Das Protokoll der eingangs erwähnten Sitzung ist endlich da!
Nun noch mal für alle zum Nachlesen und Zitieren:
ZitatAlles anzeigenVizepräsidentin Petra Pau:
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 34 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten
Wolfgang Wieland, Volker Beck (Köln), Kai
Gehring, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Mehr öffentliche Sicherheit durch weniger private Waffen
– Drucksache 17/2130 – Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f) RechtsausschussNach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich die Debatte
eröffne, möchte ich darauf hinweisen, dass Bürgerinnen
und Bürger des „Aktionsbündnis Amoklauf
Winnenden“ und der Initiative „Keine Mordwaffen als
Sportwaffen“ diese Debatte hier heute verfolgen. – Ich
begrüße Sie!
Ich eröffne die Debatte. Das Wort hat Wolfgang
Wieland für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
ZitatAlles anzeigenWolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine Damen und
Herren! Der heutige Morgen war selbst für einen alten
Fahrensmann wie mich kein normaler Morgen. Vertreter
der beiden genannten Initiativen waren da. Es waren Eltern
von ermordeten Schülerinnen und Schülern da, es
waren Lehrer da, es waren aber auch Menschen da, die
sich engagieren, zum Beispiel Autoren und Schauspieler
aus Erfurt, die sagen: Das geht auch uns etwas an; das
geht die ganze Gesellschaft an. Im Erfurter Appell haben
sie Folgendes formuliert – ich möchte daraus vortragen –:
Neun Schüler, drei Lehrerinnen und drei Passanten
sind am 11. März 2009 beim Winnender Schulmassaker
erschossen worden, mit einer Sportwaffe.
Schon nach dem Schulmassaker in Erfurt (2002)
hatten Bundesregierung und Bundestag ausreichend
Zeit, den Besitz von tödlichen Waffen für den
Schießsport zu unterbinden. Wir brauchen kein
halbherzig geändertes Waffengesetz. Wir wollen
ein Verbot von Mordwaffen als Sportwaffen – sofort.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten
der SPD)
Die Winnender haben das präzisiert:
Unser Appell lautet:
Generelles Verbot großkalibriger Waffen für Privatpersonen
Verbot für Faustfeuerwaffen in privaten Haushalten
Ich weiß, wie groß die Betroffenheit in diesem Haus
nach Winnenden war; ich habe es selbst erlebt. Ich weiß,
dass das Entsetzen bei allen Fraktionen echt und ungekünstelt
war. Ich sage aber auch, und das meine ich ganz
ernst: Wir sind hier nicht primär eine Versammlung von
Trauernden. Wir sind der Gesetzgeber. Gerade die Eltern
haben sofort und seitdem unermüdlich an uns appelliert
und uns gemahnt. Sie haben gesagt: Wir wollen Handlung
sehen, wir wollen Taten sehen,(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Haben wir ja
auch!)wir wollen die größtmögliche menschenmögliche Sicherheit
haben, dass es nach Erfurt und Winnenden nicht
einen dritten entsprechenden Amoklauf gibt. Ich denke,
das alles sind wir ihnen schuldig. Wir müssen handeln.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
bei der SPD und der LINKEN)Wir als Grüne haben hier einige Vorschläge vorgelegt,
über die wir, denke ich, gründlich debattieren werden.
Wir fordern als Sofortmaßnahme, dass in einem Haushalt
nicht mehr Waffen und Munition gleichzeitig vorhanden
sein dürfen. Es ist ein kleiner Schritt, das zu trennen,
aber wenn nicht beides im Haushalt ist, kann der
Täter nicht damit losstürmen.
Wir fordern vor allem, dass der Besitz bestimmter
Waffen, von denen wir der Ansicht sind, dass sie eigentlich
nicht zum Schießsport gehören, nämlich großkalibrige
Kurzwaffen und halbautomatische Waffen, verboten
wird. Mit diesem Verbot würden wir niemanden
diskriminieren, da diese Waffen nicht zum Schießsport
gehören. Wir freuen uns, dass eine Organisation wie der
Bund Deutscher Kriminalbeamter dies genauso sieht und
den Erfurter Appell mit unterschrieben hat.(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)Schließlich und endlich: Bei geschätzten 12 Millionen
Waffen in Privathänden, davon circa 10 Millionen
legal – die Dunkelziffer kann man nur schätzen –, muss
es so etwas wie eine allgemeine Volksentwaffnung geben.
Wo leben wir denn, dass so viele Waffen in unseren
Wohnungen, in unseren Häusern sind? Die zum Jahresende
abgelaufene Amnestie war richtig. Wir fordern ihre
Verlängerung. Wir wollen mehr Kontrollen. Wir sagen:
Ohne Kontrollen geht es nicht. Das müssen die Länder
bewerkstelligen. Wir wollen aber auch deutliche Maßnahmen
des Gesetzgebers.
