WaffG und Mittelaltermärkte

Es gibt 143 Antworten in diesem Thema, welches 18.433 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (23. Juni 2023 um 15:18) ist von Magnum Opus.

  • Ich weiß, keine Rechtsberatung im Forum, aber mich würden eure Interpretationen und Sichtweisen da mal interessieren, da die meisten mit denen ich bisher darüber geredet habe bestenfalls den nächsten Streifenpolizisten gefragt haben, wie das denn da ist... Und dementsprechend Halbwissen kursiert.

    Interessant wäre für mich vor allem, inwiefern/welche Teile des Waffg. auf die Heerlager bei einer solchen Veranstaltung zutreffen.
    Für die, die nicht wissen was ein Heerlager ist: Bei vielen Mittelaltermärkten sind Heerlager Gruppen von Personen, die mit Gewandung, Zelt etc. auf dem Marktgelände lagern, und dort im weitesten Sinne "Alltagsleben" präsentieren oder auch bei Programmpunkten mitwirken. Meistens haben die gewisse Vergünstigungen vom Veranstalter, und sorgen als Gegenleistung für mehr Stimmung und die passende Atmosphäre. Meistens hat jedes Heerlager dann einen eigenen kleinen Bereich auf dem Markt, oft durch in den Boden gesteckte Stöcker und dadran befestigtes Seil umgrenzt, gelegentlich mit einem Loch in diesem "Zaun" als "Eingang".

    Will man dies aber tun, so gehört dazu, je nachdem ob man Gaukler, Söldner oder was auch immer ist aber auch einiges, was unters Waffg. fallen könnte oder fällt.

    §42 und §42a machen einem da am meisten Sorgen.

    Viel Blah, das wichtigste: bei einer öffentlichen Veranstaltung darf nichts geführt werden, das unter

    Zitat

    2. tragbare Gegenstände,
    a) die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, insbesondere Hieb- und Stoßwaffen;
    b) die, ohne dazu bestimmt zu sein, insbesondere wegen ihrer Beschaffenheit, Handhabung oder Wirkungsweise geeignet sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, und die in diesem Gesetz genannt sind.


    fällt. Außer, man wirkt bei einer Theateraufführung oder gleich zu achtenden Vorführung mit.

    Was muss nun gegeben sein, damit es eine (oder keine) öffentliche Veranstaltung ist? Zaun drum und Eintritt? Oder ist das dann immernoch öffentlich?
    Und kann man das als "theatergleiche Vorführung" sehen? Für mich würde ein Schaukampf dadrunter fallen, in der Sonne dösen hingegen weniger...
    (Und fallen unter b) nur die in Bezug auf b) erwähnten Gegenstände, oder auch andere, solange sie nur irgendwo im Waffg. erwähnt werden? und müssen die namentlich erwähnt werden?)


    Und dann gibts halt noch

    "allgemein anerkannter Zweck" ist schwammig ohne Ende, sollte zum "Essen zubereiten" und die damit verbundenen Küchenmesser allerdings reichen. Ob "Dekoration" als Zweck reicht, um sie nach dem Kochen nicht einzuschließen, sondern auf dem Tisch liegen zu lassen... naja. Aber "Brauchtumspflege"? Ist das irgendwo genauer definiert oder finde ich das nur nicht? Ist in Plattenrüstung rumlaufen wirklich Brauchtumspflege? Und was ist dann mit möglicherweise fiktiven Darstellungen, oder solchen, die sich zumindest nicht ausreichend belegen lassen?
    Oder gilt das ganze mit Glück einfach wieder als "Theateraufführung"? Fotos werden auch immer wieder mal gemacht, aber je nach Besucherandrang eben auch über längere Zeiträume mal nicht. (Gilt stellvertretend auch für Piraten und ähnliche, die dort immer wieder mit Replikaten von Vorderladern auftauchen, die ja nun Anscheinswaffen sind.)


    Und dann gibts da ja noch die Spezialfälle Bogen und Armbrust, die ja eig. nichtmal unters Waffg. fallen (bzw. frei geführt werden dürfen), zumindest innerhalb der Darstellungen (wenn man grade kein Jäger ist) aber sehr wohl unter 2.a) fallen, da gemacht, bzw. innerhalb der Darstellung geführt, um potentiell zu verletzen.
    Oder Dinge, die ursprünglich darunter fallen würden, nun zwar immernoch derartig tauglich, aber nichtmehr zu diesem Zweck gebaut wurden? Wie zB. ein Feuer-Ropedart...

