Das M48-Seitengewehr und das 84/98-Bajonett wurden beide als
Zusatzwaffen für Mauserwaffen hergestellt, das M48-Bajonett für den
serbischen Mauserkarabiner M48 und das 84/98-Seitengewehr für das
Gewehr 98 und später für den K98k. Häufig ist in Waffenforen zu lesen,
dass jugoslawische Waffen wie der M48-Karabiner oder das
M53-Maschinengewehr den deutschen Vorbildern qualitativ und technisch
weit unterlegen oder sogar historisch wertlos seien. Mit diesem Test
möchte ich beide Bajonette vorstellen sowie ihre Vor-und Nachteile
vergleichen. Beide Bajonette lassen sich auf sämtliche Mausergewehre
mit entsprechender Bajonetthalterung aufpflanzen, dh. dass das M48er
auf den K98k und das 84/98 auf den M48-Mauser passt.
1. Geschichte und Entwicklung
Das Bajonett 84/98 wurde im deutschen Kaiserreich für die Mausergewehre
entwickelt. Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten
wurden für die 98er-Karabiner ein modifiziertes 84/98, III Modell
genannt, entwickelt und eingeführt. Zunächst bestanden die Griffe noch
aus Holz, ein Feuerschutzblech war obligatorisch immer vorhanden.
Während des Krieges wurden Bajonette mit geriffelten Griffschalen aus
Bakelit eingeführt, gegen Kriegsende wurden die Griffschalen genietet
statt geschraubt, auch die Oberflächen litten unter mangelnder
Bearbeitung. Das hier vorliegende Modell hat Bakelitgriffschalen und
wurde von Hörster in Solingen vermutlich zwischen 1937 und spätestens
1944 hergestellt, da Hörster ab 44 die Griffschalen vernietete. Die
Originalbrünierung und Oberfläche sind nicht mehr erhalten. Die Scheide
ist eine Neufertigung.
Das M48-Bajonett wurde 1948 in der damaligen sozialistischen
föderativen Republik Jugoslawien entwickelt. Unter dem Eindruck der
deutschen Waffen, die Jugoslawien während der Besatzungszeit reichlich
zu sehen bekam, sowie der erbeuteten deutschen Produktionsmaschinen,
die Jugoslawien von Russland geschenkt bekam, lag die Weiterverwendung
und -entwicklung von deutschen Waffensystemen nahe. Das hatte auch
politische Gründe, da sich der jugoslawische Diktator Tito von der
Sowjetunion distanzierte und daher zunächst keine russischen Waffen in
Lizenz produzierte. Das hier vorliegende Modell kam im kroatsichen
Unabhängigkeitskrieg zum Einsatz. Das Bajonett ist teilweise noch im
Originalfett eingeschmiert (ich bekomme es nicht aus der Scheide) und
komplett Nummerngleich. Es wurde von der Firma Zastava Orudje in
Kragujevac/Serbien hergestellt, Produktionsdatum ist unbekannt.
2.Maße und Klinge
Das M48-Bajonett hat eine Klingenlänge von 24,8 cm, das 84/98 misst
24,7 cm, vermutlich weil ein Teil der Spitze beim Entrosten gekürzt
wurde. Die Klinge des M48 ist am Knebel etwa 1,5 bis 2mm schmäler als
beim 84/98. Auffällig ist, dass das M48 eine 3,5-4 cm lange Fehlschärfe
hat, beim 84/98 ist sie deutlich kleiner (nur 9mm). Die klingenstärke
des M48 beträgt 6mm, die des 84/98 5mm, beide Waffen haben keine
Distalverjüngung. Dafür weist nur das M48 eine Profilverjüngung auf,
was vermutlich das Zustechen erleichtern soll. Die Spitze ist
abgenutzt, vermutlich wurde das M48 als Minensonde verwendet. Die
Oberflächenbeschaffenheit des M48 ist sehr gut, es sind wenig bis kaum
Bearbeiungsspuren erkennbar. Die Klinge ist symetrisch und gerade und
wurde aus einem gut legiertem Stahl gefräst. In diesem Punkt schneidet
das 84/98er schlechter ab, da der Stahl deutlich weicher ist,
vermutlich soetwas wie C45-Stahl, während das M48 eindeutig höher
legiert ist. Außerdem ist die Klinge und Schneide des 84/98 nicht
gerade, die Schneide hat sich wohl beim (zu hastigen) Härten verzogen.
