Pistole 9mm: ME SIG Sauer P 239

  • Die SIG Sauer P 239 wurde als SIG P 239 von der früheren SIG Arms AG in der Schweiz als kompakte, verdeckt zu führende Verteidigungspistole entwickelt und hergestellt. Die Bezeichnung SIG Sauer kommt von der Kooperation zwischen SIG und Sauer & Sohn, wobei Sauer die P 239 als SIG Sauer in den USA vertreibt, wo sie recht beliebt ist. Die P 239 wird in den Kalibern 9x19 mm Para / 8 Schuß-Magazin, .40 S&W / 7 Schuß-Magazin und ,357 SIG / 7 Schuß hergestellt.
    Die Schreckschußpistole SIG Sauer P 239 wurde von Enser Sportwaffen entwickelt und in der ersten PTB-Zulassung 696 für die J.P. Sauer & Sohn GmbH gefertigt. Nach der Insolvenz von Enser Sportwaffen übernahm ME das Modell und fertigte einige Jahre unter der alten PTB-Zulassung weiter. Mit den PTB 799 und 874 erneuerte ME die P 239 und stellte ein paar Unzulänglichkeiten in der Konstruktion ab. Statt Sauer & Sohn steht nun ME als PTB-Inhaber in der Liste.

    Das Vorbild, die scharfe SIG Sauer P 239 in 9 x 19 mm Para:

    Man beachte die hohle Federführungsstange beim Original, welche die erste PTB-SIG Sauer ebenfalls noch hatte.

    Doch nun zur aktuellen und hier vorgestellten ME SIG Sauer P 239:

    Vorbild: SIG Sauer P 239 9 x 19 mm Para
    PTB: 874
    Beschuß: Köln AH = 2007
    Kaliber: 9 mm PAK
    Kapazität: 8 Schuß
    Gewicht: 890 g
    Länge: 168 mm
    Höhe: 130 mm
    Breite: 33 mm

    Alle Werte sind selbst ermittelt, das Gewicht ist allerdings real erheblich höher als die von ME angegebenen 730 g. ME verwendet offensichtlich die Werte der scharfen P 239.

    ME SIG Sauer P 239, linke Seite, Hahn im Sicherheitsrast:

    rechte Seite:

    Verarbeitung
    Die ME SIG Sauer P 239 macht in der aktuellen PTB auf den ersten Blick einen sauber verarbeiteten Eindruck, der sich etwas relativiert, wenn man die Waffe näher betrachtet. So finden sich überall in der Oberfläche der seidenmatt gebeizten Pistole winzigste Unebenheiten, als ob man ein Feinsandguß vor sich hat. Abgesehen davon ist die Verarbeitung absolut in Ordnung. Man merkt noch überall die typischen konstruktiven Merkmale der alten Enser Konstruktion wie z.B. der stählerne Patronenauszieher, den man identisch bei vielen IWG wiederfindet, oder das Edelstahlmagazin.
    Der stählerne Schlagbolzen ist nicht fliegend, was aber nichts macht, da die Waffe neben einer Entspannvorrichtung auch einen Sicherheitsrast besitzt.

    Der Blick auf den breiten Kopf des Schlagbolzen:

    Der Schlitten ist recht massiv aus Zink gefertigt, der Patronenstoßboden ebenfalls, wie auch der Hahn. Da hätte etwas Stahl bestimmt nicht geschadet. Der massive Stahllauf macht da einen schon viel besseren Eindruck, zumal die Sperre im Lauf nur eine lauflange senkrechte Stahlplatte ist, die kurz vorm Patronenlager quer verstiftet ist, und den Lauf relativ frei läßt. Die Sperre endet 4 mm tief im Lauf.
    Zink findet sich auch überall am Griffstück. So sind alle Bedienelemente und der Abzug samt Gestänge aus diesen Material. Auch hier hätte das eine oder andere Stückchen Stahl nicht geschadet.

    Der Blick auf die Mündung mit der nun massiven Federführungsstange:

    Technik
    Die scharfe P 239 hat einen verriegelten Verschluß nach Browning-Petter-SIG-System, die Schreckschuß P 239 hat selbstverständlich nur einen unverriegelten Masseverschluß. Aber sonst ähnelt die SSW dem Vorbild sehr stark, vom tadellos funktionierenden Schlittenfanghebel über den davor liegenden Entspannhebel bis zum Zerlegehebel, der sich wie beim Vorbild nur betätigen läßt, wenn der Verschluß im Schlittenfanghebel sitzt.
    Wenn man den Schlitten abgenommen hat ( nach Umlegen des Zerlegehebels den Schlitten noch ein wenig über die Schlittenfangposition hinaus nach hinten ziehen, aus der Führung heben und nach vorne vom Lauf schieben ), sieht man einen weiteren Unterschied zum Vorbild: Die SSW hat hat, wie einige andere Enser auch, 2 Schließfedern, eine Feder auf der massiven stählernen Federführungsstange und eine auf dem Lauf.
    Diese Konstruktion hat 2 Vorteile bei Zinkwaffen mit hoher Schlittenfront gegenüber einer einzelnen Schließfeder: Bei 2 Schließfedern, eine oben und eine unten, verteilen sich beim Repetieren die Kräfte gleichmäßiger auf die Schlittenfront und mangels Scherkräften ( wenn nur eine Schließfeder unten auf Stange oder eine auf Lauf ) reißt der Schlitten erheblich später, und als 2. Vorteil können beide Feder schwächer ausgeführt werden, was Gewicht und Herstellungskosten spart.