    Immerhin zu Schaukampfwaffen gibt es eine Verwaltungsvorschrift, in der unter anderem steht das stumpfe, offensichtlich nur zu Dekorationszwecken etc. gefertigte Schwerter etc. keine Hieb- und Stichwaffen sind. würde ich gerne zitieren, leider bekomm ich den Abschnitt grade nicht kopiert... und zum abtippen ist es zu spät.
    Würden diese, da im Gesetz genannt, keine Hieb- oder Stichwaffen, aber ja immernoch absolut geeignet jemanden zu verletzen unter 2b) fallen? oder dürfte man die wirklich bedenkenlos führen?

    R.I.P. Sir Terry Pratchett

  • also erstmal: historisch korrekte Schwerter und Dolche fallen größtenteils unter das WaffG, welches das normale führen auf der Straße ausschließt

    zum von dir angesprochenen Punkt:

    meines-nicht juristischen-Erachtens nach fällt das führen bei solchen Veranstaltungen unter den von dir genannten Umständen-unter "Brauchtumspflege" oder auch einfacher "berechtigtes Interesse"

    ausserdem kann man das Auftreten auf Mittelalter- oder Römermärkten ohne frage als einen einer Theateraufführung gleichgestellten Auftritt ansehen.

    wenn die Personen im Heerlager durch ihren Auftritt, der UNMITTELBAR mit ihrer Kleidung und den historisch korrekten Waffen zusammenhängt, Geld verdienen oder anderweitige Vergütungen erhalten, gilt dies bereits als Berufsausübung

    Dies bezieht sich in diesem Falle allerdings NUR auf die zugehörigen Waffen. d.H. ein Römischer Soldat darf mit Gladius und Pilum durch die Menge gehen, aber nicht mit Katana oder Bastardschwerd.

    auch so etwas wie moderne Messer (sei es ein Einhandmesser oder sonst irgendwas, was auf den ersten blick definitiv als nicht authentische Replik zu erkennen ist) können wahrscheinlich zu Problemen führen.

    Anders verhält es sich allerdings, wenn du dir auf dem Römermarkt ein eigenes Gladius kaufst und mit dem dann nach hause spatzieren willst. In dem Fall musst du sichergehen, dass der betroffene gegenstand gegen Zugriff geschützt ist (meist reicht ein etwas größerer Karton mit Klebeband drum)

    selbiges gilt natürlich nicht nur für die Zuschauer und Käufer, sondern auch für die Darsteller. Wenn alles weggepackt wird, dann sollten die Waffen besser dabei sein, denn dann fällt das ganze nicht mehr unter die vorangegangenen Begriffe

    bei einer öffentlichen Veranstaltung darf nichts geführt werden, das unter...

    das bezieht sich nicht auf die Darsteller, sondern auf die Zuschauer ;)

  • Was mir ausserdem noch einfällt: ein solcher Auftritt findet ja üblicherweise entweder mit genehmigung der Stadt oder auf Privatbesitz statt. Und mit der Genehmigung des Grundstücksbesitzers Spielt das WaffG keine Rolle, schließlich kannst du ja auch im garten deines Kumpels mit dem Schwert rumfuchteln, wenn er es dir erlaubt (oder gar mitmacht) da greift kein Gesetz, solange die Waffe nicht illegal ist

  • Hui, tatsächlich noch jemand um die Zeit wach^^


    Nun ists für mich vor allem interessant, das sowohl auf den Märkten, zu denen ich fahr, als auch speziell in meinem Heerlager oft eher auf Fantasy als authentische Nachstellung gesetzt wird. und leider, beim besten Willen: ein Ork fällt kaum unter Brauchtumspflege. Und historisch korrekt ist da auch nichtsmehr, bestenfalls "stimmig".
    Ebenso mag die "Vergütung" nur aus freiem Eintritt (weil man dafür nunmal aufs Gelände muss) und die Erlaubnis, etwas vom Feuerholzstapel zu benutzen bestehen... ich fürchte, da ist "Berufsausübung" dann doch etwas sehr weit gegriffen.


    Und man muss auch sagen, das wir uns einen großteil der zeit genauso benehmen wie die besucher dort auch, nur steht unser zelt nunmal im gelände und nicht davor. und auch etliche besucher sind entsprechend gewandet. und irgendwo ist es zweifelhaft für mich, das "bei den crepés in der schlange stehen" oder "in der nähe einer Bühne tanzen" noch unter theaterähnliche aufführung fällt, da kann die gewandung noch so passend sein^^
    selbstverständlich ist alles so gesichert, das man nicht aus versehen irgendwas damit anrichten kann, aber dazu kann man sich ja auch mal spontan entscheiden während man nur in der gegend rumläuft. und dann hat man den schwertgurt doch noch um. oder nen morgenstern an der hüfte baumeln.
    Die übergänge zwischen auftritt oder nicht sind da halt sehr fließend, manchmal innerhalb von wenigen sekunden. zumindest so, wie ich das sehen würde...
    Und das machts irgendwie kompliziert. besonders in hinsicht auf Streitkolben, morgensterne und ähnliches. schwerter etc. kann man sagen "joa, brauch ich eh nicht scharf, und stumpf darf ich", aber ein streitkolben ist nunmal nur ne bessere keule, da lässt sich nichts mehr abstumpfen oder so. genauso kann ich den nicht verschwindenlassen, nur weil ich mich mit einem (zahlenden) besucher zunächst über das leben damals unterhalten habe, und das gespräch dann abschweift sodass es nichtmehr zur darstellung passt. in dem moment wäre es definitiv kein auftritt mehr, ich steh aber immernoch voll bewaffnet da.
    klingt vllt. etwas weit hergeholt, passiert aber selbst mir als gaukler andauernd das ich in den Momenten zumindest mein messer nichtmehr dabeihaben dürfte. (gut, das ist mir eig. eh etwas zu lang, aber das ganze ist auch stellvertretend für leute mit anderen darstellungen...)
    Und ja, vllt. klingt das auch etwas paranoid, aber es passiert zumindest nicht ganz selten, das sowohl polizisten, als auch vertreter vom ordnungsamt in zivil auf dem gelände unterwegs sind und stichprobenartig genau sowas tun.
    Bei der letzten Begegnung solcher Art stand auf einmal ein halbes söldnerlager unbewaffnet da, weil sie ihre Morgensterne etc. für die dauer der veranstaltung im auto einschließen mussten. und wie überzeugend ist denn ein unbewaffneter söldner? für die war das wochenende jedenfalls gelaufen, durch den daraus resultierenden stress und die lauten "versteckt eure waffen, die bullen sind da!" rufe, die übern markt schallten auch für den veranstalter, die anderen lager und natürlich die besucher. andererseits hatten die eben auch nur irgendwo aufgeschnappt "stumpf ist okay", und konnten dementsprechend auch nichts mit den beamten verhandeln oder auch nur vernünftig reden...

    Sowas würde ich sehr ungerne nochmal mitmachen ;) deswegen versuche ich grade für mein lager und mir bekannte lager sowas wie einen leitfaden, eine vereinfachte zusammenfassung zu schreiben, was unter welchen umständen erlaubt ist.
    blöderweise ist das garnicht so einfach.


    Edit: ja, ist meist auf öffentlichen flächen, wenn nur die gleiche stadt, die dort einen mittelaltermarkt genehmigt anschließend leute vorbeischickt, die einen guten teil der dazugehörigen accesoires verbannen muss man schon denken, das ein teil des rathauses nicht weiß was der andere tut. oder es weiß, und dem anderen abteilungsleiter eins auswischen will.
    denn wie genau diese genehmigungen aussehen und wofür bekommen wir normalerweise nie zu sehen, selbst wenn der veranstalter an diese teilaspekte gedacht hat bei den verhandlungen.

    R.I.P. Sir Terry Pratchett

  • Hui, tatsächlich noch jemand um die Zeit wach


    Kaffe, Ner'vod, und zwar viel davon

    und wie überzeugend ist denn ein unbewaffneter söldner?


    naja eine Beskar'gam ist auch recht überzeugend, ausserdem kommt's drauf an, an welchem ende der Faust man steht... ;D


    aber ich kann diese Zweifel durchaus nachvollziehen, vor allem, wenn man so etwas schon selbst mitbekommen hat.

    Ich persönlich würde ein solches Fest im allgemeinen als "interaktive Theateraufführung" einstufen, aber wie gesagt... kein Jurist...

    in einem solchen Fall würde persönlich aus meinem eigenen Heerlager zumindest einen oder zwei "Gesandte" zum Rathaus, der Stadtverwaltung oder sonst irgendeiner zuständigen stelle entsenden, um vorher die Gegebenheiten und Möglichkeiten vor allem in diesem Bereich herauszufinden. Wenn man sich da auf irgendeinen Veranstalter verlässt, damit der's regelt, kann's gerne mal böse enden.

    und zur not vielleicht eine große Kiste oder ein ähnliches abschließbares Behältnis in der Nähe des eingenen Standortes aufstellen, wo dann die besagten Utensilien "Zwischengelagert" werden können

    Aber vor allem im Bereich aussehen wie ein Ork/Uruk-hai insbesondere auf Veranstaltungen, die direkt auf dieses Szenario ausgerichtet sind würde ich dennoch auf "berechtigtes Interesse" plädieren, denn auf einer solchen veranstaltung besteht ein Interesse daran, sein "Cosplay" vollständig zu halten. Denn was ist ein Waldläufer ohne Bogen, ein Schmied ohne Hammer oder ein Jongleur ohne seine Stäbe, Fackeln und anderes.

    das wäre natürlich etwas anderes als Shinobi auf einem Römermarkt oder als Terminator auf dem Japantag


  • Ich persönlich würde ein solches Fest im allgemeinen als "interaktive Theateraufführung" einstufen, aber wie gesagt... kein Jurist...


    Das klingt mal sehr brauchbar, gute idee...

    Zitat


    in einem solchen Fall würde persönlich aus meinem eigenen Heerlager zumindest einen oder zwei "Gesandte" zum Rathaus, der Stadtverwaltung oder sonst irgendeiner zuständigen stelle entsenden, um vorher die Gegebenheiten und Möglichkeiten vor allem in diesem Bereich herauszufinden. Wenn man sich da auf irgendeinen Veranstalter verlässt, damit der's regelt, kann's gerne mal böse enden.


    Wäre bestimmt die beste Lösung, wenn die dort nicht zum Teil ewig brauchen würden und wir oftmals mehrere hundert Kilometer zu solchen Veranstaltungen fahren würden. Da ist "vorher mal kurz vorbeigucken" manchmal etwas schwierig, und sowas am Telefon, per mail oder Post klären kann man erfahrungsgemäß vergessen.
    Andererseits sind da ja immer etliche Lager, vllt. findet man ja tatsächlich immer welche, die aus der Nähe kommen und das stellvertretend machen würden.
    Muss ich mal dementsprechend rumfragen...

    Zitat


    und zur not vielleicht eine große Kiste oder ein ähnliches abschließbares Behältnis in der Nähe des eingenen Standortes aufstellen, wo dann die besagten Utensilien "Zwischengelagert" werden können


    Jaaaa... und da kommen wir an die Grenze dessen, was ein hauptsächlich aus motorradfahrenden Studenten bestehendes Lager transportieren kann^^ Wobei man die Kiste, in der die Seile transportiert werden evt. wirklich einfach entsprechend aufrüsten könnte, die steht als Sitzgelegenheit sowieso meistens draußen. Da passt zwar kein Schwert rein, aber zumindest diverser Kleinkram. Und bei anderen Lagern sieht's wahrscheinlich auch anders aus.


    Danke schonmal für die ganzen Anregungen, schön sowas auch mal mit jemandem zu bereden der auch mal ins Waffg. geguckt hat und nicht nur "mal was gehört" hat^^

    R.I.P. Sir Terry Pratchett

  • Ich sehe kein Problem darin, ein Heerlager, welches durch eine Markierung auf dem Boden abgrenzt ist, als Bühne zu sehen, auf der während der Zeit des Festes eine Theaterveranstaltung stattfindet. Ob man dies natürlich den Ordnungsbehörden vermitteln kann, die gerade vorbeikommen, um Ärger zu machen, ist die andere Frage, die niemand pauschal beantworten kann.
    So bräuchte es den Umweg über das berechtigte Interesse und so weiter nicht.

    Problematischer ist es dann wohl, sobald man den Waffen das Heerlager ("die Bühne") verlassen wird - ob man das gesamte Mittelalterfest wirklich als Theateraufführung sehen kann, stelle ich da schon eher in Frage ...

  • Kommt hier ggf. Brauchtumspflege zum tragen?


    ich würde ganz stark auf "NEIN" plädieren, denn laut Wikipedia ist ein "Brauch" folgendes:

    Zitat

    Ein Brauch (von althochdeutsch bruh ‚Nutzen‘; auch Usus, von lateinisch uti ‚gebrauchen‘) ist eine innerhalb einer Gemeinschaft
    entstandene, regelmäßig wiederkehrende, soziale Handlung von Menschen
    in festen, stark ritualisierten Formen. Bräuche sind Ausdruck der Tradition. Sie dienen ihrer Erhaltung und Weitergabe sowie dem inneren Zusammenhalt der Gruppe (Kohäsion, „Wir-Gefühl").[1]

    und ich befürchte fast, dass eine Zeitspenne von einigen Jahren nicht ausreicht, um einen Brauch zu pflegen und zu entwickeln.

    große Feste wie der Tanz in den Mai oder Carnivale sind Bräuche, da sie halt vor sehr langer zeit entstanden sind und von jedem gekannt und von einem großteil besucht werden (einfach ausgedrückt)

    Ich sehe kein Problem darin, ein Heerlager, welches durch eine Markierung auf dem Boden abgrenzt ist, als Bühne zu sehen, auf der während der Zeit des Festes eine Theaterveranstaltung stattfindet.


    da stimme ich dir zu, aber ich schätze, dass man das nicht auf ein "eben ein Horn mit Met kaufen gehen" ausweiten kann, da man dafür mitunter über die ganze Marktfläche dackeln muss

  • Bei der Diskussion zwischen § 42 (Straftat!) und § 42a (Ordnungswidrigkeit) unterscheiden. Die Ausnahme des berechtigten Interesses berührt nur das Führverbot nach § 42a, nicht aber das von § 42.

  • Ich bin des öfteren auf Mittelaltermärkten unterwegs, wo auf den abgesperrten Geländen mit Schwertern, Dolchen und ähnlichen Waffen hantiert wird, wo auf speziell abgesperrten Bahnen Äxte geworfen werden oder Armbrust und Bogen geschossen wird.
    Bei der Vorbereitung dieser Veranstaltungen sind Ordnungsämter und auch Polizei involviert.
    Daß das dann so abläuft wie geschildert zeigt mir das da auch waffenrechtlich wohl keine Einwände zum tragen kommen.

    Den Kopf nicht nur zum Haare schneiden nutzen

  • Ist schon traurig, daß man sich in unserem Land sogar über sowas Gedanken machen muss.

    Ich bin oft und gerne auf solchen Veranstaltungen.
    Auch in Gewandung, allerdings ohne größere Waffen.
    Da ich als einfacher Mann unterwegs bin, trage ich nur ein Messer und da hab ich drauf geachtet daß es unter der magischen deutschen Grenzlänge bleibt.

    Das Problem ist, wie schon angesprochen, eher weniger das Tragen von Waffen auf der Veranstaltung, sondern die Handhabung dieser Gegenstände auf dem Weg dahin.

    Wie transportiert der Landsknecht sein Zweihänder gesetzeskonform?
    Sowas passt weder in ein geeignetes Behältnis, noch ist es praktikabel oder sinnvoll es jedes Mal auf dem Hin- und Rückweg komplett in Pappe einzuwickeln und es mit Paketband zu "sichern".
    Manche Teilnehmer kommen und gehen jeden Tag, da sie nicht über Nacht bleiben.

    Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man darüber lachen, daß man sich als friedlicher Drasteller mittelalterlicher Figuren über sowas überhaupt einen Kopf machen muss.

    Nach der Theorie unserer verehrten Gutmenschen müssten solche Veranstaltungen ohnehin regelmäßig in blutigen Massakern enden.
    Dort sind schließlich wahnsinnig viele bewaffnete Menschen unterwegs.

    Komischerweise kenne ich nicht viele Orte, an denen es friedlicher Zugeht als da.

    Ich war schon öfter auf einem bestimmten, dreitägigen Mittelalterfest, neben dem jedes Mal zur Gleichen Zeit eine Art Volksfest oder Rummel stattfindet.

    Die zwei Feste sind keine 100 Meter auseinander.
    Komisch, daß es seit ich auf dieses Fest gehe, keinen einzigen Zwischenfall auf dem Mittelalterfest gab.
    Hingegen auf dem benachbarten Volksfest gibts massenweise Schlägereien und Pöbeleien, wie man nachher den Polizeiberichten entnehmen kann.

