Andreas,
Du sprichst von "Denkfehler" und "Mißverständnis".
Ich denke auch, daß da irgendwo etwas schiefgelaufen ist.
Dankenswerterweise erklärst Du ja in deinem weiteren Beitrag -genau dasselbe- nocheinmal, was ich bis jetzt immer gesagt habe.
So steht's in meinem Blog, auch hier habe ich mich nicht anders geäußert.
Allerdings liegt zu meinem folgenden Zitat immer noch ein Mißverständnis vor:
Zitat
Der Richter sagt in der Urteilsbegründung, daß der alte Mann nur in diese Situation kam, weil er die Kontrolleure aktiv eingelassen und somit auf sein Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung verzichtet hat, obwohl er das nicht gemusst hätte, insofern hat er sich die Folgen selbst zuzuschreiben.
Diese Interpretation ist immer noch richtig, denn dazu heist es unter Punkt 8 der Urteilsbegründung:
Zitat
Die Voraussetzungen des § 36 Abs. 3 Satz 3 WaffG mussten nicht beachtet werden, weil der Antragsteller wirksam in das Betreten der Wohnung eingewilligt hat. An einem Eingriff in das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung fehlt es, wenn das Betreten der Wohnung vom Willen des Berechtigten gedeckt ist. Weil Art. 13 GG das Selbstbestimmungsrecht des Wohnungsinhabers schützt, beseitigt eine gesetzlich erzwungene (z.B. durch Bußgeldandrohung im Fall der Weigerung) oder durch Täuschung oder Drohung staatlich herbeigeführte Zustimmung die grundrechtliche Relevanz des Eingriffs nicht (Hermes in Dreier, GG, 2. Aufl., Art. 13 Rn. 106 m.w.N.; vgl. allgemein zum sog. Grundrechtsverzicht Sachs, GG, 4. Aufl., vor Art. 1 Rn. 52 ff.). Die nach § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG erforderliche Einwilligung wird nicht gesetzlich erzwungen. Die einmalige Zutrittsverweigerung zieht unmittelbar keine negativen Rechtsfolgen nach sich, die sich in der Weise auswirken, dass von einem gesetzlichen Zwang zur Einwilligung ausgegangen werden müsste. Zwar kann u.U. der Tatbestand des § 45 Abs. 4 WaffG erfüllt sein, der der Behörde die Befugnis einräumt, bei Verweigerung der Mitwirkung den Wegfall der Zuverlässigkeit zu vermuten. Doch ist hierbei zum einen der Behörde Ermessen eingeräumt; zudem setzt die Anwendung dieser Vorschrift nach ihrem Satz 2 voraus, dass der Betroffene hierauf hingewiesen worden ist. Auch § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG greift bei einer einmaligen Zutrittsverweigerung regelmäßig nicht ein, da diese Vorschrift einen wiederholten oder gröblichen Verstoß gegen das Waffengesetz voraussetzt (ebenso Bauer/Fleck, a.a.O. S. 20). Soweit demgegenüber in der Literatur vertreten wird, durch die Regelung des § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG werde die Einwilligung faktisch „unmittelbar erzwungen über eine Drohung mit konkreten rechtlichen Nachteilen“ (so Fandrey, AUR 2010, 1 <2>), vermag der Senat dem nicht zu folgen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Mitarbeiter des Antragsgegners die Einwilligung durch Täuschung oder Drohung herbeigeführt hätten. Der eidesstattlichen Versicherung des Antragstellers vom 04.03.2011 lässt sich lediglich entnehmen, dass er sich „überrumpelt“ fühlte und nicht darüber belehrt wurde, dass die Kontrolle in seiner Wohnung nur mit seiner Einwilligung stattfinden darf. Ein etwaiger Irrtum im Willensbildungsprozess lässt dass Einverständnis indes erst entfallen, wenn es durch eine Täuschung erschlichen wurde. Dafür ist nichts ersichtlich. Einer Belehrung des Antragstellers bedurfte es nicht. Aufklärungspflichten bestehen insoweit nur dann, wenn der Betroffene andernfalls von dem staatlichen Eingriff überhaupt keine Kenntnis erlangt oder seine Bedeutung und Tragweite nicht zu erkennen vermag. Dies mag etwa beim Einsatz verdeckter Ermittler oder beim sog. Lauschangriff, nicht jedoch bei der hier gegebenen Sachlage der Fall sein. Die Mitarbeiter des Antragsgegners wiesen sich ordnungsgemäß aus und gaben den Zweck ihres Besuchs zutreffend an. Dem Antragsteller war daher bewusst, welchen Personen er zu welchem Zweck den Zutritt zu seiner Wohnung gewährt.
Sagt mein Zitat nicht exakt dasselbe, nur in verkürzter Form?
Zur Rechtmäßigkeit des Waffengesetzes: Dazu liegen dem Bundesverfassungsgericht zwei Klagen vor, eine z.B. gegen den §36/3.
