Wie stark ist ein Bogen / eine Armbrust ? Wovon hängt es ab? Rechnerischer Ansatz

Es gibt 31 Antworten in diesem Thema, welches 33.055 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (14. März 2017 um 21:48) ist von Czecky.

  • Neulich habe ich mich mit einem Freund darüber unterhalten wovon es hauptsächlich abhängt wie "stark" eine Armbrust oder ein Bogen ist und welche Faktoren man ändern müsste um einen Bogen oder eine Armbrust noch "stärker" zu machen.

    Die Diskussion kam auf weil bei vielen Armbrüsten die man so kaufen kann der Wert der Zugkraft am meisten beworben wird obgleich die doch eigentlich garnicht alles ist habe ich mir sagen lassen. Viele Gute Compoundbögen mit gerade einmal 60 Lbs Zugkraft schaffen Pfeilgeschwindigkeiten um die 300 Fps und mehr.
    Das ist im Bereich von guten Armbrüsten obwohl diese deutlich mehr Zugkraft aufbringen.

    Also habe ich mir folgendes überlegt:

    Zugkraft einer Armbrust ist die Kraft (Formelzeichen der Kraft ist F) die man aufbringen muss um sie zu spannen.
    Bsp: 175 Lbs Zugkraft = 0,4536 Kg * 175 = 79.38 Kg
    Diese Kilogrammangabe ist allerdings noch keine Kraft.
    Ein Kilogramm entspricht in diesem Fall einer Kraft von 9.81 Newton.
    D.h. die Zugkraft dieser Armbrust würde 778,718 Newton betragen.

    Nach dieser Erklärung muss man sich jetzt fragen was man unter "Stärke einer Armbrust" versteht.
    Wir haben uns darauf geeinigt das die kinetische Energie des Pfeiles direkt nach dem Abschuss, in
    Folge als E0 bezeichnet, wohl das beste Maß hierfür ist.
    Man könnte auch einen möglichst hohen Impuls erreichen wollen oder eine möglichst große Pfeilgeschwindigkeit
    doch wir hielten die kinetische Energie für am aussagekräftigsten.

    Die Formel für die Berechnung der Kinetischen Energie lautet:

    E0 = 0,5 m * v^2
    m= steht für die Masse des Objektes von welchem man die kinetische Energie wissen möchte. In unserem Fall ist das der Pfeil.
    v= steht für die Geschwindigkeit des bewegten Objektes. Ebenfalls der Pfeil.
    Soweit steht also fest das für die Energie des Pfeiles lediglich dessen Masse und dessen Geschwindigkeit ausschlaggebend sind.
    Wobei die Masse deutlich weniger in Gewicht fällt als die Geschwindigkeit.

    Doch momentan nützt diese Erkenntnis noch reichlich wenig, schließlich müssen wir uns jetzt fragen wovon denn die Geschwindigkeit des Pfeils abhängt. Um das bestimmen zu können mussten wir ein paar Vereinfachungen anwenden. Ansonsten wäre das Problem über unsere mathematischen Fähigkeiten hinaus angewachsen.
    Ich werde das Problem jetzt ersteinmal schildern und dann, wenn ich zur Vereinfachung komme darauf aufmerksam machen.

    Vor dem Betätigen des Auslösers ruht der Pfeil. Danach soll er eine möglichst hohe Geschwindigkeit haben.
    Das heißt der Pfeil befindet sich zuerst im Anfangszustand v=0 und dann im Endzustand v=möglichst groß.
    Offensichtlich muss er zwischen diesen beiden Zuständen seine Geschwindigkeit ändern.
    Das physikalische Maß für die Geschwindigkeitsänderung ist die Beschleunigung mit dem Formelzeichen a.
    Die Formel die angibt wovon die Beschleunigung eines Körpers abhängt lautet:
    a= F/m
    Also die Kraft, die auf den beobachteten Körper wirkt geteilt durch seine Masse.
    Hier kommt nun die Vereinfachung ins Spiel. Um mit den Formeln für die gleichmäßig beschleunigte Bewegung rechnen zu dürfen muss
    eine gleichmäßige Beschleunigung vorliegen. D.h. die Kraft die auf den Pfeil wirkt muss ebenso wie seine Masse konstant sein damit die
    Beschleunigung konstant, oder anders gesagt gleichmäßig, ist.
    Der große Vorteil von Compoundsystemen liegt allerdings genau darin dass die Kraft die auf den Pfeil wirkt nicht zu jedem Zeitpunkt gleich groß ist sondern mit der Zeit zunimmt und ab einem gewissen Punkt auch wieder ab.
    Das bedeutet streng genommen gelten die Erkenntnisse welche aus dieser Rechnung folgen nur für einen perfekten Recurvebogen bei welchem die Zugkraft an jedem Punkt der Auszugslänge gleich groß ist.