Für mich ist das alles eigentlich keine Frage der Innenpolitik,
schon gar nicht des Waffenrechts. Für mich
ist es schlicht eine ethische Frage, wie viel Sicherheit
wir unseren Kindern bieten wollen. Deswegen hoffe ich,
dass der Appell der Eltern, der Appell der Initiativen hier
weite Kreise zieht, auch über uns Innenpolitikerinnen
und Innenpolitiker hinaus, und dass sich das ganze Haus
ernsthaft und gewissenhaft mit dieser Frage befassen
wird.
Vielen Dank.(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)
ZitatVizepräsidentin Petra Pau:
Das Wort hat der Kollege Günter Lach für die
Unionsfraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten
der FDP)
ZitatAlles anzeigenGünter Lach (CDU/CSU):
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe
erfahren, dass heute an dieser Sitzung auch Angehörige
der Opfer aus Winnenden teilnehmen. Ich möchte diese
Gelegenheit nutzen, um Ihnen auch heute noch, über ein
Jahr nach der Tat, mein tiefes Mitgefühl auszusprechen.
Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Kraft und Stärke, um
diese Geschehnisse zu verkraften. Vergessen wird man
sie nie.
Sehr geehrte Damen und Herren, der Deutsche Bundestag
hat im Februar 2008 eine Novelle des Waffengesetzes
verabschiedet, die einen wichtigen Beitrag zur
Verbesserung der inneren Sicherheit geleistet hat. Insbesondere
die schrecklichen Vorfälle von Winnenden und
Erfurt wurden zum Anlass genommen, mit der Änderung
des Waffengesetzes einen Beitrag zur Eindämmung
der Gewaltkriminalität zu leisten. Hier wurde besonders
deutlich, wie verheerend die Auswirkungen sein können,
wenn Waffen und Munition durch unsachgemäße Aufbewahrung
in gewaltbereite Hände gelangen. Daher unterstütze
ich als aktiver Sportschütze die getroffenen Maßnahmen
ausdrücklich.
Mit den Änderungen des Waffengesetzes wird insbesondere
Jugendlichen der Zugang zu Waffen erschwert.
Ebenso stellen sie sicher, dass nur Berechtigte Zugang
zu Waffen haben. Mit der Novelle des Waffenrechts
kann vor Ort bei privaten Waffenbesitzern nun verdachtsunabhängig
überprüft werden, ob die sichere Aufbewahrung
von Waffen und Munition gewährleistet ist.
Künftig muss die sichere Aufbewahrung bereits bei der
Antragstellung für eine Besitzerlaubniskarte nachgewiesen
werden. Damit hat der Waffenbesitzer jetzt eine
Bringschuld gegenüber der Waffenbehörde. Er muss
vorher anzeigen, dass die Waffen ordnungsgemäß gelagert
werden. Das ist gut und richtig so.
Dabei gilt weiterhin der Grundsatz, dass gegen den
Willen des Waffenbesitzers die Wohnung nur bei Gefahren
für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betreten
werden darf. Jeder verantwortungsbewusste Sportschütze
und Jäger wird die Prüfung vor Ort gern unterstützen
und den Zugang zu den Aufbewahrungsräumen
ermöglichen. Denn eine mehrfache Verweigerung der
Kontrolle entspricht nicht dem Wesen der meisten Waffenbesitzer,
Sportschützen und Jäger. Die zuständige Behörde
kann dann von seiner Unverlässlichkeit ausgehen,
wenn die Verweigerung mehrfach wiederholt wird, sodass
die waffenrechtliche Erlaubnis widerrufen wird.
Die Waffen können eingezogen und auch der Vernichtung
zugeführt werden.
Ein weiterer wichtiger Baustein zur Gewährleistung
der Sicherheit ist die Umsetzung der EU-Vorgabe zur Errichtung
eines zentralen elektronischen Waffenregisters.
Ich befürworte ausdrücklich, dass die Bundesregierung
dieses Register bis Ende des Jahres 2012 einführen will,
zwei Jahre vor Ablauf der in der EU-Waffenrichtlinie
vorgegebenen Frist. Das computergestützte Waffenregister
vernetzt zukünftig die Informationen der 577 Waffenerlaubnisbehörden
in den Ländern und kann genaue Informationen
über die Anzahl der Besitzer von legalen
Waffen und Schusswaffen in Deutschland bereithalten.
Diese Information ist besonders für die Arbeit der
Polizei von großer Bedeutung. Bei Amoklagen, in Einsätzen
und zur Gefahrenabwehr kann sie so wichtige Informationen
über möglichen Waffenbesitz gewinnen und
entsprechende Maßnahmen ergreifen. Dies sind gute
Gründe, die Einführung eines nationalen Waffenregisters
voranzutreiben. Ich kann Ihnen versichern, dass Sie bei
den Sportschützen und Jägern in unserem Land große
Unterstützung finden werden.(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Sie sind doch nicht der Klassensprecher
von denen!)Seit Einführung des kleinen Waffenscheins ist die
Zahl der im Zusammenhang mit strafrechtlichen Delikten
sichergestellten Schreckschuss-, Reizstoff- und
Signalwaffen um mehr als die Hälfte zurückgegangen.(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Sie haben jetzt schon mehr als vier Minuten
das Thema verfehlt!)Die Notwendigkeit zur Einführung der Erlaubnispflicht
auch für diese Waffen ist daher nicht offensichtlich.(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Ihnen nicht!)In der Vergangenheit kam es immer wieder zu Polizeieinsätzen,
weil Anscheinswaffen für echte Schusswaffen
gehalten wurden. Mit dem Verbot des Führens
von Anscheinswaffen wurde auch im Waffengesetz darauf
reagiert. Dies betrifft sämtliche Schusswaffen, die
nach ihrer äußeren Form den Anschein von Feuerwaffen
hervorrufen. Ausgenommen sind solche Gegenstände,
die erkennbar zum Spiel oder für Brauchtumsveranstaltungen
Verwendung finden oder bestimmte Teile historischer
Sammlungen sind. Auch die Verwendung bei
Foto-, Film- und Fernsehaufnahmen sowie bei Theateraufführungen
bleibt weiterhin erlaubt. Um eine Umgehung
dieser Vorschrift zu unterbinden, ist der Transport
von Anscheinswaffen künftig nur in einem verschlossenen
Behältnis erlaubt.
Als langjähriger Kreisvorsitzender der Kyffhäuser
Sportschützen in meiner Heimat weiß ich aus eigener Erfahrung,(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Wovon reden Sie eigentlich die ganze
Zeit?)wie umsichtig und verantwortungsbewusst die Sportschützen
mit ihren Waffen umgehen. Ebenso wie die Jäger
werden die Schützen in Deutschland eingehend geschult
und geprüft. Sie kennen die Gefährlichkeit ihres
Sportgeräts und pflegen einen entsprechend aufmerksamen
Umgang damit.(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Darum geht es gar nicht!)Wofür Sie keine Unterstützung bekommen werden,
sind die Vorschläge des vorliegenden Antrags der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen. Sie schießen über das Ziel
hinaus(Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Wieland schießt nicht!)
und stellen Schützen und Jäger unter Generalverdacht.
(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Sprechen Sie für die CDU oder für die
Sportschützen? Oder ist das identisch?)Ich kann nur davor warnen, bei den Schützen und Jägern
weitere Einschränkungen vorzunehmen. Insbesondere
Bestrebungen, eine Waffenlagerung an zentralen
Stellen einzuführen, sind eine Einladung zum Diebstahl.
Einen praktikablen und der Sicherheit dienenden VorDeutscher
schlag, wo die Waffen von Privatbesitzern gelagert werden
können, bleibt dieser Antrag allerdings schuldig.
Die von den Grünen geforderte Verbannung von Waffen
aus privaten Haushalten ist kein Allheilmittel. Es
kann nicht darum gehen, einen Sport zu unterbinden,(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Welchen Sport denn?)der in unserer Tradition fest verankert ist und durch ehrenamtliche
Arbeit getragen wird.(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Er wird ja nicht in der Wohnung ausgeübt!)Dabei denke ich besonders an die großen internationalen
Erfolge im Schießsport. Deswegen verwahre ich mich in
aller Deutlichkeit gegen eine Vorverurteilung. Für mich
geht es vielmehr darum, die steigende Gewaltbereitschaft
in unserer Gesellschaft unter die Lupe zu nehmen.(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Das sind Wahrscheinlichkeitsberechnungen!)Es scheint ganz normal zu sein, wenn das Eigentum
anderer beschädigt wird. Es ist fast alltäglich, dass Konflikte
nicht mehr verbal geregelt werden, sondern immer
häufiger mit Gewalt als Mittel zur Verdeutlichung des eigenen
Standpunktes.(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Wer sagt
das denn?)Besonders deutlich zeigt dies auch die Zunahme von
Gewalt gegenüber unserer Polizei. Erst am letzten Wochenende
kam es bei einer Demonstration in Berlin zu
Verletzungen durch Sprengsätze.(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]:
Unglaublich! – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN]: Das ist eine Peinlichkeit! –
Weitere Zurufe von der LINKEN und dem
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die Beamten kamen nur mit Glück glimpflich davon.(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Die Debatte darüber war am Mittwoch!)Die Täter haben mit selbstgebauten Sprengsätzen die
Tötung von Polizeibeamten billigend in Kauf genommen.
Wenn darunter die Ausübung des Demonstrationsrechts
verstanden wird, sehe ich eine erhebliche Schieflage
in unserer Gesellschaft.(Niema Movassat [DIE LINKE]: Sie haben
das Thema verfehlt!)Jeder Einzelne von uns ist gefordert, die Unversehrtheit
eines jeden zu achten und damit für öffentliche Sicherheit
zu sorgen und sie zu gewährleisten.(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Dann fangen Sie mal an, zum Thema
zu reden!)Es gilt, in unserer Gesellschaft Werte wie Respekt und
Toleranz wieder in den Vordergrund zu stellen. Dazu
müssen wir alle beitragen.
