Diabolotypen und Mündungsenergie

  • Physikalisch gesehen ist eine Schusswaffe – wie jede andere Maschine auch – nichts weiter, als ein Energiewandler. Bei einer Federdruckwaffe wird die in der Feder gespeicherte Energie in die Bewegungsenergie des Geschosses umgewandelt.

    Da bei jedem Energiewandlungsprozess ein Teil der Energie in Form von Wärme verlorengeht, spricht man von dem Wirkungsgrad einer Maschine. Dieser gibt an, vieviel Prozent der „hineingesteckten“ Energie tatsächlich bei der erzielten Energieform übrigbleibt.

    Bei einer Luftdruckwaffe ist einer der wichtigsten Faktoren für den Wirkungsgrad das Zusammenspiel aus Geschoss und Waffe. Wenn die Waffe nicht verändert wird, kann der Einfluss der Geschosse auf den AuWirkungsgrad direkt durch die Mündungsenergie beurteilt werden.

    Verschießt man verschiedene Diabolos mit derselben Waffe, sollte im Optimalfall die Mündungsenergie stets gleich sein. Die Mündungsenergie kann man aus der gemessenen Mündungsgeschwindigkeit und dem Geschossgewicht bestimmen, und zwar :

    Mündungsenergie = 0.5*Geschossgewicht(in kg)*Mündungsgeschwindigkeit² (in m/s)

    Das bedeutet, dass schwerere Geschosse bei gleicher Mündungsenergie langsamer fliegen.

    In der Praxis haben außer dem Gewicht unzählige Faktoren einen Einfluss auf die Mündungsenergie. Ein Teil der Druckluft trägt nicht zu der Beschleunigung des Geschosses bei; die Verformung des Diabolos beim Durchgang durch einen gezogenen Lauf kostet Energie, ebenso auch die durch die Züge erzwungene Rotationsbewegung des Geschosses, usw.


    In folgendem Vergleichstest habe ich an verschiedenen Luftdruckwaffen mit Kaliber 4,5 mm vier verschiedene Diabolosorten untersucht, und zwar:

    - Geco Flachkopf-Diabolos (0,46 g)
    - Umarex Rundkopf-Diabolos (0,5 g)
    - H&N Baracuda extra heavy (Rundkopf) (0,67 g)
    - H&N Silver Point (Spitzkopf) (0,77 g)


    Die Testwaffen waren:

    - HW35 (BJ ca.1970 ohne F-Zeichen)
    - HW45
    - HW97k (Schalldämpferversion)
    - HW97k nach Entfernen des Schalldämpfereinsatzes
    - HW75 als einzige Waffe mit Vorkompression

    Die Geschossgewichte wurden mit einer Feinwaage durch gemeinsames Messen von je 10 Diabolos ermittelt. Die Mündungsenergie wurde mit einem Combro cm 625 mk4 gemessen (Mittelwert aus je 10 Messungen).

    Um die Messwerte besser vergleichen zu können, wurden Geschossgewichte und Mündungsenergie auf die Geco Messungen normiert.

    Auffällig ist, dass die Langwaffe HW35 und die Kurzwaffe HW45 einen sehr ähnlichen Abfall der Mündungsenergie bei schwereren Diabolos zeigen, während die HW97k einen recht konstanten Wirkungsgrad zeigt.

    Die Entfernung des Schalldämpfereinsatzes der HW97k führt zu einer leichten Minderung der Mündungsenergie (ca. 0,5 J) bei den beiden leichteren Geschossen (also ist dieser doch nicht gaaanz sinnlos…).

    Warum sich die HW97k hier anders verhält, ist schwer abzuschätzen. Vielleicht spielt dabei das – im Vergleich zu den beiden anderen Waffen - besonders große Verhältnis von Kompressionsraum zu Lauflänge eine Rolle.

    Auf jeden Fall scheint die HW97k weniger sensibel auf verschiedene Diabolosorten zu reagieren und ist somit eher ein „Allesfresser“.

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    Update:

    Als Vertreterin der Vorkomprimierer wurde die HW75 getestet. Sie zeigt ein ähnliches Verhalten, wie die HW97k, jedoch geht der Trend dahin, dass schwerere Diabolos effektiver verschossen werden. Wahrscheinlich ist dafür die - im Gegensatz zu Federdruckwaffen - andere Dynamik des Druckanstiegs verantwortlich.

    Bei einem Vorkomprimierer ist der Druck auf den Diabolo direkt nach dem Auslösen am höchsten, und fällt dann ab, während das Geschoss beschleunigt wird.

    Bei einer Federdruckwaffesteigt der Druck auf den Diabolo nach dem Auslösen kontinuierlich an, während der Kolben nach vorne schnellt. Irgendwann reicht der Druck, um die Reibungskräfte zwischen Lauf und Diabolo zu überwinden und dieser setzt sich in Bewegung.

    Folglich beginnt die Beschleunigung des Diabolos bei Vorkomprimierern früher, da er seine Bewegung direkt nach Ventilöffnung beginnt.


    Hier wurden Spezialisten für innere Ballistik gefragt (Link)

    Daraus ergab sich folgender Zusatztest:


    Die hier untersuchte Frage lautet:

    „Warum ist bei Federdruckwaffen die Mündungsenergie bei schweren Diabolos geringer, als bei leichten?“

    Dieses Verhalten zeigen Vorkomprimierer nicht. Nach einer Forumsfrage wurde darauf hingewiesen, dass der Druckanstieg bei Federdruckwaffen so hoch sei, dass der Diabolokelch aufgebläht wird.