    Fortsetzung folgt.

  • Bis jetzt wissen wir also das die kinetische Energie eines Pfeiles von dessen Masse und dessen Geschwindigkeit abhängt.
    Und dass für eine möglichst hohe Geschwindigkeit des Pfeiles die Beschleunigung während des Abschusses möglichst groß sein soll.

    Doch jetzt sollte man sich fragen wie man von einer "möglichst großen Beschleunigung" auf eine konkrete Geschwindigkeit des Pfeils kommt
    mit der man auch dessen Energie ausrechnen könnte. Hierfür bedient man die bereits erwähnten Formeln für die gleichmäßig beschleunigte Bewegung.
    Eine davon ermöglicht es z.B. die Geschwindigkeit einer Beschleunigten Masse nach der Beschleunigung auszurechnen:
    v = a * t
    v=Geschwindigkeit des beschleunigten Objekts nach der Beschleunigung
    a=Beschleunigung
    t= Dauer der Beschleunigung.

    Wir wissen von vorhin bereits dass die Beschleunigung sich mit a=F/m ausrechnen lässt.
    Man kann also schreiben:
    v = (F/m) * t
    Jetzt sind wir allerdings wieder an einem Punkt das uns genau eine Größe fehlt um eine konkrete Aussage machen zu können.
    Schließlich wissen wir nicht wie lange unser Pfeil von dem Bogen beschleunigt wird.

    Doch auch hierfür gibt es eine Formel für gleichmäßig beschleunigte Bewegungen:
    t = sqrt ( 2 * s ) / sqrt ( a )
    sqrt() ist die Wurzelfunktion die man auf dem Computer so am leichtesten schreiben kann.
    s= die länge der Strecke auf welcher das Objekt beschleunigt wird. In unserem Fall die Auszugslänge des Bogens.
    Denn sobald der Bogen in seinen unausgezogenen Zustand zurückgekehrt ist wird der Pfeil nichtmehr beschleunigt.
    Die Beschleunigung in der Wurzel kann wiederrum durch F/m ersetzt werden:
    t = sqrt ( 2 * s ) / sqrt ( F/m )

    Jetzt muss man nur noch die Formel für t in die Formel für v einsetzen. Das Ergebnis davon ist eine Formel welche die Pfeilgeschwindigkeit liefert während gleichzeitig nur bekannte Größen eingesetzt werden müssen. Nämlich:
    s= Auszugslänge
    m= Pfeilmasse
    F= Zugkraft (Wie man diese aus der Angabe in Pfund berechnet steht im ersten Beitrag)
    Allerdings haben wir dann erst die Pfeilgeschwindigkeit.
    Nun muss man noch die neu entstandene Formel für v in die Ausgangsformel für die kinetische Energie einsetzen.
    Die sieht dann folgendermaßen aus:
    E0 = 0,5 * m * ((F/m) * (sqrt ( 2 * s ) / sqrt ( F/m )))^2

    Dieses Konstrukt sieht nun allerdings schon ziemlich komplex aus, besonders auf dem Computer wenn man einfache Dinge wie die Wurzelfunktion nur umständlich schreiben kann.
    Daher spare ich mir ab jetzt weitere Umformungen und sage euch einfach dass sich die obenstehende Finale Formel für die kinetische Energie folgendermaßen umformen lässt:

    E0 = F * s

    E0=Kinetische Energie des Pfeils direkt nach dem Lösen von der Sehne
    F= Zugkraft des Bogens / der Armbrust
    s= Auszugslänge des Bogens / der Armbrust

