Blankwaffen: Ehrendolch der Nationalen-Volksarmee

Es gibt 2 Antworten in diesem Thema, welches 11.796 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (12. Mai 2007 um 11:27) ist von terminator.

  • Huhu,
    will euch heute mal meinen Dolch der NVA vorstellen.
    Da ich deutsche Militaria von 1933-1945 und 1945-1990(NVA) sammele, passt er gut bei mir an die Wand.

    Mein Modell gehört zu den älteren(vor 1972), da er an der Klinge den Stempel mit den 3 Türmen hat.
    Dies sind die Kirchen von Mühlhausen´s die man sieht, wenn man von Norden in die Stadt fährt.
    Produzier wurden die Dolche von der „PGH Messerschmiede Mühlhausen“.


    Zu diesem Thema ist kurz nach der Wende im „Visier“ ein Artikel erschienen, den ich euch an dieser Stelle nicht vorenthalten will:

    Zuviel der Ehre

    Ehrendolche taten noch vor einem halben Jahr Dienst in der NVA. Heute sind die damals zur Parade- und Ausgehuniform getragenen Schmuckstücke bereits Raritäten.

    Ehrendolche und Paradesäbel hielten in Preußen bis 1990 die Stellung: Die traditionellen Blankwaffen gehörten zur Offiziers-Ausstattung der Nationalen Volksarmee (NVA) wie der Trabi zum Straßenbild von Erfurt oder Leipzig.
    Während die DDR-Militärführung in Bewaffnung und Ausbildung dem großen Bruder Sowjetunion nacheiferte, folgte sie mit den Ehrendolchen einer alten Tradition aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Damals rüstete die Marine Offiziersanwärter mit sogenannten Midshipman-Dolchen (Fähnrichs-Dolchen) aus. Diese kurzen Stichwaffen ersetzten die langen Offizierssäbel und Degen, die beim Dienst auf dem schwankenden Schiffsdeck, zwischen Tauwerk und Kanonen ihre Träger mehr behinderten als sie ihnen nützten. Heer und Luftwaffe folgten der Marinemode in den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts. Vor allem die Wehrmacht bedachte ihre Offiziere reichlich mit den Schmuck-Dolchen, die in der Zwischenzeit längst jede praktische Bedeutung verloren hatten.
    An den „Plempen", wie der Soldatenjargon die vom Koppel baumelnden Zierstücke nannte, fand auch die NVA Gefallen. Ein Jahr nach Gründung der Volksarmee, 1957, beschloss das damalige DDR-Verteidigungsministerium, die Offiziere, Generale und Admirale mit einer sogenannten Ehren-Seitenwaffe auszurüsten. Sozialistische Gleichmacherei war nicht angesagt - vielmehr sollte die traditionelle Unterscheidung in Truppengattungen und Dienstgrade zur Geltung kommen. Drei Jahre später stellten Thüringer Messerschmiede vier Muster vor, die sich in Material und Farbe, nicht aber in der Form unterschieden.
    Für Offiziere der Volksmarine waren Beschläge mit goldfarbigem Messingüberzug vorgesehen, für ihre Kameraden von Heer und Luftwaffe verchromte, silberfarbige Modelle. Der Admirals-Dolch erhielt vergoldete Beschläge, der der Generale von Heer und Luftwaffe versilberte Metallteile. Die einfachen Offiziere sollten mit rauen, gehämmerten Knäufen vorlieb nehmen, während den Musterdolch für die Generale und Admirale ein glatter, polierter Knauf zierte.
    Zuviel der Ehre: Im Mai 1961 beschränkte sich die Prüfungskommission auf drei der vier Muster. Die Generale erhielten nun - wie die Admirale - goldene Beschläge, und die Generals- und Admiralsdolche trugen das Staatsemblem Hammer und Zirkel auf dem Knauf. Die nach dieser Änderung angefertigten Muster wurden im Oktober 1961 bestätigt. Einführung, Verkauf und Registrierung regelte die Anordnung Nr. 22/62 des Ministers für Nationale Verteidigung der DDR vom 26. April 1962. Für alle NVA-Dolche wurden gleiche Maße festgelegt, was Sammler militärisch genau nehmen können - auf den Millimeter: Die Klingen sind 252 Millimeter lang und 17 Millimeter breit, das Gefäß misst genau 109 und die Scheide exakt 391 Millimeter in der Länge.
    Alleiniger Hersteller der Blankwaffen war die Produktionsgenossenschaft des Handels (PGH) Messerschmiede Mühlhausen in Thüringen. Ihr arbeiteten zeitweise 63 Partnerbetriebe zu. Die im wahrsten Sinne härteste Arbeit, die Klingen-Herstellung, übernahmen die Besteck- und Silberwarenwerke Aue. Sie schmiedeten die zweischneidigen Klingen aus rostträgem Edelstahl mit über 12 Prozent Chromanteil. Hier erhielten die Klingen auch ihren letzten Schliff mit zwei Hohlkehlen auf jeder Seite sowie ihre Nummerierung. Auf der Fehlschärfe der Klingen-Unterseite wurde die Seriennummer eingeschlagen, auf der Gegenseite die Herstellermarke.
    Während die NVA beim Klingenmaterial hohe Qualitätsmaßstäbe anlegte, fielen die Griffe bescheidener aus: Sie wurden aus weißem, marmoriertem Kunststoff gedreht, der Elfenbein vortäuschte. Die Scheide entstand aus blauschwarzem, brüniertem Stahlblech. Beim Guss der Parierstangen und bei den Scheidenbeschlägen gaben sich die Mühlhausener besondere Mühe: Die Mundbleche zeigen erhabenes Dekor mit reliefartig herausstehenden Motiven.
    Auf der Scheiden-Innenseite befindet sich ein Paneel, das für Namen und Widmungen genutzt werden konnte. Auf der Außenseite prangt das Staatswappen der DDR, darunter ein Paneel mit einem Eichenblatt auf punziertem Untergrund. Überhaupt hat Eiche bei der NVA hoch im Kurs gestanden: Die Enden der leicht S-förmig geschwungenen Parierstange laufen wie bei Hirschfängern in stilisierten Eicheln aus. 1984 fiel die galvanisierte Goldschicht der Generalsdolche staatlichen Sparmaßnahmen zum Opfer und wich einer lackierten, hochglanzpolierten Messingschicht.
    Das Gehänge - die Tragevorrichtung - besteht bei den Generalen aus Goldlitzen, die bei den Landstreitkräften mit ziegelrotem und bei den Luftstreitkräften und der Luftverteidigung mit hellblauem Stoff unterlegt sind. Anfang der 80er Jahre kam eine grüne Unterlage für Generale der Grenztruppen und des Ministeriums für Staatssicherheit dazu. Die Marine trug Gehänge aus dunkelblauer Stoffunterlage mit aufgenähten Goldlitzen. Das Generals- und Admiralsgehänge ist - im Unterschied zu dem der einfachen Offiziere - außerdem mit zwei dunklen Längsstreifen auf der Vorderseite versehen. Wie gewohnt hatte die Marine zunächst eine Extrawurst bekommen: Anfang der 60er Jahre trugen die Admirale noch statt der Goldlitzen aufwendiger gearbeitete, goldgewirkte Aufsätze.
    Leicht zu unterscheiden sind die Gehänge der Offiziere bei den Teilstreitkräften und den Grenztruppen: Sie tragen jeweils silberfarbene Litzen, beim Heer auf steingrauem, bei den Luftstreitkräften und der Luftverteidigung auf hellblauem und bei den Grenztruppen auf grünem Untergrund.
    Wann und wie der Ehrendolch getragen wurde, regelten genaue Vorschriften: Ab 1964 legten ihn die Träger an Staatsfeiertagen, am Jahrestag der NVA und auf besonderen Befehl der Kommandeure (ab Regimentskommandeur aufwärts) und der Standortältesten an. Zur Parade baumelte er über dem Rock oder dem Mantel an einer Schlaufe der Feldbinde. Zur ein- oder zweireihigen Ausgangsjacke wurde er untergeschnallt, wobei das Gehänge unter der Jacke an einer festgenähten Öse hing. Trug der Offizier seinen Uniformmantel, zog er das Gehänge durch einen Schlitz in der Manteltasche, den sogenannten Tascheneingriff.
    Anders als in der langen Tradition der Ehrendolche schätzten die Offiziere, Generale und Admirale der NVA ihre baumelnden Plempen nicht besonders, zumal sie sie - wo bleibt da die Ehre? - aus eigener Tasche bezahlen mussten; der Kaufpreis für die einfachen Modelle lag bei etwa 100 Ostmark. So half die Armeeführung in den 70er Jahren etwas nach und schrieb für Appelle immer öfter das Antreten mit Dolch vor, was die Blankwaffen-Konjunktur merklich belebte. Ab 1975 war der Ehrendolch kostenlos: Die Absolventen der Offiziershochschulen bekamen ihn bei der Ernennung zum Leutnant in einer feierlichen Zeremonie überreicht. Die Lehrgangsbesten erhielten als „Ehrengeschenk des Ministers für Nationale Verteidigung" gravierte Modelle. Einige wenige Dolche - Staatsgeschenke im Wert von 1500 Mark - verlieh der DDR-Verteidigungsminister besonders verdienten Militärs. Knauf, Parierstange und Scheidenbeschläge dieser Exemplare sind vergoldet, und auf dem Eichenblatt befinden sich fünf Rubine. Die mit Samt ausgeschlagenen Geschenketuis haben einen Bezug aus rotem Ziegenleder. Diese Dolche tragen keine Seriennummern. Ehrensache war aber auch Männersache: Weibliche Offiziere bekamen grundsätzlich keine Seitenwaffe. Bis 1981 kaufte das DDR-Verteidigungsministerium die Dolche im Fünf-Jahres-Rhythmus ein. Nach Informationen des damals zuständigen Referenten für Waffen waren das 19 050 Stück im Jahre 1962, 13 000 Stück 1968, 16 000 Stück 1973 und wiederum 16 000 Stück 1978. Das Heer übernahm aufgrund seiner zahlenmäßigen Stärke jeweils den Löwenanteil. So setzten sich die 16 000 Bestellungen von 1962 folgendermaßen zusammen: 14 500 Dolche für die Land- und Luftstreitkräfte, 1250 für die Marine und 250 für Generale und Admirale aller Einheiten.
    Als ab 1978 die Offiziers-Ernennungen öffentlich stattfanden, gab es die ersten Engpässe. Da jeder Absolvent einen Ehrendolch erhalten musste, ging man ab 1981 zur jährlichen Fertigung einer kleineren Menge von 3000 bis 4000 Stück über; darunter 120 bis 140 Generals- und Admiralsdolche.
    Die frühere Mühlhausener Herstellerfirma, die heutige Jagd-Schneidwaren GmbH, stellte nach eigenen Angaben die kontinuierliche Produktion der Ehrendolche mit der letzten Armeelieferung von 1990 ein. Zur Zeit arbeitet die Firma noch vorhandene Bestände an
    Einzelstücken auf - zur Freude der Blankwaffen- und Militariasammler, die mit den NVA-
    Ehrendolchen ein neues, abgeschlossenes Sammelgebiet erhalten.“

    von Sylvia Lais
    Visier-1991

    Zum Schluss gibt´s noch ein paar Bilder.

    Gruß
    termi