Derringer zum Selbstschutz?

Es gibt 10 Antworten in diesem Thema, welches 7.062 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (19. Januar 2016 um 12:59) ist von TumberTambour.

  • Guten Tag an alle,

    nachdem ich hier schon einiges gelesen habe, weiß ich, dass das Thema des Selbstschutzes mit Hilfe von Schreckschusswaffen sehr umstritten ist. Dennoch überlege ich mir, eine solche anzuschaffen.

    Ich bin 41 Jahre alt, Eigenheimbesitzer und konnte brenzligen Situationen bislang immer aus dem Weg gehen. Deshalb bin ich bis heute auch nie in körperliche Auseinandersetzungen geraten. Dennoch möchte gerne mein subjektives (!) Sicherheitsgefühl verbessern, das hier im Ruhrgebiet immer stärker strapaziert wird, sei es durch Einbrecherbanden oder Straßenkriminelle. Die Schreckschusswaffe wäre in erster Linie zu Hause stationiert. Führen würde ich sie – nach Erteilung einer entsprechenden Erlaubnis – beispielsweise nur hin und wieder in entlegenen Gebieten (z. B. bei einem abendlichen Spazier- oder Fotografierausflug in den Duisburger Landschaftspark), jedoch nicht tagsüber im belebten städtischen Bereich.

    Von einer Schreckschusswaffe erhoffe ich mir in einer sehr bedrohlichen Konfliktsituation einerseits, dass ein Angreifer davon kurz überrumpelt wird (Knall, Rauch, CS-Gas – kein Pfeffer) damit ich Gelegenheit gewinne, zu fliehen. Anderseits könnte sie durch die Geräuschentwicklung auch helfen, andere Menschen auf die für mich brenzlige Situation aufmerksam zu machen. Niemals – wirklich niemals – würde ich mit der Schreckschusswaffe in einen Zweikampf gehen wollen in der Hoffnung, den Angreifer überwältigen und dingfest machen zu können.

    Aus diesem Anforderungsprofil ergibt sich für mich Folgendes: Eine mögliche Schreckschusswaffe soll möglichst leicht, handlich und zuverlässig sein. Sie soll nicht die Drohwirkung einer Walther P99 oder eines großen Revolvers entfalten, damit sich insbesondere Polizisten oder andere Amtsträger im Falle einer Begegnung nicht gleich schon durch einen sehr martialischen Augenschein massiv an Leib und Leben bedroht fühlen müssen. Das gilt in der Konsequenz dann auch für Kriminelle. Es soll laut sein, es soll gegebenfalls auch weh tun, aber mehr auch nicht.

    Nach einiger Recherche bin ich von der Pistole über den Trommelrevolver ganz konkret zur Derringer als Objekt meiner Wahl gekommen, die auf mich als bislang Nicht-Waffenkenner einen eher "harmlosen" Eindruck (eben eher wie eine reine Signalpistole) macht, aber dennoch wohl ein ordentliches Knallgeräusch erzeugt und ggf. (wenn ich es richtig verstanden habe) konstruktionsbedingt mehr Reizgas in die Richtung des Angreifers auswirft als ein Trommelrevolver, bei dem wohl ein Teil an der Trommel entweicht. Nicht zuletzt handelt es sich um ein – wie ich finde – optisch sehr schönes und auch technisch allgemein interessantes Gerät.

    Bevor ich mich nun zum Kauf entscheide, würde ich gerne wissen, ob meine Überlegungen zur Derringer mit Blick auf den Einsatzzweck aus Eurer Sicht schlüssig sind und ob ggf. etwas gegen die Derringer spricht, was ich übersehen habe. Welche Derringer wäre am besten geeignet?

    Grüße vom

    Tumben Trompeter

    Einmal editiert, zuletzt von TumberTambour (16. Januar 2016 um 11:52)

  • Hallo und willkommen hier!

    SV mit einem Derringer/Deringer? Warum nicht? Die Dinger sind zuverlässig und laut, aber nicht sooo klein, wie man auf den Bildern immer meint, zumindest die 9mmR von Röhm.

