Pistole 9mm: Mauser HSc Mod. 90 ( Röhm )

  • Irgendwann um das Jahr 1996 / 97 stellte man bei Röhm fest, daß die gerade auf den Markt gebrachte RG 88 mit wenigen Änderungen zu einem Klon der Gamba Mauser HSc Mod. 80 umgemodelt werden konnte. Nachdem die Lizenzfrage geklärt war, erschien Ende 1997 die Interpretation von Röhm zur Gamba Mauser HSc Mod. 80 als Röhm Mauser HSc Mod. 90. Dieses Modell teilt sich viele Teile mit der RG 88 und hat nichts mit der Mauser HSc aus den 30er Jahren zu tun. Das Vorbild Gamba Mauser HSc Mod. 80 wird in Italien hergestellt.

    Das Vorbild Gamba Mauser HSc Mod. 80:

    Die Röhm Mauser HSc Mod. 90 wird in velourvernickelt und brüniert ( gebeizt ) angeboten, linke Ansicht:

    Vorbild: Gamba Mauser HSc Mod. 80 cal. 7,65 Br.
    PTB: 722
    Beschuß: Ulm KI = 1998 ( vernickelt ) / Ulm AE = 2004 ( brüniert )
    Kaliber: 9 mm PAK
    Kapazität: 7 Schuß
    Gewicht: 611 g ( vernickelt ) / 600 g ( brüniert )
    Länge: 160 mm ( 172 mm, wenn man die ausladenen Griffschalen berücksichtigt )
    Breite: 30 mm ( Sicherunghebel zu rechter Griffschale )
    Höhe: 115 mm

    Alle Werte sind selbst ermittelt, keine Werte in der Bedienungsanleitung.

    rechte Ansicht ohne sichtbare Schwächung des Patronenlager:

    Verarbeitung:
    Die Mauser HSc Mod. 90 wird nur in den Versionen velourvernickelt und brüniert mit jeweils schwarzen Kunststoffgriffschalen angeboten. Passende Holzgriffschalen mit Mauser-Emblem würden ihr gut zu Gesicht stehen, leider die stehen nicht zur Verfügung. Dafür verwöhnt die Mauser uns mit der bekannten Röhm-Qualität, eine Ausnahme sind da nur die volumösen Griffschalen, welche etwas dünnwandig mit der Haptik von billigen Hartplastik daherkommen, sowie die Kombination Zink-Hahn / dünne Schlagbolzen-Aufschlagfläche. Während Markenzeichen, Modellbezeichnung und PTB-Kreis vertieft im Schlitten mitgegossen wurden, sind alle Beschußzeichen, Seriennummer und bei den neueren Mauser das polnische Zulassungszeichen "B im Dreieck" auf das Griffstück über den Abzug gelasert.
    Ansonsten findet sich Röhm-typisch viel Stahl: massiver Stahllauf mit Sperre, Abzugsgestänge, Ausstoßer, Sicherungswalze der Walzensicherung, Auszieher und ein massiver Stahlring als Einfassung um das Schlagbolzenloch im Patronenstoßboden. Die Laufsperre ist eine senkrechte, lauflange Stahlplatte, welche bei der älteren Mauser 4 mm und bei der jüngeren Mauser 7 mm tief im Lauf endet. Kurz vor dem Patronenlager ist die Sperre mit einem Querbolzen verstiftet, was in der Durchsicht kreuzförmig aussieht.
    Die vor der Jahrtausendwende gefertigten Mauser HSc Mod. 90 haben wie alle Röhm-Pistolen der Kaliber .315 K und 9 mm PAK die fertigungsbedingte Ausfräsung unter dem Lauf auf Gewindelänge. Im folgenden Foto mit einem roten Pfeil markiert.

    Mündungsansichten:

    Der Schlagbolzen gesichert und entsichert:

    Technik:
    Die Mauser HSc Mod. 90 ist technisch der älteren RG 800 sehr ähnlich. Unterschiede finden sich neben dem Kaliber vor allen Dingen beim Hahn, der nicht nur nicht aus Stahl gefertigt ist, sondern auch auf den Sicherheitsrast verzichten muß, was ein sicheres Führen nur im gesicherten Zuständ möglich macht. Der Schlagbolzen wird durch eine kugelige Verdickung im gesicherten Zustand von der Sicherungswalze festgehalten ( roter Kreis im vorigen Bild ), so daß der Schlagbolzen unmöglich durch den Patronenstoßboden stoßen kann. Im entsicherten Zustand drückt der aufliegende Hahn den Schlagbolzen durch den Patronenstoßboden auf das Zündhütchen der Patrone, wodurch sich bei einem Schlag auf den Hammer, zum Beispiel durch einen Sturz, ein Schuß lösen kann.
    Beim Sichern wird der Hahn automatisch entspannt, was leider beim Zinkhahn zu einer unschönen Kerbe führt, wenn man den Hahn nicht festhält. Der Abzug ist im gesicherten Zustand vom Abzugsgestänge getrennt.