    Interessanterweise kürzt sich die Masse des Pfeils komplett raus.
    Das bedeutet theoretisch ist die Masse des Pfeils für die kinetische Energie desselben absolut unerheblich.
    Der einzige Grund weshalb die Masse in der Realität doch eine Rolle spielt, ist weil der Wirkungsgrad des Bogens bei unterschiedlichen Massen unterschiedlich groß ist.
    Als Extrembeispiel kann hier genannt werden, dass bei einem Trockenschuss, also wenn die Masse des Pfeiles fast Null ist (Ein paar Milligramm Dreck hängen immer an der Sehne) so wenig Energie auf den Pfeil übertragen wird dass sich der Bogen mit der verbleibenden Energie selbst zerstört (Verformungsenergie).
    Der Wirkungsgrad des Bogens bei einem Trockenschuss ist also nahezu Null.
    Aus dieser Überlegung heraus geben Hersteller für ihre Bögen und Armbrüste auch immer empfohlenen Pfeilgewichte an.
    Bei diesen Gewichten ist der Wirkungsgrad der Konstruktion eben besonders hoch.
    Grundsätzlich gilt jedoch, dass sich die maximale Energie die ein Bogen speichern kann aus dem Produkt von dessen Zugkraft
    und dessen Auszugslänge ergibt.

  • Neulich habe ich mich mit einem Freund darüber unterhalten wovon es hauptsächlich abhängt wie "stark" eine Armbrust oder ein Bogen ist und welche Faktoren man ändern müsste um einen Bogen oder eine Armbrust noch "stärker" zu machen.

    Die Diskussion kam auf weil bei vielen Armbrüsten die man so kaufen kann der Wert der Zugkraft am meisten beworben wird obgleich die doch eigentlich garnicht alles ist habe ich mir sagen lassen. Viele Gute Compoundbögen mit gerade einmal 60 Lbs Zugkraft schaffen Pfeilgeschwindigkeiten um die 300 Fps und mehr.
    Das ist im Bereich von guten Armbrüsten obwohl diese deutlich mehr Zugkraft aufbringen.

    Gut, die einleitende Frage mal zu stellen, denn auch selbst vielen langjährigen Bogensportlern ist nicht klar, auf welche Größen es ankommt. Sonst würde nicht Stärke in lbs. gemessen werden.

    Dabei ist es garnicht so schwer, die in der mechanischen Physik relevanten Größen und Zusammenhänge zu beschreiben:

    Wenn ein Bogensportgerät einen Pfeil mit der Kraft (F) über einen Weg (s) beschleunigt, wird eine Arbeit (W) verrichtet, kurz: W = F * s, angegeben in Nm oder J.*)

    Damit wird klar, warum ein Bogen mit langem Auszugweg trotz geringer Zugkraft vergleichbare Energie auf den Pfeil übertragen kann wie eine Armbrust mit hoher Zugkraft, aber kurzem Auszugweg.

    Arbeit ist eben Kraft mal Weg, und nicht nur einfach "lübs".

    Wie richtig bemerkt wurde, kann man so zwar nicht ohne weiteres ausrechnen, welche Energie wirklich auf den Pfeil übertragen wird, weil einem hier ggf. Compoundprinzip, nicht lineare Faktoren sowie Verlustfaktoren in die Suppe spucken, aber die Anfangsenergie E0 kann man ja chronen, und es ist ja schonmal gut zu verstehen, warum eine Armbrust mit 180 lbs. eben nicht dreimal so "stark" ist wie ein Bogen mit 60 lbs.


    viele Grüße

    Andreas

    *) Da man Kraft in Newton (N) und den Weg in Meter (m) angibt, wird Arbeit in Newtonmeter (Nm) gleich Joule (J) gemessen. Bitte beachten, Kilogramm (kg) oder englische Pfund (lbs.) sind die falschen Gößen für Kraft und führen zu falschen Ergebnissen.

    2 Mal editiert, zuletzt von kreuzbogen (15. November 2011 um 17:16)

  • Eines wollte ich noch hinzufügen.
    Wenn man nun anhand von der letzten Formel, die wie du bereits bemerkt hast, exakt die Formel für die Berechnung der physikalischen Arbeit ist einmal beispielhaft verschiedene Armbrüste durchrechnet kommt man auf Interessante Ergebnisse.
    Ich werde die Geschwindigkeitsangaben und Pfeilgewichte für den Optimalpfeil von Arrowinapple nehmen.

    Beispiel 1:
    Darton Lightning (Weil es eine der stärksten Compoundarmbrüste ist und verlässliche Geschwindigkeitswerte vorhanden sind):

    Ein 0.0317 Kg Pfeil wird von der Lightning auf 112 m/s beschleunigt.
    Damit erhält man eine kinetische Energie von rund 199 Joule.

    Jetzt die Formel:
    Die Auszugslänge der Lightning beträgt 0,4445 m und die Rückstellkraft beträgt 79 kg * 9,81 m/s² = 775 N
    Daraus ergiebt sich eine maximal gespeicherte Energie von 345 Joule.
    D.h. selbst wenn man davon ausginge das die Spannkraft der Lightning auf der gesamten Auszugslänge immer gleich groß ist würde der Wirkungsgrad derselben immer noch 58 % betragen. Das ist schon ein passabler Wert für eine solch grobe Annäherung.
    Vorsicht ab jetzt folgen Schätzwerte:
    Wenn man nun versucht die Spannkraft der Lightning etwas genauer zu beschreiben und den Let-off Effekt zu berücksichtigen dann kann man in grober Näherung sagen: Die Spannkraft beträgt auf der Hälfte der Auszugslänge die Hälfte der maximalen Spannkraft und auf der anderen Hälfte der Auszugslänge die maximale Spannkraft.
    Also F= 0,5 * 775 N * 0,5 * 0,4445 m + 775 N * 0,5 * 0,4445 m = 258 Joule
    Unter dieser Annahme würde der Wirkungsgrad der Lightning schon 77 % betragen. Ein vielleicht realistischeres Ergebnis.

    Also zusammenfassend:
    Der Optimalpfeil wird von der Lightning mit einer kinetischen Energie von 199 Joule ausgestattet.
    Im absoluten Maximalfall kann die Lightning eine Energie von 345 Joule speichern. Daraus ergiebt sich ein Wirkungsgrad von 58 %.

    Beispiel 2:

    Excalibur Exomax (Weil es eine der stärksten Recurvearmbrüste ist und verlässliche Geschwindigkeitswerte vorhanden sind):

    Ein 0,027 Kg Pfeil wird von der Exomax auf 96 m/s beschleunigt.
    Damit erhält man eine kinetische Energie von 124 Joule.

    Jetzt die Formel:
    Die Auszugslänge beträgt 0,419 m und die Rückstellkraft beträgt 102,58 Kg * 9,81 m/s² = 1006 N
    Daraus ergiebt sich eine maximal gespeicherte Energie von 422 Joule.
    Das heißt wenn man auch hier davon ausginge das die Spannkraft der Exomax auf der gesamten Auszugslänge immer gleich groß ist dann ergiebt sich ein Wirkungsgrad von 29 %.
    Dies ist ein merkwürdiges Ergebnis finde ich. Schließlich dachte ich bisher immer das die Spannkraft einer Recurvearmbrust auf der gesamten Auszugslänge konstanter wäre als bei Compoundsystemen. Falls dem aber so ist dann ergäbe sich daraus ein ziemlich kleiner Wirkungsgrad von Recurvearmbrüsten obwohl ich bisher immer dachte der Wirkungsgrad von Recurvesystemen sei höher als der von Compoundsystemen. Ich würde mich freuen falls mir hier jemand wiedersprechen oder zumindest jemand der mehr Ahnung hat als ich irgendeinen Kommentar abgeben würde.
    Falls dieses Ergebnis allerdings tatsächlich representativ ist dann ergäbe sich daraus auch eine wahrscheinlich geringere Empfindlichkeit von Recurvearmbrüsten gegen Trockenschüsse. Einfach deshalb weil sowieso bei jedem Schuß der Großteil der Energie in die Wurfarme wandert und durch einen Trockenschuss "nur" ungeähr 42 % mehr. Zum Vergleich: Bei der Lightning würde durch einen Trockenschuss die Energieaufnahme der Wurfarme um 136 % erhöht.

    Zusammenfassend:
    Der Optimalpfeil wird von der Exomax mit einer kinetischen Energie von 124 Joule ausgestattet.
    Im absoluten Maximalfall kann die Exomax eine Energie von 422 Joule speichern. Daraus ergibt sich ein Wirkungsgrad von 29 %.

  • Bei einem Recurve ( egal ob Armbrust oder Bogen ) ist die Kraft in keinster weise Konstant.
    Die Kraft steigt mit dem Auszug ( nicht umsonst haben Bögen bei einem Auszug von 29 Zoll höhere LBS angaben wie bei einem 28 Zoll Auszug, die Zunahme sind so 4 - 5 % pro Zoll )
    Der schlechter Wirkungsgrad liegt in der Art der Beschleunigung.
    Beim Recurve wirkt beim lösen die höchste Kraft auf den Pfeil und je weiter der Bogen sich entspannt umso geringer wird die Kraft.
    Das ist zu beschleunigen nicht so gut, bei einem Compoundsystem wirkt erst eine geringere Kraft die sich dann steigert.
    Das ist zur Pfeilbeschleunigung besser weil weniger Kraft zur Überwindung der Masseträgheit verloren geht.


    Joachim

    Disclaimer :
    Ich distanziere mich ausdrücklich von allen Aussagen die ich gestern oder gar vor einer Stunde gemacht habe.
    Jedwede Ähnlichkeit mit der Realität wäre rein zufällig und unbeabsichtigt.

    Fotos von mir auf Flickr: http://www.flickr.com/photos/joey_s/

  • Vielen Dank für die Aufklärung.
    Dass die Spannkraft bei Recurvesystemen mit zunehmendem Auszug zunimmt war mir bisher nicht bekannt.
    Daraus ergeben sich dann wahrscheinlich auch große Probleme bei der Konstruktion von Recurvearmbrüsten, schließlich lastet die maximale Rückstellkraft des Bogens im Schloss und nicht wie bei Compoundarmbrüsten nur 40-50 % davon (Let-off von Armbrüsten ist geringer als der von Bögen).
    D.h. bei der Exomax hängen im Endeffekt über 1000 N (100 Kg) im Schloss... 8|
    Da ist eine hochwertige Verarbeitung wirklich anzuraten.

  • Falls dem aber so ist dann ergäbe sich daraus ein ziemlich kleiner Wirkungsgrad von Recurvearmbrüsten obwohl ich bisher immer dachte der Wirkungsgrad von Recurvesystemen sei höher als der von Compoundsystemen.

    Hallo Mattis,


    eigentlich wird dabei nur klar, wie praxisfern marketingüblichen Angaben sind ;) --- Die Frage ist natürlich, was ist dann praxisnah, beziehunsgweise, was ist denn hierzulande die Praxis?

    Moderne Armbrüste sind als Jagd- und Freizeitsportgeräte ausgelegt, und hierzulande ist nur der Freizeit- und Amateursport nutzungsrelevant.

    Das Ding soll also Spaß machen, und Spaß macht, wenn man mit einem Bogensportgerät gut klarkommt und gut treffen kann (Erfolgserlebnisse hat). Damit wird klar, warum jagliche möglicherweise relevante Eigenschaften für die meisten Interessenten eher irreführend sind (auch wenn sich die Pfeilbeschleunigung leistungsmäßig mit E0 weit besser als mit lbs. beschreiben lassen).

    Aus sportlicher Sicht gibt es beim 3D- und Scheibenschießen etwas unterschiedliche Erfolgsfaktoren:

    1. Beim Scheibenschießen möchte ich einfach auslösen und präzise Treffen können. --- Abzug, Abschußverhalten und Präzision sind entscheidend. Energie und Geschwindigkeit nur soweit, daß bei großen Weiten die Visierung noch auf den Drop eingestellt werden kann und der Einfluß des Windes verringert werden kann. Präzision und Power lassen sich nicht gleichzeit optimieren, weswegen hier die Präzisionseigenschaften zu bevorzugen sind.

    2. Beim 3D-Sport ist fehlerhafte Entfernungsschätzung als größte Fehlerquelle zu minimieren. --- Minimaler Drop durch maximale Performance sind entscheidend. Präzisionsfaktoren bringen bei den eher geringen Weiten allein nicht den Erfolg, weswegen hier Geräte mit flacher Pfeilflugcharakteristik zu bevorzugen sind. Welche Anteile optimal sind, ist individuell unterschiedlich, je nachdem, wie gut man schießen und wie gut man schätzen kann.

    Kurz, geringe Streukreise oder flache Ballistik sind die Größen, die den Spaß bringen :marder:


    viele Grüße

    Andreas

    Einmal editiert, zuletzt von kreuzbogen (18. November 2011 um 14:24)

  • In diesem Thread stehen viele interessante Ansätze aber auch viele Fehler: Die aufzubringende Kraft steigt bei jedem Bogen vom 0Punkt(abhängig von der eingebrachten Vorspannung durch die Sehne und beim Compoundbogen auch der Kabel) bis hin zu Schloß stätig an.
    Bei den Recurvebögen(egal ob Armbrust oder Bogen) wird alle Kraft über die Sehne eingebracht,deshalb wirken hier die stärksten Beschleunigungskräfte auch direkt nach dem lösen des Schlosses.
    Bei Compoundbögen ist dies etwas anders da mittels Hebelkraft die einzubringende Energie auf Kabel und Sehne verteilt werden.Am Anfang des Spannvorganges wird die meiste Energie über die Sehne erbracht während gegen Ende des Spannvorganges kurz vor dem Schloß,die Cams mittels Hebelwirkung(unterschiedlicher Abstand von Kabel und Sehne zur Achse der Cams)die meiste Kraft dann über die Kabel eingebracht wird.Dazu kommen dann noch die unterschiedlichen Messmethoden durch welche die Auszugskraft ermittelt wird,welche dafür sorgen das es viele Mißverständnisse gibt.
    Auf Grund dieser Unterschiede ist natürlich der Recurvebogen das effizientere(höherer Wirkungsgrad) Sportgerät.Der Recurvebogen verliert weniger Energie durch Masseträgheit,Reibung etc. wie ein Compoundbogen,dazu kommt die Tatsache das die tatsächlich eingebrachte Energie bei Compounsystemen um ein vielfaches höher ist wie bei Recurvebögen.Von daher wird es selbst für Mathematiker und Physiker schwer und kompliziert dies alles in einer Formel festzuhalten.Denn die einzubringende Spannkraft wird ja auch noch durch den sich verändernden Winkel in dem die Sehne ihre Kraft in die Wurfarme einbringt und in welchem Winkel diese zur Spanrichtung(vor allem Recurvebogen) stehen mitbestimmt. :whistling:

    Einmal editiert, zuletzt von Raziel (5. Dezember 2015 um 21:44)

  • Guten Morgen lieber Raziel,

    bezieht sich das auf alle Compoundbögen?
    Ich bin ja jetzt nicht so technisch versiert, deshalb ist sowas schon interessant.. Es gibt ja verschiedene Varianten eines Compoundsystems.
    Was ich mich auch frage ist, bleibt die Kraftübertragung nicht dieselbe? Angenommen man hat einen 50 LBS Recurve und Compound,
    Hat das nicht auch etwas mit der Trägheit des Systems zu tun? Ich meine jetzt, wird ein Compoundpfeil nicht stärker und schneller beschleunigt als ein Recurvepfeil. Bedingt durch das Wurfarm/ Cam System und das Wurfarmsystem?

    Oder habe ich da einen Denkfehler ( was schonmal öfter vorkommt :D )


    Lg Stephanie :love:

    Das Wort ist wie ein Pfeil. Einmal unterwegs, kann man es nicht mehr aufhalten

  • Hallo Stephanie,der Unterschied liegt vor allem darin das ein 60Lbs Recurvebogen die 60Lbs bei erreichen des Maximalauszugs hat während bei Compoundsystemen die Auszugskraft gemessen wird gleich zu Beginn des Auszugsweges wo noch die maximale Kraft über die Sehne erbracht wird.Deshalb hat ein 60Lbs Compoundbogen im Maximalauszug vermutlich eine Energiespeicherung welche deutlich jenseits der 100Lbs liegen wird.Denn auch bei Compoundbögen steigt der Wiederstand den die Wurfarme bringen und somit die einzubringende Energie bis hin zum maximalen Auszug immer weiter an,nur wird der Großteil dieser Energie über die Hebelwirkung der Cams von der Sehne auf die Kabel übertragen.Deshalb kann bei einem Compoundbogen(selbiges natürlich bei Compoundarmbrust) mit relativ wenig Kraft dieser im Maximalauszug gehalten werden.

    Einmal editiert, zuletzt von Raziel (6. Dezember 2015 um 11:35) aus folgendem Grund: Rechtschreibung

  • Leider kommt man zu keinen schlüssigen Aussagen wenn es so stark vereinfacht wird.

    Der noch wichtigere Faktor ist die Rückstellschnelle der Wurfarme, die sich aus dem verwendeten Material und Art der Laminierung mit der Entladung der eingesetzten Spannenergie
    bedingt durch die Form in Verbindung mit der Massenträgheit einschließlich der Luftwiderstände außen (z.B geteilte Wurfarme weniger) und der inneren Widerstände der Wurfarme bei der Entladung ergibt.

    Das einfachste Negativbeispiel wären Wurfarme aus runden Holz die in entsprechender Stärke mit Winde über einen Auszugsweg von beispielsweise 50 cm mit 500 kg gespannt werden könnten
    und doch wäre die Geschwindigkeit des Bolzens sehr langsam (dafür könnte ich aber schwerste Bolzen nehmen und entsprechende Durchschlagskräfte erreichen).

    Habe ich vor 30 Jahren noch Bögen und Armbrüste selbst gebaut und konnte mit den Fertigprodukten durchaus mithalten so ist das seit geraumer Zeit nicht mehr möglich, da genau diese o.g. Faktoren
    dermaßen optimiert sind, dass man mit einfachen Kraft mal Weg Überlegungen nicht annähernd in diese Geschwindigkeitsbereiche kommt.

    Bei einem Vergleich von Compound und Recurve (ob Bogen oder Armbrust) gelten die o.g. Faktoren für die Wurfarme prinzipiell genauso, müssen aber entsprechend des Beschleunigungs Prinzips betrachtet werden.


    Aber dies soll absolut keine negative Stellungnahme zu Deinen theoretischen Überlegungen sein sondern nur eine Ergänzung.

    Ich finde es gut wenn jemand versucht tiefer in die Materie einzusteigen. :^)

    Gruß

    Michael

  • Nach einigen Korrekturen die auf der Seite vorgenommen wurden stimmen da jetzt viele Dinge,allerdings kommen bei Compoundarmbrusten noch ein paar Kleinigkeiten hinzu welche wahrscheinlich auf Grund des begrenzten Platzes und der noch begrenzteren Aufnahmefähigkeit der Leser weggelassen wurden.Und ein paar Kleinigkeiten sind auch falsch.
    Denn eine Armbrust mit nur 2 Auflagepunkten auf der Schiene oder auch eine Tracklessarmbrust können genau so genau Pfeile werfen wie welche wo der Pfeil auf der kompletten Länge auf der Schiene anliegt.Allerdings gibt's da ein paar Punkte die 100%ig eingestellt sein müssen damit dies auch paßt.
    Das nicht jede Armbrust treffen kann ist ...!Nur wenn die Wurfarme unterschiedlich schnell beschleunigen,oder durch ihre Form die Sehne und den davor liegenden Pfeil nicht sauber gerade beschleunigen gibt es Genauigkeitsprobleme.Das mit den teilweise angebotenen Pfeilen keine Präzision möglich ist unterschreibe ich allerdings gerne. :whistling:
    Und Ragnar,welche praktischen Versuche hast Du beizutragen? ?(

  • Ich? Keine!

    Deshalb hab ich ja auch Wolfszeit verlinkt, wo nicht nur theoretische Formeln und Werte aufgeführt sind, sondern auch praktische Versuche mit der Zugkraft (siehe Diagramme).

    Für mich ist es völlig unerheblich, wieviel ich ziehen muß (solange ich es schaffe). Ich will nur treffen und dabei die maximale Wirkung im Ziel erreichen. :rolleyes:

    Manchmal hilft nur Hartholz!
    Meucci-Winner Queue

  • Also, zumindest was Bögen angeht, möchte ich zu bedenken geben das der Mensch der ihn auszieht ein nicht unerheblicher Faktor ist.
    Die Präzision und Energie bestimmen hier Auszug und Ablaß. Der Großteil der Trefferbestimmenden Mechanik liegt im Schützen selbst.
    Was das ganze für den einen oder anderen so attraktiv macht. Zielballistische Enerige ist dabei übrigens völlig anders als bei anderen Waffen.
    Hat Fred Bear schon vor Jahrzehnten zur Propagierung des Bogens bei amerikanischen Jägern genutzt.
    Armbrüste finde ich übrigens, aufgrund des Ausschlusses einiger menschlicher Faktoren, eher langweilig. :)

    Gruß
    Marco ;^) 

    Jene,
    die ihre Schwerter zur Pflugscharen schmiedeten,
    pflügen nun für Männer,
    die ihre Schwerter behielten.

  • Arkangel,

    kannst du dazu etwas mehr schreiben? Bezüglich auf die verschiedenen Möglichkeiten? Wir haben da ja einige :^)
    Ich finde es schön, wenn sich noch jemand konstruktiv an diesen Themen beteiligt.
    Was schießt du für Bögen?
    Eine Frage hab ich da mal an die Bogenschützen. Schießt hier einer Recurve mit Release, oder hat es schonmal versucht?
    Lg Stephanie :love:

    Das Wort ist wie ein Pfeil. Einmal unterwegs, kann man es nicht mehr aufhalten

  • Ich? Keine!

    Deshalb hab ich ja auch Wolfszeit verlinkt, wo nicht nur theoretische Formeln und Werte aufgeführt sind, sondern auch praktische Versuche mit der Zugkraft (siehe Diagramme).

    Für mich ist es völlig unerheblich, wieviel ich ziehen muß (solange ich es schaffe). Ich will nur treffen und dabei die maximale Wirkung im Ziel erreichen. :rolleyes:


    Dann wirst Du früher oder später Probleme bekommen,denn wenn es mal nicht klappt mit dem treffen wirst Du nie erfahren woran es liegt oder lag das Du nicht getroffen hast.Somit kann es jederzeit wieder ... :whistling: Und somit kannst Du trainieren wie Du willst Du kannst höchstens deine körperlichen Defizite verringern,die technischen bleiben.
    Diagramme sind etwas schönes wenn man damit etwas anfangen kann und es nutzen kann um Verbesserungen durchzuführen,wenn sie keine Antworten und somit Verbesserungsmöglichkeiten bringen sind sie nur verschwendete Arbeit und Zeit!Aber ich hoffe hier gibt's auch Sportler die Nutzen daraus ziehen können! ;^)

  • E0 = F * s

    E0=Kinetische Energie des Pfeils direkt nach dem Lösen von der Sehne
    F= Zugkraft des Bogens / der Armbrust
    s= Auszugslänge des Bogens / der Armbrust

    falsch!

    Diesen Thread habe ich gerade erst entdeckt und bin sehr dankbar für Raziels Wiedererweckung, auch wenn ich fast keine Ahnung von Bögen und Armbrusten habe.

    Niemals entspricht die in ein System gesteckte Energie dem Output also der Nutzenergie, hier der Eo des Pfeiles oder Bolzens. Die nutzbare Energie am Ausgang ist immer viel kleiner als die reingesteckte Energie am Eingang. Das Verhältnis von (Energie Output)/(Energie Input) nennt man Wirkungsgrad. Von der Bohrmaschine, Kaffeemaschine bis zum Compoundbogen.
    Ein beträchtlicher Anteil der "investierten" Energie wird in Verformungs-, Wärme- und Reibungsenergie umgesetzt, letztlich endet das fast alles in Verlustwärme.

    Ein für mich super gut verständliches Beispiel sind die Hilti-Bohrhämmer, kurz nach ihrer Markteinführung bohrten sie mit unglaublich wenig elektrischer Energie ruckzuck genau die Löcher, für die dreimal so "starke" (dreifache Aufnahmeenergie!!) Schlagbohrmaschine endlos Zeit benötigte, wenn sie es überhaupt schaffte.

    Interessant ist, dass meiner Kenntnis nach kein Bogen-, Armbrust- oder Federdruckluftgewehrhersteller den Wirkungsgrad seiner Waffen angiebt. Was stecke ich an Muskelenergie hinein, was erreiche damit an Geschossenergie?!

    Das ist keinesfalls eine rein akademische Frage, da man ja nicht nur ein Geschoss beschleunigen möchte.... man möchte damit in aller Regel auch ein Ziel treffen. Bei Armbrusten und Federdruckluftgewehren ist die zuvor hineingesteckte Muskelenergie mechanisch gespeichert, bei Compoundbögen muss man sie nur zum Teil bis zur Schussabgabe durch Muskelkraft halten, bei klassischen Langbögen nahezu vollständig. Das Zielen (und Treffen) setzt aber maximale Konzentration und eine entspannte oder gleichmäßig, ruhig gespannte Muskulatur voraus. Zusammenspiel von Geist und Körper. Gute Langbogenschützen habe das wohl endlos trainiert und sind tatsächlich im kompletten Schießablauf so "automatisiert" und muskulär ruhig, dass sie sich entspannt konzentrieren und zielen können.
    Hobbyschützen brauchen Waffen, die sie durch guten Wirkungsgrad und eventuell niedrige Haltekräfte soweit unterstützen, dass sie sich noch entspannt auf die Schussabgabe konzentrieren können.
    Das ist der Grund, warum ich Bogenschützen wirklich bewundere, oder auch Biathleten.

    Eigentlich wurde das alles schon oben geschrieben ... egal 8)

    Gruß
    Musashi