, ist ja nun auch keine wirkliche Alternative.


  • Du leistest Nothilfe, und du hast mit dem potentiellen Opfer der Vergewaltigung auch mindestens eine Zeugin dafür. Das ist doch eigentlich schon mal ne ziemlich klare Sache. Natürlich kann der Anwalt der Gegenseite eine Anzeige gegen dich stellen, das kann ja jeder immer tun, aber warum sollte er damit durchkommen?


    Kommt darauf an, wie gut er ist. Recht haben und Recht bekommen sind eben 2 Sachen. Ich wär mir da nicht so sicher.

    "es ist das mildeste Mittel zu wählen, das den Angriff sicher und endgültig abwehren kann" Und da gehts ja schon los.


    "Zunächst ist klarzustellen, dass jede körperliche Verletzung eines anderen Menschen - auch die einem anderen in Notwehr zugefügte Verletzung - eine tatbestandliche Körperverletzung im Sinne des § 223 StGB (Strafgesetzbuch) ist."...


    Gleichwohl darf die Tatsache nicht aus den Augen verloren werden, dass auch in der Notwehr der Angreifer nicht unnötig - also nicht mehr als erforderlich - verletzt werden darf. Dies bewertet die Ermittlungsbehörde allerdings im Nachhinein. Und was bei diesen Überlegungen herauskommen mag, ist nicht immer vorherzusehen.


    ...

    Im Zuge des Ermittlungsverfahrens kann die Staatsanwaltschaft auf zwei gefährliche Wege geraten: Zum einen könnte sie zu Lasten des Verteidigers bereits eine Notwehrsituation verneinen. Zum anderen könnte sie annehmen, dass die konkrete Verteidigungshandlung nicht „erforderlich" im Sinne des § 32 StGB gewesen ist, der Verteidiger sich also über Gebühr heftig verteidigt hat



    Quelle:

    https://www.anwalt.de/rechtstipps/no…ird_005028.html





  • Könnte, könnte, Gummiente. Ja, klar KÖNNTE die Staatsanwaltschaft zu falschen Schlüssen kommen, und der Richter dem auch noch folgen. Ja, das ist eine reale Gefahr.

    Willst du deshalb bei der Vergewaltigung zugucken? Und dann damit weiterleben?

  • Sure, es kann nicht sein, was nicht sein darf. Staatsanwaltschaften und Gerichte sind immer für den guten und gerechten kleinen Mann, sie lassen immer die Bösewichte einfahren, auch wenn die eine schlechte Kindheit und zudem den allerbesten Strafverteidiger der Welt vorzuweisen haben!!!eins!!!!elf!!! Zumindest im Weltbild der Schwarz-Weiß-Seher oder derer, die sich nicht verfolgt, nicht benachteiligt oder xyz [zutreffendes bitte hier einsetzen] fühlen. Das wahre Leben – in dem die Guten immer gut und die Bösen immer böse sind – gestaltet sich allerdings etwas differenzierter.

  • Könnte, könnte, Gummiente. Ja, klar KÖNNTE die Staatsanwaltschaft zu falschen Schlüssen kommen, und der Richter dem auch noch folgen. Ja, das ist eine reale Gefahr.

    Willst du deshalb bei der Vergewaltigung zugucken? Und dann damit weiterleben?

    Meine Texte bezogen sich eigentlich gar nicht auf Vergewaltigung, natürlich nicht. Ging eher um allgemeine Hilfe, so wie in meinem Beispiel oben. ;(

  • Mich erinnert das an einen Artikel neulich irgendwo in der Online-Presse, da ging es darum, was man tun soll, wenn man an einer roten Ampel steht und von hinten kommt ein Rettungswagen mit Blaulicht, der nur durchkommt, wenn man über die rote Ampel auf die Kreuzung fährt, um Platz zu machen.

    Da war dann gleich der erste Leserkommentar "Nein, da würde ich stehen bleiben, denn hinterher bin ich es ja, der den Ärger bekommt".

  • @Old_Surehand,
    tja, das kommt halt immer auf die Perspektive des Betrachters an. Aus deiner Sicht stellt sich ja auch alles glasklar dar und die Fakten stehen fest. Hm ... , leider sieht's im richtigen Leben meist etwas anders aus.
    Hast Du überhaupt eine Ahnung, wie viele Polizisten sich schon vor Gericht wiederfanden, obwohl der Gebrauch ihrer Schußwaffe aus ihrer Sicht legitim war?
    Du sagst, ich unterstelle dem Staatsanwalt und dem Richter Unfähigkeit die Beurteilung der Faktenlage anlangend. Dem widerspreche ich erst einmal vorsorglich ;) .
    Nun, es kann und soll nicht meine Aufgabe sein Güte und Qualität der deutschen Rechtsprechung bewerten zu wollen, aber vieles ist halt für den Otto Normalo kaum nachzuvollziehen und du weißt ja, auf hoher See und im Gerichtssaal bist du halt in Gottes Hand.
    Und nun konstruiere ich mal wieder einen meiner fiktiven Fälle und ich behaupte mal ganz einfach, dass ich generell jeden Menschen kaufen kann und ihn als Zeugen für mich aussagen lassen kann. Anders ausgedrückt, jeder hat seinen Preis und ist korrupt, leider!
    ... und nun stell dir mal vor, einen Tag später macht doch dieses beinahe Vergewaltigungsopfer erneut eine Aussage bei der KriPo und behauptet doch prompt, ich hätte versucht sie zu vergewaltigen. Nun, was willst du machen?
    Man kann es halt niemandem verdenken, hält er es eben mit den drei Äffchen :/
    LG Arny.

    P.S.
    da hast du durchaus Recht mit der Feststellung VKUs anlangend. Da treiben doch wirklich ganze Schrottautogangs ihr Unwesen auf deutschen Straßen und provozieren Unfälle zwecks Versicherungsbetrug und die haben immer eine ganze Kompanie Zeugen dabei =O

  • Kommt darauf an, wie gut er ist. Recht haben und Recht bekommen sind eben 2

    und genau so schaut's aus. Recht haben und Recht bekommen sind zunächst zweierlei! Und in Gangsterkreisen werden Rechtsanwälte auch gern mal als "Rechtsverdreher" bezeichnet :P
    LG Arny.

  • Hier eine allgemeine Info zur Notwehr/-hilfe, die auch etwas zum gerne bemühten "mildesten Mittel" hergibt:

    Und das ist Basiswissen für jeden, der meint eine SSW in der Öffentlichkeit führen zu müssen. :thumbup:

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  • Nochmals nein. Solche Überlegungen sollen nur aufzeichnen, das man danach evtl. mit Konsequenzen zu rechnen hat. Das hat nichts damit zu tun, das man nicht hilft. (wie in meinem Beispiel oben beschrieben, das war nicht konstruiert). Wenn der Typ sich nicht beruhigt hätte, eingesehen das seine Lage sinnlos ist und auf mich losgegangen wäre, hätte ich gezogen und aus 1 Meter Armlänge abgedrückt, wär mir erstmal egal. Die Frage ist, ob ich mir der ganzen Rechtsstreit danach angetan hätte oder einfach gegangen wäre.

  • Nochmals nein. Solche Überlegungen sollen nur aufzeichnen, das man danach evtl. mit Konsequenzen zu rechnen hat. Das hat nichts damit zu tun, das man nicht hilft. (wie in meinem Beispiel oben beschrieben, das war nicht konstruiert).

    Ja, ich hatte glaube ich nicht klar genug geschrieben, dass ich mich auf den konstruierten Fall von Arny bezog, nicht auf deinen. Beim Stand "er hat sie extrem aggressiv angespuckt und beschimpft" halte ich den Einsatz einer Schreckschusswaffe auch für problematisch. Der Fall ist jedenfalls deutlich schwieriger -- ohne den Einsatz der SSW gefährdet man sich beim Helfen evtl. selbst, aber wenn man sie einsetzt, überschreitet man damit ggf. das Maß.

    Interessant was so aus einer Frage zu einem nicht ganz festen Abschussbecher gemacht wird, naja...

    Das Thema hätte in einen eigenen Thread gehört, da gebe ich dir Recht.