    Der Hahn, links ungeschossen, aber ein paar Mal entspannt, rechts eine technisch identische RG 88 nach ca. 500 Schuß:

    Wie ihr Vorbild hat auch die Mauser HSc. Mod. 90 einen innenliegenden Schlittenfang. Nach der letzten Patrone hebt eine Nase am Zuführer im Magazin den kleinen Schlittenfanghaken. Nachdem man ein geladenes Magazin zugeführt hat, bedarf es nur eines kurzen Zupfens am Schlitten und der Schlitten schnell mit einer Patrone nach vorne.

    Der Schlitten im Schlittenfang ( im Kreis der Schlittenfanghaken in der Fangrast :(

    Zerlegt wird die Mauser wie eine Walther PP / PPK. Zuerst wird das Magazin entnommen, damit der Abzugsbügel abgeklappt werden kann. Bei abgeklappten Abzugsbügel dann den Schlitten bis zum Anschlag nach hinten ziehen, hinten hochheben und nach vorne vom Lauf schieben. Das Zusammensetzen sollte im entsicherten Zustand erfolgen, weil sonst die Sicherungswalze etwas am Hebel zum Entspannen des Hahnes im Griffstück hängen bleibt und der Schlitten ca. einen Zentimeter zu weit hinten vor der Endposition steht.

    Die zerlegte Mauser HSc Mod. 90:


    Das zerlegbare Magazin ist identisch mit dem der RG 88 und ist bei der neueren Mauser sowohl mit "RG 88" als auch mit "Mauser MOD 90" beschriftet. Das Magazin der älteren Mauser ist nur mit "Mauser MOD 90" beschriftet.

    Links aktuelles Magazin für Mauser und RG 88, Mitte altes Mauser Magazin, Rechts altes RG 88 Magazin:

    Schiessen:
    Wie die ältere Schwester RG 88 ist auch die Mauser HSc Mod. 90 anspruchslos in der Munitionswahl und schiesst mit jeder einigermaßen geladenen Patrone zuverlässig. In Double Action steigt der Abzugswiderstand leicht gegen den Auslösepunkt an. Auf dem letzten Millimeter hat man einen leicht spürbaren Druckpunkt, welcher sich in Single Action noch deutlicher darstellt. Etwas gewöhnungsbedürftig ist bei Single Action, daß der Auslösepunkt praktisch am Griffstück liegt - erst, wenn der Abzug fast das Griffstück berührt, löst der Hahn aus.
    Durch den recht freien Lauf ist neben einer ordentlichen Lautstärke auch ein großes Mündungsfeuer gewährleistet.

    Der Blick vom Patronenlager durch den Lauf:

    In Single Action ist der Vorzugsweg des Abzuges gegenüber Double Action recht kurz:

    Die Mauser ist durch ihre Griffschalen eher für große Hände geeignet:

    Fazit:
    Wer eine ansprechende Pistole mit originalen Markings sucht, die auch noch qualitativ gut ist, ist bei der Mauser HSc Mod. 90 gut bedient. Leider sind es die Kleinigkeiten, die stören.
    Zum Führen fehlt der Sicherheitsrast im Hahn, um die Waffe zugriffs- und feuerbereit, sicher wie einen Revolver, führen zu können. Und für den Silvesterspaß ist die Magazinkapazität recht gering. Silvester hat man mit der Mauser nur seinen Spaß, wenn ausreichend Ersatzmagazine vorhanden sind.

    Auffällig ist die Zurückhaltung von Röhm bei der Nennung des eigenen Namens bei Waffe und Zubehör: Weder auf der Waffe noch in der Bedienungsanleitung und auch nicht beim Koffer taucht irgendwo der Name Röhm auf. Einzig in der Bedienungsanleitung sind auf zwei Bildern statt der Mauser eine RG 88 abgebildet und im Koffer findet man einen Hinweiszettel auf RWS-Munition, wo oben RG steht.
    Als Herstellerhinweis findet sich in der Bedienungsanleitung auf Seite 2 "Mauser-Werke Oberndorf Waffensysteme GmbH,......"

    Die Bedienungsanleitung:

    Der Mauserkoffer, mit einem Vorhängeschloß abschließbar:

    Hier der Lieferumfang, links der Munitionshinweiszettel mit einem der wenigen Hinweise auf Röhm, der Zusatzlauf ist mit MAUSER beschriftet und identisch mit dem Zusatzlauf RG 1: