Ein gutes Universalmesser

Es gibt 44 Antworten in diesem Thema, welches 4.463 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (11. März 2010 um 16:29) ist von ZEBO.

  • Gute Messer sind hier im Thread ja schon genannt worden, deshalb möchte ich nur noch auf die Fragen hinsichtlich des Führverbotes eingehen. Insbesondere den Ausführungen der geschätzten Kollegen Floppyk und Pupsnase muß ich widersprechen.


    Wir müssen seit 2 Jahren mit diesem unsäglichen Führverbot in § 42a WaffG leben. Aber in der gesamten Zeit war es völlig unstrittig, daß sämtliche Outdooraktivitäten - z.B. Wandern, Naturbeobachtung, Camping, Kanufahren, Jagen, Angeln, Bergsteigen, Fallschirmspringen etc. - entweder direkt unter den in § 42a III genannten Begriff des "Sports" fallen oder zumindest von dem als Auffangtatbestand gedachten "allgemein anerkannten Zweck" mit abgedeckt werden.

    Deshalb wundere ich mich darüber, woher Ihr plötzlich Eure rechtlichen Bedenken schöpft, wenn m.W. nicht einmal die härtesten Waffengegner diese Meinung vertreten haben. ???

    Zur zweiten Frage: Muß das Messer auf dem Weg in den Wald in einem verschlossenen Behältnis transportiert werden? Antwort: Jain. Es kommt darauf an, wie weit der Weg zur eigentlichen Sportausübung ist? Wohnt man nur ein paar hundert Meter vom Wald entfernt, so bestehen keine Bedenken, wenn man es direkt trägt. Muß man hingegen vor Beginn der Wanderung jedoch mehrere Kilometer im Auto zurücklegen, so wäre der direkte Zusammenhang des Messerführens mit dem noch in der ferneren Zukunft liegenden "berechtigten Interesse" (§ 42a II Nr. 3 WaffG - dazu dann Abs. III) nur noch sehr verdünnt gegeben.
    Es kommt also - wie immer - auf den Einzelfall und seine Umstände an. ;)

    Als Faustregel kann man, denke ich, festhalten: Das Führen eines von § 42a betroffenen Messers oder einer Blankwaffe ist im urbanen Raum immer besonders kritisch zu prüfen, in der freien Natur wird es hingegen in der Regel zulässig sein. (Und dies ist im Ergebnis genau das, was der Gesetzgeber erreichen wollte.)

    Ein Beispiel für die von mir genannte Einzelfallprüfung: Wenn ein wackerer Wandersmann auf dem Weg von Dorf A nach Dorf C ist und dabei durch Dorf B hindurchläuft, so muß er sein Fahrtenmesser am Ortseingang selbstverständlich nicht in den Rucksack tun, um es am Ortsausgang wieder umzuschnallen. Ein Einwohner von Dorf B, der nur über die Dorfstraße geht, könnte allerdings u.U. rechtliche Probleme bekommen.


    Im übrigen ist § 42a WaffG gänzlich anders strukturiert als das sonst im deutschen Waffenrecht vielfach geltende Bedürfnisprinzip (weshalb man auch nicht von einem Bedürfnis zum Messerführen reden sollte). Das Bedürfnisprinzip (§ 8 WaffG) verlangt immer eine Abwägung zwischen dem Interesse des Bürgers und den Sicherheitsinteressen des Staates. Insofern ist auch zu berücksichtigen, inwieweit dem Interesse des Bürgers mit "weniger gefährlichen" (m.a.W.: WBK-freien) Waffen entsprochen werden kann.

    Dergleichen ist gem. § 42a nicht vorgesehen! (Auch wenn manche Behörde so tut, als ob.) Wenn einer der in Abs. III genannten Gründe greift, darf das sonst vom Führverbot erfaßte Messer immer getragen werden. Der Bürger ist also nicht gezwungen, einen speziellen "Bedürfnisnachweis" zu erbringen, worin er etwa nachweisen müßte, daß er das vom Führverbot erfaßte Messer unbedingt braucht. Es kommt mithin nicht darauf an, ob sich die anfallenden Schneidarbeiten mit einem nicht unter § 42a fallenden Messer nicht genau so gut erledigen ließen. Liegt ein berechtigtes Interesse (§ 42a II) vor, so darf das Messer geführt werden.

    (Der Abs. III enthält, nebenbei bemerkt, nur eine beispielhafte Aufzählung der Gründe für ein solches berechtigte Interesse und ist keineswegs enumerativ, wie durch das Wort "insbesondere" verdeutlicht wird.)


    Ich hoffe, daß ich ein wenig Klarheit in diese schwierige und hier immer wieder auftauchende Rechtsmaterie bringen konnte. ;)

    Suum cuique.
    "Blessed are those who, in the face of death, think only about the front sight." - Jeff Cooper

    5 Mal editiert, zuletzt von ZEBO (11. März 2010 um 16:29)

  • Da das WaffG gerade in der Ausnahme äußerst schwammig formuliert wurde, werden erst rechtskräftige Urteile Klarheit bringen.

    Zudem beziehe ich mich auf ein aktuelles Buch "Basiswissen Waffenrecht, Gade", wo er diesen 42 a mit seinem RFG auch eher eng auslegt.
    So schreibt er sinngemäß, dass ein Individualbedürfnis eines Einzelnen, keinen Ausnahmegrund im Sinne des "allgemein anerkannten Zweck" sein kann. So würde die simple Begründung - ich schäle in Kürze einen Apfel - diesen § komplett ad et surdum führen, weil man dann immer einen Grund anführen kann. Daher wird zur Glaubhaftmachung schon einiges mehr her müssen.

    Daher sehe ich da auch Parallelen, wenn jemand sagt, ich will im Wald ein Stück Holz schnitzen (bitte sinngemäß verstehen).

    Der Buchautor ist Polizeirat und lehrt das Waffenrecht an der Fachhochschule des Bundes, Fachbereich Bundespolizei in Lübeck. Daher gehe ich mal davon aus, dass seine Auslegung fundiert sein müsste und ein gewisses Gewicht mitbringt. Das zumindest solange, bis ein RA dieses erfolgreich vor Gericht widerlegen kann.
    Aus diesem Grund bin ich da vorsichtig, wenn jemand ohne ganz speziellen Grund ein Messer führen will. Spezieller Grund wäre Angler, Jäger, Pilzsammler etc, dass sich ja leicht anhand der Ausrüstung erkennen lässt. Weiterhin bleibt fraglich, ob denn diese - gute - Begründung ausreicht um auch das entsprechende Messer auf dem Wege zum Ort der Ausführung der Beschäftigung geführt werden darf.
    Ich erinnere an der paradoxen Situation, dass ein Jäger seine Schusswaffen auch auf dem Weg ins und vom Revier führen darf, jedoch müsste er das Jagdmesser verschlossen wegpacken. Das alleine zeigt schon die Unausgegohrenheit des 42a und nicht nur ich warten gespannt auf entsprechende Urteile. Vielleicht gibt es eine Klarstellung in der nächsten WaffVwV.

    Aber nun wird vielleicht deutlich, dass ich da vorsichtig bin. Zwar darf im Forum keine Rechtsberatung erfolgen, jedoch wäre es fatal, wenn das hier Geschriebene von Irgendwem auch angewendet wird und es sich als falsch herausstellt. Daher kann man lieber in unsicheren Sachen Bedenken anmelden, als "alles klar, mach mal" zu signalisieren. Ausbaden muss es dann der Benutzer. Zudem kommt das Problem, dass der Polizist auf Streife sicherlich inzwischen das Führverbot kennen wird. Aber zur Vorsicht wird er restriktiv handeln und erst mal das Messer einkassieren und wohlmöglich eine Anzeige schreiben. Gerechtfertigt oder nicht, der Messerbesitzer hat dann erstmal den schwarzen Peter an den Hacken.
    Daher bleibe ich vorerst dabei, bis es da klarere Aussagen gibt.

    Aber wie Du richtig schreibst - es kommt immer auf den Einzelfall an.

  • Hallo Floppyk,

    wir sind uns, denke ich, darin einig, daß es sich bei § 42a nicht nur um einen unglücklich formulierten Gummiparagraphen handelt, sondern um eine Norm, die die Behörden geradezu zu willkürlichen Handlungen auffordert - auch wenn es das in einem Rechtsstaat nicht geben sollte. :confused2:

    Ich kenne übrigens viele Publikationen zum Waffenrecht, doch das Buch von Gade leider nicht. Allerdings läßt mich dessen Hintergrund als Polizeiausbilder schon stutzig werden. Denn diese Spezies ist erstens für eine tendenziell sehr restriktive und zweitens sehr bzw. übermäßig schematische Auslegung des WaffR bekannt.


    Zitat

    Original von Floppyk
    So schreibt er sinngemäß, dass ein Individualbedürfnis eines Einzelnen, keinen Ausnahmegrund im Sinne des "allgemein anerkannten Zweck" sein kann. So würde die simple Begründung - ich schäle in Kürze einen Apfel - diesen § komplett ad et surdum führen, weil man dann immer einen Grund anführen kann. Daher wird zur Glaubhaftmachung schon einiges mehr her müssen.

    Daher sehe ich da auch Parallelen, wenn jemand sagt, ich will im Wald ein Stück Holz schnitzen (bitte sinngemäß verstehen).

    [...]

    Aus diesem Grund bin ich da vorsichtig, wenn jemand ohne ganz speziellen Grund ein Messer führen will. Spezieller Grund wäre Angler, Jäger, Pilzsammler etc, dass sich ja leicht anhand der Ausrüstung erkennen lässt.

    Hier zeigen sich mehrere Denkfehler. Erstens, wie oben schon geschrieben, wird versucht, die vom Bedürfnisprinzip her bekannten Begrifflichkeiten auf § 42a anzuwenden. Das paßt aber aus rechtssystematischen Gründen nicht (s.o.).

    Recht hat Gade aber insofern (falls ich ihn richtig verstehe), als der Ausnahmetatbestand aufgrund der Umstände objektiv glaubhaft sein muß. Das dürfte bei einem Wanderer in freier Wildbahn leichter sein als mitten in der Berliner City. (Edit: Aber auch dort kann es gute Gründe - Stichworte: Berufsausübung, Sport - geben, die das Führen z.B. eines Einhandmessers rechtfertigen könnten.)


    Zweitens liest man immer wieder, daß § 42a eng und restriktiv auszulegen sei. Und das ist falsch, denn der Gesetzgeber wollte etwas anderes (Stichwort: teleologische unter Zuhilfenahme der historisch-genetischen Auslegung).
    Mir sind aus dem Jahr 2008 noch zahlreiche Politikeräußerungen im Ohr, wonach normales Verhalten eines Bürgers - insbesondere Outdooraktivitäten - durch die Neuregelung nicht beeinträchtigt werden soll. Der Gesetzgeber hat die in § 42a III beispielhaft aufgezählten Ausnahmetatbestände dementsprechend weit formuliert und so sind sie auch anzuwenden. Es kann nicht Aufgabe eines Polizisten sein, diesen Willen des Gesetzgebers durch die Hintertür wieder aus der Welt zu schaffen.

    (Zudem ist es, wie oben bereits ausgeführt, herrschende Meinung, daß Outdooraktivitäten weitgehend den Ausnahmetatbeständen des Abs. 3 unterfallen. Daher scheint mir Gade ein Außenseiter zu sein. Auch wenn ich ihm zugestehen muß, daß er sich auf seine - allerdings falsche - Art um eine Handhabbarmachung des schwierigen § 42a WaffG bemüht.)


    Drittens - und das ist m.E. der größte Denkfehler: Vielen scheint der Unterschied zwischen der tatsächlichen Benutzung eines Messers und dem Führen (also dem zugriffsbereiten Bei-sich-Tragen) desselben nicht klar zu sein.
    Selbstverständlich darf man, ohne einen Ausnahmegrund heranziehen zu müssen, jederzeit und an jedem Ort einen Apfel mittels eines z.B. Einhandmessers zerkleinern. Allerdings muß besagtes Messer nach Ende der Mahlzeit wieder in einem verschlossenen Behältnis verstaut werden (§ 42a II Nr. 2 WaffG).
    Bei der Frage des Führens geht es also nicht darum, ob man das Messer gerade tatsächlich beutzt, sondern ob grundsätzlich ein - nachvollziehbarer - Zusammenhang zwischen dem Messerführen und der ausgeübten Tätigkeit (z.B. Wandern, Angeln etc.) besteht.

    Das wird schon durch die Formulierung des Abs. 3 deutlich:

    Zitat

    [...] wenn das Führen der Gegenstände im Zusammenhang mit der Berufsausübung erfolgt, der Brauchtumspflege, dem Sport oder einem allgemein anerkannten Zweck dient.

    D.h. das Messerführen muß generell dem Sport bzw. dem allgemein anerkannten Zweck dienen. Es kommt insoweit nicht darauf an, ob das geführte Messer dann auch tatsächlich für einen dementsprechenden Zweck benutzt wird oder nur als Reserve für den Notfall dient.
    Folglich reicht es aus, daß die Verwendung eines Messers für die jeweilige Sport- und Freizeitaktivität typischerweise erforderlich sein kann; es muß im konkreten Einzelfall nicht unbedingt benutzt werden.

    Denn letzteres würde zu noch absurderen Ergebnissen führen: Ein Angler dürfte sonach ein Filetiermesser nur dann führen, wenn er auch tatsächlich einen Fisch ausnimmt. Was sollte er aber tun, wenn er dummerweise keinen gefangen hat? Wie man sieht, führt die Vermengung von Messerführen und tatsächlicher Benutzung desselben zu völlig abstrusen Ergebnissen. Das muß aber nicht sein. § 42a WaffG ist eine schwierige Norm, aber man kann mit Rationlität, Augenmaß und juristischem Sachverstand doch zu Ergebnissen kommen, die nicht lebensfremd sind.


    Zitat

    Original von Floppyk
    Weiterhin bleibt fraglich, ob denn diese - gute - Begründung ausreicht um auch das entsprechende Messer auf dem Wege zum Ort der Ausführung der Beschäftigung geführt werden darf.
    Ich erinnere an der paradoxen Situation, dass ein Jäger seine Schusswaffen auch auf dem Weg ins und vom Revier führen darf, jedoch müsste er das Jagdmesser verschlossen wegpacken.

    Das ist eine zweite Frage. Insoweit kommt es, wie ich oben schon schrieb, auf den möglichst direkten zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit dem eigentlichen Führen an. Beispiel: Beginnt man seine Wanderung direkt vor der eigenen Haustür, weil man (wie meine Wenigkeit) direkt am Wald wohnt, oder muß man zuvor eine längere Wegstrecke, u.U. auch noch mit irgendwelchen Verkehrsmitteln, zurücklegen?

    Hinsichtlich dieser Frage (aber auch nur insoweit!) kann man versuchen, die vom Transport WBK-pflichtiger Waffen gem. § 12 III Nr. 2 WaffG her bekannten Regeln analog anzuwenden. (Stichwort: systematische Auslegung.)


    Zitat

    Original von Floppyk
    Das alleine zeigt schon die Unausgegohrenheit des 42a und nicht nur ich warten gespannt auf entsprechende Urteile. Vielleicht gibt es eine Klarstellung in der nächsten WaffVwV.

    Ob eine Verwaltungsvorschrift, die ja keine Rechtsnorm ist, hier Abhilfe schaffen kann, wage ich zu bezweifeln. Da muß der Gesetzestext selbst angepaßt werden. Am besten, indem man das Führverbot einfacher formuliert und zudem auf die eigentliche Zielgruppe (Jugendliche) eingrenzt.

    BTW: Gibt es eigentlich schon Gerichtsurteile zu § 42a? ???
    In der Visier wurde ja schon von Verfahren berichtet. Doch wie sind sie ausgegangen?

    Suum cuique.
    "Blessed are those who, in the face of death, think only about the front sight." - Jeff Cooper

    6 Mal editiert, zuletzt von ZEBO (11. März 2010 um 16:43)

  • Zitat

    Original von ZEBO
    wir sind uns, denke ich, darin einig, daß es sich bei § 42a nicht nur um einen unglücklich formulierten Gummiparagraphen handelt, sondern um eine Norm, die die Behörden geradezu zu willkürlichen Handlungen auffordert - auch wenn es das in einem Rechtsstaat nicht geben sollte. :confused2:


    100 % ack

    Zitat

    Original von ZEBO
    Ich kenne übrigens viele Publikationen zum Waffenrecht, doch das Buch von Gade leider nicht. Allerdings läßt mich dessen Hintergrund als Polizeiausbilder schon stutzig werden. Denn diese Spezies ist erstens für eine tendenziell sehr restriktive und zweitens sehr bzw. übermäßig schematische Auslegung des WaffR bekannt.


    Das Buch ist einigermaßen aktuell und ist lesenswert für Leute, die sich mit dem WaffG näher befassen.
    Genauer Buchlink, bitte die letzte Seite (Buchrückseite) beachten:
    Basiswissen Waffenrecht

    Zitat

    Original von ZEBO
    BTW: Gibt es eigentlich schon Gerichtsurteile zu § 42a? ???
    In der Visier wurde ja schon von Verfahren berichtet. Doch wie sind sie ausgegangen?


    Leider nein, zumindest sind mit keine in diesem Zusammenhang bekannt.
    Für den Rest habe ich zuviel Kopfschmerzen (bekommen).

  • Danke! Werde mir das Buch mal anschauen. :)

    Suum cuique.
    "Blessed are those who, in the face of death, think only about the front sight." - Jeff Cooper