Andreas, Du bist der Meinung:
Zitat
Wie oft eine Behörde (sicher nicht bei einem einmaligen Vorfall dieser Art), die "Zutrittsversagungsgründe" akzeptiert, folgenlos, (ohne eine sofortige Unterstellung der Unzuverlässigkeit), liegt im Ermessen der Behörde. Das können im Einzelfall auch mehrere geplatzte Besuche sein, kommt auf den betreffenden Einzelfall an. Es müssen vernünftige und nachvollziehbare Gründe sein. Ab wann die Behörde dann den Verdacht auf Unzuverlässigkeit annimmt, hängt auch vom Einzelfall und den Fakten ab.
Die Mitwirkungspflicht bleibt aber immer weiterhin bestehen, das WaffG ist geltendes Recht und nicht GG-widrig.
Dazu sagt das Gericht in seiner Urteilsbegründung aber ganz eindeutig: "Auch § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG greift bei einer einmaligen Zutrittsverweigerung regelmäßig nicht ein, da diese Vorschrift einen wiederholten oder gröblichen Verstoß gegen das Waffengesetz voraussetzt"
Der §5/2c sagt: "wegen einer Straftat nach dem Waffengesetz, dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen, dem Sprengstoffgesetz oder dem Bundesjagdgesetz"
Weiter sagt das Gericht: "Soweit demgegenüber in der Literatur vertreten wird, durch die Regelung des § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG werde die Einwilligung faktisch „unmittelbar erzwungen über eine Drohung mit konkreten rechtlichen Nachteilen“ (so Fandrey, AUR 2010, 1 <2>), vermag der Senat dem nicht zu folgen."
Die Schlußfolgerung daraus: Wer auf die Einhaltung seiner Grundgesetzlichen Rechte pocht und deswegen die Kontrolleure nicht einlässt, begeht eben keine Straftat und keinen Verstoß (auch nicht gröblich oder wiederholt) gegen das Waffengesetz.
Das Gericht widerspricht der Rechtsliteratur von Fandrey:
Zitat
"Die verdachtsunabhängige Kontrolle von Privaträumen - die verfassungsrechtliche Zulässigkeit behördlicher Betretungsrechte am Beispiel des neuen Waffenrechts" von Wiss. Mit. Alexander Fandrey, original erschienen in: Agrar- und Umweltrecht 2010 Heft 1, 1 - 5.
Fandrey widmet sich § 36 Abs. 3 S. 2 WaffG, der vorschreibt, dass Besitzer von erlaubnispflichtigen Schusswaffen, Munition oder verbotenen Waffen der Behörde zu Kontrollzwecken Zutritt zu den Räumen zu gestatten haben, in denen die Waffen und die Munition aufbewahrt werden.
Im Einzelnen stellt der Verfasser zunächst die gesetzgeberische Konzeption des zum 25.07.2009 neu gefassten § 36 Abs. 3 WaffG vor. Anschließend weist der Autor darauf hin, dass es sich bei der verdachtsunabhängigen Kontrolle von Privaträumen um einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG handele. Der Hauptteil des Beitrags gilt sodann der Frage, ob sich die verdachtsunabhängigen Kontrollen verfassungsrechtlich rechtfertigen lassen. Hier zeigt Fandrey, dass keine Durchsuchung i.S.d. Art. 13 Abs. 2 GG vorliege, sondern ein sonstiger Eingriff i.S.d. Art. 13 Abs. 7 GG. Allerdings seien die tatbestandlichen Voraussetzungen des Zweckvorbehalts in Art. 13 Abs. 7, 2. Var. GG nicht erfüllt, sei ein Verstoß gegen das Zitiergebot (Art. 19 Abs. 1 S. 2 GG) gegeben und sei außerdem der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt. Die Verfassungswidrigkeit des § 36 Abs. 3 S. 2 WaffG führt nach Ansicht des Verfassers aber nicht zur Nichtigkeit der Regelung, da eine verfassungskonforme Auslegung möglich sei.
und sagt damit deutlich, daß der §36/3 verfassungskonform ist, das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung nach 36/3 Satz3 aber darüber steht.
Es kann jetzt natürlich sein, daß man sich in gewisse Schwierigkeiten begibt, wenn man dauerhaft auf sein grundgesetzliches Recht pocht. Wer da nicht genügend Durchhaltevermögen und eine gute Versicherung besitzt mag da schonmal aufgeben. Das ist aber eine Entscheidung, die jeder selbst für sich zu treffen hat, das Recht ist in jedem Fall auf seiner Seite und gerade dieses Urteil kann da sehr hilfreich sein. Ist es doch höchstrichterliche Rechtssprechung (da unanfechtbar), die der Einfachheit halber ganz gerne mal in ähnlich oder gleich gelagerten Fällen herangezogen wird.
Das habe ich immer wieder gesagt, nichts anderes.
Außerdem bin ich nur der Überbringer der Nachricht. Für die Verurteilung und Urteilsbegründung bin ich nicht zuständig.
Friede!
Herzliche Grüße
Michael