Pistole 9mm: Schmeisser SX 2 Brüniert

  • Die Schmeisser SX 2 ist die erneuerte Schmeisser Suhl Mod. 51, deren PTB 865, zeitlich begrenzt, abgelaufen war. Als technische Basis diente die EGP 75s / EGP 790 von Erma, deren Maschinenpark nach der Insolvenz von Erma in die Ukraine verkauft wurde. Dort nutzte man die alten Erma-Maschinen, um möglichst nahe an der alten Erma-Qualität eine überarbeitete und technisch verbesserte EGP 75s / EGP 790 herzustellen. Der erste, uns Deutsche erreichende, Versuch einer ukrainischen "Erma" war die Schmeisser Suhl Mod. 51, die sich durch Strohhalmlauf, seitlichen Magazinhalteknopf, einen Schlittenfang mit aussenliegenden Hebel und durch ein 7-Schuss-Magazin in 9 mm PAK von den Erma-Vorgängern unterschied.
    Wegen der, nach meiner Meinung, recht unprofessionellen Umsetzung kam es schon bei der Mod. 51 zu Turbulenzen, bei der die PTB-Zulassung des Modelles widerrufen wurde und nach Neugründung der Importeurfirma und nochmaliger PTB-Prüfung die Zulassung nochmals mit der PTB 865 erteilt wurde.

    Anscheinend haben Hersteller und der Importeur, welcher die erneuerte Mod. 51 als SX 2 durch die PTB bringen sollte, aus den vergangenen Problemen nichts gelernt. Denn die SX 2 bekam ihre Zulassung mit der PTB 911 und die ersten SX 2, welche verkauft wurden, wie alle Stücke, die bis Verkaufsstart nach Deutschland geliefert wurden, hatten die abgelaufene Mod. 51 PTB 865. Also mussten die ausgelieferten SX 2 zurückgeholt werden und alle SX 2 auf die richtige PTB 911 geändert werden.

    Die SX 2, brüniert, linke Seite:

    Vorbild: angelehnt an Walther PPK
    PTB: 911
    Beschuß: Köln 2009 ( laut Verpackung aber hergestellt 05.2008 )
    Seriennummer: 000236
    Kaliber: 9 mm PAK
    Kapazität: 7 Schuß
    Gewicht: 555 g ( 560 g )
    Länge: 156 mm
    Höhe: 115 mm
    Breite: 31,5 mm ( 32 mm )

    Alle Werte sind selbst ermittelt, abweichende Werte in der Gebrauchsanweisung stehen in Klammer dahinter.

    SX 2, brüniert, rechte Seite:

    Verarbeitung:
    Da wir es mit einer auf Erma-Maschinen gefertigten Pistole zu tun haben, erwartet der Kenner etwas Erma-ähnliches. Dies ist den Ukrainern nicht gelungen!
    Es ist den Ukrainern eine gute Schreckschußpistole mit rekordverdächtig viel Stahlteilen gelungen, die im Detail doch so manche Nachlässigkeit aufweist, die man teilweise als rustikale Fertigungsweise durchgehen lassen kann, teilweise aber einfach schludrig gefertigt ist.
    Als rustikal gehen die gegossenen Stahlteile durch, die ihren Platz an der SX 2 als Sicherungshebel, Hahn, Schlittenfanghebel und Magazinhalteknopf gefunden haben - Stahl an diesen Teilen findet man sonst nur an scharfen oder ex-scharfen Pistolen vor und da auch nicht überall.
    Aus Stahl sind weiterhin neben den üblichen Schrauben und Federn die Sicherungswalze, Abzugsgestänge, Schlagbolzen, Patronenstoßboden, Strohhalmlauf mit Sperre, Patronenlager, Auszieher, sowie die Ecke im Schlitten, wo der Schlittenfanghebel einhakt!

    Die zerlegte SX 2, im roten Kreis die auf der Innenseite blanke Stahlecke, wo der Schlittenfanghebel einhakt:

    Das Magazin ist plastikfrei - Gehäuse und schwarzer Magazinfuß sind aus Aluminium und der Zubringer und die Feder sind aus Stahl.

    Der kleine Rest der Waffe ist aus einer Zinklegierung, welche recht ordentlich verarbeitet ist. Man findet zwar bei genaueren Hinsehen und Zerlegen der Waffe ein paar minimale Bearbeitungsspuren, aber diese sehen alle aus, als ob die Oberfläche aus dem Vollen gefräst wurde.
    Den einzigen Kunststoff findet man am Griffstück in Form von in der Haptik recht billig wirkenden Hartplastikgriffschalen, welche unten den Magazinfuß umschließen und so für eine sehr gute Handlage sorgen.

    Der Schriftzug "Schmeisser SX 2" ist im Schlitten vertieft mitgegossen worden, alle anderen Beschriftungen auf der linken Waffenseite sind eingeschlagen, wobei der Schriftzug" International GmbH", was für den Importeur steht, nachträglich etwas schief unter den Schmeisser SX 2 eingeschlagen ist und teils in der darunterliegenden eingeschlagenden Kaliberbezeichnung liegt. Die Seriennummer ist in den letzten drei Ziffern eindeutig überstempelt worden und hatte vorher eine andere, anhand der Restspuren, wahrscheinlich höhere Seriennummer.
    Auf der rechten Waffenseite haben wir die Beschußzeichen am Griffstück hinter dem Abzug und einen Normalbeschuß am Schlitten hinter der Riffelung eingelasert - und vorne am Schlitten eine Groteske: Weil mit falscher PTB gefertigt und importiert, wurde der alte PTB-Stempel ausgefräst ( in der Mitte steht noch ein spitzer Fräsrestdorn ) und in diese gefräste, nackte Vertiefung im Zink wurde die richtige PTB-Nummer im Kreis gestempelt. Der gesamte Bereich wurde nicht entgratet und versiegelt! Der Pfusch geht voll zu Lasten des Importeurs.

