Walther P38 / P1 LEP-Umbau


  • LEP-Waffen sind auf Luftdruck umgebaute Originalwaffen. Für Sammler und an der Technik interessierte
    Personen bieten diese Umbauten die Möglichkeit, verschiedenste Originalwaffen zu erwerben, die neben
    ihrer Authentizität auch noch eine nutzbare Funktion besitzen und die nicht, wie viele heutige Dekowaffen,
    zu reinen Metallklumpen degradiert wurden. Realisiert wird dies durch die Verwendung sogenannter
    Luft-Energie-Patronen, kurz LEP genannt.


    1. Erster Eindruck und Handhabung


    Die Waffe kommt bei Lieferung in einem von außen fast unveränderten Originalzustand an. Lediglich die
    Lauföffnung präsentiert von vorne betrachtet die hell metallisch glänzende Mündung des neuen 4,5mm-
    Laufs, der aber ungefähr einen Zentimeter zurückversetzt endet. Mit etwas Brüniermittel kann man dies
    leicht kaschieren, auch wenn der eingeklebte Lauf die Brünierung nur sehr schlecht annimmt. Hier sind
    wohl auch noch Kleberreste im Weg, welche die Brünierung behindern.

    Die hier vorgestellte Walther P38 stammt aus dem Juni 1963 und wurde in der Bundeswehr unter der
    militärischen Bezeichnung P1 eingesetzt; entsprechende Abnahmestempel sind auf Verschluß, Rohr und
    Griffstück vorhanden. Spätere Versionen trugen diese Bezeichnung auch anstelle des zivilen Namens
    sowohl auf der Waffe als auch auf dem Magazin.

    Die gezeigte Waffe wurde durch die Firma CDS Ehrenreich umgebaut und nutzt das sogenannte
    Brocock-System.

    Das Zerlegen der Waffe funktioniert noch (fast) genauso wie im scharfen Zustand.
    Als Erstes sollte das Magazin entnommen und der Ladezustand geprüft werden. Danach wird der Verschluß
    nach hinten gezogen und mit dem Schlittenfanghebel arretiert. Nun kann der Rohrhaltehebel nach vorne
    geschwenkt werden, der Verschlußfanghebel wird durch kurzes Zurückziehen des Verschlusses gelöst und
    Verschluß mitsamt Rohr können nach vorne vom Griffstück abgeschoben werden. Hierbei ist darauf zu
    achten, daß Verschluß und Rohr in der LEP-Version keine feste Verbindung mehr zueinander haben. Bereits
    beim Umlegen des Rohrhaltehebels sollte die Waffe also nicht mehr nach unten zeigen!

    Betrachtet man die zerlegte Waffe, so springt dem damals noch an der P1 lange und oft ausgebildeten
    Panzerschützen des Heeres sofort der fehlende Riegel unter dem Rohr ins Auge. Hier wurde eine größere
    Veränderung an der Waffe vorgenommen. Der Riegel sowie der ihn betätigende Riegelbolzen wurden
    vollständig entfernt und stattdessen eine Nut eingefräst. Diese dient dazu, das Einsetzen eines Originalrohres
    zu verhindern. Das Gegenstück dazu ist ein im Griffstück eingepreßter Stift, der in diese Nut hineinragt. Das
    Fehlen des Riegels hat aber auf die Funktion als Druckluftwaffe keinerlei Auswirkungen. Eine seitlich etwas
    versetzte Nut und der Erhalt des Riegels hätten den Sammler allerdings weitaus mehr gefreut. In das
    aufgebohrte Rohr sowie das ebenso aufgebohrte Patronenlager wurde ein Einstecklauf im Kaliber 4,5mm
    geklebt. Die Umarbeitung in diesen Bereichen wurde sehr sorgfältig und sauber ausgeführt.

    Das Griffstück zeigt neben dem bereits erwähnten Stift keine weitere Veränderung. Der Verschluß allerdings
    beherbergt einen neuen, dickeren und an seiner Spitze flachen Schlagbolzen, der auch eine vergrößerte
    Bohrung im Stoßboden erfordert, wodurch auch dieser nicht mehr durch einen Originalbolzen ersetzt werden
    kann. Der neue Schlagbolzen muß zwingend diese stumpfe Form besitzen, da er nur mehr möglichst
    beschädigungsfrei das Ventil der LEP zu bedienen hat, anstatt das Zündhütchens einer scharfen Patrone zu
    deformieren . Die Funktion der Ladeanzeige ist dadurch erfreulicherweise nicht beeinträchtigt worden, sie
    zeigt weiterhin zuverlässig den Ladezustand der Waffe an. Auch sind die Herstellerlogos an der Außenseite
    des Verschlusses unverändert geblieben, was keine Selbstverständlichkeit ist, betrachtet man sich alte
    Umbauten scharfer Waffen zu SSWs. Hinzugekommen ist lediglich ein kleiner eingravierter Schriftzug unter
    dem Rohr, welcher das neue Kaliber 4,5mm und das F zeigt. Nach der Behandlung mit Brüniermittel ist
    dieser auf den ersten Blick hin völlig verschwunden, bleibt aber auf den zweiten Blick weiterhin lesbar.

    Das Magazin ist ebenfalls unverändert geblieben. Die LEP-Patronen passen problemlos in das
    Originalmagazin der Waffe. Die Zuführung der Patronen hat aber so ihre Macken. Hält man die Pistole leicht
    schräg, so verklemmt sich die Patrone zwischen Verschluß und Rohr, was sofort unschöne Riefen an der
    Vorderseite der Patrone hinterläßt. Bei waagerechter Haltung der Waffe hingegen werden die Patronen (fast)
    immer ins Patronenlager transportiert. Ich bin daher dazu übergegangen, die Patronen vor dem Schuß
    einzeln per Hand in das Patronenlager zu laden.



    Im Umgang mit der Waffe ändert sich im Gegensatz zur scharfen Waffe nur die Handhabung der Rohr-
    Verschluß-Einheit beim Zerlegen, da diese jetzt eben keine Einheit mehr bilden kann aufgrund des Wegfalls
    des Riegels. Alle sonstigen Funktionen der Waffe können wie bekannt und drillmäßig geübt genutzt werden.
    Der Verschlußfanghebel arretiert den Verschluß in hinterer Position bei leerem Magazin. Er kann auch direkt
    von Hand eingelegt oder gelöst werden. Die Sicherung wirkt auf den Schlagbolzen sowie auf den Abzug;
    beide werden blockiert. Auch wird die Waffe mit Umlegen des Sicherungshebels in Position S (Sicher)
    automatisch entspannt. Zusätzlich verfügt die Waffe über eine automatische Schlagbolzensicherung die den
    Schlagbolzen nur bei Betätigung des Abzugs freigibt.

    Die Handhabung und der Aufbau der LEPs selbst wird im Forum an anderer Stelle ausführlich und gut
    beschrieben, weshalb ich hier nur auf bereits bestehende Testberichte verweisen möchte. Hier nur einmal ein
    Größenvergleich einer Deko-Patrone im Originalkaliber der Waffe und der LEP-Patrone.


    2. Schießverhalten


    Die Präzision der LEP-Umbauten wird vielerorts als gering betrachtet. Als Gründe werden die geringe
    Lauflänge und der nicht immer gleich starke Druck in den Patronen genannt. Die Lauflänge der P38 LEP
    beträgt gemessene 88,8mm. Im Vergleich zu z.B. der Umarex CPS (Walther P99 Nachbau, CO2-Pistole) mit
    gemessenen 85 mm ist die Lauflänge aber durchaus im normalen Rahmen einer Freizeitwaffe anzusiedeln.
    Selbstverständlich bleibt sie jedoch weit hinter der einer Matchpistole zurück.

    Aber die Leistung! Wo ist sie nur? Die LEPs für Pistolen mit ehemals einem Kaliber von 9x19mm haben
    einen derart kleinen, um nicht zu sagen geradezu winzigen Druckkörper, der nur so wenig Luft aufnehmen
    kann, daß von einem sinnvollen Schießen keine Rede sein kann. Die Waffe würde strenggenommen noch
    nicht einmal ein :F: benötigen, so schwach ist sie. Selbst meine Airsoft-Spaß-Spielzeuge haben da mehr Kraft.
    Die Diabolos werden beim Aufprall aus kurzer Entfernung auf Kunststoff noch nicht einmal verformt. Hier
    eine grafische Darstellung der Geschoßgeschwindigkeiten und der daraus resultierenden Energie von jeweils
    10 abgegebenen Schüssen.

    Alle Patronen wurden mit der gleichen Anzahl an Hüben von Hand aufgepumpt. Ein Mehr an Hüben bringt
    keinen Gewinn, da die LEP ganz einfach nicht mehr Luft aufnehmen kann. Es treten hier trotz der gleichen
    Anzahl an Hüben Schwankungen in der Geschwindigkeit auf. Verwendet wurden zum Einen die glatten
    Frankonia-Diabolos mit jeweils 0,53 Gramm sowie die geriffelten Umarex-Diabolos mit jeweils 0,511
    Gramm (damit die endlich mal wegkommen). Dabei gewinnen (wieder einmal und sicher vorhersagbar) die
    Diabolos von Frankonia, wenn auch auf einem indiskutablen Niveau. Gemessen wurde das Ganze mit einem
    Combro-Meßgerät.

    Hier ein Bild der Trefferlage. Geschossen wurde auf eine Entfernung von 5 Metern; auf die von mir
    gedanklich zuerst noch avisierten 10 Meter habe ich mich garnicht erst getraut zu schießen. Unterstützend
    wurde der Einschießbock von Frankonia verwendet. Leider kommen die Geschosse bereits auf diese
    Entfernung nicht mehr geradlinig an der Scheibe an und schlagen somit eher ein Loch in den Karton als daß
    sie es ausstanzen.
    Haltepunkt der Waffe war übrigens ungefähr eine Handbreit über dem oberen Rand der Scheibe.



    3. Zusammenfassung und Bewertung


    Mit einer LEP-Waffe hat man die gehobene Qualität einer scharfen Waffe, die im Vergleich zu den
    verschiedenen originalen Waffen nachempfundenen SSWs oder CO2-LPs bei jedem Detail ins Auge fällt und
    vor allem anderen auch fühlbar ist. Die Waffe an sich liegt angenehm schwer in der Hand, ihre
    Bedienelemente sind stabile Stahlteile, die sich sauber, leicht und präzise bewegen lassen, ganz anders als die
    sonst üblichen Zinkdruckguß- oder Plastikteile. Das leise und exakte metallische Klicken der Sicherung
    kennt man im Bereich der freien Waffen sonst nur noch von alten ERMA-SSWs wie zum Beispiel der
    EGP 88, die ja ebenfalls von der P38 inspiriert wurde.

    Für den Sammler ist ein LEP-Umbau ein unbedingtes Muß und eine sehr schöne Erweiterung der Sammlung.
    Die Qualität spricht für sich und die Veränderungen an der Waffe sind im Verhältnis gesehen noch immer
    schonender als heutige Dekoumbauten.

    Das Schießen mit der Waffe ist allerdings aufgrund der umständlich langen Ladeprozedur bereits von der
    Bedienung her betrachtet nur wenig alltagstauglich. Es ist eher eine Waffe zum in die Vitrine stellen. Wenn
    man sich jedoch hin und wieder die Mühe macht, ein paar LEPs aufzupumpen, wird man am Ende aufgrund
    der mangelhaften Leistung auch nur auf die Jagd nach Coladosen gehen können. Ähnlich wie mit Airsoft-
    Waffen (-Spielzeuge) erschöpft sich das Potential der LEP-Waffe beim Plinking auf große Ziele.

    Die hohen Kosten für die abgeänderte Waffe und vor allem für das Zubehör (neue Pumpe 95€, 6 Patronen
    55€, Adapter 8€) sind nicht gerade gering, fallen aber gerade beim Zubehör nur einmal an, welches auch für
    andere Modelle paßt. Außerdem gibt es die Pumpen im bekannten Online Auktionshaus immer mal wieder
    günstiger zu ersteigern. Trotzdem sind die Kosten für den Nutzen der Waffe eigentlich viel zu hoch. Wer
    allerdings vor hat, eine Waffe als Dekorationsstück zu sammeln, der kommt mit dem Preis für die Pistole
    nicht teuerer als für einen reinen Dekoumbau, bekommt dafür aber mehr erhalten gebliebene und damit
    sammelwürdige Technik. Das Zubehör kann man sich dann ja sparen.


    Gruß
    Heiko

    :vierk: