Hallo,
nach langer Zeit des stillen Mitlesens melde ich mit einer philosophischen Frage zurück.
Anlass für den gedanklichen Anstoß war der Einkauf von Pyromunition und einen Abschussbecher für meine RG3 - und, dass ich mir ein Pfefferspray gekauft habe und die kurz zuvor ausgesuchte Wadie-Pfeffermunition wieder zurückgegeben habe.
Aber eigentlich ist meine Vorliebe für SSW doch völlig sinnlos. Mir fehlen die Räumlichkeiten und die Akzeptanz in der Familie damit hemmungslos herumzuknallen und im Schützenverein versteht man es auch nicht, da geht es um Trefferlagen durch Projektile, die mit Pulver oder Luftdruck ins Ziel finden und nicht ums Knallen. Und ich habe mich Kraft meines Verstandes ja ausdrücklich für ein Pfefferspray entschieden und nicht für Revolvermunition mit Pfefferladung (alles gegen wilde Tiere, versteht sich). Das heißt obwohl es Schreckschusss-"waffe" heißt, hab ich damit nichtmal eine Waffe mit der ich mich wehren könnte, was ja der eigentliche Zweck einer Waffe ist. Stattdessen habe ich aus Vernunftgründen einen kleinen Plastikbehälter gekauft der unter Druck steht und mit dem mich nichts verbindet, außer dass es mich im Ernstfall retten soll. Das ist für mich aber keine Waffe, sondern ein Plastiktool zu meiner Sicherheit, das ich hoffentlich niemals einsetzen muss. Rangiert in der Zuneigungsskala in etwa beim Schlüsselbund. Ohne Schlüssel komm ich nicht ins Haus, aber ich liebe meinen Schlüssel nicht, ich benutze ihn nur.
Warum gibt es für SSW überhaupt einen Markt? Umarex verdient ja recht kräftig, sogar indem sie Abstriche an der Qualität machen die der Laie ja klaglos hinnimmt. Und wer etwas Gescheites will, kauft eben bei der neuen Umarex-Tochter Röhm ein, somit sind vom waffengeilen Möchtegern-Gangster bis zum qualitätsbewussten Technikfan alle Käuferschichten abgedeckt.
Ich kann eigentlich nur emotionale Gründe vorweisen, es gibt keinen Nutzen im eigentlichen Sinne:
- Eine qualmende RG100, die gerade klemmerfrei in schneller Schussfolge ein Magazin verbraten hat, ist ein befriedigender Anblick. Das hochwertige Material und die sinnvolle Mechanik zwingt den starken Pulverdruck in eine technische Funktion. Bei minimalem Verschleiß macht sich die Waffe die Kräfte der Pulverladung zunutze für den Selbstladevorgang und, bei einer scharfen Waffe, für das Treiben des Projektils auf eine stabile Schussbahn aus dem gedehten Lauf heraus.
- Ich habe früher mehr SSW gesammelt, ich habe heute nur drei, nämlich die RG100, eine EGR77 und eine RG3. Alle drei repräsentieren verschiedene und hundertprozentig authentische Waffensysteme. Es sind entweder funktional und auch von den Abmessungen her exakte Kopien scharfer Waffen oder hundertprozentige Individualentwicklungen wie die RG3. Die RG3 ist "Schreckschuss pur", schon allen aufgrund ihrer Konstruktion mit dem nach oben zündenden Kartuschen im Stangenmagazin. Es sind nicht irgendwelche Trümmer in der Hand, die nach "Waffe" aussehen aber es ist gar nicht "Waffe" drin, so wie bei vielen Umarex Modellen. Natürlich braucht man keine Verriegelung des Patronenlagers bei Schreckschusswaffen. Aber ich mag es nicht wenn eine Waffe so billig wie möglich produziert wird, verschleiß- und funktionsanfällig ist und bis auf den grundlegenden Blowback-Mechanismus sonst nur angedeutete Funktionsteile hat, wie Federführungsstangen, Schlittenfanghebel, Sicherungen, Demontagehebel. Die PK380 scheint mir eine der wenigen wirklich guten Umarex Waffen zu sein, mit denen ich meine Sammlung erweitern würde, auch wegen der überraschenden Materialtreue zum Original. Kein Zinkschrott, das scheint wirklich gut zu sein.
- Ich mag es wenn es knallt. Keine Ahnung warum. Ich bin erfreut was für Töne aus so einer kleinen RG3 kommen und bin dann ganz stolz was die für einen Bums hat trotz der Größe der Waffe und der winzigen Flobert-Kartuschen.
- Ich würde eine theoretische Befriedigung daraus ziehen, mit meiner EGR77 einen (sagen wir tierischen) Angreifer in Notwehr niederzustrecken der mir Böses will. Der Trommelspalt ist minimal, der Lauf relativ frei und der Pfeffer effektiv. Ich hätte mich mit einer Waffe wirklich gewehrt und sie hätte ihren eigentlichen Nutzen beweisen - Selbstverteidigung. Nur sehe ich überhaupt keinen Sinn darin einen Revolver zu führen und Konflikte damit zu bewältigen. Das ist für mich unpraktisch und führt zu mehr Gefahr als Schutz. Dann halt so ein Mini Spray, es hat einfach mehr sachlich-verstandesmäßige Vorteile, auch wenn mein Herz an so einem Plastikding nicht hängt. Evtl. wäre noch die RG3 mit CN Munition eine Alternative, aber - im nüchternen Vergleich eine schlechte, leider. Und wenn man sachlich entscheiden muss was für die eigene Sicherheit das Beste ist, muss die Befriedigung, sich mit einer richtigen Waffe gewehrt zu haben, eben zurückstecken. Da spricht rechtlich und psychologisch einfach zuviel dagegen.
- SSW sind die widerstandsfreieste Alternative, wenn man den Spießrutenlauf durch Behörden, Ämter und Prüfungskommissionen sich nicht antun will um eine echte Smith and Wesson bei sich im Schrank haben zu dürfen. Wäre das so leicht wie in den USA, hätte ich schon so einen und ich hätte wohl auch weniger gezahlt als für einen EGR66x. Ich weiß gar nicht ob ich SSW parallel sammeln würde. Vielleicht schon, einfach weil es eine interessante Variation ist und harmloser obendrein. Eine scharfe Waffe im Haus ist ein Risiko und man ist haftbar dafür. SSW sind harmloser und man hat weniger Bauchweh dass irgendwas schiefgeht weil man seine Aufsichtspflicht über die Waffe nicht richtig wahrgenommen hat aus was für einem Zufall auch immer. SSW sind bequemer, einem muss nicht mulmig sein weil man einen Gegenstand im Haus hat der zum rechtswidrigen Töten missbraucht werden kann. Und das "Bedürfnis" ist für mich kein Objektives, das mag für einen Polizisten so sein. Aber für mich ist es ein emotionales Hingeneigt-Sein ohne vernünftigen Grund. Ist halt so. Vielleicht hätte ich auch so wie der deutsche Gesetzgeber entschieden. Da steckt einfach sehr viel Gefahr drin. Entschuldigt den anzüglichen Vergleich, aber SSW ist ein bisschen so wie wenn man Kondome nimmt. Macht auch Spaß, zwar nicht ganz so wie ohne, ist aber sicherer.
Ich mag auch das Zielen und Treffen, dafür habe ich ein Feinwerkbau 601 Luftgewehr was autark funktioniert, d.h. ohne Druckluftkapseln auskommt und den erfolderlicehn Druck selbst komprimiert per Seitenspanner. Nur von der Munition ist man abhängig, die muss man halt kaufen. Auch wieder so ein psychologischer Grund. Ich mag auch Automatikuhren lieber, weil man dann nicht von Batterien abhängig ist. Aber es geht ja um das Thema SSW.
Ich bitte um Kommentare, Ergänzungen, alternative Meinungen. Ich bin der Ansicht, dass ich ein im Grunde sinnloses Hobby habe, aber ich hab es nunmal weil ich dem emotional zugeneigt bin. Dafür steh ich nicht auf Fußball. Oder Briefmarken oder Modelleisenbahnen.
Schöne Grüße wünscht in Vorfreude aufs neue Jahr
Eichlaub