    Der Nachteil liegt ja auf der Hand, du hast nur zwei Schuss zur Verfügung. Mit etwas Übung kann vielleicht noch mal nachladen, aber das würde ich vermeiden.

    Allerdings glaube ich nicht, dass ein Polizist sich weniger bedroht fühlt von einem Derringer als von einer anderen Kurzwaffe.

    Nach wie vor würde ich eher in Richtung HW 88 gehen - wenn man den noch irgendwo bekommt. 8| Der hat immerhin fünf Kartuschen, was auch nicht viel ist, aber mehr als zwei.

    Jens

    https://www.youtube.com/watch?v=UKI5DUALgXU

  • Eine mögliche Schreckschusswaffe soll möglichst leicht, handlich und zuverlässig sein. Es soll laut sein, es soll gegebenfalls auch weh tun, aber mehr auch nicht.

    aber dennoch wohl ein ordentliches Knallgeräusch erzeugt und ggf. (wenn ich es richtig verstanden habe) konstruktionsbedingt mehr Reizgas in die Richtung des Angreifers auswirft als ein Trommelrevolver

    Welche Derringer wäre am besten geeignet?

    Guten Morgen.
    Ich denke mal neu bekommst du nur den Noris Twinny, ich habe auch nur mit dem Erfahrungen aber der ist zuverlässig und passt in jede Tasche. Für alte Gebrauchte wirst du wahrscheinlich ne gute Stange Geld bezahlen.
    Das einzigste Negative ist halt das du beim Derringer vor jedem der 2 Schüsse den Hahn spannen musst, aber ansonsten sollte er für deine Anforderungen passen. Ein Pfefferspray mit Strahl würde ich für den Notfall aber trotzdem mitführen. Grade bei Gegenwind bekommst du bei der Schreckschuss die ganze Wolke selbst ab, und das ist in einer Gefahrensituation bestimmt nicht leicht sich die Windrichtung auszusuchen.
    Lg.  


    Edit:
    Also ich denke das 2 Schuss schon genügen sollten, wenn es zum Einsatz einer SSW kommt sollte es ja er Hit and Run technik sein, und keine Schießerei.
    So könnte man beim weglaufen auch evtl. nochmal Nachladen.

    2 Mal editiert, zuletzt von Schultz (16. Januar 2016 um 12:10)

  • Würde eher zu einem mehrschüssigen Revolver tendieren.5-6 Schuss zur SV deutlich effektiver als nur 2.
    Den letzten kann man für sich aufheben ;( (Kleiner Spass :D )
    Zur SV würde ich auch nach einer alten niedrigen PTB schauen.Kommt vorne einfach mehr raus !

  • Ich führe seit vielen Jahren den Noris Derringer, er ist super, weil er extrem zuverlässig und einfach zu bedienen ist. Bei meinem habe ich die Sicherung entfernt, die zwei Schuß waren bisher immer ausreichend. Bei keiner anderen Waffe kommt vorne soviel raus, wie bei dem Derringer. Außerdem ist keine andere Pistole so komfortabel und unauffällig zu tragen. Man muss nur darauf achten, den Hahn in die Sicherungsrast zu legen. Für einen Angreifer sind die alten Modelle nicht sofort von einem scharfen zu unterscheiden, das ist zumindest meine Erfahrung, allerdings hatte noch keiner, der ihn von vorne gesehen hat, Zeit für eine eingehende Betrachtung.
    Die neuen sind aufgrund der Beschriftung sofort als SSW zu erkennen, also lieber einen neuwertigen mit PTB 276 z.B. bei Egun kaufen.
    Die sind zwar teuer aber man kauft ja nicht jede Woche eine Waffe. Wenn man den Noris gut behandelt, hat man ihn ein Leben lang.

    Everybodys darling is erverybodys Depp!

