Wie klassifiziert man Sportgeräte die vom WaffG ausgenommen sind (z.B. Harpune)?

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 2.264 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (28. September 2021 um 15:15) ist von JMBFan.

  • Vor einigen Jahren gab es die Situation, dass ein kleiner "Waffenhersteller" vor dem Problem stand, dass seine Kreation aufgrund gesetzlicher Änderungen praktisch unverkäuflich wurde. In der Folge hat er die Gehäusefarbe geändert und schon war es eine erlaubnisfreie Harpune (=Sportgerät).

    Was ich nicht verstehe ist, nach welchen Kritierien eine solche Kategorisierung vorgenommen wird und wer am Ende bestimmt, dass das seine Richtigkeit hat. Laut Wikipedia hat eine Harpune Widerhaken, was bei dem Gerät nicht einmal der Fall ist, einzig das gelbe Gehäuse lässt auf den Unterwasser-Anwendungszweck schließen.

    Wieso haben die Hersteller bei der damaligen Gesetzesänderungen nicht alle "Pfeilabschussgeräte" als Harpune umdefiniert?


    Angehangen habe ich noch drei Beispiele von Youtube, die aus einer (amerikanischen?) Fersehserie stammen. Meiner Meinung nach handelt es sich bei allen dreien um Harpunen, bzw. könnte man sie mit kleinen Änderungen so einschätzen.

    Oben ist wird der Speer mit Gummibändern beschleunigt, das ist also unzweifelhaft eine ganz klassische Harpune. Lediglich der Widerhaken fehlt...

    Darunter ist eine Art Blasrohr, das anscheinend mittels Gasdruck aus einem Feuerlöscher angetrieben wird. Als kommerzielles Gegenstück gibt es Luftdruckharpunen, so dass ich diesen Antrieb nicht als Ausschlusskriterium ansehen kann.

    Ganz unten eine mehrschüssige Harpune, bei der Rohre mit einer Luftpumpe auf Druck gebracht werden. Beim Drehen durch die Bohrmaschine schlagen die vorderen Ventile an der Stange an, so dass sie sich schlagartig öffnen... wegen der Elektrik vermutlich nicht wasserdicht, aber mit einer manuellen Kurbel könnte man auch dies gut unter Wasser einsetzen?!

  • Im Zweifelsfall, also beispielsweise, wenn ein solches Geräte durch die Polizei einkassiert wird und man klären muss, worum es sich genau handelt, wird dann das Bundeskriminalamt zur Anfertigung eines Feststellungsbescheides herangezogen.

    Die Mitarbeiter dort begutachten das Teil genau, schauen auch den Hersteller und dessen Werbung/Zweckbestimmung für das Produkt an und achten auf Merkmale, die für eine bestimmte Kategorie sprechen.

    Diese Feststellungsbescheide gelten dann ziemlich rechtssicher für dieses bestimmte Produkt.

    So kann es durchaus vorkommen, dass ein Händler wie Tchibo dann einen Massagestock verkauft, der aber aus waffenrechtlicher Sicht alle Merkmale eines Totschlägers erfüllt und aus dem Handel genommen werden muss.

    Warum Hersteller das nicht einfach umdeklarieren?

    Vielleicht, weil Deutschland nicht der wichtigste Markt in ihrem Geschäftsmodell ist oder aus der Befürchtung heraus, dass dann ein BKA-Bescheid folgt, der den Aufwand der Umbenennung zunichte macht?

    Zumindest das Teil im mittleren Bild dürfte in Deutschland ziemlich sicher eine Schusswaffe sein, weil ein Geschoss durch einen Lauf getrieben wird.

    "Büchsen kann man nie zuviele haben!" Pippi Langstrumpf

    "A shotgun, in my opinion, must have three things: Boom, Boom, Boom." Phil Robertson

  • Zumindest das Teil im mittleren Bild dürfte in Deutschland ziemlich sicher eine Schusswaffe sein, weil ein Geschoss durch einen Lauf getrieben wird.