    Die zerlegte P 239 mit Blick in den recht freien Lauf:

    Die Ansicht von der Seite, hier erkennt man deutlich beide Schließfeder:

    Was bei der P 239 auffällig ist, ist die Konstruktion des Edelstahlmagazins. Auf der Rückseite fehlt die Rückwand des Magazins, stattdessen befindet sich dort ein Schieber, der den oberhalb der Griffschalen befindlichen Schlittenfanghebel auslöst.

    Der Schlittenfanghebel und der Schieber am Magazin sind rot markiert:

    Wenn man bei Schlitten im Schlittenfang von oben in den Verschluß guckt, erkennt man, warum der Fanghebelschieber auf der Rückseite des Magazins angebracht wurde. Das Magazin liegt so weit vorne im Griff, daß der Schlittenfanghebel hinter dem Magazin liegt.

    Der Blick von oben in den offenen Verschluß auf das silberne Magazin( etwas ausgeleuchtet :(

    Der Hebel vor dem Schlittenfanghebel ist der Entspannhebel, der den gespannten Hahn bei Betätigung aus der SA-Rast hebt und kontrolliert in den Sicherheitsrast führt. Das System ist narrensicher, sehr komfortabel und macht eine manuelle Sicherung überflüssig - genau das , was man von einer modernen Pistole erwartet.

    Das Griffstück ist so konzipiert, daß die Waffe bei mittelgroßen bis großen Hände perfekt in der Hand liegt und alle Bedienelemente mit dem Daumen ohne Verrenkungen bedient werden können. Leider gilt dies nur für Rechtshänder, da alle Bedienelemente auf der linken Seite liegen.

    Die P 239 in der Hand ( Handschuhgröße 9,5 :(

    Schiessen
    Dazu kann ich zur Zeit nur wenig aussagen, da ich bisher nur eine Magazinfüllung mit Fiocchi geschossen haben. Diese eine Magazinfüllung wurde ohne Probleme schnell verschossen und bedingt durch den schweren Schlitten war ein deutlicher Rückstoß spürbar, was in Verbindung mit dem sehr deutlichen Mündungsfeuer ein großer Genuß war. Sollte sich die Zuverlässigkeit weiterhin so bestätigen, ist die Pistole ein Kandidat, den man auch zum Führen verwenden könnte.
    Der Abzug läßt sich in Double Action recht leichtgängig betätigen, der Abzugswiderstand verstärkt sich auf den letzten Millimetern, ohne das ein Druckpunkt vorhanden ist. In Single Action steht der Abzug weit hinten und hat nur einen minimalen Vorzugsweg, bevor ohne Druckpunkt bei geringen Abzugswiderstand der Schuß bricht. Das begünstigt eine schnelle Schußfolge.

    Der freie Lauf vom Patronenlager aus gesehen ( die Querstrebe ist nur die Fixierung der Sperre kurz vorm Patronenlager :(

    Fazit
    Die ME SIG Sauer P 239 hat alles, inclusiv Passformholster für die scharfe P 239, was eine SSW haben sollte, um geführt zu werden, wäre da nicht das doch hohe Gewicht.
    Aber für die Vitrine ist diese ME ein Hingucker, da neben der äußeren Form auch die Markings und Beschriftungen praktisch identisch mit denen des Vorbildes sind.
    Durch das schnell und einfach zu ladene Magazin ist diese ME auch ein möglicher Kandidat für Silvester, besonders, wenn da noch ein paar Ersatzmagazine bereitliegen. Nur die Haltbarkeit lässt angesichts der Materialwahl Zink an schnell verschleißenden Teilen wie dem Abzugsgestänge Zweifel aufkommen. Was die ME SIG Sauer P 239 in der aktuellen PTB-Ausführung wirklich aushält, muß die Zukunft zeigen. Angesichts des verwendeten Materials und der Lieferung in einem der typischen hellblauen ME-Kartons ohne schützendes Innenleben ist das Preis-/Leistungsverhältnis nicht gerade günstig zu nennen.