4,5 mm Übungskarabiner KM1

  • An dieser Stelle möchte ich euch mal eine besondere Waffe vorstellen die man nicht so oft zu sehen bekommt. Ich selber musste auch einige Zeit suchen um dieses Stück zu erwerben.
    Es handelt sich um den 4,5mm Übungskarabiner KM1 des österreichischen Bundesheeres.


    Zuerst einmal die Daten, wie sie im Waffen-Typenblatt Nr. Üb01 vermerkt sind (wundert euch nicht über die Bezeichnungen) :

    1. Masse und Gewichte
    Gerätlänge: 910 mm
    Lauflänge: 534 mm
    Gewicht des Gerätes: ca. 2,6 kg

    2. Leistungen
    Schussweite auf Scheibe: 10-20m
    Höchstschussweite: ca. 100m
    V 7,5: ca. 165 m/s

    3. Technische Daten
    Art: halbautomatisches Druckgasgerät
    Drall: konstanter Rechtsdrall
    Kühlung: Luft
    Anzahl der Züge: 12
    Drallänge (Steigung): 380 mm
    Verschluss: --
    Kaliber: 4,5 mm Punktkugeln aus Blei
    Gasdruck auf die Kugel beim Abschuss: ca. 50 Atü
    Munitionszuführung: aus Rohrmagazin für 30 Kugeln
    Visier: Klappvisier mit Stellungen 100 u. 200 yds für 10 u. 20 m

    4. Munition
    Mun-Art: 4,5 mm Präzisions Blei Rundkugeln
    Gewicht: 1000 Kugeln = ca. 1 kg (was nicht stimmen kann)
    V0 und Wirkung: 165 +/- 5 m/sek 3mm Eindringtiefe in Fichte auf 30m

    5. Sicherheitsbestimmungen
    Allgemeine Schiessausbildung (ASA) zu Erlass Zl. 371.945-Ausb/65 Skriptum HFST

    Das mitgelieferte Typenblatt enthält weiterhin eine provisorische Bedienungsanleitung in der einiges wissenswertes über das Füllen, das Schiessen sowie die Wartung und Pflege steht.

    Zur Geschichte:
    Die Firma Tyrol (jetzt Voere) stellte 1950 ein CO2 Gewehr mit Namen COMATIK her.
    Da die Dimensionen dieses Gewehrs dem des M1 Karabiners sehr ähnlich waren und das Heer eine günstige und relativ ungefährliche Trainingswaffe haben wollte, wurde die Firma beauftragt die COMATIK so zu modifizieren, dass sie wie ein M1 aussieht und sich ähnlich bedienen lässt.
    Dazu wurde das Abzugsgehäuse des COAMTIK gegen eines aus Aluminium getauscht, dass dem des M1 gleicht und auch das originale 15 Schuss Magazin aufnehmen kann.
    Das einzige originale M1 Bauteil am Abzugsgehäuse war allerdings die Sicherung:

    Mein Exemplar verfügt zwar über ein originales 30 Schuss Magazin neueren Datums - es passt natürlich ebenso:

    Allerdings wartet im Schaft kein Verschluss auf den Magazininhalt sondern es endet in einer "Sackgasse":

    Der Schaft wurde so gestaltet, dass er dem des M1 entsprach und auch Öler und Riemen aufnehmen konnte:

    Gefüllt wird das Gewehr mittles eines Füllrohres mit flüssigem CO2 aus einer Standardflasche:

    Dazu wird vorne am Tank die Ablasschraube entfernt:

    In die Öffnung wird dann das Füllrohr eingeschraubt:

    Wenn beim Schiessen alles flüssige CO2 verbraucht ist und der Druck im Vorratstank nachlässt, was wiederum bedeuten würde, dass die Präzision nicht länger gegeben ist, spricht eine Ablasseinrichtung im Füllventil an und das restliche CO2 entweicht vorne durch die Ablasschraube.
    Wenn man dies nicht weiss, denkt man im ersten Moment das Gewehr hat einen Defekt.

    Das Korn wurde dem des M1 nachempfunden, ist höhenverstallbar und als Lochkimme wurde die originale seitlich verschiebliche des M1 Typ1 verbaut:


    Auf dem letzten Bild kann man sehr gut eine Schraube am hinteren Gehäuseende sehen.
    Diese Schraube musste laut Bedienungsanleitung vor jedem Füllvorgang entfernt werden um sicher zu stellen, dass sich keine weitere Kugel mehr im Lauf befindet. Entfernt man diese Schraube und betätigt man den Abzug hat man bei freiem Lauf einen Durchblick bis zur Mündung.
    Wenn nicht musste man laut Anleitung mit einer Rundstange (Silberstahl) vom 2,0 bis 2,2 mm Durchmesser verbleibende Kugeln aus dem Lauf entfernen.

    Das Schaftende bildet eine Metallplatte:

    Das "richtige" Magazin sitzt rechts neben dem Lauf und enthält voll geladen 30 Rundkugeln im Kaliber 4,5 mm. Eine Feder sorgt dafür, dass immer eine neue Kugel nachgedrückt wird.
    Auf dem Bild kann man die zwei Rasten sehen in die der Zubringerknopf zum Befüllen für jeweils 15 oder 30 Kugeln eingerastet werden kann:

    Geladen wird das KM1, wie schon erwähnt, mit 4,5mm Bleirundkugeln.
    Ich benutze Kugeln älteren Datums von H&N, es gibt jedoch auch heute noch Firmen, die Punktkugeln in diesem Kaliber fertigen:

    Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass verschiedene Quellen behaupten, dass nach 15 Schuss, wie beim echten M1 mit 15er Magazin, das Magazin entnommen und neu eingesetzt werden muss um weiter schiessen zu können. In der Praxis kann man natürlich auch mehr als 15 Schuss hintereinander abgeben ohne das Magazin zu entfernen da es keine mechanische Vorrichtung gibt die den Abzug dann blockieren würde - ich gehe davon aus, dass dies lediglich zu Übungszwecken von den Ausbildern angeordnet wurde.

    Tyrol stellte zwei Modelle des M1 her, welche sich nur in der Bezeichnung unterschieden. Das CM1 (CO2-M1) für die Bundespolizei und das hier vorgestellte Übungsgerät KM1 für das Bundesheer.
    Beide Modelle sahen gleich aus und hatten die gleichen Funktionen.
    Das österreichische Innenministerium (BMI) erhielt 1960 500 Stücke des CM1 und KM1, wovon 342 KM1 an das Bundesheer gingen und der Rest an die Bundespolizei.
    Hier die Stempelungen an meinem KM1:


    Das KM1 hatte damals den Spitznamen "Mottengewehr"
    Dies hatte folgende Bewandtnis:
    Zitat:
    "Beim öBH erhielt jede mit dem KM 1 ausgerüstete Kompanie zwei ÜbGeräte KM 1 zur 'Schiessschule'.
    Mangels Freude an dem etwas komplizierten Nachfüllen wurde mit diesen ÜbGerüten KM 1 jedoch nur in den Kleiderkammern geschossen.
    Hier war auch die Nachfülleinrichtung montiert. Wegen des Schiessens in den Kleiderkammern erhielt das ÜbGeraet KM 1 auch den Spitznamen 'Mottengewehr'.
    Zuletzt wurde 1989 mit 10 ÜbGeräten ein Krampusschiessen (Juxschiessen am Nikolausabend) veranstaltet."
    Wolfdieter Hufnagl, Vizeleutnant i. öBH

    Zwanzig der KM1 Gewehre wurden damals für das Artillerietraining umgebaut. Eine Version wurde an einem 106mm Panzerabwehrgeschütz befestigt und hatte eine Reichweite von 15m.
    Diese Version hatte keinen Handschutz.
    Zum Luftabwehrwaffentraining wurden zwei Umbauten an einem Luftabwehrgeschütz befestigt und ersetzten die sonst dort vorhandenen Läufe. Die Visierungen der originalen Geschütze blieben aber erhalten.
    Im übrigen ist auch eine Umbauanleitung bekannt bei der anstelle der Co2 Flaschenfüllung als Antrieb 3 handelsübliche 8g-Co2-Kapseln verwendet werden konnten. Es stand die Energie von 2 Kapseln zur Verfügung. Dies reichte fuer 60 Schuss in gleichbleibender Qualität.

    Als in den 70er Jahren die Ära des M1 im Bundesheer zu Ende ging wanderten die KM1 Übungsgewehre ins Lager.
    Im Jahre 1989 kamen sie dann ein letztes Mal anlässlich des oben genannten Juxschiessens zum Einsatz.
    Bereits 1988 gelangten 200 Exemplare in den freien Handel, die meisten nach Deutschland.
    Die hier vorgestellte Waffe mit der Seriennummer 00136, wurde am 15.11.1988 über den Waffenhandel dph, Paul Dzieciol in Köln bezogen.

    Zum Schluss noch ein Wort über die Schussleistung.
    Die angegebene V0 von 165 m/s erreicht mein KM1 leider nicht.
    Messungen ergaben eine relativ konstante V0 von 142 m/s mit der 4,5 mm H&N Rundkugel.
    Bei einem Gewicht von durchschnittlich 0,54g ergibt das eine Geschossenergie von ca. 5,5 Joule.
    Nichts desto trotz schiesst das KM1 mit dieser V0 sehr präzise, wenn man bedenkt, dass es sich nicht um Diabolos handelt.
    Auf 20m habe ich mit 10 Schuss Streukreise von unter 30 mm erzeugen können, und das ohne ZF nur mittels der offenen Visierung.
    Auf 10m liegt das KM1 was die Präzision betrifft weit vor allen anderen Rundkugelgewehren wie z.b. dem Haenel 310, dem Anschütz 275 oder der Diana 30.
    Richtig vergleichen kann man diese Gewehre natürlich nicht miteinander.
    Mein altes VZ35, welches auch ein Trainingsgewehr für die Armee war, erzielt allerdings fast ebenso gute Streukreise wie das KM1.
    Dies liegt entweder an der höheren V0 oder an der Ansprüchen, die damals schon an derartige Trainingsgewehre gestellt wurden.

    Edit: An dieser Stelle vielen Dank an PAK9, der mir mit seinen Informationen geholfen hat