    Daran daß sich auf den zwei Festen unterschiedliche Arten von Leuten aufhalten, kann es nicht liegen, denn das Publikum setzt sich aus Leuten von beiden Festen zusammen.
    Leute von Volksfest kommen also auch auf das Mittelalterfest um sich das anzuschauen.


    Sollte die Theorie, daß allgemeine Bewaffnung die Gewalt fördert am Ende doch nicht stimmen? ;)


    Gruß K.

    Only a government that is afraid of its citizens tries to control them.

    Die Feder ist mächtiger als das Schwert. Vorausgesetzt natürlich sie ist als Verschlussfeder in einer Glock 17 verbaut! :lol:


  • Ich bin oft und gerne auf solchen Veranstaltungen.
    Auch in Gewandung, allerdings ohne größere Waffen.
    Da ich als einfacher Mann unterwegs bin, trage ich nur ein Messer und da hab ich drauf geachtet daß es unter der magischen deutschen Grenzlänge bleibt.


    Gilt dann nicht

    Zitat

    § 1 Gegenstand und Zweck des Gesetzes, Begriffsbestimmungen
    ...
    (2) Waffen sind
    2. tragbare Gegenstände,
    b) die, ohne dazu bestimmt zu sein, insbesondere wegen ihrer Beschaffenheit, Handhabung oder Wirkungsweise geeignet sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, und die in diesem Gesetz genannt sind.


    ? in Verbindung mit §42 dürfte man, wenn es kein "Theater", aber eine öffentliche Veranstaltung ist doch nichtmal kleine Messerchen führen, oder?
    Ist immerhin durchaus geeignet, und Messer werden definitiv im Waffg. erwähnt...

    Zitat


    Das Problem ist, wie schon angesprochen, eher weniger das Tragen von Waffen auf der Veranstaltung, sondern die Handhabung dieser Gegenstände auf dem Weg dahin.

    Wie transportiert der Landsknecht sein Zweihänder gesetzeskonform?
    Sowas passt weder in ein geeignetes Behältnis, noch ist es praktikabel oder sinnvoll es jedes Mal auf dem Hin- und Rückweg komplett in Pappe einzuwickeln und es mit Paketband zu "sichern".
    Manche Teilnehmer kommen und gehen jeden Tag, da sie nicht über Nacht bleiben.


    Naja, das geht einerseits gut, wenn der Zweihänder stumpf ist (weils dann keine Hieb- oder Stichwaffe mehr ist), alternativ zB. in einer Angeltasche (oder aus etwas stoff selbst einen passenden Beutel zusammennähen) mit nem Kabelbinder oder kleinem Vorhängeschloss durch den Reißverschluss. Wobei das natürlich auch blödsinn ist, wenn man besagte Tasche dann nicht irgendwo lassen kann. Hab zu dem Zweck allerdings des öfteren schon Schwertscheiden gesehen, in denen man das Schwert mit nem kleinen Drahtbüge + Vorhängeschloss oder ähnlichem sichern kann. dann ist die Scheide quasi das Behältnis, auch wenn der Griff rausguckt.

    Da fällt mir nur die Anekdote ein, wie mitten in tiefster nacht eine Meute von vllt. einem Dutzend Neonazis auf einem Mittelaltermarkt erschien. die meisten schliefen, Markt war eig. auch geschlossen, aber die vereinzelten Securitymitarbeiter waren hoffnungslos überfordert.
    Allerdings schliefen noch nicht alle, und so begab es sich, das ein Dutzend Neonazis mit Schlagstöcken und Baseballschlägern einer Truppe Wikinger in voller Montur inkl. Axt und Schild gegenüberstand und nichts mehr getan hat, bis sie von der Polizei eingesammelt wurden^^
    Das hilft nur leider nicht so richtig weiter...

    Im Edeffekt lässt sich die Problematik auf folgendes runterbrechen:

    Ist ein Mittelaltermarkt eine öffentliche Veranstaltung, bzw. unter welchen Vorraussetzungen ist er das (nicht)?
    Sind Heerlager oder evt. sogar Gäste bei solchen Märkten Mitwirkende von etwas Theaterähnlichem?

    Kann sowas unter "Brauchtumspflege" fallen?

    Alles andere ergibt sich daraus, und das sind gleichzeitig die Fragen, auf die ich (vor allem bei den letzten beiden) bestenfalls Vermutungen habe...

    R.I.P. Sir Terry Pratchett

  • Es ist völlig unerheblich unter welches Thema die Veranstaltung hat. Wenn es eine öffentliche Veranstaltung ist, ist der § 42 in Sachen Waffen führen maßgebend. Aber ich kann mir auch nicht vorstellen, warum die Behörde eine Ausnahme ablehnen würde, wenn mittelalterliche Szenen vorgeführt werden sollen, zu denen nunmal Schwerter u.ä. gehören. Eine Anfrage und folgenden entsprechenden Antrag an die örtlidhe Waffenbehörde würde ich unabhängig der Frage eines genehmigungsfreien Theaterauftrittes stellen. Kommt die Behörde zu diesem Schluss, soll sie das schriftlich mitteilen oder eine Genehmigung erteilen.
    Maßgebend dürfte der Veranstalter sein. Denn ein Verein zur Pflege und Darstellung des Brauchtums hat sicherlich eine weit bessere Ausgangsposition als eine Privatveranstaltung zum Spaß Einzelner.

    Schaut man in der WaffVwV, so kann die Behörde durchaus eine Ausnahme genehmigen:


    (Meine Anmerkung:
    § 16 WaffG regelt erlaubnispflichtige Waffenbedürfnisse für das Brauchtum, sowie Führen und Schießen im Brauchtum mit deren Veranstaltungen.)

  • Bei der Vorbereitung dieser Veranstaltungen sind Ordnungsämter und auch Polizei involviert.

    Das scheint mir die beste Art zu sein, mit dem Thema umzugehen. Dass es waffenrechtlich erstmal nicht unproblematisch ist, wenn da Leute bewaffnet rumlaufen, finde ich ziemlich klar.

    Sprachregelungen wie "das ist alles interaktives Theater und deshalb erlaubt" finde ich super als Ansatz, um mit Polizei und Ordnungsamt zusammen im Vorhinein eine verträgliche Lösung zu finden. Diese Argumentation erst rauszuholen, wenn das Kind im Brunnen liegt, wird aber wahrscheinlich eher weniger erfolgreich sein.

  • Ist schon traurig, daß man sich in unserem Land sogar über sowas Gedanken machen muss.....

    Ich nehme jetzt mal deinen Satz als Aufhänger und meine dich nicht persönlich.

    Muß man das wirklich?
    Ich glaube eher nicht.
    Außer man hat Freude daran mal wieder zu zeigen wie gut - oder wie weniger gut man das Waffengesetz zu interpretieren versteht.

    Ich kenne Märkte wo auch Besucher unter Aufsicht und Anleitung Äxte werfen - und das Armbrustschießen oder Bogenschießen ausprobieren können.
    Und wenn während dieser Veranstaltungen Mitarbeiter des Ordnungsamtes oder Polizeibeamte kontrollierend und beobachtend unterwegs sind, denke ich mal das man sich über irgendwelche, vermeintlichen, gesetzlichen Unregelmäßigkeiten nun wirklich keinen Kopf machen muß.
    Man kann auch Probleme herbei reden....

    Den Kopf nicht nur zum Haare schneiden nutzen

  • Ich nehme jetzt mal deinen Satz als Aufhänger und meine dich nicht persönlich.

    Muß man das wirklich?
    Ich glaube eher nicht.
    Außer man hat Freude daran mal wieder zu zeigen wie gut - oder wie weniger gut man das Waffengesetz zu interpretieren versteht.

    Ich kenne Märkte wo auch Besucher unter Aufsicht und Anleitung Äxte werfen - und das Armbrustschießen oder Bogenschießen ausprobieren können.
    Und wenn während dieser Veranstaltungen Mitarbeiter des Ordnungsamtes oder Polizeibeamte kontrollierend und beobachtend unterwegs sind, denke ich mal das man sich über irgendwelche, vermeintlichen, gesetzlichen Unregelmäßigkeiten nun wirklich keinen Kopf machen muß.
    Man kann auch Probleme herbei reden....

    Ja, das kann man bei vielen.
    Gleichzeitig ist es allerdings auch schon vorgekommen, das auf solchen Märkten Beamte rumgingen und jedem, der irgendwas waffenähnliches dabeihatte Platzverweise erteilt haben, die Waffen (oder auch nur "Dinge, die möglicherweise eine Waffe sein könnten") eingesammelt haben und damit schlicht die gesamte Veranstaltung ruiniert haben.
    Im Nachinein, bzw. erst nach einer ganzen weile stellte sich dann heraus, das die, die auf dem markt herumliefen nur die Anweisung hatten alle waffen einzusammeln. und ihr chef gewisse persönliche differenzen mit dem betreiber des marktes hatte.
    Der markt war dadurch, und den daraus resultierenden konsequenzen ein kompletter schlag ins wasser (finanziell und für den ruf), etliche haben (weil die anzeige dann fallengelassen wurde) lieber einer vernichtung ihrer "Waffen" zugestimmt statt vor gericht zu gehen, und der leitende beamte hatte auch noch ein schönes disziplinarverfahren. nur weil eben KEINER der anwesenden ne ahnung hatte, was man eigentlich darf und was nicht.

    Es mag weit hergeholt klingen und auch ein absoluter sonderfall sein... aber wenn man ein hobby ausübt, sollte man meiner meinung nach so gut wie möglich über die davon betroffenen Gesetze bescheid wissen.
    Sonst begeht man eben "aus versehen" eine straftat, und das wird im besten fall teuer, im schlechtesten kostets die gesamte karriere etc.

    So gesehen, ja, die probleme tauchen sehr selten auf, aber wenn kann es umso schlimmer sein.

    R.I.P. Sir Terry Pratchett

  • Zündnadel: Wäre ja schön, wenn es so wäre, aber:

    Wenn Du als Veranstalter gegen die Buchstaben des Waffengesetzes verstößt und dich nicht vorher abgesichert hast, riskierst Du immer, dass Dir jemand in die Suppe spuckt. Einfach drauf zu vertrauen, dass sich Polizei und Ordnungsamt schon von selbst "vernünftig" verhalten und den Verstößen nicht nachgehen werden, ist ein viel zu großes Risiko. Nich zuletzt sind Beamte ja unter Umständen sogar verpflichtet, Verstößen nachzugehen, wenn sie jemand zur Anzeige bringt. Dazu reicht ein einziger Besucher, der meint, der Mann mit dem Schwert hätte sich am Bierstand vorgedrängelt...

  • @ T-gnom

    Wird in dieser Art von der Executive auf Märkten agiert, nämlich in Waffen einsammelnder Weise, ist das ein Zeichen das die Organisation dieser Märkte blauäugig und unzureichend unterwegs gewesen ist. Mir ist in dieser Richtung auch nichts vergleichbares bekannt, obwohl es da sicher Veranstalter gibt die sich für klüger halten als es die Polizei erlaubt, grins.
    Im Gegensatz habe ich beobachtet das in solchen Organisationskreisen auch immer Leute anzutreffen sind die sich im Waffenrecht sehr gut auskennen, und vor allem wissen das man keinen Markt dieser Art erfolgreich durchführen kann ohne Ordnungsämter und Polizei sehr eng mit einzubeziehen.
    Und deshalb gibt es in der Mehrzahl Märkte die in den einzelnen Regionen seit vielen Jahren erfolgreich und ohne Probleme durchgeführt werden.

    Den Kopf nicht nur zum Haare schneiden nutzen

  • ich bin früher auch sehr gern zu solchen Festen (selbstverständlich als Bogenschütze) gegangen. Soweit es geht authentisch. Es ist nicht überliefert, ob mittelalterliche Schützen auch Kurzschwerter oder Äxte hatten, fand es aber ganz passend entweder Kurzschwert oder Axt am Gürtel mit Friedensband zu tragen neben Schild, Pfeil und Bogen. Nach Rücksprache mit dem Waffenverantwortlichen der Berliner Polizei hatte ich immer seine Handynummer bei für den Fall, dass meine Waffen einkassiert werden.

    Er hat vor 8 Jahren das Ganze als Brauchtum definiert und damit "abgesegnet". Auf dem Weg hin natürlich alles verschlossen verklebt verpackt. Leider ist er jetzt in Rente und ich lasse die Sachen zu Hause und nehme nur noch Schild, Pfeil und Bogen mit. Schade, aber Schwert und Axt waren zu teuer, um es einsammeln zu lassen.

    Wenn ich Organisator wäre, würde ich mit der Polizei / Ordnungsamt darüber sprechen und mir einen entsprechenden Bescheid geben lassen. Diesen an alle Teilnehmer ausgeben oder auf dem Markt aushängen, damit sich die Träger sicher fühlen können und nicht Polizei der Meinung ist, das einzusammeln.

    Gruß

    Carsten :rolleyes: