Ich möchte Euch hier in einem
Vergleich die Gaspistole SM110 und deren technisches Vorbild bzw. den
Vorläufer die FN Mod. 1906 vorstellen.
Beide Pistolen sind sich sehr ähnlich
und die Entwicklung der SM110 ist direkt auf die FN1906 zurück zu
führen.
Links die FN und rechts die SM.
Die erste Selbstladepistole mit
Schlagbolzenschloss, wie die SM110, ist die Armeepistole FN1903.
Diese ist unverriegelt und verfügte über das Kaliber 9mm long.
Bereits zwei Jahre später wurde diese Pistole vom genialsten aller
Waffenentwickler (John Moses Browning) sehr stark verkleinert und das
Kaliber 6,35mm Browning dazu entwickelt. John Browning erkannte den
Trend der Zeit zu Taschenwaffen bei der bürgerlichen Gesellschaft.
So konnte die belgische Firma FN im Jahr 1906 diese kleine
Taschenpistole auf den Markt bringen. Das Kaliber eignete sich derart
gut für Taschenpistolen, dass bereit einige Jahre später alle
wichtigen Waffenhersteller Taschenpistolen in 6,35 in ihr Programm
aufgenommen haben. Sogar sehr viele Revolver wurden nun in 6,35
hergestellt. Der Vorteil der Revolver war, dass diese für lediglich
ein Drittel des Preises einer Selbstladepistole verkauft werden
konnten.
Als ebenso geniale Entwicklung
etablierte sich das Schlagbolzenschloss am Markt. Die Verschlüsse
mit dem Führungskanal für den Schlagbolzen konnten sehr einfach und
zeitsparend hergestellt werden. Es war keine aufwendige Mechanik für
einen Hammer und einen zusätzlichen Schlagbolzen erforderlich.
Das Modell 1906 war derart erfolgreich,
dass weit über 1 Millionen Stück gefertigt wurden. Das hier
vorliegende Stück wurde vor etwa 100 Jahren hergestellt. Nicht nur,
dass unzählige Firmen die Pistole schlichtweg kopierten, die Waffe
diente auch viele Jahre Später noch als Vorbild für viele
Gaspistolen. Auch heute noch wird der „Nachfahre“ der SM110, die
Record 15-9 in 9mm PAK hergestellt. Sehr lange wurden Pistolen mit
Schlagwörtern wie z.B. „Browningform“ beworben, was sich auf die
Form der FN 1903 und 1906 bezieht .
Es müsste Anfang der 60er Jahre
gewesen sein, als die Firma Röhner die Gaspistolen SM10 und SM12 im
Kaliber 6,35mm Browning auf den Mark gebracht hat. Die Munition für
diese Waffen verfügte meist über ein Wachsgeschoss. Die Firma Menz
ließ jedoch auch Platzpatronen mit Papiergeschoss herstellen.
Bereits vor der Pflicht Schreckschusswaffen von der PTB nach ihrer
Bauart zuzulassen stellten die meisten Hersteller die Kaliber auf das
neu geschaffene Kaliber 8mm Knall um (womit die Bezeichnung von SM10
auf SM110 wechselte). Dieses basiert auf 6,35mm. Es
weist den selben Durchmesser am Patronenboden auf und etwa die selbe
Patronenlänge. Die Hülse der 6,35mm hat einen Halbrand. Für die
Hersteller war dieser Schritt nicht besonders aufwendig, da lediglich
das Patronenlager geändert werden musste. Durch die Wachsgeschosse
und Wachsverschlüsse der frühen 8mm Knall Patronen war der
Staudruck noch ausreichend. Erst als die Wachsverschlüsse abgelöst
wurden mussten auch die Laufsperren massiver werden um die
Selbstladefunktion zu garantieren. In dieser Zeit dominierten dem
Markt zwei weitere Gaspistolen, die ebenfalls auf der kleinen FN
Pistole basieren: Die Reck P8 (P10 als Startpistole) und die HS 5.
Das besondere an der Reck P8 ist der Zerlegemechanismus, der von der
Walther Mod. 9 kopiert wurde. Hier muss zum Zerlegen der Pistolen
lediglich ein Knopf gedrückt werden und es wird kein Werkzeug
benötigt. Ab 1969 wurden die Pistolen mit PTB Zulassung verkauft. Es
gibt also eine sehr große Modellvielfalt. SM fertigte die Pistole
auch als scharfe Waffe (Teilweise unter dem Namen Valor)
hauptsächlich für den Markt in Süd-Amerika, wo die Waffen frei
verkäuflich waren.
Die vorliegende SM110 wurde 1974
beschossen. Sie ist ein typisches Beispiel für die hochwertige
Verarbeitung dieser Waffen. Sie besteht, wie fast alle Gaspistolen,
aus Zink. Jedoch sieht man ihr die vielen Jahre der schlechten Pflege
kaum an. Als ich die Pistole bekommen habe war der Lauf komplett
verstopft mit Kork, Lack und Reizstoffresten. Bei vielen Waffen
dieser Zeit haben solche Rückstände dazu geführt, dass der
Staudruck zu hoch geworden ist und den Verschluss abreißt.
Die wichtigsten Gemeinsamkeiten:
Die Pistolen sind fast gleich schwer
und groß.
Beide haben ein Schlagbolzenschloss und
einen Single-Action Abzug.
Beide Magazine fassen 6 Patronen.
Sie verfügen über einen
Sicherungshebel an der selben Stelle.
Ihre Mechanik ist fast identisch.
Der Rastbolzen, der von unten den
Schlagbolzen festhält, greift von unten aus dem Griffstück hoch in
den Verschluss.
Die wichtigsten Unterschiede:
Die FN ist eine scharfe Waffe und aus
Stahl gefertigt. Die SM ist eine Gaspistole aus Zink mit einem
Stahllauf mit Sperre.
Die FN hat einen geschlossenen
Verschluss und die SM einen Offenen, wie bei den Beretta Pistolen.
Bei der FN wird der Verschluss über
Führungsrillen am Griffstück gehalten und bei der SM vom Lauf und
dem Verschlussstück hinten.
Zum Zerlegen der FN wird der Lauf
gedreht und dadurch Lauf und Griffstück getrennt. Bei der SM muss
der Verschlussbolzen von hinten eingedrückt werden.
Hier seht Ihr den Verschluss und den
Lauf. Auf dem ersten Foto seht Ihr den Lauf in der verriegelten
Position, wo die Rillen in das Griffstück eingreifen. Auf dem
zweiten Bild ist der Lauf in der Position zum Zerlegen.
Die Sicherung der FN wird zum
Entsichern nach unten gedrückt, was viel einfacher ist als bei der
SM, wo man den Sicherungshebel nach hinten/oben drücken muss. Die FN
verfügen zusätzlich noch über eine Magazinsicherung und die
vorliegende (das haben nicht alle 1906 Modelle) über eine
Griffrückensicherung.
Das Abzugsgestänge liegt bei der FN
innen im Griffstück und bei der SM direkt unter der Griffschale.
Die Griffschalen der FN sind aus Horn
im Gegensatz zu den Kunststoffschalen der SM.
Die Visierung der FN ist lediglich eine
winzige Rille. Da hat die Gaspistole mit der eingegossenen Kimme/Korn
Visierung tatsächlich die Bessere.
Die einfach Rille der FN und das Visier
der SM. Hinten an der SM ist das Teil, das zum Zerlegen eingedrückt werden muss.
Die FN stammt aus einer Zeit des
gesellschaftlichen Umbruchs und hatte ihre größte Verbreitung
während der beiden Weltkriege. Die SM wurde in der Zeit verkauft,
als der normale Bürger einen Waffenschein zum Führen einer scharfen
Pistole benötigt hat und diesen meist nicht ohne Weiteres bekam.
Das Standartwerk über FN Pistolen ist
„FN Browning Pistols“ von Anthony Vanderlinden, welches ich sehr
empfehlen kann.
Hier habe ich drei unterschiedliche
Anleitungen und Kartons der SM fotografiert aus unterschiedlichen
Zeiten. Schön zu sehen ist, dass eine Anleitung die Munition im Kal.
6,35mm mit Wachsgeschoss zeigt, die andere eine 8mm Kartusche mit
Wachsverschluss und die letzte ist aus der PTB Ära als die
Kartuschen Kunststoffverschlüsse hatten. Dazu eine zeitgenössische Werbung für die FN.
Ich hoffe Euch gefällt mein Vergleich.
Ich bin jederzeit für konstruktive Kritik offen.