  • Hallo an alle,

    herzlichen Dank Eure Meinungen und den feinsinnigen Humor des letzten Schusses. :D

    Nun hadere ich letztlich mit der Entscheidung, ob es nun doch zwei oder fünf Schüsse werden sollen. Das beschäftigt mich mehr als die Frage, ob es Single oder Dual Action sein soll. Für eine reine Notwehr-Waffe sollten zwei Schüsse ausreichen – das könnte auch einem eventuellen Notwehrexzess vorbeugen. Andererseits gibt etwas mehr Reserve mehr gefühlte (!) Sicherheit.

    Bei meiner weiteren Recherche ist mir in amerikanischen Diskussionsforen und Blogs aufgefallen, dass die (scharfe) Derringer dort gerne mal als antiquitierte Arme-Leute-Waffe oder maximal "Backup" gesehen wird. Aber der gewünschte Einsatzzweck ist dort meist auch ein anderer – und die Bedrohungslage auch.

    Naja, es bleibt mir noch ein wenig Zeit zum Nachsinnen. Sowohl die Röhm Derringer als auch die HW 88 sind derzeit online ausverkauft.

    Beste Grüße vom

    Tumben Trompeter

    Einmal editiert, zuletzt von TumberTambour (18. Januar 2016 um 09:59)

  • Ich empfinde den Twinny nicht als einfach zu bedienende Waffe.

    Schau Dir mal dieses Video an. Mit der schon erwähnten Sicherundsrast und der Sicherung.
    Läßt man den Hahn ganz vorne, liegt der Schlagbolzen auf dem Patronenboden auf. Ein Schlag genügt und es knallt.
    Spannt man einmal ist man in einem Zwischenzustand, man kann nicht sichern, aber abdrücken.
    Bis man in der Sicherungsrast ist, muß es zweimal Knacken. Dann kann man sichern und laden. Dann ragt der Hahn aber auch schon hinten raus und man kann sich noch besser dran verfangen (Tasche, Gürtel, Hemd, Jacke)
    Will man schießen, muß man nochmal spannen, aber bitte vorher entsichern.
    Für den zweiten Schuß muß es wieder dreimal knacken.
    Wenn das Ding sinnvoll zur Selbstverteidigung auch oder gerade bei Srteß eingesetzt werden soll, muß das unendlich oft geübt werden.
    Wegrennen und dabei laden ist Quatsch, viel zu fummelig und die Kartuschen zu klein und zu leicht.

    Beim Twinny gibt es nur einen sinnvollen Aspekt: Es geht alles durch den Lauf raus.

  • Hallo Akula,

    das ist ein sehr interessanter Aspekt, den ich in dieser Form noch nicht ganz ausführlich bedacht habe. Auch wenn ich mir im Klaren darüber bin, dass es im Umgang mit einer Schreckschusswaffe eines gewissen "Trockentrainings" bedarf. Also stellt sich doch noch stärker die Frage, ob es die Single-Action-Waffe (mit ganz viel Übung) oder die Dual-Action-Waffe (mit viel Übung) sein soll.

    Nachtrag: Habe ich es richtig verstanden, dass die Derringer eher einmal versehentlich ausgelöst werden kann als der HW 88?

    Beste Grüße vom

    Tumben Trompeter

  • Der HW 88 hat zumindest eine sog. Fallsicherung, bei der der Schlagbolzen quasi solange von einer kleinen Platte verdeckt ist, bis man den Abzug ganz durchzieht - erst dann wird diese Sicherung freigegeben und der Schlagbolzen kann vom Hammer erreicht werden. Wenn der Hammer also gespannt ist (oder auch nicht, egal, gilt für beide Situationen) und die Waffe fällt dir hin, dann löst sich kein Schuss bzw. es sollte sich keiner lösen. Ein versehentlicher Schlag oder ein Hinfallen reichen also nicht, um die Kartusche abzufeuern.

    Es wurde sicher schon gesagt, aber der 88er ist wirklich super leicht, das ist ein großes Plus aus meiner Sicht. Wenn der in der Jacke steckt, merkt man das kaum. Ich verstehe deine Gedanken und deine Tendenz zum Derringer, nach wie vor würde ich aber eher zum Weihrauch raten. Mit schmalen Griffen ist der auch nicht so groß bzw. breit.

    Zudem finde ich den Derringer im Verhältnis zum Weihrauch recht teuer. Beides sind sehr hochwertige SSW, keine Frage, aber das Preis-Leistungsverhältnis ist beim HW 88 viel besser, finde ich.

    Jens

  • Ich habe sowohl einen alten Norris Derringer als auch einen HW 88. So viel leichter ist der Derringer nicht zu führen, finde ich. Der Revolver hat natürlich die klobige Trommel, die aber weniger stört, wenn du einen Clip-Griff anbaust, so das man den Revolver einfach in den Hosenbund einhaken kann. Dann sitzt die Trommel nicht zwischen Gürtel und Körper und stört weniger. Der Norris ist weitaus schwerer als der Revolver, ca. 400 g gegenüber 290 g. Ich schleppe lieber leichte Sachen.

    Der Derringer wäre mir für den Ernstfall zu schwer zu bedienen. Das Spannen der Hähne scheint ganz leicht zu gehen, aber im Ernstfall hat die durchschnittliche, unerfahrene Person mit stressbedingten Ausfällen zu tun, die man sich im Zustand ruhigen Blutes nicht vorstellt. Einfach einen Abzug durchzuziehen, ist da viel einfacher, zumal man mit einer SSW nicht zielen muss. Dazu hat man fünf Schuss, z.B. 3 x Pfeffer, 2 x CS, anstatt nur zwei. Straftäter treten manchmal in Gruppen auf, mehr verfügbare Schüsse sind immer besser.

    Der Vorteil des Derringers ist sicher, zwei Schüsse garantiert zu haben. Wenn beim Revolver die Trommel nach dem ersten Schuss blockiert, war's das.

    Ich würde ehrlich gesagt von beiden abraten, was mögliche Konfrontationen zu Hause angeht. In geschlossenen Räumen finden oft die schlimmsten Verbrechen statt, da der (meist: die) Täter keine Entdeckung fürchten müssen. Trifft man auf Einbrecher, die nicht sowieso sofort fliehen (was die meisten machen, egal, ob der Gute eine Waffe hat oder nicht), könnte eine äußerst gewalttätige Konfrontation bevorstehen. Hier sollte man über echte Schusswaffen oder zumindest wirksame größere Hieb-/Stichwaffen (+ erhebliche Entschlossenheit) verfügen, zusätzlich zu einem Pfeffergel oder -schaum oder einem Jetgerät.

    Draußen führen könnte man beide, aber ich hielte die zwei Schuss des Derringers für zu wenig. Was ist, wenn du wegläufst und die Täter folgen dir? Weglaufen klingt immer toll, aber es ist kein Allheilmittel. Patronen während es Laufens in einen Derringer (oder Revolver) zu fummeln, kannst du vergessen. Wenn du den Derringer nimmst, solltest du zusätzlich noch ein Pfefferspray mit Strahl/Schaum/Gel in der Tasche haben. Kommt auch gut, wenn man in geschlossenen Räumen ist, die man nicht schnell verlassen kann, z.B. fahrende U-Bahn.

    Ich trage z.B. außer Haus u.a. einen kleinen Jetprotektor (ist quasi ja ein Wegwerf-Plastik-Derringer für 100 g) für gezielten Einsatz sowie ein Nebelspray für "großflächigen" Einsatz.

  • Hallo Flammpanzer und Tiju,

    (nochmal) herzlichen Dank für Eure hilfreichen Antworten. Die Argumente erscheinen mir sehr vernünftig und zutreffend.

    Auf dieser Grundlage und weiterer Recherchen habe ich mich dann letztlich entschieden. Meine Notwehr-Waffe wird nun doch ein HW 88. Vielleicht werde ich mir den Derringer irgendwann einfach mal "just for fun" zulegen.

    Jedenfalls hat mir die Diskussion in diesem Forum sehr weiter geholfen und das Recherchieren darin allgemein viele Erkenntnisse zum Thema Schreckschusswaffe verschafft. :^) :thumbup:

    Viele Grüße vom

    Tumben Trompeter