Pistole 9mm: Zoraki 914 "Satina" - PTB 922

  • Als vor ein paar Jahren ein paar Bilder von türkischen Schreckschusswaffen im Netz auftauchten, kam zwar die leise Hoffnung auf, solche Waffen und damit mehr Vielfalt eines Tages auch auf dem deutschen SSW-Markt zu haben, doch die Erfahrungen mit anderen Herstellern und den (angeblich) immer wieder geplatzten PTB-Zulassungen, ließen die Hoffnungen schnell dahin scheiden.
    Zumal die Türkei hierzulande nicht gerade mit Ingenieurskunst oder gar Waffentechnik in Beziehung gebracht wurde. Was sollte man da erwarten dürfen oder gar müssen? Die Unterbietung des Niveaus italienischer Fabrikate?
    Doch allen Vorurteilen zum Trotz, haben sich türkische Waffen Stück für Stück ihr Marktsegment erkämpft – ob als Druckluftwaffen oder im SSW-Bereich.


    Das hier vorgestellte Modell, die ZORAKI 914 wurde bereits – mit und ohne PTB – von anderen Usern auf Herz und Nieren geprüft und dabei Belastungstests mit 1.000 Schuss und mehr unterzogen. Ich kann mir und meiner Waffe diesen Stress ersparen und verweise darum auf die anderen Tests und Videos. Nachfolgend darum "nur" mein persönlicher Eindruck zu der Waffe "out of the box", mit einigen Fotos und Detailaufnahmen.

    Technische Daten
    Hersteller: ATAK Arms, Türkei
    Importeur und PTB-Antragsteller: ESC GmbH
    Modell: Zoraki MOD 914
    Kaliber: 9mm P.A.K.
    Gewicht: ca. 700g
    Länge: 154mm
    Höhe: 121mm
    Breite: 36mm
    Kapazität: 14+1 Schuss (optional: 25er Magazin)
    :ptb: Nummer: 922


    Ausführung SATINA
    Entschieden habe ich mich für die ZORAKI 914 in der Ausführung "SATINA", was bei anderen Herstellern "matt vernickelt" entspricht. Auch wenn ich nicht so ein Freund von Glitzer-Waffen bin, so hat die veredelte Oberfläche gegenüber "brüniert" den Vorteil, resistent gegen Handschweiß zu sein und die Waffe lässt sich auch leichter reinigen.


    Bestellung, Zahlungsmethoden und Lieferung
    Bestellt hatte ich die Waffe bei SW Schneider, weil mir die anderen Zahlungsmethoden der ESC-nahen Shops mit KLARNA & Co. nicht zusagten.
    Am späten Abend (Mittwoch) bestellt, wurde die Ware – samt der mitbestellten 10 Pfefferpatronen – am übernächsten Tag (Freitag) mit DPD als Gefahrgut (Klasse 1.4) geliefert. Meine Nachbarn übergaben mir das von ihnen angenommene Paket auch mit spitzen Fingern. ;)


    Verpackung und Ausstattung
    Geliefert wurde meine Waffe in einem der üblichen Plastikkoffer, wie man sie auch von anderen Anbietern seit Jahren kennt.

    Der vermutlich ab Werk aufgebrachte Aufkleber wurde zum Teil noch mal mit einem Aufkleber und der Aufschrift "Z510020 – Zoraki 914 satina – 9mm P.A.K." überklebt.

    Im Inneren dann die Waffe in einer bläulichen Plastiktüte; 15mm-Abschussbecher und Bürste, sowie die Bedienungsanleitung lose daneben.


    Die Waffe – erster Eindruck
    Die Waffe fässt sich schon mal gut an und liegt ordentlich in der Hand. Mit Handschuhgröße 8,5-9,0 hat man jedenfalls nicht das Gefühl, ein Spielzeug in Händen zu halten. Durch die kurze Bauweise ist die Waffe nicht allzu vorderlastig – mit vollem Magazin schon gar nicht. Auch wenn dieses Modell über kein konkretes Vorbild verfügt, wirkt das Design auf mich ansprechend.

    Es wackelt und klappert nichts. Auch die Bedienelemente (Sicherung, Schlittenfang und Magazinhalteknopf) sitzen fest und machen einen stabilen und vertrauenserweckenden Eindruck. Selbst beim Sicherungsflügel aus Kunststoff rasten die zwei Stellungen sauber ein.
    Die Waffe ist ordentlich vernickelt, da gibt es nichts zu bemängeln. Dennoch gibt es ein paar kleinere Stellen, wo die Gussnähte noch sichtbar sind (z.B. am Korn) und einfach übertüncht wurden. Das hätte man sicher besser machen können.


    Technik und Funktion
    Die Waffe ist eine Selbstladepistole mit Double-Action-Abzug. Das heißt: die Waffe kann auch auch ohne vorgespannten Hahn gespannt und abgefeuert werden (vorspannen geht natürlich auch).
    Des Weiteren verfügt die Waffe über eine Sicherheitsrast/ Fallsicherung. Somit kann auch bei einem Schlag auf den Hahn der Schlagbolzen nicht abgeschlagen und damit die Patrone nicht gezündet werden. DA-Modus und Sicherheitsrast erlauben damit das sichere Führen auch einer fertig geladenen Waffe (zum Beispiel zum Selbstschutz).


    Sicherung
    Die Waffe lässt sich über den auf der linken Seite (somit für Rechtshänder erreichbaren) Schwenkhebel sichern. Die Sicherung setzt die Abzugsstange außer Gefecht, wobei die Hahnposition beibehalten wird – der Hahn wird dadurch nicht entspannt oder in die Sicherheitsrast gelegt.


    Schlittenfang
    Der Schlittenfang befindet sich ebenfalls auf der linken Seite. Er erfüllt neben dem Festhalten des Schlittens auf die Funktion als Zerlegehebel.


    Griffstück/ Griffschale
    Die einteilige Griffschale umkleidet nicht nur das Griffstück, sondern verlängert es auch um ca. 18mm nach unten. Dabei ist die Wandung 2-3mm dick und scheint auch aus jener Art Kunststoff gefertigt zu sein, aus der sonst ganze Griffstücke hergestellte werden. Auf jeder Seite ist die Griffschale zudem durch zwei Schrauben fixiert. Da wackelt und klappert nichts. Und man hat auch nicht den Eindruck, dass eine Vierteldrehung zu viel gleich die Griffschale(n) sprengen würde.


    Magazinhalteknopf
    In Verlängerung des Abzugsbügels sitzt der Magazinhalteknopf aus Kunststoff. Eine stramme Feder hält ihn gut gespannt; zudem ist der Halteknopf durch die Daumenauflage der Griffschalenform gut vor ungewünschter Betätigung geschützt. Beim Einführen des Magazins rastet der Knopf gut hörbar ein.


    Das Magazin
    Passend zum Produktcode der Waffe (Kaliber in mm + Anzahl der Patronen im Magazin = 914), fässt das Magazin 14 Kartuschen im Kaliber 9mm P.A.K.
    Das Magazin ist aus Stahlblech, der Zubringer, wie auch der Magazinschuh sind aus Kunststoff.
    Ich habe noch nicht die volle Magazinkapazität ausgereizt, aber 11 Patronen lassen sich ganz bequem laden. Für den großen Silvesterspaß sind auch 25er Magazine verwendbar (angeblich auch die von EKOL).


    Auszieher
    Die Auszieherkralle ist aus Stahl und befindet sich mittig oben im Schlitten. Und wird von einem Bolzen in der Visierschiene gehalten. Ist die Waffe entladen, bzw. nur teilgeladen, versinkt der Auszieher in Richtung Patronenlager und steht dafür hinten ein wenig hoch. Ist die Waffe jedoch fertig geladen und im Patronenlager befindet sich eine Patrone und der Auszieher krallt sich in die Nut, dann versinkt der Auszieher hinten und steht vorne am Patronenlager gut fühlbar ca. 1mm hoch. Ein vermutlich nicht geplanter Gimmick – aber so kann der Auszieher auch als Ladestandsanzeiger bei Dunkelheit genutzt werden.


    Ausstoßer
    Der Ausstoßer ist ebenfalls aus Stahl und befindet sich hinten links, wodurch die Patronenhülsen – im Zusammenspiel mit dem Auszieher – nach rechts ausgeworfen werden.


    Der Hahn und die Aufschlagfläche
    Der Hahn ist aus Guss, aber hat mittig eine Stahleinlage. Der Hahnsporn ist walzenförmig mit Checkering und Lochung.
    Die Fläche die den Schlagbolzen festhält und umgibt („Schlagbolzenhalter“) ist aus Guss und auch bei der vernickelten Version ist dieses Teil brüniert.


    Abzug
    Der Abzug ist aus Guss, die Abzugseinheit selber scheint in Kunststoff eingebettet zu sein.
    Das Abzugsgewicht ist sicherlich nicht (schieß-)sportlich, aber im annehmbaren Bereich.


    Lauf und Laufsperren
    Die von mir hier vorgestellte Waffe besitzt zwei Laufsperren, die hintereinander und senkrecht zueinander angebracht sind. Somit schaut man im Lauf auf ein „Kreuz“, dass genügend Platz bietet für die abgebrannte Zellulose (und auch mögliche Reizstoffe), aber eben auch der Reinigung mit Pfeifenreinigern entgegenkommt.

    Der Lauf ist links und rechts des Patronenlagers durch eine Nut geschwächt, wobei dies bei zusammen gesetzter Waffe nur im tiefer liegenden Schlittenausschnitt (rechts) auffällt.


    Zerlegen – Zusammensetzen
    Wie bereits erwähnt, dient der Schlittenfang gleichzeitig als Zerlegehebel. Um diesen heraus ziehen zu können, muss der Schlitten ca. 3-4mm nach hinten gezogen werden, damit sich die genügend große Öffnung zwischen Griffstück und Verschluss zeigt.

    Das ist ein wenig fummelig. Hier hilft ein beispielsweise ein kleines Holzstück (z.B. der Stiel vom Speiseeis), um den Schlitten in der richtigen Position zu halten.

    Dann lässt sich der Verschlussfang-Montaghebel ganz leicht heraus ziehen.
    Die Waffe wird dann zerlegt in Griffstück, Hebel, Feder und Federführungsstange sowie dem „Stoßminderer am Schlitten“ (1MT 150), welcher Feder und Führungsstange aufnimmt.


    Der Stoßminderer hat am Ende einen kleinen Gummiring. Man mag zwar kaum glauben, dass der viel bewirkt, aber in einem der 1000-Schuss-Videos hatte der danach seine Schuldigkeit getan und war hinüber. Scheint also doch nicht unwichtig zu sein und gerade die "schießwütigen Silvesterschützen" sollten dieses Teil von Zeit zu Zeit auf Verschleiß überprüfen.

    Das Zusammensetzen erfolgt in umgekehrter Reihenfolge. Auch hier ist es hilfreich, den Schlitten durch einen "Keil" in Position zu halten und so den Hebel wieder einzusetzen.


    Schießen
    Merkwürdig finde ich, dass zwischen Schlitten und Lauf ein kleiner Spalt vorhanden ist, wenn die Waffe fertig geladen ist. Das mag am zu dicken Patronenboden liegen oder daran, dass das Patronenlager nicht tief genug reicht. Dennoch zündet die Patrone problemlos, die Hülse wird sauber ausgeworfen und der Schlitten repetiert anstandslos. Weitere Tests werde ich spätestens Silvester anstellen.


    15mm Pyrotechnik
    Für das Verschießen von pyrotechnischen Erzeugnissen liegt ein Becher (in der Anleitung "Leuchtgeschoss-Apparat" genannt) mit zur Waffe gehörigen PTB-Nummer bei. In diesem Fall scheint der Becher verchromt (und nicht vernickelt) zu sein. Der Becher hat den bei 9mm typischen Mündungsfeuerdämpfer mit zwei ca. 6mm großen Bohrungen zur Seite und einer nur 1,5-2mm großen Durchtrittsöffnung.


    Nummern, Namen, Stempel und Beschusszeichen
    Auf der linken Seite der Waffe befindet sich auf dem Schlitten der Waffenname; darunter auf dem Griffstück die Seriennummer – beides eingelasert.

    Auf der rechten Seite befinden sich am vorderen Teil der Waffe die Herstellerangaben und der Name des Importeurs – ebenfalls eingelasert.
    Oberhalb des Abzugbügels sind die Zeichen „DE“, das Beschusszeichen für Normalbeschuss (Adler mit N), das Zeichen des Beschussamtes Ulm (Wappen mit Bayerischen Rauten), sowie das Jahreskürzel „BD“ (B=1, D=3 -> 2013).

    Hinter dem Patronenlager befindet sich auf der rechten Seite des Schlittens die eingelaserte PTB-Nummer (922), sowie ein weiterer Stempel für den Normalbeschuss.

    Unter der Griffschale findet man im Metall des Griffstücks der linken Seite noch die Prägung des Herstellungsmonats und Jahrs (hier: 05/2013). Ich vermute, diese Angabe wiederholt sich auch in den ersten Ziffern der Seriennummer.


    Reinigung
    Der Waffe liegt eine typische Schlauch-/ Flaschenbürste vor, die bestenfalls zum Reinigen des Patronenlagers reicht. Wer die Waffe öfter und ordentlich sauber machen möchte, sollte sich ohnehin zusätzliche Reinigungsmittel (Pfeifenreiniger, Wattestäbchen, usw.) besorgen.


    Holster für die Zoraki 914 (nicht im Lieferumfang enthalten)
    Da die Zoraki 914 keinem konkreten Vorbild entspricht, gibt es auch keine auf Anhieb passenden Holster. Ich habe mich darum bei SWS erst einmal für ein einfaches Pancake-Holster der Marke "AKAR" - ebenfalls aus türkischer Produktion entschieden.
    Für weniger als zehn Euro macht es einen ganz ordentlichen Eindruck. Die erste Wanderung über Stock und Stein haben Träger, Waffe, als auch Holster problemlos überstanden.

    Das Holster ist in der Größe "Medium" (für mittlere Pistolen) und besteht aus einer Art Cordura Nylon, darunter Moosgummi und ein Kern aus steifem Kunststoff. Durch die verstellbaren Klettriegel kann es links oder rechts getragen werden und für verschiedene Waffen angepasst werden.
    P.S.: Der User 'RLP' hatte sich mal bei Sickinger ein passendes Formholster aus Leder anfertigen lassen (ergo müsste das Holster reproduzierbar sein), ein Preis ist mir dafür jedoch nicht bekannt.


    Fazit
    Der deutsche Importeur und Antragsteller für die PTB-Zulassung, die ESC GmbH, hat mit ATAK Arms offenbar nicht den schlechtesten Hersteller erwischt. Die Marke/ Produktlinie ZORAKI ist in den PTB-freien Ländern wie Ungarn oder Österreich schon länger bekannt und hat da auch die ersten Anhänger, die auch schon die anderen ZORAKI-Modelle (z.B. 906, 917 und 918 ) bereits nutzen dürfen.
    Die ZORAKI 914 ist eine ordentlich gefertigte Schreckschusswaffe, die mit deutschen Fabrikaten aktueller Fertigung durchaus mithalten kann. Mit vielen Stahlteilen, einer hohen Magazinkapazität, sowie einem Preis von deutlich unter 150 EUR dürfte dieses Modell einige der hiesigen Hersteller und Händler ins Grübeln bringen.


    Weitere Bilder der Waffe (auch in höherer Auflösung) findet Ihr hier:
    http://www.abload.de/gallery.php?key=jJuFKBVx

    Fördermitglied des VDB.

    3 Mal editiert, zuletzt von 5-atü (25. März 2014 um 08:13)