    Beim unteren dürfte das wohl auch der Fall sein, aber gerade das ist ja der "Witz" daran. Der Airringer wurde zuerst mit übergestülpten Pfeilen konstruiert, weil das damals legal war, an eine Harpune hat man jedoch wohl noch garnicht gedacht. Den Scuba Ringer hätte man rechtlich aber genauso gut mit Geschossen konstruieren können, die durch das Rohr geschossen worden wären - es gibt sogar eine Firma (den Namen habe ich vergessen), die neue Abschussrohre für den Scuba Ringer vertreibt, oder das plant, bei denen der Pfeil im Rohr steckt.

    Das ist bei allen kommerziellen, in Deutschland frei erhältlichen, Luftdruck-Harpunen doch auch so, dass der Speer durch den Lauf geschossen wird... z.B. die Cressi SL Star.


    Mir geht es aber auch eher um Einzelanfertigungen/Hobbyprojekte, da fällt das mit der Werbung usw. schon raus. Im Endeffekt habe ich ähnliches schon vermutet, also dass man sich die Merkmale anschaut. ..

  • Es entscheidet bei einigen Waffenarten alleine die "Bestimmung", die der Hersteller ihnen gegeben hat (z.B. bei Messern). Die Hersteller können aber nicht alle Pfeilwaffen einfach "umdeklarieren". Eine normale Pfeilwaffe ist überhaupt nicht dafür vorgesehen unter Wasser benutzt zu werden. Wenn eine Firma eine Pfeilwaffe einfach "Harpune" drauf schreibt, ändert das deren Bestimmung nicht. Wenn man aber einige Teile davon aus anderen Materialien fertigt, ihm eine andere Farbe gibt und statt der normalen Pfeile, Fischpfeile mit anbietet, ist eine umwidmung möglich. Es gibt so klare Fälle, dass sie keinen Feststellungsbescheid brauchen. Der Scubaringer ist so ein Fall, wo die Rechtslage klar ist.

    Messer sind das beste Beispiel, dass hauptsächlich die Bestimmung des Herstellers über deren Einstufung entscheidet. Ein KM2000 ist eine Waffe (nach §2 Absatz 2 Nr. 2a WaffG), ein Hirschfänger aber nicht.

    VDB Fördermitglied - Damit die Lethargie der Waffenbesitzer endlich ein Ende hat.

  • Also, natürlich geht es auch um die Zweckbestimmung des Herstellers, aber eben AUCH um die objektiven Merkmale der jeweiligen Waffe. Das BKA hat da in der Vergangenheit sowohl in Richtung "Zweckbestimmung" entschieden als auch in Richtung "objektive Merkmale".

    Beispiel 1: Der JPX6 von Piexon, ein Reizstoffsprühgerät. In der Behördenversion ist das Ding zum Einsatz gegen Menschen bestimmt und somit (wegen des Lasers) ein verbotener Gegenstand und OHNE den Laser WBK-pflichtig, aber in der "zivilen" Version ein Tierabwehrgerät und somit TROTZ Laser frei verkäuflich und führbar. Unterschiede zwischen den Waffen: Die Farbe und der Aufdruck.

    Beispiel 2: Der Massagestab von Tschibo, der zwar ganz klar nicht als Waffe verkauft wurde, optisch und technisch aber dem verbotenen Totschläger entspricht. Hier hat das BKA den "objektiven Merkmalen" den Vorzug gegeben. ''

    Ein BKA-Bescheid ist übrigens nicht endgültig, man kann einen Einspruch einlegen und auch dagegen klagen. Am Ende entscheidet eben doch ein Richter, so wie es das Prinzip der Gewaltenteilung fordert.

    Bei den drei Waffen aus der TV-Serie handelt es sich in keinem Fall um eine Harpune. Die erste Waffe ist wohl eher rechtlich gesehen eine Armbrust, die zweite eine Schusswaffe mit sicher mehr als 7,5 Joule und die dritte Waffe ist ein WBK-pflichtiges Pfeilabschussgerät.Nur die erste Waffe wäre in D erlaubnisfrei. In den USA ist das natürlich anders (seufz).

    Es fehlen zum Beispiel typische Merkmale einer Harpune wie eine Leuchtfarbe, besondere technische Vorkehrungen zur Funktion unter Wasser und eindeutige Kennzeichnungen.

    Der Scuba-Ringer ist zum Beispiel deutlich anders als der Airringer - rostträger Stahl im Systembereich, Öse für die Fangschnur, eingegossene Typbezeichnung "Speargun", Entlastungsbohrungen im Systemkasten zur besseren Entlüftung und Pfeile mit Widerhaken zum Beispiel. Ich hatte mal einen Airringer und habe ihn rechtzeitig vor der Gesetzesänderung gegen einen Scuba-Ringer getauscht. Mittlerweile habe ich ihn aber wieder verkauft. Ich tauche nicht mehr in Gewässern, in denen das Ding Sinn machen könnte.


  • Bei den drei Waffen aus der TV-Serie handelt es sich in keinem Fall um eine Harpune. Die erste Waffe ist wohl eher rechtlich gesehen eine Armbrust, die zweite eine Schusswaffe mit sicher mehr als 7,5 Joule und die dritte Waffe ist ein WBK-pflichtiges Pfeilabschussgerät.Nur die erste Waffe wäre in D erlaubnisfrei. In den USA ist das natürlich anders (seufz).

    Es fehlen zum Beispiel typische Merkmale einer Harpune wie eine Leuchtfarbe, besondere technische Vorkehrungen zur Funktion unter Wasser und eindeutige Kennzeichnungen.

    Der Scuba-Ringer ist zum Beispiel deutlich anders als der Airringer - rostträger Stahl im Systembereich, Öse für die Fangschnur, eingegossene Typbezeichnung "Speargun", Entlastungsbohrungen im Systemkasten zur besseren Entlüftung und Pfeile mit Widerhaken zum Beispiel. Ich hatte mal einen Airringer und habe ihn rechtzeitig vor der Gesetzesänderung gegen einen Scuba-Ringer getauscht. Mittlerweile habe ich ihn aber wieder verkauft. Ich tauche nicht mehr in Gewässern, in denen das Ding Sinn machen könnte.

    Deshalb meinte ich, dass es mit kleinen Änderungen als Harpune durchgehen könnte, also umlackieren, Widerhaken an die Spitze... aber so ganz kann ich deiner Argumentation dennoch nicht folgen: Wenn ich nach herkömmlichen Gummizug-Harpunen suche, dann sieht man garnicht viele Leuchtfarben, viele sind einfach schwarz. Ob der "Pfeil" auf dem ersten Bild Vanes hat, damit er gut durch die Luft fliegen kann ist nicht ersichtlich, das Austrittsloch im Holz ist aber so eng, dass das vielleicht nicht der Fall sein wird. Natürlich sehe ich ein, dass das Holz so präpariert sein müsste, dass dem Wasser besser stand hält, aber von der grundsätzlichen Form sehe ich keinen wesentlichen Unterschied zu gewöhnlichen Harpunen.

    Bei den beiden anderen Geräten wird das Projektil vermutlich im Rohr gestartet werden, beim untersten Bild bin ich mir sicher, weil vor den Rohren zu wenig Platz wäre für Pfeilspitzen. Aber wieso sollte man es als Pfeilabschussgerät klassifizieren, wenn es gar keine Pfeile verschießt? Sind das nicht eher Speere, da keine Befiederung vorhanden ist? (Aber da bin ich fast wieder bei der Ausgangsfrage: Was ist ein Pfeil, wer definiert das?)


    Die Details beim Scuba Ringer hatte ich garnicht auf dem Schirm, das macht natürlich Sinn. Dennoch finde ich, dass man aus dem "objektiven Merkmal", dass es überhaupt hohle Pfeile verschießt darauf schließen könnte, dass es eigentlich nicht wirklich zu dem Zweck konzipiert wurde. Harpunengeschosse haben üblicherweise keine Vanes, die leichten Pfeile bremsen unter Wasser durch die große Stirnfläche sehr viel mehr als übliche Speere, der Auftrieb durch das Gas im Inneren ist vermutlich auch nicht optimal...

    Auf Gogun finde ich übrigens keine Scuba Ringer-Pfeile mit Widerhaken, da gibt es immer nur "Übungspfeile". Auch die Öse wirkt nicht wirklich als wenn sie für den Zweck spezialisiert wäre, bei anderen Harpunen wird die Leine irgendwo aufgewickelt oder es gibt einen Mechanismus, durch den die Schnur beim Auslösen freigegeben wird...

  • Der Scuba Ringer und der Airringer basieren beide auf einer ganz anderen Waffe, nämlich der AEA Defender, ein Reizstoffsprühgerät.

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    Der chinesische Hersteller AEA Precision hatte damals zwei Versionen vorgestellt (ich war auf der IWA und habe sie dort gesehen) - das Original und die Pfeilpistole "Speargun" als Haiabwehrgerät. Der "Airringer" wurde dann exklusiv für den deutschen Markt angepasst, im Prinzip eine billigere Version der "Speargun". Kein rostfreier Stahl etc. - war ja nicht nötig für den Überwasser-Einsatz.

    Als dann die Pfeilabschussgeräte WBK-pflichtig wurden hat man eben Rückgriff auf die bis dahin nur als Muster vorhandenen Speargun-Variante zurückgegriffen.

    Ich frage mich, ob der "Defender" nicht auch legal wäre, als Tierabwehrgerät.

  • Der Scuba Ringer und der Airringer basieren beide auf einer ganz anderen Waffe, nämlich der AEA Defender, ein Reizstoffsprühgerät.

    Hmm... das ist alles sehr interessant. Ich wundere mich, dass diese Fakten nicht größere Bekanntheit haben, ich meine dass sich ein gewisser Youtuber als Erfinder dieser Technik feiern lässt und jetzt habe ich den Eindruck dass er sich mit fremden Federn geschmückt hat!?

    Den Begriff AEA Defender habe ich gestern schon bei einer google-Recherche in einer Polizei-Zeitschrift gefunden, da ging es um den Airringer, und der Begriff AEA Defender wurde dort so verwendet als bezeichne er dasselbe Gerät. Zumindest hatte ich den Eindruck.

    Ich frage mich, warum der Schritt zum Airringer nötig war, wenn es die Speargun schon gegeben hat. Hat die irgendwelche Nachteile, ging es da nur um die Präzision? Wie viel höher war der Preis? Es ist ja nicht so, als wenn man in Europa nicht auch ab und zu von Haien bedroht würde...


    Weiterhin habe ich mir nochmal über die kommerziell vertriebenen Harpunen Gedanken gemacht: Auf Youtube habe ich gesehen, dass jemand 6 Cressi-Luftdruck-Harpunen zusammengebunden hat... Würde man jetzt sagen das ist 100% legal, weil die individuellen Harpunen legal sind, oder wurde dadurch der Verwendungszweck geändert und es gilt nicht mehr als Harpune?

  • Wer ein Produkt "erfunden" hat lässt sich oft nur schwer sagen, jedenfalls wenn es keine Patente gibt. Druckluftkartuschen gibt es jedenfalls schon ewig (Brokcock, LEP etc.). Die Chinesen gehen auf die IWA um Kontakte zu knüpfen und sind für alles offen. Hauptsache Auftrag. Man kann mit einer fertigen Entwicklung zu ihnen gehen oder auch nur mit einer vagen Idee.
    Wenn man ein paar Harpunen zusammenbindet, ohne diese dauerhaft zu verändern, dann wird daraus nicht automatisch etwas anderes - auch hier kommt es auf die Zweckbestimmung an. Wenn man das Ding dann aber als HV-Waffe verkauft... aber wenn ich zwei einschüssige Hawken mit ein paar Kabelbindern zusammenfrickele wird ja auch kein Zweischüsser daraus.

    Als noch beide Waffen - also Airringer und Scuba Ringer - frei verkäuflich waren, bot es sich natürlich an den Airringer zu promoten. Billiger im Einkauf, sieht mehr nach Waffe aus (schwarz statt gelb) und man konnte das Ding als SV-Waffe bewerben. Jetzt geht das eben nicht mehr, was dem Verkaufserfolg sicher abträglich ist.