    Damit lässt sich folgende Theorie aufstellen:

    Ein schwererer Diabolo wird aufgrund seiner Masseträgheit langsamer beschleunigt als ein leichter und befindet sich nach dem Auslösen länger im Lauf.

    Das Aufblähen des Diabolos erhöht den Druck zwischen Diabolo und Laufinnenwand bzw. Zügen und damit auch die Reibung.

    Wenn diese erhöhte Reibung bei schweren Diabolos über einen längeren Zeitraum besteht, als bei den leichten Diabolos, geht mehr Energie verloren.

    Diese Theorie könnte dadurch überprüft werden, dass man einen Diabolo so manipuliert, dass das Aufblähen des Kelches verhindert wird.


    Der Test

    100 H&N Baracudas wurden mit einem Entfettungsspray in einer Diabolodose geschüttelt, mit Papiertaschentüchern abgetrocknet und anschließend luftgetrocknet. Die entfetteten Diabolos glänzten erheblich mehr, als vor der Behandlung.

    Die Hälfte der vorbehandelten Diabolos wurden in drei Spalten zwischen den Zinken normaler Speisegabeln eingereiht (die Taille der Diabolos verhindert deren Herausfallen).

    Die Kelche der fixierten Diabolos wurden mit Hilfe einer Heißklebepistole mit Heißkleber befüllt.

    Nach dem Abkühlen wurde jeder einzelne Diabolo unter einem binokularen Präparationsmikroskop mit Hilfe eines frisch geschärften Messers, eines Zehennagelknipsers (=Saitenschneider in klein) und einer Pinzette so bearbeitet, dass der Heißkleberkegel einigermaßen bündig mit dem Kelchrand abschließt. Der schließlich im Kelch verbliebene Heißkleberkegel hatte eine Masse von ca. 0,01 g.

    Alle Diabolos (manipulierte und entfettete normale) wurden gewogen und nach Gewicht sortiert (Anzeigegenauigkeit der Waage: 0,01 g)

    Die vorbereiteten Diabolos wurden unter Einsatz eines Combro cm 625 mk4 mit einer Weihrauch HW35 von 1970 verschossen und Gewicht, Mündungsgeschwindigkeit sowie Mündungsenergie notiert.


    Ergebnisse:

    Es fällt auf, dass sowohl die normalen, als auch die verstärkten Diabolos den zuvor beobachteten Energieverlusten bei erhöhter Masse folgen.

    Die normalen Baracudas schwankten von der Masse her zwischen 0,66 g und 0,68 g.
    Die schwerste Gruppe bekam dabei im Mittel 0,65 J weniger ab, als die leichteste Gruppe.

    Bei den verstärkten Diabolos, deren Masse zwischen 0,67 g und 0,69 g lag (also bei gleicher Schwankungsbreite), unterschieden sich die schwersten und leichtesten nur um 0,19 J.

    Der Effekt der mit steigender Masse verringerten Mündungsenergie wirkt auf die verstärkten Baracudas also deutlich weniger.

    Im direkten Vergleich zeigt sich auch, dass die stabilisierten Diabolos in der Tat eine erhöhte Energiemitnahme haben. Beim Vergleich der Gewichtsklassen zeigt sich, dass verstärkte Baracudas mit einer (Gesamt-) Masse von 0,67 g eine um 0,11 J erhöhte Mündungsenergie haben. Bei den Baracudas mit 0,68 g liegen die verstärkten Diabolos bereits um 0,33 J besser.


    Die absoluten Messergebnisse unterscheiden sich deutlich von den früheren Messungen, die mit der gleichen Waffe und Diabolos aus der gleichen Dose durchgeführt wurden. Vorher hatten Baracudas bei der HW35 eine Mündungsenergie von 10,9 J, während es die jetzt getesteten lediglich auf 8,7 J brachten. Zwischen den Bedingungen der beiden Messungen bestanden folgende Unterschiede, die einen Einfluss haben könnten:

    • Vorher: Frankfurt, Höhe über Meeresspiegel ca. 40 m
      Nachher: großes Walsertal, Höhe über Meeresspiegel ca. 900 m
    • Klimatische Unterschiede (Heisser Sommertag vs. Regenwetter)
    • Vorher: Baracudas aus der Dose
      Nachher: entfettet
    • Vorher: vom Vorbesitzer stark geölte HW35 ohne allzu viele Nutzung
      Nachher: HW35 nach häufiger Nutzung (Dieseln!)

    Fazit:

    Die Kelchaufblähung der von Federdruckwaffen verschossen Diabolos hat einen Effekt auf die mitgenommene Mündungsenergie, da verstärkte Diabolokelche bei konstanter Masse zu einer messbaren Erhöhung der Mündungsenergie führen.

    Ob die durch Kelchaufblähung erhöhte Reibung alleinverantwortlich für die Masseabhängigkeit der Mündungsenergie ist, bleibt jedoch fraglich.
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    Schlussbemerkung:

    Dieser Test untersucht nur einen Aspekt, der in der Schießpraxis eher weniger relevant ist. Viel wichtiger ist das Streuverhalten verschiedener Diabolotypen bei einer Waffe. Aus technischen Gründen ist jedoch interessant, dass sich die Waffentypen so deutlich unterscheiden.


    Unbedingt vergleichen mit: V0-Test HW 40 und HW 45 Multikaliber, Gewichtsabweichungen der Diabolos von Gilmore