Herzlichen Dank.(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP –
Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Das war eine der Sternstunden im
Deutschen Bundestag! Damit werden Sie vielleicht
Kreisvorsitzender der Sportschützen,
aber sonst nichts!)
ZitatAlles anzeigenVizepräsidentin Petra Pau:
Kollege Lach, das war Ihre erste Rede im Deutschen
Bundestag, und Sie haben es geschafft, sofort Kontroversen
hervorzurufen. Für die weitere Arbeit wünschen
wir Ihnen Erfolg.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das Wort hat die Kollegin Gabriele Fograscher für die
SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
ZitatAlles anzeigenGabriele Fograscher (SPD):
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Vor mehr als einem Jahr tötete ein 17-Jähriger in einer
Schule in Winnenden und später auf der Flucht in
Wendlingen insgesamt 15 Menschen und dann sich
selbst. Nach den polizeilichen Ermittlungen gehörte die
halbautomatische großkalibrige Kurzwaffe, die für diese
grausame Tat verwendet wurde, dem Vater des Täters,
der diese Waffe als Sportschütze legal besaß. Der Vater
hatte die Waffe nicht ordnungsgemäß und nicht entsprechend
den Vorschriften des damals schon gültigen Waffenrechts
verwahrt.
Dieser schreckliche Amoklauf war Anlass für uns, damals
in der Großen Koalition, über Änderungen des
Waffenrechts nachzudenken, aber uns war bei allen Diskussionen
auch damals klar: Allein mit gesetzlichen Regelungen
im Waffenrecht können wir Amokläufe nicht
verhindern; wir können und müssen alles versuchen, sie
zu erschweren.(Beifall bei der SPD und der LINKEN)
Die Motive, die den Täter in Winnenden zu seiner entsetzlichen
Tat gebracht haben, werden wohl nie ganz aufgeklärt
werden. Fahrlässigkeit und Verantwortungslosigkeit
im Umgang mit Waffen, das familiäre und soziale
Umfeld des Täters, Gewaltfantasien, gespeist durch Medienkonsum,
und psychosoziale Gründe wie vermeintliche
Kränkungen und Frustrationen kommen zusammen.
Der Griff zur Waffe ist der letzte schreckliche Akt einer
verstörenden Vorgeschichte.
Wir haben im Bundestag, in den Landesregierungen
und in den Landesparlamenten intensiv über zahlreiche
Vorschläge und mögliche Änderungen im Waffenrecht
diskutiert. Wir haben Sachverständige angehört, unter
ihnen Staatsanwälte, Vertreter von Verbänden und auch
Vertreter des „Aktionsbündnis Amoklauf Winnenden“.
Wir haben nach eingehenden Beratungen sinnvolle
Änderungen vorgenommen, die – und das ist wahr – das
berechtigte Interesse der Bevölkerung an Sicherheit,
aber auch das berechtigte Interesse von legalen Waffenbesitzern
wie Sportschützen und Jägern berücksichtigen.
Bereits im März letzten Jahres haben Sie von
Bündnis 90/Die Grünen einen Antrag mit dem Titel
„Abrüstung in Privatwohnungen – Maßnahmen gegen
Waffenmissbrauch“ eingebracht. Der heute von Ihnen
vorgelegte Antrag ist nahezu inhaltsgleich. Sie fordern,
dass Waffen und Munition nicht mehr in Privathaushalten
aufbewahrt, sondern zentral zum Beispiel in Schützenhäusern
gelagert werden sollen.
Diese vermeintlich einfache Lösung ist diskutiert und
verworfen worden, weil sie neue Sicherheitsrisiken in
sich birgt.(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: So ist es!)
Das bestätigte auch der Sachverständige Oberstaatsanwalt
Hofius in der Anhörung im Innenausschuss im
letzten Jahr. Ich zitiere:
Insgesamt überwiegt das Risiko für die öffentliche
Sicherheit und Ordnung bei einer zentralen Aufbewahrung
von Schusswaffen gegenüber der gesetzmäßigen
Verwahrung in Privathaushalten aus meiner
Sicht deutlich.
Die Ansammlung einer großen Anzahl von Waffen und
Munition an einem Ort könnte und wird ein Anreiz für
Straftäter sein, an Waffen zu kommen. Ich erinnere nur
daran, dass bereits in gut gesicherte Munitionsdepots der
Bundeswehr eingebrochen wurde.
In meiner Region gibt es in nahezu jeder Gemeinde
einen Schützenverein. Das Schützenhaus steht meist am
Rand eines Ortes, und niemand kann die Überwachung
und Sicherung eines solchen Waffendepots garantieren
und sicherstellen.(Clemens Binninger [CDU/CSU]:
Sehr richtig!)Mit Ihrem Vorschlag würden Sie die Verantwortung
für die sichere Verwahrung von Waffen von jedem einzelnen
Waffenbesitzer auf jemand anderen verlagern, der
dafür zu sorgen hätte, dass nach Schießübungen und
Wettkämpfen alle Waffen wieder abgegeben und ordnungsgemäß
verwahrt werden. Wer soll solch eine Verantwortung
übernehmen? Ehrenamtliche in Schützenvereinen,
oder wer soll das sein? Welche Ausnahmen
soll es geben, und wie wollen Sie sie – zum Beispiel für
Jäger – regeln? Ich halte diesen Vorschlag nach wie vor
für nicht organisierbar und auch nicht für praktikabel.(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Immerhin machen wir Vorschläge!)Sie wollen großkalibrige Waffen und Halbautomaten
verbieten. Auch das haben wir bei der letzten Novelle intensiv
diskutiert, und wir haben uns dafür entschieden,
das Mindestalter für das Schießen mit diesen Waffen von
14 auf 18 Jahre zu erhöhen. Die Bundesregierung hat in
ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der SPD zu diesem
Thema ausgeführt – ich zitiere –:
Selbst eine Reduzierung des Waffenbestandes im
Schießsport auf sogenannte Kleinkaliberwaffen
brächte keinen tatsächlichen Sicherheitsgewinn, da
auch mit diesen Waffen tödliche Verletzungen herbeigeführt
werden können.(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Ja, das überzeugt natürlich!)Ich teile diese Einschätzung.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Jetzt habe ich auch eine Einschätzung
über Sie: Ihnen ist doch alles egal!)Auch die Begrenzung der Anzahl der Waffen in Privatbesitz
ist intensiv diskutiert worden. Es ist eine
Scheinlösung; denn auch mit nur einer Waffe kann ein
Täter, der zu einem Mord entschlossen ist, seine entsetzliche
Tat ausführen.
Die Europäische Union verlangt die Einführung des
zentralen elektronischen Waffenregisters bis 2014. Wir
haben bei der letzten Novellierung im vergangenen Jahr
festgeschrieben, dass wir dieses Register bis Ende 2012
einführen wollen, und damit wird auch eine langjährige
Forderung der Gewerkschaft der Polizei erfüllt.
Sie fordern in Ihrem Antrag auch einen besseren Vollzug
des Waffenrechts. Diese Forderung ist mit der Einführung
verdachtsunabhängiger Kontrollen gesetzlich
erfüllt; dies muss aber in den Ländern und den zuständigen
Waffenbehörden umgesetzt werden. Hier besteht
meines Erachtens noch Verbesserungsbedarf.
(Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Sehr gut!)
Unter Punkt 7 Ihres Antrags fordern Sie den „kleinen
Waffenschein … für Kauf und Besitz von Schreckschuss-,
Reizstoff- und Signalwaffen“. Für das Führen
dieser Waffen ist bereits jetzt der kleine Waffenschein
erforderlich, für den eine Zuverlässigkeitsprüfung und
die persönliche Eignung erforderlich sind.
Wir gehen mit Ihnen in dem Punkt überein, dass Sie
eine Neuauflage der am 31. Dezember 2009 ausgelaufenen
Amnestieregelung fordern. Wir halten das für richtig.
Bis Ende letzten Jahres sind bundesweit mehr als
200 000 Waffen abgegeben worden. Jede Waffe weniger
in unbefugten Händen ist ein wirklicher Sicherheitsgewinn,
und jede legal in Besitz befindliche Waffe, die
nicht im illegalen Milieu auftaucht, ist ebenfalls ein Sicherheitsgewinn;
denn auch das ist Realität in unserem
Land: Neben den 10 Millionen legal in Besitz befindlichen
Waffen sind vermutlich ebenso viele illegal besessene
Waffen im Umlauf.
Die letzte Änderung des Waffenrechts liegt gerade
einmal ein Jahr zurück. Vollzugsdefizite sind nicht mit
neuen gesetzlichen Regelungen zu beseitigen.(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des
Abg. Reinhard Grindel [CDU/CSU])Es gibt technische Entwicklungen und Fortschritte bei
Sicherungssystemen für Waffenschränke und Waffen.
Wenn diese ausgereift sind, werden wir erneut darüber
beraten, ob die Standards im Waffenrecht angepasst werden
müssen.
Wir als Politikerinnen und Politiker, aber auch Verbände
und Vereine müssen immer wieder an Waffenbesitzer
appellieren, sich an die Aufbewahrungsvorschriften
des Waffenrechts zu halten, und Verstöße müssen
sanktioniert werden.(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: So ist es!)
1997 wurde in Großbritannien ein generelles Verbot
von Schusswaffen in Privathand eingeführt. Dadurch
konnte nicht verhindert werden, dass Kriminelle in den
Besitz von Schusswaffen gelangten und dass vor wenigen
Wochen in Whitehaven in Nordengland bei einem
Amoklauf 12 Menschen getötet und 25 Menschen verletzt
wurden.
Meine Fraktion und ich werden zunächst die Evaluierung
der Neuregelungen abwarten, wir werden die technischen
Entwicklungen beobachten und alle seriösen
Vorschläge prüfen, aber wir werden den Menschen nicht
vormachen, dass allein mit gesetzlichen Regelungen im
Waffenrecht mehr Sicherheit garantiert werden kann und
Amokläufe nicht mehr vorkommen.
Vielen Dank.(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP –
Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Das tun wir auch nicht! Es steht in
unserem Antrag, dass das nicht geht!)
ZitatVizepräsidentin Petra Pau:
Das Wort hat der Kollege Serkan Tören für die FDPFraktion.
ZitatAlles anzeigenSerkan Tören (FDP):
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Die schockierenden tödlichen Gewaltverbrechen an
deutschen Schulen machen immer wieder betroffen. Gerade
an einem solchen Tag, an dem Betroffene aus Winnenden
dem Bundestag ihre Petition überreicht haben,
wird vieles wieder wachgerufen. Ob die Täter nun
Schusswaffen oder Messer verwenden, man fragt sich
immer wieder: Warum? Was ist in einem jungen Menschen
vorgegangen, dass er zu einer solchen Tat fähig
war?
Meiner Ansicht nach werden diese Fragen zwar
gestellt, aber wir gehen ihnen nicht richtig nach. Wir finden
schnell vermeintlich einfache Antworten auf
komplizierte Sachverhalte. Statt einer wirklichen Beschäftigung
mit der Problematik wird sehr schnell als
vermeintliche Lösung eine Verschärfung des Waffenrechts
gefordert.(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Man kann beides machen!)Genauso ist es mit dem von Ihnen vorgelegten Antrag,
meine Damen und Herren von den Grünen. Sie
schreiben zwar – ich darf zitieren –:
Die Prävention von Amokläufen bedarf einer umfassenden
Strategie, die der Komplexität des Phänomens
gerecht wird.
Allerdings gehen Sie auf diese richtige und wichtige Erkenntnis
mit keinem Wort weiter ein. Der Rest Ihres Antrags
besteht nur aus Verboten und Geboten.
Was ist mit den gesellschaftspolitischen Fragen? Wie
lautet Ihr Lösungsvorschlag dafür, dass Amokläufer den
einzigen Ausweg aus ihrer scheinbar ausweglosen Situation
in der Gewalttat sehen? Ich vermisse in Ihrem Antrag
die Antworten darauf.(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Geben Sie doch selber mal welche!)Mit dem von Ihnen vorgelegten Antrag werden Sportschützen,
Waffensammler und Jäger einem Generalverdacht
ausgesetzt.(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unsinn! –
Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo denn? Sie sagen immer
nur: Freiheit für Waffen! –
Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche Lösungen haben Sie eigentlich?)– Genau das ist der Fall, Herr Wieland. – Aus Sicht der
FDP ist das weder gerechtfertigt, noch kann es eine
breite und ehrliche Diskussion über die Ursachen von
gewalttätigen Handlungen ersetzen, die wir dringend benötigen.(Beifall bei der FDP)
Frau Künast, mit Ihren Bemerkungen helfen Sie den
Betroffenen aus Winnenden nicht weiter.(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Sie mit Ihren aber auch nicht!)
Nicht die Waffe ist das Problem, sondern der Mensch,
der sie einsetzt, Frau Künast.(Beifall bei der FDP –
Renate Künast [BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN]: Quatsch! So ein Unsinn! Die Waffe ist das Problem!)Wir Liberalen fordern daher eine Kultur des Hinsehens.
In allen Fällen haben Amokläufer ihre Tat angekündigt.(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber sie hatten auch eine Waffe!)
Allerdings hat niemand etwas bemerkt, oder die vorhandenen
Hinweise wurden nicht ernst genommen. Hier gilt
es anzusetzen. Eltern, Lehrer und Mitschüler müssen
sich kümmern.(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Warum haben wir dann überhaupt ein
Waffenrecht, wenn nur der Mensch das Problem
ist?)Die Frage ist, warum Jugendliche in eine solche Situation
geraten. Bitte verstehen Sie meine Ausführungen
nicht falsch. Auch wir Liberalen halten gesetzliche Regelungen
für den Umgang mit Waffen für richtig. Allerdings
darf hierbei eines nicht außer Acht gelassen werden:
Deutschland hat schon heute eines der schärfsten
Waffengesetze. Sicherlich kann man noch das eine oder
andere daran verbessern. Sie, meine Damen und Herren
von den Grünen, wollen aus unserer Sicht aber nicht das
Waffenrecht verbessern; vielmehr wollen Sie die
Schraube noch weiter andrehen. Allerdings stellt sich
mir die Frage der Wirksamkeit weiterer Verschärfungen
im Waffenrecht.
Gerade in Großbritannien hat sich gezeigt – das hat
die Kollegin schon angesprochen –, dass schärfere Waffengesetze
nicht dazu geführt haben, dass die Zahl der
Straftaten mit Waffen gesunken ist. Im Gegenteil, sie ist
sogar angestiegen.(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Das stimmt doch gar nicht! Deutlich
weniger gewalttätige Menschen!)– Genau das ist der Fall. Das müssen Sie sich vor Augen
führen. Sie sind scheinbar ohne Kenntnis der Statistik in
die Diskussion hineingegangen.
Wir als FDP treten dafür ein, dass der Fokus auf dem
Vollzug des bestehenden Waffenrechts liegen muss.
Denn das beste Gesetz ist ohne entsprechenden Vollzug
nutzlos. Was dies angeht, ist die Bundesregierung derzeit
dabei, deutschlandweit einheitliche Verwaltungsvorschriften
zur Umsetzung des Waffenrechts mit den Ländern
zu erarbeiten. Ich möchte ausdrücklich festhalten,
dass die Regierungskoalition viel für die Sicherheit unserer
Bürgerinnen und Bürger tut.
Allerdings lehnen wir symbolische Maßnahmen ab.
Vorhaben, die entweder zusätzliches Geld kosten oder
die Freiheit der Bürger einschränken, ohne einen echten
Zusatznutzen zu bringen, sind mit der FDP bzw. der Regierung
nicht zu machen.
Leider bringt Ihr Antrag für einen zusätzlichen Sicherheitsgewinn
nichts Neues. So fordern Sie unter anderem
eine zentrale Aufbewahrung von Waffen, um einen
möglichen Missbrauch zu verhindern. Selbst mit
vielleicht besserer Sicherheitstechnik wären solche zentralen
Waffendepots in Randlagen ein verlockendes Ziel
für Kriminelle. Dies zeigt gerade die Tat von Eislingen,
bei der ins dortige Schützenheim eingebrochen wurde.
Sie fordern Verbote im Bereich des Waffenrechts. Ob
dies eine Lösung ist, bezweifele ich ebenfalls stark. Ein
Verbot von Munition mit besonderer Durchschlagskraft
würde den Besitz dieser zwar illegal machen, aber glauben
Sie wirklich, dass diese Munition in Deutschland
dann nicht mehr zu haben wäre?(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Das ist eine ganz andere Frage, ob man
sie überall kaufen kann oder ob sie illegal zu
erwerben ist!)Das erscheint mir als Symbolpolitik ohne wirklichen Sicherheitsgewinn.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Dann können wir ja das Strafgesetzbuch
abschaffen! Daran halten sich auch nicht
alle!)Das Hauptanliegen der FDP ist stattdessen, wahrhaftig
und aufrichtig etwas gegen zukünftige Amokläufe zu
unternehmen.
Das Waffenrecht – das hat die Vergangenheit deutlich
gezeigt – ist dazu kaum geeignet. Gewaltprävention und
-forschung müssen im Vordergrund stehen. Wir brauchen
einen nachhaltigen Sicherheitsgewinn, aber keinen
puren Aktionismus, wie Sie ihn heute an den Tag gelegt
haben.
Vielen Dank.(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
ZitatVizepräsidentin Petra Pau:
Das Wort hat der Kollege Frank Tempel für die Fraktion
Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
ZitatAlles anzeigenFrank Tempel (DIE LINKE):
Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und
Herren! Beim Thema Waffenrecht gilt abzuwägen, wie
man das berechtigte Interesse der Bürgerinnen und Bürger
am Schutz auf Leben und auf Unversehrtheit einerseits
sowie das Interesse von Waffeninhabern und -nutzern
andererseits in Übereinstimmung bringt.
Die ehrenamtliche Arbeit der Sportschützengruppen
und Schützenvereine ist ein wichtiger Beitrag zum Leben
der Städte und Gemeinden. Jugendarbeit, sportliche
Wettbewerbe sowie die Unterstützung und Ausrichtung
von Volksfesten sind auch in unseren Augen ein wichtiger
Beitrag für die Gesellschaft. Ebenso wissen wir den
aktiven Beitrag der Jäger zum Umweltschutz zu würdigen.
Aber: Der Schutz des Lebens wiegt immer schwerer.(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN)Die Nutzer von Waffen müssen sich dieser Verantwortung
stellen. Wir wissen, die meisten Besitzer legaler
Waffen machen das auch.
Zunächst einmal haben wir das Problem, dass 10 Millionen
legale Waffen unzähliger illegaler Waffen gegenüberstehen.
Aktionen zur straffreien Abgabe illegaler
Waffen sollten daher unbedingt fortgesetzt und auch entsprechend
beworben werden.(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)Vielschichtiger und daher auch schwieriger ist der
Umgang mit legalen Waffen. Dazu gibt es unterschiedliche
Auffassungen. Die getrennte Lagerung von Waffen
und Munition ist eine Forderung, die auch die Linke hier
schon gestellt hat. Die Verhältnismäßigkeit von dafür
notwendigen Investitionen und höheren Kosten in Bezug
auf die potenzielle Gefahr einer gebrauchsfähigen
Schusswaffe ist absolut gegeben.
Inwieweit der Staat Maßnahmen für mehr Sicherheit
fördern und diese unterstützen kann, muss untersucht
werden. Die Verbände der Waffenbesitzer sollten sich
aber weniger über eine steigende Belastung ärgern, als
lieber entsprechend ihrer Verantwortung aktiv und demokratisch
an Vorschlägen zu Konzeptionen mitarbeiten.
Das Thema der Erbwaffen ist im Antrag der Grünen
noch ein bisschen nachzuarbeiten. Waffen im Besitz von
Menschen, die keine genehmigte Nutzung beabsichtigen,
müssen durch Blockiersysteme oder Abzugsschlösser
gesichert werden. Die Waffen werden dadurch nicht
zerstört, aber ihre unbefugte Nutzung wird eingeschränkt.
Ein großes Problem ist nach wie vor die unzureichende
Kontrolle von legalem Waffenbesitz. Die verantwortlichen
Kommunen haben aufgrund ihrer finanziellen
Situation doch kaum die Möglichkeit, die
notwendigen unangemeldeten Kontrollen in ausreichendem
Maße durchzuführen. Diese Kontrollen sind aber
notwendig, um Sorglosigkeit und Fahrlässigkeit – Sie
werden nicht abstreiten können, dass es das gibt – vorzubeugen.
Nicht zuletzt aufgrund eigenen Erlebens möchte ich
deutlich daran erinnern, dass wir endlich ein zentrales
Waffenregister brauchen, so wie es auch die Grünen in
ihrem Antrag richtigerweise fordern.(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN)Ein Beispiel aus der Praxis, um dies zu verdeutlichen:
Aufgrund eines Korruptionsverdachtes fand gegen einen
bisher unbescholtenen Geschäftsmann eine Durchsuchung
in dessen Wohnhaus statt. Der Betroffene war naturgemäß
sehr verärgert über die polizeiliche Maßnahme.
Dass er zu cholerischen Reaktionen neigte, war
den Einsatzkräften vorher bekannt. Nicht bekannt aber
war, dass dieser Bürger Waffenbesitzer ist. Erst als im
Nachtschrank des Beschuldigten eine geladene Handfeuerwaffe
gefunden wurde, war allen die potenzielle
Gefahr klar.
Meine Damen und Herren, ich selbst war der Durchsuchungsführer
vor Ort und kann Ihnen deshalb versichern,
dass es ein sehr bescheidenes Gefühl ist, wenn
man erkennt, dass diese Aktion durchaus auch anders
hätte enden können.
Für den Beschuldigten ging es an diesem Tag durchaus
um seine wirtschaftliche Existenz. Kurzschlussreaktion
und Gelegenheit in Kombination sind gefährlich.
Darüber dürften wir uns einig sein.
Im Übrigen ist es auch bei Bedrohungslagen enorm
wichtig, dass Einsatzkräfte sehr schnell wissen, ob Gefährder
an Waffen kommen können – zum Beispiel
durch das Elternhaus oder Großeltern – und um welche
Waffen es sich dabei handelt.
Legale Waffen sind in Deutschland in 570 Regionalbehörden
registriert. Nicht überall hat die Polizei direkten
Zugriff darauf. Dieser Unsinn muss beendet werden.
Deshalb noch einmal: Wir brauchen endlich ein zentrales
Waffenregister, und zwar nicht erst im Jahr 2012,
sondern so schnell wie möglich.(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN)Im Großen und Ganzen weist der Antrag der Grünen
also in die richtige Richtung. Es gilt der Satz: Der Worte
sind genug gewechselt, lasst uns nun endlich Taten sehen.
– Dies möchte ich auch an die SPD richten.(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN)
ZitatVizepräsidentin Petra Pau:
Zu einer Erklärung hat der Kollege Scheer das Wort.(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Was denn für
eine Erklärung?)
ZitatAlles anzeigenDr. Hermann Scheer (SPD):
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Ich will nur kurz etwas sagen, damit hier kein falscher
Eindruck entsteht.
Es gibt in der SPD-Fraktion nicht nur mich, sondern
auch viele andere, die mit dem, was der Kollege der Grünen
zu dieser Frage hier ausführlich dargelegt hat, mehr
übereinstimmen. – Ich denke, das sollte hier festgestellt
werden.
Danke schön.(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten
der SPD)
ZitatAlles anzeigenVizepräsidentin Petra Pau:
Wir halten jetzt einfach fest, dass das unsere Kriterien
für eine Erklärung zur Aussprache nicht erfüllt hat. Wir
werten das als Kurzintervention und beenden damit die
Debatte.
Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/2130 an die in der Tagesordnung aufgeführten
Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden?
– Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.