Hilfe Pistole kaputt ?

Es gibt 47 Antworten in diesem Thema, welches 9.391 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (6. Dezember 2015 um 14:38) ist von Ragnar Caesar.

  • So, hier der zweite Teil von dem, was mir ein Werkstattmeister, der sein ganzes Arbeitsleben mit Dichtungen und Schmiermittel (an Dieselmotoren von Lokomotiven) verbrachte, über Ballistol Universalöl erzählte.

    Ballistol ist wasserlöslich (emulsionsfähig) und kann dadurch im Zusammenspiel mit der Luftfeuchtigkeit verseifen. Was bei bestimmten Pflegeanwendungen sinnvoll ist, wirkt sich beim Einsatz als Schmiermittel fatal aus. Wenn ich Ballistol z.B. zur Schmierung ins System meines TiPX-Markierers einfülle, anstatt des Silikonöls der Wartungskapseln, vermischt sich das Ballistol mit dem vorhandenen, synthetischen Öl / Fett und reduziert die Schmierwirkung drastisch. Obwohl der Synthetikschmierstoff selbst nicht emulsionsfähig ist, ergibt sich durch das Vermischen mit Ballistol eine Quasi-Emulsion, die den Schmierfilm zerstört. Wenn man bedenkt, daß sich der Schlagbolzen der TiPX mir über 100m/s bewegen kann, ist es nicht verwunderlich, daß es dann zum Materialverschleiß kommt. Durch die schnelle Bewegung kommt es zur Schaumbildung, was im Zusammenspiel mit den alkoholischen Bestandteilen des Ballistols zum Auswaschen der PTFE-Ablagerungen aus den Riefen des Metalls führt, die dort eigentlich die Trockenschmierung sicherstellen sollen. Ein Kolbenfresser ist somit vorprogrammiert.

    Jetzt noch einmal zum Thema "Ballistol und O-Ringe". Im ersten Teil beschrieb ich die chemische Wirkung des Ballistols auf O-Ringe, jetzt gehts um die mechanische Wirkung. O-Ringe können nicht nur als statische Dichtungen vervendet werden, sondern auch (in begrenzten Maßen) auch als dynamische Dichtungen. Als radiale Dichtung sind O-Ringe ungeeignet, weil sie ständig auf der selben Stelle drehen würden, wodurch der Schmierstoff verdrängt wird und schon nach kurzer Zeit keine ausreichende Schmierung mehr vorhanden ist. Für diesen Anwendungszweck wurde speziell der Simmerring entwickelt. Als axiale Dichtung sind O-Ringe nur dann geeignet, wenn eine ständige Schmierung gewährleistet ist. So z.B. beim Druckregler im Ventil meiner Walther Dominator 1250 (grün und orange dargestellt), wo sie sich am Regulator hin und her bewegen.

    Wenn aber der Schmierfilm durch das Ballistol (wie oben beschrieben) zerstört wird, und der O-Ring ungeschmiert immer über dieselbe Stelle rubbelt, verschleißt der O-Ring und wird mechanisch zerstört. Das betrifft auch O-Ringe aus PTFE (Teflon), obwohl sie chemisch gegen Ballistol resistent sind. Weil PTFE-Dichtungen gerade bei den mechanischen Eigenschaften teilweise in der Gruppe D (Für den Einsatzfall nicht zu empfehlen) vertreten sind, werden diese beim Einsatz als dynamische Dichtung dann auch besonders schnell zerstört. Bei fehlender Schmierung sind PTFE-Dichtungen dann besonders anfällig für die sogenannte Spaltenextrusion, wodurch der O-Ring undicht / zerstört wird.

    Hier ein paar interessante Links, wo die Vor- und Nachteile verschiedener Öle gut beschrieben werden:

    Ballistol Universalöl

    WD 40

    Kettenpflege gesamt

    Es wird also deutlich, daß Ballistol Universalöl nur für die Einsatzzwecke benutzt werden sollte, wofür es ursprünglich auch gedacht war: dem Lösen von Verbrennungsrückständen bei Feuerwaffen. Vielleicht noch bei einigen Spezialanwendungen, wie z.B. im Lebensmittelbereich und für das glänzende Fell von Hund, Katze und Meerschweinchen ... aber das war es dann auch schon! Selbst die vor allem bei Jägern verbreitete Annahme, daß Ballistol Universalöl für alle Anwendungsgebiete bei Feuerwaffen die beste Wahl sei, stimmt nicht. Für den Holzschaft und Lederüberzüge gibt es spezielle Mittel, die Ballistol vorzuziehen sind. Das kann man sogar bei Wikipedia nachlesen, um das ich normalerweise einen Bogen mache.

    Ballistol - Wikipedia

    "Als Holzpflegemittel ist Ballistol in Frage zu stellen: Der Bestandteil Weißöl kann unter üblichen Einsatzbedingungen nicht polymerisieren und/oder oxidieren und lagert sich unverändert im Holz ein. Damit ist das Holz für spezifische Holzpflegemittel (Leinöl, Tungöl, Balsamterpentine und Gemische aus diesen und vergleichbaren Stoffen, sowie Wachse und Lacke) schwerer zugänglich und wird schmierig, wenn man es im Übermaß aufträgt. Da Terpentine die enthaltenen Paraffinverbindungen lösen können, wird eine Behandlung vermutlich zumindest erschwert sein.

    Für die Lederpflege ist Ballistol aufgrund der niedrigen Viskosität nur eingeschränkt geeignet, da übermäßiges Auftragen dazu führen kann, dass das gesättigte Leder längerfristig Öl an in Kontakt stehende Materialien abgibt. Weiterhin lagert sich Ballistol in die Poren ein, dichtet jedoch nicht dauerhaft ab, im Gegensatz zu Imprägnier-Emulsionen und Suspensionen. Daher ist regelmäßiges Nachpflegen erforderlich."


    Bei exzessiver Behandlung von Leder mit Ballistol Universalöl, kann es soweit aufquellen und zerfasern, daß es schließlich auseinander fällt. Gerade für Druckluft- und CO2-Waffen Besitzer gibt es somit kaum ein Anwendungsgebiet, wo Ballistol geeignet wäre - und selbst wenn, gibt es andere, synthetische Öle / Fette, die für den Zweck besser geeignet sind. Meistens richtet man mit Ballistol aber nur Schaden an.

    Mein Bekannter drückte sich ungefähr so aus: "Wo moderne Elastomer-Dichtungen und synthetische Hochleistungsschmierstoffe eingesetzt werden, hat weder Ballistol, noch sonst irgendeine Bio-Plörre etwas zu suchen!"

    Damit will ich das Thema jetzt aber auch abschließen ...

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    8 Mal editiert, zuletzt von Ragnar Caesar (5. Dezember 2015 um 20:34)

  • Da gibt es eine 1+ und setzen. :thumbsup:

    Hast dir viel Mühe gemacht, das war für mich aufschlußreich, deshalb danke.
    Hab mein Ballistol jetzt für die Katzenpflege abgestellt.

    Gruß Christian

    Einmal editiert, zuletzt von Christian_B (5. Dezember 2015 um 22:56)

  • Im Einsatz habe ich momentan Gunex von Klever und WD40. Beide riechen wie Öl riechen sollte und hinterlassen keine Schmiere.

    Ballistol verwende ich schon lange nicht mehr. Die Waffen die ich dummerweise damit durchgeölt hatte werde ich irgendwann zerlegen und komplettreinigen müssen.
    Wenn ich es unbedingt pflanzlich will, könnte ich genausogut Olivenöl raufmachen. Das schmiert auch und ist auf jeden Fall gesund.

  • WD 40 benutze ich auch sehr gerne. Früher hatten wir auf'm Pütt ein Mittel, was in meinen Augen eins der besten war: Tokontan

    Ich hab mal die Kontakte der Zündkerzenstecker an meiner CO2-Schleuder mit Spray von Kontakt Chemie gereinigt. Ich achtete dabei darauf, alle Stecker nur einzeln abzuziehen (wg. Zündfolge) und nicht das rückölende K-Spray zu verwenden - weiß jetzt aus dem Stand nicht, ob's K60 oder K61 / 601 ist, das rückölend wirkt. Trotzdem wär mir der Motor fast rausgehüpft, als ich die Karre anlassen wollte. Nachdem ich die Stecker nochmals mit Tokontan reinigte, sprang er sofort an und lief wie ein Kätzchen.

    Beim Einsatz von WD 40 sollte man aber unbedingt die kriechende und entfettende Wirkung beachten. WD 40

    Wie bei Ballistol Universalöl gilt es, für jeden Einsatzzweck das richtige Mittel zu wählen. Ballistol war nie als Schmieröl, sondern als Reinigungs- und Pflegeöl gedacht.

    Für die Läufe meiner Waffen habe ich sehr gute Erfahrungen mit Fluna Tec gemacht.

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    2 Mal editiert, zuletzt von Ragnar Caesar (5. Dezember 2015 um 18:05)

  • Also ich hatte mit Ballistol seltsamerweise noch nie Probleme. Primär wende ich es äußerlich zur Pflege bzw leichtem Schutz auf brüniertem Stahl an.
    Woraus die Dichtungen in den Umarex CO2 Waffen genau sind weiß ich nicht, vermutlich NBR oder was ähnlich widerstandsfähiges. Ich weiß nur, daß man die Dichtungen in den guten CO2 Waffen von Umarex, wie zb CP88 etc mit Ballistol definitiv nicht kaputt bekommt. Auch wenn ich seit einigen Jahren für Dichtungen lieber Silikonöl benutze.

    Ballistol verwende ich aber nach wie vor gerne zum reinigen, ebenso wie WD40, welches übrigens ebenso vorhandene Schmierstoffe ausspült und wegwäscht. Daß es Anwedungen gibt für die sich Ballistol nicht eignet, ist unbestritten. Dennoch eine interessante und ausführliche Zusammenstellung, dafür vielen Dank.

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  • Äh, Verzeihung, woher rührt die Kenntnis, dass Ballistol bzw. das darin in medizinischer Qualität enthaltene Weissöl schädlich für Gummidichtungen ist?
    Mir ist davon nichts bekannt, und sogar der Hersteller wirbt explizit damit, dass sich Ballsitol sogar zur Gummipflege eignet

    Vieleicht an den hundetren von zerffressenen Dichtungen. Wenn ich für jede Waffe die durch Ballistol kaput gegangen ist einen Euro bekommen würde könnte ich Morgen mir eine A380 als Privatjet zu leisten.

  • Also ich hatte mit Ballistol seltsamerweise noch nie Probleme. Primär wende ich es äußerlich zur Pflege bzw leichtem Schutz auf brüniertem Stahl an.
    Woraus die Dichtungen in den Umarex CO2 Waffen genau sind weiß ich nicht, vermutlich NBR oder was ähnlich widerstandsfähiges. Ich weiß nur, daß man die Dichtungen in den guten CO2 Waffen von Umarex, wie zb CP88 etc mit Ballistol definitiv nicht kaputt bekommt. Auch wenn ich seit einigen Jahren für Dichtungen lieber Silikonöl benutze.

    Ballistol verwende ich aber nach wie vor gerne zum reinigen, ebenso wie WD40, welches übrigens ebenso vorhandene Schmierstoffe ausspült und wegwäscht. Daß es Anwedungen gibt für die sich Ballistol nicht eignet, ist unbestritten. Dennoch eine interessante und ausführliche Zusammenstellung, dafür vielen Dank.

    Man muß da mehrere Dinge auseinanderhalten: Dichtungen aus PTFE sind resistent gegen Ballistol. Wenn sie nicht, wie oben beschrieben, zusätzlich mechanisch belastet werden (bei Einsatz als dynamische Dichtungen) und der Schmierfilm durch das Ballistol weggewaschen wird, halten sie ewig. Das Problem bei Druckluft- und CO2-Waffen liegt ja darin, daß dort sich schnell bewegende Teile vorhanden sind (z.B. der von der Power Tube angetriebene Front Bolt in meiner TiPX). Dort käme es zum stark erhöhten Verschleiß der Metallteile, auch wenn die statischen O-Ringe der CO2-Leitungen völlig in Ordnung bleiben. Das ist der Grund, warum bei Waffen Ostheimer auch vor der Anwendung von Ballistol bei Druckluft- und CO2-Waffen gewarnt wird.

    Das Hauptproblem von Ballistol ist einfach, daß es die spezifischen Schmiereigenschaften der bereits vorhandenen Schmiermittel zerstört. Daher sollte es niemals zusammen mit anderen Schmiermitteln verwendet werden - was übrigens für alle Schmiermittel gilt. Da meine TiPX und meine Walther Dominator aber bereits vom Hersteller großzügig mit schmieriger Plempe eingesudelt wurden, werde ich die Herstellervorgaben für die Schmiermittel beachten und auf Ballistol verzichten.

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  • Vieleicht an den hundetren von zerffressenen Dichtungen. Wenn ich für jede Waffe die durch Ballistol kaput gegangen ist einen Euro bekommen würde könnte ich Morgen mir eine A380 als Privatjet zu leisten.

    Du hast meine Ausführungen nicht verstanden ... aber das macht nichts. :rolleyes:

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