Holzschaft für LG Steyr110 FT (Version 2.1)

  • Hallo,

    hier kommt (mal wieder) ein Bastelbericht von mir. Und schon wieder eine Story über einen Selbstbauschaft. Für den ein oder anderen mag das (mittlerweile) langweilig oder nicht lesenswert sein – dann bitte hier ausschalten.

    Ich persönlich lese solche oder ähnliche Berichte immer wieder sehr gerne. Und ich schaue mir auch begeistert die Bilder dazu an. Darum habe ich den nachfolgenden Beitrag auch extra mit vielen Bildern (etwa 40 Stück) versehen.

    Es geht um einen Schaft für das LG Steyr 110FT. Dieses LG ist nicht gerade dazu prädestiniert, um einen passenden Schaft mit relativ bescheidenen Werkzeugen anzupassen. Die Realisierung ist doch recht anspruchsvoll, weil der eigentliche Alu-Schaft dieses LG nicht vom System getrennt werden kann. Der Alu-Schaft und das System bilden beim LG110 eine funktionale Einheit und das muss bei den Überlegungen berücksichtigt werden. Die Gestaltungsmöglichkeiten eines Holzschaftes sind daher recht begrenzt.

    Vor Beginn des Projektes stand schon fest, dass der Schaft aus massivem Nussbaum entstehen sollte. Keine verleimten Bretter, Platten o.ä., sondern aus einem ehrlichen, naturgewachsenen Stück Nussbaumstamm. Die Suche nach einem geeigneten Stück in den erforderlichen Maßen gestaltete sich nicht so einfach, wie anfangs gedacht. Häufig sind nur ganze Bohlen (Mindestlänge 2,50 Meter) oder vorgesägte Stücke erhältlich, die von den Abmessungen her aber nicht ausreichend waren.

    Letztlich wurde ich bei einem Schreiner in der näheren Umgebung fündig, der abgelagertes Nussbaumholz vorrätig hatte und auch bereit war, dieses auf das gewünschte Maß zu schneiden und zu hobeln. Wie er mir berichtete, hat er den Nussbaum sogar vor vielen Jahren (im tiefen Westerwald) eigenhändig gefällt und den Stamm anschließend grob zu Bohlen geschnitten. Das Ausgangsmaterial war damit endlich gefunden.

    Voraussetzung für die ganze Aktion war natürlich, dass das LG110 auf die folgende Aktion entsprechend vorbereitet wurde, d.h. es musste zunächst mal von „überflüssigem Ballast“ befreit werden. Dazu waren eine mehr oder weniger intensive „Verjüngungskur“ und einige sonstige Veränderungen notwendig.


    Am Anfang war der Klotz. Ein Stück Nussbaumolz mit (leider) relativ vielen Ästen – aber das ist halt Natur.


    Nun ging es zunächst darum, sich möglichst um die Äste zu mogeln. Hierzu wurde von der erdachten und letztlich gewünschten Schaftform eine Schablone aus Papier erstellt und so auf dem Werkstück fixiert, dass die Äste „umgangen“ wurden.


    Anschließend wurden die äußeren Konturen des gewünschten Schaftes auf das Holzstück übertragen.


    Dann kam endlich die Stunde bzw. der Tag der Wahrheit. Die „Produktion“ lief an. Diesmal nicht – wie gewohnt - in der Wohnung, sondern in einer alten Schreinerwerkstatt, wo eine sehr hilfreiche Einrichtung - eine alte Hobelbank – zur Verfügung stand.

    Zunächst wurde mittels eines Forstner-Bohres der Durchbruch im Abzugsbereich hergestellt.


    Anschließend kam erstmals die Oberfräse zum Einsatz. Die grobe Ausfräsung für das „Schaftbett“ entstand.


    Weiter bzw. tiefer, als auf dem nächsten Bild zu sehnen ist, war die Oberfräse nicht einsetzbar, da die Fräser einfach zu kurz sind und man nicht tiefer ins Holz kommt. Hier wäre ein Langlochbohrer sehr hilfreich gewesen.


    Da die Fräse aber schon mal zur Hand war, ging es gleich weiter mit dem Fräsen der Fingerrillen auf den Schaftaußenseiten. Alle Fräsungen wurden vor dem Ausschneiden der eigentlichen Schaftkontour vorgenommen, weil zu dieser Zeit noch ein rechtwinkliger Anschlag an den Außenseiten der Bohle vorhanden war.


    Was folgte, war das Ausschneiden der eigentlichen Schaftkontour und der separaten Schaftbacke mit einer Stichsäge (langes Sägeblatt).


    Der erste Durchbruch für das spätere Daumenloch entstand (13 mm-Holzbohrer.


    Nachdem die Unterseite des Schaftes ihre grobe Kontour erhalten hatte, wurden im Hinterschaft zwei tiefe Bohrungen für die Befestigungsschrauben der Schaftbacke angebracht.


    Ein Zwischenstand der Bearbeitung, nachdem mit der Bohrmaschine die ersten Rampa-Muffen eingedreht worden waren.


    Nunmehr ist auch die Oberseite des Schaftes in Kontour gebracht und der Rohling für die Schaftbacke ist ausgeschnitten.


    Weil die Oberfräse an ihre Grenzen gestoßen war, ging es notgedrungen nur mit Handarbeit weiter. Mittels Stechbeitel erfolgte die Anpassung des „Schaftbettes“.Genaues Arbeiten war angesagt, da ein falscher Schlag die ganze Aktion beenden konnte.


    Hier sieht man die zwei eingedrehte Rampa-Muffen für die spätere Befestigung der Schaftkappe und den Rohling der Schaftbacke.


    Der Pistolengriff erhielt als Abschluss eine Auflage von sehr dunklem Nussbaumholz. Dazu wurde ein zuvor entsprechend zurecht gesägtes Stück Nussbaum mit UHU-Endfest dauerhaft aufgeklebt.


    Das System wird letztlich an zwei Punkten mit dem Schaft verbunden. Die Hauptbefestigung erfolgt durch den Griff. Hier entsteht die Durchführung für die Befestigungsscharaube.


    Nach ca. 2 Stunden intensivem Nacharbeiten und Anpassen war es dann endlich soweit. Das System sitzt absolut spielfrei im Schaft und die Befestigungen greifen. Ein Meilenstein bei der ganzen Aktion. Der Schaft ist auf dem Bild noch nicht abgelängt.


    Ab jetzt vorwiegend reine – schweißtreibende – Handarbeit. Es ging weiter mit halbrundem Stechbeitel und jeder Menge Hammerschläge.


    Langsam aber stetig entstanden so die Kontouren der gewünschten Griffform - als Zentrum der Bemühungen das Daumenloch.


    Der gesamte hintere Teil wurde mittels Hobel und Bandschleifer dünner bzw. schlanker gestaltet.


    Auch auf der anderen Schaftseite kamen der Stechbeitel und die halbrunde Holzraspel ebenfalls zum Einsatz. Erstmals erkennbar sind die gewünschten Fingerrillen.


    Da der Schaft nicht nur ein Daumenloch, sondern auch eine Daumenauflage erhalten sollte, wurde diese mit der Raspel und echt grobem Schleifpapier (40-er und 60-er Körnung) herausgearbeitet. So sind später zwei verschiedene Anschlagarten möglich.


    Der Bereich um das Daumenloch hat auf der rechten Schaftseite nun schon fast die endgültige Kontour angenommen. Hier haben die Rundraspel und grobes, um ein Eisenrohr gewickeltes Schleifpapier (siehe links oben), gute Dienste geleistet.


    Ein weiterer Meilenstein in der Entstehungsgeschichte. Die Schaftform war grob fertiggestellt. Es ging nun an die Detailarbeiten.


    Nach einem ersten gesamthaften Grobschliff (80-er und 120-er Körnung) wurde erstmals die Schaftbacke montiert. Anschließend wurde der Schaft mit 180-er, 240-er und 320-er Schleifpapier behandelt.


    Raus aus der Werkstatt und rein in die Wohnung. Ab jetzt wurde das Arbeiten angenehmer.


    Es folgten mehrere Schleifvorgänge mit 400-er Schleifpapier und mit Stahlwolle. Dazwischen immer wieder Wässern und Trocknungsphasen. Auf diesem Bild sehr gut erkennbar ist die Ausfräsung für die Aufnahme der vorderen Schaftbefestigung.


    Der gesamte Schaft wurde mehrfach und sehr ausgiebig mit Hartöl eingelassen. Zum Einsatz kam „Naturtrend Hard Oil“ (NHO). NHO ist ein anfeuerndes, sehr tief eindringendes, offenporiges Naturprodukt mit hoher Füllkraft. Mit NHO behandelte Oberflächen sind sehr stark wasserabweisend und frei von Giftstoffen und Lösemitteln. NHO enthält Leinölfirnis, Nussöl, Sonnenblumenöl, Mohnöl, Distelöl, Rapsöl, Holzöl, sowie blei- und bariumfreie Metallseifen. Also alles, was man sich beim FTS in der Natur so wünscht.

    Der Auftrag von NHO erfolgte mit einem Stoffballen. An den Stellen, wo das Öl in die Flächen einsank und trocken erschien, musste sofort nachgearbeitet werden, solange bis das Öl gleichmäßig nass überall stehen blieb. Nach ca. 40-60 Minuten musste jeweils das aufliegende überschüssige Öl aufgenommen werden. Danach wurde sofort das restliche Öl mit einem Lappen in das Holz einmassiert. Es darf kein Öl mehr auf der Fläche sichtbar stehen bleiben. Nach 24 Stunden wurde die Fläche jeweils nachpoliert

    NHO hat aber einen Nachteil – es braucht etwa 8-10 Tage, bis es letztlich ausgehärtet ist. Und das ist eine recht lange Wartezeit, wenn man das Werk endlich vollenden will.

    Auf dem folgenden Bild sind – außer dem eigentlichen Schaft und der Schaftbacke – die Teile der original Steyr-Schaftkappe sowie alle (neuen) Befestigungselemente zu sehen. Sämtliche Teile bestehen aus Alu oder rostfreiem Edelstahl (Schrauben und Unterlegscheiben).


    Endlich ging es weiter. Das Hartöl war durchgetrocknet und der Schaft konnte nun mit der Schaftbacke und der Schaftkappe vereinigt werden sowie das eigentliche System des LG110 aufnehmen.

    Hier zunächst mit montierter Schaftbacke und Schaftkappe. Sie lassen sich durch Einsetzen von Distanzringen in verschiedenen Stärken anpassen.


    Und nun mit eingebautem System (noch ohne Zielfernrohr).


    Und zum Schluss komplett mit allen Komponenten.


    Mit dem Resultat bin ich – momentan zumindest – echt zufrieden. Die Arbeit (alleine etwa 30 Stunden in der Werkstatt) hat sich m.E. gelohnt. Nun muss die Praxis zeigen, ob das Teil nicht nur ein Designobjekt, sondern tatsächlich ein Gebrauchsgegenstand ist.

    Ich hoffe, es war (zunächst mal) das letzte Schaftprojekt für mich, weil ich den Holzstaub zeitweise noch immer schmecke. Aber man soll niemals nie sagen. FT’ler(innen) basteln halt gerne.

    Letztendlich ist es aber wie immer. Spätestens wenn ein Projekt abgeschlossen ist, entdeckt man Stellen, die man hätte anders bzw. besser machen können. Aber das ist halt immer so im Leben. Arbeiten wir also weiter dran.

    Gruß Kurt

    50% + 1

    Einmal editiert, zuletzt von Pellet (23. Oktober 2007 um 21:08)