Barnett Trident (Baujahr Mitte 80)

  • .Ich würde mich zwar selber weder als Waffennarr noch als Sammler bezeichnen, aber einmal mit dem Thema beschäftigt, ließ es mich nicht mehr los.

    Ich hatte etwas Geld in der Tasche und vor allem Zeit, mich zunächst mit den Grundlagen zu beschäftigen: Was ist erlaubt und wo, womit und unter welchen Voraussetzungen darf man schießen? Mein Platzangebot ist beschränkt und ein Schießsportverein kommt für mich nicht in Frage. Einige Freunde haben zwar eine Datsche, aber zum einen ist dort die Sicherheit nicht gegeben, nicht doch jemanden aus Versehen zu verletzen, zum anderen habe ich keine Lust, erwähnte Freunde in Konflikt mit den Nutzern der jeweiligen Nebengrundstücke zu bringen, und, last, but not least, Schießsport in einer Berliner Kleingartenkolonie - die Reaktionen kann man sich ausmalen (entweder schießen alle, oder gar keiner).

    Bleibt nur noch die Wohnung, die über ein potentielles Schussfeld von ca. acht Metern verfügt.
    Aber womit wollte ich eigentlich schießen?

    Zwangsläufig stieß ich mit meinen Fragen auf CO2air, hier wurde freundlich uns sachkundig und ohne Überheblichkeit auch auf die Greenhorns unter den Waffennutzern oder solchen, die es werden wollten, reagiert. Hier fühlte ich mich richtig.

    Eine Armbrustpistole sollte es also sein und nach einigem Stöbern in den hier geposteten Kommentaren fiel meine Wahl auf die Barnett Trident, sicherlich auch aufgrund des Umstandes, dass die Tridents nicht wie die schönen Mädchen aus Sachsen auf den auf den Bäumen wachsen, man dieses Ding also nicht einfach im Internet bestellen kann, sondern der Erwerb ein gewisses Bemühen voraussetzt.

    Bei egun erhielt ich den Zuschlag für ein etwas ausgefranstes Modell für 26 Euro im klaren Bewusstsein, dass die Trident etwa 30 Jahre auf dem Buckel hatte und womöglich etwas nicht in Ordnung sein könnte.

    Aber was kann an einer Trident schon kaputtgehen? Richtig. Der Bogen und die Sehne.

    Offeriert wurde das Schätzchen als voll funktionstüchtig und die Abbildung zeigte das Schmuckstück in gespanntem Zustand.

    Die Trident kam, sah super aus, lag solide in der Hand, jetzt musste sie nur noch schießen, dachte ich und spannte den Bogen mit beträchtlicher Kraft, da kein entsprechender Bügel mitgeliefert wurde.

    Die Trident war also gespannt, gab aber verdächtige Geräusche von sich, die mich davon abhielten, einen Pfeil einzulegen. Misstrauisch schlich ich um die Handwaffe herum, die ächzte und stöhnte wie altes Gebälk und es dauerte keine Minute, bis der Bogen brach.

    Ärgerlich aber gut ,dass es jetzt passiert ist und nicht, wenn ein Pfeil aufliegt. Wer weiß wohin das Ding geflogen wäre.

    Ein neuer Bogen musste her, aber welcher? Nach stundenlangem Surfen griff ich auf einen Universalbogen für "alle gängigen Armbrustpistolen" zurück, laut Händer für Barnett Commando, Cobra I. und Cobra II sowie Mini Cross (alle 80 lbs) . Preis: 15,90 €.

    P.S. Bei meinen Recherchen habe ich übrigens einen Büchsenmacher bzw. Waffenhändler in Great Britain ausgemacht, der sowohl die Barnett Commando als auch die Barnett Trident (Modell II) anbietet. Ob es sich um Restbestände oder um Nachbauten unter Lizenz handelt, kann ich allerdings nicht sagen. Die Crossbows liegen im normalen Preisrahmen ( 60 Pfund, umgerechnet ca. 80 Euro), besonders Kommunikativ ist man dort allerdings nicht. Trotzdem schön, dass es so einen Laden noch gibt.

    Fünf Tage später

    Der Ersatzbogen mit der Aufschrift "Mini Cross" paßte wie angegossen. Das Aufziehen der Sehne bereitete mir einige Schwierigkeiten, die ich mittels eines einfachen Haushaltsstrickes als Ersatz für eine Aufziehsehne aber mit etwas Gefummele in den Griff bekommen habe. Inzwischen habe ich mir aber ein dünnes Stahlseil, Schrumpfschlauch und Drahtklemmen besorgt, um mir daraus eine "professionelle" Sehnenaufziehhilfe zu basteln.

    Die Bogenspannung scheint etwas stärker als mit dem Originalbogen, so dass ich mich, um überhaupt einen Schuss abfeuern zu können, um einen Spannbügelersatz kümmern musste, der sich im Werkzeugladen in Form einer Panzerkette und eines Karabinerhakens fand.

    Sieht nicht mal meschugge aus und funktioniert einwandfrei, zudem kann man die Kette beim Schießen mit dem Mittelfinger straff festhalten, was für zusätzliche Stabilität beim Zielen sorgt. Einen Tag später trudelten auch die Alupfeile und die Zielscheibenauflagen ein.

    Die Zwischenzeit nutzte ich, um mir eine Zielscheibe aus Materialien zu bauen, die ich im Keller gefunden habe.

    Nach einigen Experimenten bin ich zu folgender Schichtbauweise gelangt: Schaumstoff, Pappe, Styropor, Pappe, Schaumstoff Linoleum, [dicke "Presspappe", s. Update] Pappe, Linoleum, Styropor, Pappe, Linoleum. Die einzelnen Module zurechtgeschnitten und großflächig mit Paketklebeband fixiert. Mit der Konstruktion bin ich ganz zufrieden, vor allem, weil sie mich nur vier Euro für das Klebeband gekostet hat. Dicke der Zielscheibe: Elegante 13,5 cm, Höhe 50 cm, Breite 40 cm.

    Jetzt kam der große Moment des Erstschusses. Für mich der erste Schuss mit einer Armbrustpistole überhaupt. Von Schussbild will ich hier daher noch nicht sprechen. Die Pfeile werden von meiner Zielscheibe Eigenbau nach etwa sechs Zentimetern gestoppt, durchschlagen also auf etwa sieben Metern zwei Lagen Linoleum, drei Lagen Pappe und eine Styroporplatte. Wieviel lbs das sind, überlasse ich den Mathematikprofessoren unter uns. Vielleicht wurden die Bolzen mehr von den Federn gestoppt als vom Material der Zielscheibe.

    UPDATE
    Da meine erste Zielscheibenkonstruktion mir die Bolzenfedern
    versaut hat, habe ich in den Mittelteil ein altes Bild eingelegt, das
    mir freundlicherweise meine Nachbarin überlassen hat und das auf einer
    1cm dicken Presspappplatte (nennt man das so?) aufgetragen war. Das
    stoppt die Bolzen, bevor die Federn in den Schaumstoff eindringen. Der
    Rest der Konstruktion ist gleich geblieben.



    Verbessertes Zielscheibenmodell mit Schussbild mit zehn Pfeilen aus 7,5 Metern Entfernung, einhändig, ausgestreckter Arm.
    Ganz ordentlich für einen Anfänger und für Samstag früh um neun, was für die Präzision der Trident spricht.


    Technische Daten:

    Die Barnett wiegt ein gutes Kilo, ist 35 cm lang und 42 cm breit.

    Das Gehäuse ist aus Guss, die Pfeilschiene aus Aluminium, Griffe und Abzugshahn aus Plaste. Kimme Höhen- und Seitenverstellbar, Korn fest.

    Ob sie mit neuen Armbrustpistolen wie z.B. der Cobra Commando II was Fertigungsgenauigkeit, Schusspräzision und -Stärke mithalten kann, keine Ahnung, ist mir aber auch wurscht. Für meine Zwecke ist die Barnett Trident völlig ausreichend, zudem bedient sie mein Faible für geschichtsträchtige Gegenstände mit gewisser Exklusivität. Die Barnett ist etwa 30 Jahre alt und funktioniert. Ich bezweifle, dass man das in 30 Jahren von einem der heute handelsüblichen Modelle wird sagen können. Preislich lag sie in etwa gleich mit einer Cobra Commando II, also 26 Euro für die AB und 15 Euro für den neuen Bogen, dazu kamen noch 12 Euro Versand, macht summa summarum 50 Euro. Zur Präzision kann ich als Anfänger nicht allzuviel sagen. Die effektive Reichweite liegt schätzungsweise zwischen 10 und 15 Metern.

    Fazit: Sieh jut aus, liegt jut in der Hand, schießt. Was will man mehr? Bin mehr als zufrieden.

    Jaques Gustou aka Robert Weber, Juni 2012

    Nachtrag zur Zielscheibe: Also das von mir zunächst hier vorgestellte Eigenbaumodell taugt nicht viel Deutlich besser: Einen entsprechend großen Pappkarton (50 x 40 oder so) mit alten Klamotten ausstopfen und zukleben. Das bringts wirklich, die Pfeile werden absolut sicher gestopp, die Eindringtiefe beträgt etwa zwei bis drei cm, so dass die Federn keinen Schaden nehmen, das Styroporgedrösel fällt auf weg. Den Karton muss man natürlich ab und zu ersetzten oder man klebt einfach einen neuen Pappdeckel auf den zerschossenen. Und wer gerne eine duftende Zielscheibe mag, kann die Füllung ja gelegentlich in die Waschmaschine mit viel Weichspüler hauen 8)