Anschütz Match 220: der ominöse Prototyp

Es gibt 18 Antworten in diesem Thema, welches 8.194 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (3. April 2018 um 00:20) ist von Airror.

  • Im CO2air-Lexikon wird das Anschütz Match 220 als erstes Prellschlag gedämpftes Match-Luftgewehr beschrieben, mit dem 1966 auch die Weltmeisterschaft gewonnen wurde. Allerdings besteht in der Literatur Uneinigkeit über die Anzahl der produzierten Exemplare: es gibt Quellen, die davon ausgehen, dass nur Prototypen produziert worden sind, während andere vermuten, dass etwa 11.000 Exemplare hergestellt worden sind.
    Mein erstes Luftgewehr kaufte ich gebraucht vor etwa 35 Jahren: es war zufällig ein Anschütz Match-Luftgewehr, leider optisch etwas heruntergekommen, aber es schoss sehr gut, bis es nach einigen Jahren seinen Geist aufgab. Leider baute es dann einen Druck mehr auf. Danach geriet es in Vergessenheit, bis ich mich vor einigen Jahren wieder mehr mit LG's beschäftigte. Zu dieser Zeit fand ich leider keinen Büchsenmacher, der es reparieren wollte und es gab wohl auch keine Ersatzteile mehr. Aus diesem Grund ersteigerte ich kürzlich ein sehr gut erhaltenes Anschütz Match 220, das auf den ersten Blick genauso aussah wie mein altes.


    Als ich mir die beiden LG's genauer betrachtete, fielen mir einige Unterschiede auf:
    1. Auf der Systemhülse des "neuen" LG ist ein Anchütz-Logo und der Schriftzug "Match Mod. 220" eingraviert, während sich bei dem "alten" an derselben Stelle keine Inschrift befindet (s. Foto 1).
    2. Die Aufnahmen für den Korntunnel unterscheiden sich (siehe Fotos 2 und 3).
    3. Die Mündungen sind unterschiedlich, was auch auf unterschiedliche Laufausführungen schliessen läßt (siehe Fotos 4 und 5).

    Es gibt also anscheinend sowohl Prototypen als auch Serienmodelle.

    Bei genauem Hinsehen entspricht mein "altes" Anschütz dem LG, mit dem Gerhard Kümmet im Lexion abgebildet ist.
    Daraus schließe ich, dass dies ein Prototyp ist. Mein "neues" Anschütz Match 220 ist wohl eine Serienausführung.

    Ich würde mich sehr freuen, wenn Ihr meine Vermutung bestätigen oder widerlegen könntet.

  • Zum Prototyp weiß ich auch nix. Beeman nennt im aktuellen Blue-Book allerdings auch die Zahl 11.000 (Baujahre von 1959 - 1967) , die er vermutlich von John Walter hat.

    Bei den Ersatzteillisten gibts eine 1966er und eine 1975er Version: Link

    Wenn die ältere eine Seriennummer hat, kann Anschütz sie vielleicht zuordnen.

    €: Das hier ist angeblich die zugehörige Patentschrift: Link
    Andreas

    Einmal editiert, zuletzt von gilmore (15. November 2013 um 23:28)

  • Ich habe welche von beiden Typen und soviel Prototypen gibt es nicht.
    Kümmet mag damals mit einem Prototypen geschossen haben. Deshalb sind
    aber baugleiche Exemplare aus der Serie keine Prototypen mehr. Wir haben hier
    schonmal vor vielen Jahren eine Seriennummerabfrage gemacht, und dabei
    festgestellt, das wohl weit mehr als 11000 Anschütz 220 gefertigt wurden.

    Gruß Klaus

  • Fest steht wohl:
    1. Es gibt vom Anschütz Match 220 (mindestens) zwei unterschiedliche Typen.
    2. Den jeweiligen Typen sind keine speziellen Nummernserien vorbehalten. Die Seriennummern gehen kunterbunt durcheinander.
    3. Kümmet hat mit dem am frühesten hergestellten (also dem ältesten) Typ geschossen.
    4. Dieser (älteste) Typ muß der sogenannte "Prototyp" sein. Dafür spricht auch, dass er keine Modellbezeichnung hat.
    5. Er wurde wohl von Anschütz während eines relativ kurzen Zeitraums und daher also in einer geringen Anzahl hergestellt, bis es die Patentstreitigkeiten gab.
    6. Um diese zu umgehen, hat Anschütz wohl den zweiten Typ aufgelegt und dann in größerer Menge über einen längeren Zeitraum produziert.

    Haltet Ihr diese Schlussfolgerungen für plausibel?


    Ich sehe mich bisher handwerklich nicht dazu in der Lage, die Luftgewehre auseinander zu bauen. Deshalb kann ich leider nicht feststellen, ob es Unterschiede im Innenleben der beiden Typen gibt.

    Ante Romam Treveris stetit annis mille trecentis. Perstet et aeterna pace fruatur. AMEN!
    Vor Rom stand T r i e r dreizehnhundert Jahre. Möge es weiterbestehen und sich ewigen Friedens erfeuen! Amen !

  • Ich sehe mich bisher handwerklich nicht dazu in der Lage, die Luftgewehre auseinander zu bauen. Deshalb kann ich leider nicht feststellen, ob es Unterschiede im Innenleben der beiden Typen gibt.

    Das würde ich als gut gemeinten Wink des Schicksals ansehen... wenn man sich damit nicht auskennt, kann man böse Probleme erleben.

    Im übrigen fällt mir gerade ein, dass über all die Jahre (ich war ja schreibenderweise auch mehrfach daran beteiligt) niemand den sicher einfachsten Weg gegangen ist - Gerhard Kümmet zu befragen. Der hat seine Büchsenmacherfirma in Kronach zwar seinem Sohn Matthias übergeben, er selbst sah aber beim letzten Mal, als ich ihn traf, noch recht fit aus. Nun bitte nicht alle dort anrufen, aber eine höfliche schriftliche Anfrage ginge zunächst vielleicht (Vermutung).
    http://www.kuemmet.de/wir_geschichte.asp

    Bei Anschütz ist nach dem Ausscheiden des Betriebsleiters Hoffmann und von Dieter Anschütz kein direkter Zeitzeuge mehr dabei.


    Ich bin der Keith Richards dieses Forums und immer noch hier...

  • Auch wenn das Thema nun schon ein paar Jahre mehr auf dem Buckel hat hab ich dazu dennoch ein paar Fragen. Ich selbst habe eine Modell 220 aus einem Verein vor der Verschrottung gerettet (stand zusammen mit einer alten Diana 60 und einer halben LGR in der "bitte verschrotten" Ecke). Nach etwas Pflege von aussen trat der Wunsch auf die wieder zur alten Schönheit aufzuarbeiten. Nachdem ich allerdings gelesen hatte was ich da überhaupt habe ging erstmal die Suche nach genauen Infos los.

    Daher die Frage: Gibt es mittlerweile mehr Informationen dazu? Die Variante die ich zuhause habe hat noch nicht das F im Fünfeck (was gegen die 1975er Theorie spricht). Bei Anschütz hab ich bisher noch nicht weiter nach gefragt - zumindest nicht nach der Seriennummer. Ersatzteile dafür sind seitens Anschütz nicht mehr vorhanden und waren auch nur recht kurz verfügbar.

    Ohne das System zumindest mal zu öffnen und vorher zu schauen ob was gravierendes defekt ist will ich die alte Dame ungern auf dem Stand ausprobieren. Auf muzzle gibt es ja eine Kopie des Handbuches wo beschrieben steht wie das System geöffnet wird. Hat das schon mal jemand versucht?

    Schönes Wochenende

  • Hi Berti, witzig diese Welt. Bin in genau der selben Situation wie du, habe vor einigen Tagen ein 220 des Vereins vor der Schrottpresse gerettet und möchte es jetzt aufarbeiten ;)

    Es hat relativ problemlos geschossen, allerdings alle sichtbaren Flächen mit Flugrost bezogen und der Schaft extrem unschön.

    Habe jetzt mal angefangen den Schaft aufzuarbeiten und das System zerlegt. Dem Flugrost bin ich mit Elektrolyse entrostung ganz gut bei gekommen. eigentlich könnte ich es jetzt ölen und wieder zusammen bauen, man sieht den Rost nur noch als Matte stellen in der Brünierung. Ich werde aber wohl mal bei den Bümas der UMgebung anfragen was sie fürs Brünieren wollen, dann würde ich das System komplett polieren und neu Brünieren.

    Bei der Demontage fand ich eine gebrochene Feder (Es passt wohl die des Tell220) sowie einen fehlenden Puffer. Außerdem ist eine Der Führungsschrauben des Zylinders ziemlich vermurkst, vielleicht finde ich da eine neue, ansonsten muss ich das Gewinde nachschneiden und selbst eine drehen.


    Mein Modell hat übrigens die Seriennummer 24998 was die 11.000 Theorie wohl schon mal wiederlegt, sofern nicht bei 14.000 angefangen wurde.


    Das System öffnen ist ein Traum. Selten ein Luftgewehr gehabt dass sich so gut öffnen lässt. Anschütz denkt da wirklich mit. Einzig diese Führungsschraube (Teile Nummer 3 in der Explosionszeichnung) ist blöd da man einen winzigen Stiftschlüssel bräuchte um sie zu öffnen. Meine ging nur durch Aufschweißen einer Schraube auf..

    Ansonsten schau dir das System einfach an, ist eigentlich selbst erklären. Das einzige was verwirrend ist die Befestigung der Zylinderrasteinheit (die verhindert dass er i halb gespanntem Zustand nach vorne schnellt). Dort sind von außen Muttern drauf, diese Kontern aber nur die Schlitzschrauben welche von innen geschraubt sind. Also bitte nicht die Muttern lösen und versuchen die Rasteinheit abzuhebeln!

  • Über das Anschütz 220 wird viel berichtet, leider fast nur Mutmaßungen.
    Leider muß ich mich an diesen Mutmaßungen beteiligen, kann aber einige widerlegen.

    Wenn die Typenbezeichnung 220 fehlt, ist es KEIN Prototyp! Mit 220 Ausrufezeichen.!!
    Einige spätere 220 hatten keine Typenbezeichnung mehr.
    Angeblich weil das Gewehr gegen geltende Patentbestimmungen verstoßen hat, Anschütz aber
    weiter welche verkaufen wollte.

    Nochmal: Wenn das 220 fehlt, ist es ein Serienmodell.

    Die allerersten 220 hatten einen anderen, dickeren Schaft.
    Von Anfang an war der Schaft nur geölt. Eventuell gibt es auch lackierte Schäfte, aber meist
    war das eine Auftragsarbeit an den Büchsenmacher.

    Ansonsten sind die Gewehre wild durcheinandergewürfelt was die Seriennummer angeht.
    Ich habe sehr späte Modelle mit frühem Schaft und Lauf und früher Nummer und umgekehrt.
    Die Schäfte unterscheiden sich sowieso fast alle.
    Jetzt kommt bestimmt einer der sagt, ja, da hat wohl jemand im Verein oder bei einer Reparatur
    nicht aufgepasst. Nein, man kann die Schäfte auch tatsächlich falsch zuordnen, aber dafür
    habe ich bisher kein Beispiel gefunden.

    Ansonsten ist das 220 überragend gut verarbeitet, bei katatsrophaler Endkontrolle.
    So mies zusammengeschweisste Waffen mit schief eingepasstem Lauf und und und und
    habe ich nie für möglich gehalten.
    Scheinbar hatten die fürs Schweißen keine Lehren.

    Die Reparatur der einen Variante der Kolbendichtungen ist scheinbar nicht mehr möglich.
    Trotzdem ist das 220 für mich neben dem FWB 300 das mit dem größten Fanfaktor.
    Oder sogar Funfaktor.
    Muss man einfach haben! Ein absolutes Traumgewehr.

    Einmal editiert, zuletzt von Büroklammer (5. Juni 2017 um 13:09)

  • Hab jetzt grad keine da. Aber das "Match Mod 220" fehlt bei einigen.
    Darum wurde immer wieder gemutmaßt es handele sich dann um einen frühen Prototyp.
    In einem amerikanischen Forum gibt es aber glaube ich mehr Infos über die Seriennummern.
    Kann auch sein daß hier mal was gestanden hat.

    Ich sitze hier an einem katastrophalen Laptop bei dem ich ständig korrigieren muß wenn ich etwas schreibe.
    Vielleicht schreibe ich später mal etwas mehr über das 220.

  • Würde mich auf jedenfall freuen. Ist gar nicht so einfach Infos über das Gewehr zu finden. Ersatzteile scheinen noch schwerer zu finden zu sein. Meine Dichtungen sehen zum Glück noch gut aus ;)

  • Ahhhhh ja:
    Ich hab hier ein Buch bekommen "Anschütz Büchsenmacher seit Jahrhunderten" darin steht Zitat:

    Das erste Anschütz-Match-Luftgewehr, das federbetriebene Modell 220 mit feststehendem Lauf und seitlichem Spannhebel, hatte die konstruktive Besonderheit zweier sich gegenläufig bewegender Kolben, die eine rückstoßfreie Schussabgabe ermöglichten. Im Juni 1962 konnten die ersten Match-Luftgewehre ausgeliefert werden. 1965 wurde das Modell 220 weiter optimiert und erprobt. Die Prototypen meisterten ihre erste Bewährungsprobe im Jahr 1966 anlässlich der ersten überhaupt stattfindenden Weltmeisterschaft im Luftgewehrschieße in Wiesbaden. Gerd Kümmet, ein junger deutscher Büchsenmacher aus Kronach, gewann mit einem dieser Prototypen die Goldmedaillie im Stechen gegen den Schweizer Spitzenschützen August Hollenstein, der mit dem baugleichen Anschütz Luftgewehr antrat und mit der Silbermedaille vorliebnehmen musste.


    Nach dem überwältigenden Erfolg in Wiesbaden ging dieses Luftgewehr in Serienproduktion und wurde 1968 ALS MODELL 250 AM MARKT eingeführt.


    Also war die 220 nicht unbedingt mehr als Prototyp als viel mehr die "Vorserie" für das 250.

  • So Nase voll und Anfrage bei Anschütz gestellt:

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    im Vorfeld vielen Dank noch einmal für die tolle Arbeit die die Firma Anschütz für uns Sportzschützen leistet (ich liebe meine 9015).

    Ich habe eine etwas ungewöhnliche Anfrage zum "Erlkönig" dem Modell 220. Im Internet ranken sich eine Menge Gerüchte zu der alten Dame. Laut dem Fachbuch "Anschütz Büchsenmacher seit Jahrhunderten" handelte es sich bei der 220 um die Vorstufe zur 250. Dabei wurde die 220 als Prototyp verwendet. Es finden sich unterschiedliche Angaben wie viele davon überhaupt gebaut wurden. Könnten Sie da genauere Zahlen dazu nennen? Ich habe die Seriennummer: 24189 hier stehen und frage mich die ganze Zeit wann das Gewehr gebaut worden ist. Gibt es noch einen Bauplan der das Innenleben der 220 zeigt anhand dessen man in der Lage ist das Gewehr zu zerlegen und ggf. selbst zu warten (Dichtungen, Federn, Kolben usw,)?

    Wie schaut es mit der Ersatzteilversorgung aus? Ist es überhaupt noch möglich Teile zu bekommen? Ist eine Instandsetzung im Hause Anschütz möglich und wenn ja was würde die Überholung kosten?

    Vielen Dank im Vorraus und schöne Grüße aus Niedersachsen.

    R. Berthold


    Erst etwas Hönig um den Mund schmieren und dann höflich fragen ;)

  • Moin,

    meine Anschütz 220 hat die Seriennr. 25894, hat einen gelackten Schaft ( Original ), die Aufschrift Anschütz-Match Modell 220.
    Die hab ich schon seit etwa 19 67 , da war sie schon leicht gebraucht. Schiesst auch heute noch eingespannt Loch in Loch auf 10m.
    Meine hat allerdings im Gegensatz zum vorstehenden Foto einen eckigen schrägen Vorderschaftabschluß und nicht den runden.
    Wurde Anfang der 90-jahre zu Anschütz zur Rep. eingeschickt, da die Dichtung völlig defekt war. Sonst nie Probleme damit gehabt.

  • Bei meiner steht ebenfalls Anschütz Match Modell 220 drauf. Der Schaft hat das original Finish und der Vorderschaft nicht bearbeitet worden, er ist also original so schön rund, ich habe noch nie einen Schaft gesehen der so rund aussah wie meiner

  • Ich habe die 42662 im Besitz. Es steht nur "J.G. Anschütz GmbH Waffenfabrik Ulm/D. Germany" auf dem Lauf. Es handelt sich um eine Linksversion. Linksschaft, Spannhebel links - und die Feststellschrauben am Diopter sind rechts!

    Leider hat sie das Problem, das mitunter statt einem Schuss nur ein "klick" ausgelöst wird, wenn man den Abzug betätigt. Man muss dann teils mehrmals den Spannhebel betätigen, bis sich ein schuss löst. Deswegen ist sie erstmal eingemottet bis Ich Zeit habe sie zu zerlegen.