HW55 nach 33 Jahren erstmals zerlegt

  • Hallo Freunde,

    angeregt durch den Bericht von Steinschleuder aus 2006 in dem er ein HW55 teilzerlegt hat, habe ich mir unser altes HW55 aus dem
    Jahr 1973/74 mal vorgenommen um zu schauen, wie das Innenleben die 33 Jahre überstanden hat.
    Das Gewehr stand die letzen Jahre unbenutzt im Schrank und hat insgesamt wohl nicht mehr als 5000 Schuß erlebt.

    Es handelt sich um das Modell HW557

    mit einer sehr schön gearbeiteten Schaftbacke, in der die Wange fast ganz eingelegt wird und der Schütze so mit dem Gewehr verschmilzt
    und eine feste Einheit bildet. Auch der Augenabstand zum Zielfernrohr bleibt so immer konstant.

    Das ZF ist ein preiswertes Shilba 3-7x20, welches zum plinken auf 20m im Garten völlig ausreicht.

    Vorgehensweise:
    Ausschäften wie üblich durch lösen von 3 Schrauben, die Achse aus dem Knicklaufgelenk rausschrauben und den Lauf samt anhängendem Spannhebel
    entnehmen. Die Laufdichtung bei diesem Modell besteht aus Kunststoff und war schon etwas angeknabbert.

    Die beiden Bolzen der Abzugseinheit ließen sich auch problemlos austreiben.
    Da ich keinen Helfer zum gegenhalten dabei hatte, habe ich nun das Systemrohr mit einem Gummistreifen aus altem Autoschlauch umwickelt,
    in den Schraubstock gespannt und dabei nur soviel angezogen, daß das Rohr nicht mehr rotieren konnte.
    Nach einigen herzhaften Schlägen mit einem Holzkeil in den Schlitz der Abzugseinheit ließ sich das Endstück nun drehen.
    Da das spannen und entspannen des Gewehrs ohne großen Kraftaufwand möglich war, habe ich es riskiert ohne Spannvorrichtung weiter zu machen.
    Ich habe das Systemrohr soweit fixiert das es nicht wegfliegen konnte und mit einem dicken Lederhandschuh geschützt das Teil abgeschraubt.
    Die gefürchtete Restspannung der Feder hielt sich in Grenzen und nach 16 Umdrehungen und einem kurzen Ruck hatte ich das Endstück in der Hand.

    Die Kolbenfeder ist entspannt 23,3 cm lang, hat einen Außendurchmesser von 20,6 mm bei einer Drahtstärke von 2,8 mm.
    Der Überstand zum Systemrohr beträgt 53 mm.

    Wie man auf dem nächsten Bild sieht, hat Weihrauch auch vor 33 Jahren schon abgeflexte Federn verbaut. Während das hintere Federende sauber
    geglättet und angelegt ist, hängt das vordere Ende frei in der Luft.

    Das hat zur Folge, das bei entsprechendem Druck das Federende aus dem Schlitz für das Spanngestänge austreten und sich dort verhaken kann.

    Während die Kolbendichtung außen noch ganz brauchbar aussah, hat der Kunstoffeinsatz der den Schraubenkopf aufnimmt doch schon ziemlich gelitten.

    Da ich das Gewehr nur noch als Dekoration benutzen werde, habe ich auf die Beschaffung von Ersatzteilen verzichtet.

    Nachdem ich alles gereinigt und die beweglichen Teile mit Waffenvaseline eingeschmiert hatte, ging es wieder an den Zusammenbau.
    Das Endstück ließ sich handschuhbewehrt ohne Spannvorrichtung unter Einsatz des Körpergewichts wieder einschrauben.
    Hierbei aufpassen daß man nicht abrutscht und die Öffnung der Federführung sauber über die Kolbenstange gleitet.
    Da es beim HW55 keine Sicherung gibt, ist der Einbau der Abzugseinheit auch recht einfach. Etwas fummelig ist es nur, die Löcher so zu positionieren, daß man die Bolzen wieder eintreiben kann ohne auf dem Gehäuse rumzuhämmern.
    Anschließend das Spanngestänge in den Schlitz des Systemgehäuses einführen und den Lauf mit den beiden hauchdünnen Unterlegscheiben so positionieren daß man die Achse durchführen und verschrauben kann.
    Jetzt alles wieder in den Schaft geschraubt, der vorher mit Holzöl behandelt wurde und fertig ist das gute Stück.

    Nach ein paar Probeschüssen als Funktionstest wollte ich wissen, was die alte Luftpumpe leistungsmäßig noch drauf hat.

    Mittels eines Combro cb-625 und vier verschieden schweren Munitionssorten wurde folgender Geschwindigkeitstest gemacht:

    Jeweils 5 Schuß mit jeder Sorte, wovon der schnellste und der langsamste gestrichen wurde. Aus den drei verbleibenden Schuß wurde der Durchschnittswert errechnet. Ebenso wurde die Differenz in m/s zwischen dem schnellsten und langsamsten dieser drei festgehalten.
    Natürlich sind 5 Schuß keine aussagekräftige Menge, es sollte auch nur eine Momentaufnahme mit eben dieser Waffe sein.
    Auch soll dies keine Wertung über die Qualität der verwendeten Geschosse sein.

    Das Ergebnis:

    Munition: Gewicht: Speed: Differenz:

    Dynamit Nobel Geco 0,46 gr 162,0 ms 2,5 ms
    Gamo Masterpoint 0,51 gr 137,8 ms 7,3 ms
    Prometheus Sn1 (Zinn) 0,51 gr 152,8 ms 0,9 ms
    H & N Baracuda Match 0,69 gr 126,6 ms 3,3 ms

    (leider ist es mir nicht gelungen, die Daten tabellenförmig darzustellen)

    Auffällig ist, wie eng die (sündhaft teuren) Sn1 Zinn-Geschosse beieinander liegen.
    Auch scheinen diese extrem hart zu sein. Während die Bleigeschosse erwartungsgemäß deformiert waren,
    sahen die Sn1 nach dem Beschuß noch aus wie neu. Wie sich diese Härte langfristig auf den Lauf auswirkt,
    vermag ich nicht abzuschätzen.
    Als Kugelfang diente übrigens ein Hintergrund aus alten Gummi-Fußmatten.

    Absofort verbringt die olle HW55 ihren Lebensabend als dekorativer Wandschmuck in meinem Arbeitszimmer, da sie von einer
    brandneuen HW97K abgelöst wurde.

    Gruß
    robbyrob