Die Schneide des M48 ist extrem stumpf, was wohl der damaligen
Militärdoktrin entsprach. Das 84/98 hatte, als ich es erwarb, eine
deutlich schmalere Schneide, inzwischen habe ich sie geschärft. Die
Klinge des 84/98 ist biegbar, die Klinge des M48 dagegen völlig steif.
2. Der Griff
Wie bereits erwähnt besitzt das 84/98 einen Bakelitgriff, das M48 einen
aus Holz. Der Bakelitgriff ist extrem haltbar und robust. Außerdem ist
er für Bakelitliebhaber wie mich ein richtiger Handschmeichler. Die
Dicke des Griffes ist nach meinem Geschmack genau richtig, um das
Bajonett bequem in der Hand halten zu können, leider stört aber das
Hitzeschutzblech die gute Ergonomie. Auch die dunkelbraune Farbe ist
ästhetisch sehr ansprechend, ein weiter positiver Punkt ist der
Umstand, dass die Griffschalen einfach mit einem Schraubenzieher
entfernbar sind.
Das M48 hat einen deutlich schmaleren Griff, der meiner Meinung nach zu
schmal ist. Das Bajonett hat kein Hitzeschutzblech, was für den Einsatz
als Kampfmesser hilfreich ist, für ein Bajonett aber evtl. nachteilig
sein kann, da möglicherweise die Griffschalen bei einem heißen Lauf
schmoren können. Die Entfernung der Griffschalen ohne Spezialwerkzeug
ist leider auch nicht möglich, ein weiterer Minuspunkt.
Positiv ist, dass ein Laufhaltering vorhanden ist, wodurch das Bajonett
stabiler am Gewehr sitzt. Das Fehlen eines solchen Laufringes beim
84/98 ermöglicht andererseits auch die Montage an Maschinenpistolen wie
der MP28 oder dem Mkb 42.
3. Scheide
Die Scheiden beider Bajonette, die mir vorliegen, sind qualitativ
gleich gut. Allerdings kann beim 84/98 die Innenfeder herausgeschraubt
werden, was ich beim M48 noch nicht geschaft habe. Der Koppelschuh des
M48 besteht aus Leder, sein Nachteil ist allerdings, dass die
Klingensicherung zu weit am Knebel liegt und so das Bajonett beim Gehen
oder Laufen zu sehr herumwackelt. Dieser Nachteil entfällt beim
original 84/98-Koppelschuh.
4. Fazit
Das M48 ist von der Materialqualität und Verarbeitung zumindest meinem
84/98 überlegen, den frühen Kriegs- und Vorkriegsproduktionen
ebenbürtig (basierend auf Vergleichen mit fotographierten Modellen von
dieser Homepage: sigges-bajonette.de) . Da die Qualität der Deutschen
Exemplare sich kriegsbedingt verschlechterte, kann man durchaus sagen,
dass die späten Kriegsproduktionen den jugoslawischen Bajoneten
unterlegen sind, da Jugoslawien nicht unter einem vergleichbarem
Dilemma litt. Zum Zeitpunkt der Produktion der M48-Bajonette
prosperierte das Land sogar wirtschaftlich. Die Griffergonomie ist dem
deutschen Modell insofern unterlegen, dass der Griff zu schmal ist,
allerdings stört kein Hitzeschutzblech. Die einfache Demontage der
Griffschalen ist nicht möglich, ebenso wie bei der Scheidenfeder.
Das 84/98 besteht aus einem weicheren Stahl, ist dünner in der
Klingenstärke und hat eine verzogene Schneide. Die Griffergonomie ist
bis auf das Hitzeschutzblech hervorragend, da Bakelit ohnehin
hitzeresistent ist, hätte man darauf verzichten können. Da das 84/98
mittelalterlichen "Bauernwehren" ähnelt, ist es meiner meinung nach
mehr ein Kampfmesser als ein Bajonett und sollte dementsprechend nicht
nur durch Stechen sondern auch durch schneiden verwendbar sein. Die
Schneidengeometrie ist beim 84/98 etwas feiner ausgearbeitet, ein
Schärfen dürfte da leichter sein als beim M48.