    Weitere Nachlässigkeit, die nach rechts versetzte Laufmündung:

    Nicht nur, daß die SX 2 einen recht dürren Strohhalmlauf hat, nein, er ist auch noch etwas schief eingesetzt, so daß die Laufmündung rechtsversetzt in der Schlittenfront rauskommt. Im Unterschied zur Vorgängerin Mod. 51 hat die SX 2 als verchromte und als brünierte Version eine identische Schlittenfront. Das einzige Positive am Lauf ist, daß der Lauf zwar eine "Mercedesstern"-Sperre hat, aber dennoch frei genug ist, damit alles vorne rauskommt.

    Die Sicht vom Patronenlager durch den Lauf:

    Unten im Griffstück sieht man noch die Stelle, wo bei der Erma-Vorgängerin der Magazinhalter saß:

    Technik:
    Die SX 2 ist noch immer ein PPK-Klon, wenn auch verändert. Zerlegt wird wie bei der PPK, in dem man nach Entfernung des Magazins der Abzugsbügel herunterklappt, den Schlitten bis zum Anschlag nach hinten zieht, hinten hochnimmt und nach vorne vom Lauf schiebt. Beim Herunterklappen der Abzugsbügel muss man vorsichtig sein, da die Haltefeder des Bügels viel zu stark ausgelegt ist und man den Bügel nur mit Kraft herunterklappen und halten kann. Da der Bügel im Bereich der Achse sehr dünn im Material ist, besteht hier Bruchgefahr!
    Während die Hahnfeder die altbekannte Schraubenfeder der Erma ist, haben die nachgerüsteten Schlittenfanghebel und Magazinhalteknopf jeweils ein Stück Federstahldraht als Feder, was seine Funktion völlig erfüllt.

    Linke Seite, ohne Griffschale mit Blick auf Schlittenfanghebel und Magazinhalteknopf:

    Ohne Griffschale, mit eingesetzten Magazin, Schlitten im Schlittenfang, eine Nase des Zubringers im Magazin drückt den Schlittenfanghebel hoch:

    Rechte Seite, ohne Griffschale, mit eingesetzten Magazin, mit Blick auf das als Federring ausgelegte Gegenlager des Magazinhalteknopfes:

    Was der SX 2 abgeht, ist der Sicherheitsrast im Hahn. Aus dem Ruherast in Double Action geschossen ist der Vorzugsweg etwas kratzig und löst den Hahn ohne Druckpunkt unvermittelt aus. Aus der Single Action Rast ist der Vorzugsweg kürzer, aber noch etwas zu lang, dafür löst der gespannte Hahn erst nach Überwindung eines deutlichen Druckpunktes aus.

    Der Blick auf das entsicherte Hinterteil:

    Da Sicherung und Hahn aus Stahl sind, ist hier kaum Verschleiß zu befürchten. Die Sicherungswalze umschliesst im gesicherten Zustand den Schlagbolzen, ohne ihn festzuhalten. Bei entsicherten Zustand drückt der Hahn den Schlagbolzen durch den Patronenboden auf das Zündhütchen, so daß ein Schlag auf den Hahn ( z.B. durch Sturz ) durchaus einen Schuß auslösen kann.
    Der Magazinhalteknopf löst erst bei einem deutlichen Druck auf selbigen das Magazin, welches selbständig herausfällt Der Schlittenfanghebel läßt sich wie der Magazinhalteknopf bequem mit dem Daumen bedienen und löst den Schlitten nach relativ wenig Druck. Bei leeren Magazin wird der Schlittenfang zuverlässig ausgelöst und hält den Schlitten, so daß der Patronenstoßboden direkt hinter dem Zubringer des Magazins lauert.

    Die Schmeisser SX 2 in der Hand ( Handschuhgröße 9,5 :(

    Schiessen:
    Das lässt sich kurz zusammenfassen: Absolut zuverlässig mit Fiocchi ( GFL ) und RWS! Die SX 2 produziert ein schönes Mündungsfeuer und einen ihrer Größe angemessenen Knall, die Hülsen werden sehr weit ausgeworfen.

    Fazit:
    Geliefert wird in einem Pappkarton mit handschriftlich eingetragener Seriennummer und Produktionsmonat und -jahr, die Gebrauchsanweisung ist nur in Deutsch und besteht aus einem einmal gefalteten und beidseitig bedruckten DIN A 5 Bastelkarton, kurios ( und typisch für die Schlampereien des Importeurs ) ist, daß der Zusatzlauf fehlt und daß, statt der Reinigungsbürste, eine Putzstock für eine scharfe Pistole beiliegt:

    Da die Schmeisser SX 2 wie die Mod. 51 nur in geringen Stückzahlen von wenigen Hundert den Weg über die PTB zu uns nach Deutschland gefunden hat, ist sie hauptsächlich etwas für Sammler. Das heißt aber nicht, daß man sie nicht schiessen oder führen kann - die Materialwahl und die Verarbeitung lassen auf ein sehr langes Leben hoffen und in Größe und Gewicht ist sie prädestiniert, geführt zu werden, wenn man damit klarkommt, sie gesichert zu führen.

    Zum Schluß der Verpackungskarton mit der Seriennummer und dem Produktionsdatum: